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4 Seiten

Der Geschichtenschreiber

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Genervt saß er am Schreibtisch, er war den Tränen nahe. Ihm fiel einfach kein Thema für den Literaturwettbewerb ein. Wenn man ihn und seine Umgebung als Ausschnitt eines Bildes betrachtete, hätte man meinen können, er wäre ein verzweifelter Dichter oder Denker. Das typische Bild mit hunderten von zerknüllten Papieren auf dem Boden, dem Tisch und im Müllkorb, so wie man es oft in Filmen sieht.
Er wollte unbedingt den Literturwettbewerb gewinnen. Ein Bestseller sollte es werden, das Buch sollte Alle Menschen mitreißen, berühren, verzaubern.
Er hatte diverse Themen angeschnitten, versucht eine Fantasiegeschichte zu schreiben, wollte von seiner Projekt "Mensch und Tier" berichten, bei dem er Obdachlose, Senioren, Ottonormalverbraucher und Freunde mit ihren Vier oder Zweibeinern abgelichtet hatte. Auf den schwarz weiß Fotos hatte er auch noch Zitate der Personen geschrieben. Es würde sicher ein schöner Bildband werden, aber das Problem war, dass das heute Niemanden mehr interessierte. Was nützt dem Menschen ein Bild, auf dem ein Obdachloser mit einem zahnlosen Grinsen seinen zotteligen Hund knuddelte und darunter steht: "Chicco ist das Liebste und Einzige was ich noch habe" Oder das Märchen von der längst vergessenen kleinen Elfe, wo doch die Menschen immer seltener selbst träumen... Es hatte keinen Sinn, ob lustiges Studentenbuch, Alltagsgeschichte, Kurzkrimi. Alles war so etwas von ausgelutscht. Es kam doch immer wieder das Gleiche auf den Tisch.
Angestrengt von der verspannten Sitzhaltung streckte er erstmal die Beine aus, zog den linken ausgelatschten Schuh mit Hilfe des rechten Fußes und den rechten Schuh mit Hilfe des linken Fußes aus, faltete die Hände vor der Brust, um dieser dann von sich wegzustrecken. Während dieser Bewegung gingen die Handinnenflächen nach außen, von ihm weg und es knackte genüsslich. Er seufzte und stöhnte, gesinnte sich wieder seiner Arbeit und starrte auf das immer noch leere Blatt Papier. Mit dem Stift in der Hand kratzte er sich seitlich am Kopf, kurz über dem Ohr. An der Stelle, die die Mediziner als „os temporale“ bezeichneten.
Er grübelte, war der Verzweiflung nahe. Er hatte so viele Ideen gehabt, aber nichts Gescheites war dabei. Hatte er mal einen längeren Text geschrieben, so merkte er nach mehrmaligem Lesen, dass der Text keine Pointe hatte. War das denn so wichtig, fragte er sich?
Sicherlich gab es noch mehrere Leute, die so wie er schräge Gedankengänge hatte und im Dreick dachten. Aber würden diese Leute seine Story lesen? Würde sie überhaupt Jemand lesen? Er war nahe daran, dass Schreiben aufzugeben, aber in ihm lebte der Geist des Ehrgeizes und er gab nicht auf. Ein sehr großes Problem von ihm war, dass er zwischendurch regelrechte Geistesblitze hatte, die ihn vor Freude aufleben ließen. In den Momenten entspannte sich sein Gesichtsausdruck und ein seltsames Kribbeln durchfuhr seinen Körper. Er hatte eine Idee im Kopf, endlich wieder etwas was vielleicht spannend sein könnte. Doch so schnell es kam, ging es auch wieder. Durch den Adrenalinausschuss war er so durch den Wind, dass nichts weiter übrig blieb als ein krampfhaftes oder sagen wir kampfhaftes Nachdenken über die Idee, die er unbedingt wieder zurückrufen wollte.
Er beruhigte sich irgendwann wieder und schrieb Wortfetzen auf seine Blätter. Leider kam er nie weiter… Vor lauter Frust griff er zur Flasche. Er tat dieses öfter in der letzten Zeit. Der Rotwein sollte seine Gedanken anregen, aber leider bewirkte er oft das Gegenteil.
Schlimm wurde es, als er es einmal mit Absinth versuchte. Er schrieb ein Gedicht und schlief darüber hinein ein…

Absinth

Absinth ist das Gesöff was benebelt macht,
so benebelt, dass man über Schwachsinn lacht
und Einem der Boden unter den Füssen kracht.

Die grüne Fee wird es auch genannt,
auf die Wirkung ist man stets gespannt.
Kaum ist die Flasche auf, kommen Alle angerannt.

Mit Anteilen aus Wermut schmeckt es richtg gut,
doch vor dem täglichen Genuss sei auf der Hut,
denn man weiß nicht mehr was man tut.

Wenn Einen die grüne Fee in ihren Bann zieht
und man vor den psychedelischen Folgen fliegt….

Er flog zwar nicht durch die Gegend, aber vom Stuhl. Außerdem sollte es fliehen heißen, aber das hat er wohl nicht mehr auf die Reihe bekommen. Die grüne Fee hatte ihn für den Abend verführt. Am nächsten Tag wachte er mit einem Kater auf und beschloss dieses schreckliche Gedicht nicht zu veröffentlichen. Was sollten denn auch sonst die Leute von ihm denken…
Ein anderes Mal versuchte er sich in der Poesie die sich um Liebe, Leidenschaft und Lust drehte. Auch dass gelang ihm nicht. Er kam sich nach der zweiten Strophe blöd vor und wusste davon abgesehen auch nicht mehr, was er noch schreiben sollte.

Meine Liebste

Ach, was hab ich all probiert,
um dich zu faszinieren,
hab mich viel zu oft blamiert,
doch konnt` ja nichts verlieren.

Eigentlich hab ich nichts getan,
außer schweigend dich betrachten,
hab mich viel zu oft vertan,
lieber wollt ich schmachten-

Selbstfindungsprozesse fanden auch in ihm statt. Doch alles war nur ein kleines, zerpflücktes Blatt Salat. Welk, bitter im Geschmack und ohne Topping.

Auf einem Floss treib`ich dahin,
mitten auf dem großen Strohm.
weiß nicht genau, wo ich gerad bin….

Am Ende war er, dass stand fest! Da brachten ihm auch die Yogastunden nichts, die er neuerdings zur Entspannung besuchte.
Ein Geschichten und - Gedichteschreiber fällt nun mal nicht vom Himmel.
Er schaute traurig aus dem Fenster, sah den Sichelmond und hörte die Grillen zirpen. Eine rollige Katze miaute und dann war es wieder still. Er dachte sehr viel nach, nicht mehr über das, was er der Welt mitteilen wollte, sondern über sich und sein Leben, seine Gedanken, Wünsche, Träume. Erinnerungen kamen hoch, schöne Bilder waren im Kopf, so schön, dass er sie nie in Worte hätte fassen könnte. Er kam zu der Einsicht, dass er doch Alles hatte um glücklich zu sein. Er war gesund und munter, hatte Freunde und ein Dach über den Kopf. Seine Haustiere leisteten ihm Gesellschaft, mit Frauen sah es auch nicht gerade übel aus und der Job bot auch Aufstiegschancen. Außerdem hatte er Phantasie und Träume. Für ihn waren sie schön. Er konnte die Farben sehen, wenn er sich ein Bild vorstellte, konnte sich auf der Stelle in eine schöne Situation beamen oder Urlaub auf einer Südseeinsel machen. Manchmal schloss er dafür einfach nur die Augen. Einmal legte er sich mit einer Strandmatte auf den Balkon in die Sonne und hielt sich eine Muschel an das Ohr, um das Rauschen des Meeres zu hören. Ja, Phantasie hatte er. Und Träume. Wunderschöne Träume. Er konnte sie nur nicht in Worte fassen weil sie zu schön waren und sie vielleicht auch nicht jeder verstehen würde. Es waren seine Träume. Und jeder Mensch hat seine eigenen Träume…
Über diesen Gedanken schlief er ein. Als er am nächsten Tag aufstand wurde ihm bewusst, dass der Wettbewerb schon am kommenden Nachmittag stattfinden würde. Er hatte immer noch nichts geschrieben. Anscheinend war es ihm mittlerweile auch egal. Eine Mischung aus Resignation und Gleichgültigkeit. Und vielleicht auch einfach der Einsicht, dass er das nicht bräuchte. Er ging in den Garten, legte sich in die Hängematte, aß schmatzend einen Apfel, ließ ein Bein aus der Hängematte heraushängen und pfiff „Don`t worry – be happy“.
Am Nachmittag begab er sich zum Literaturwettbewerb. Er nahm einen Zettel und kritzelte grinsend einen kurzen Satz auf den Kopf und steckte dann den Zettel in einen Umschlag, der mit seiner Adresse versehen war. Als er auf dem Literaturwettbewerb ankam gab er diesen Umschlag ab. Er war schon längst zu Hause, als der Mann der Jury den Umschlag öffnete und den Satz vorlas. „Platz für deine Träume“ stand auf dem sonst völlig leeren Blatt.
Kurze Stille, dann schallendes Gelächter, welches jedoch nach und nach verstummte. Die Leute kehrten in sich, schlossen die Augen und wollten dann ein Blatt Papier und einen Stift haben. Sie schrieben und malten. Manche behielten auch einfach ein leeres Blatt, als Andenken. Sie wollten es sich an die Wand hängen, weil sie darauf immer wieder ihre Träume sehen würden. Die Leute waren begeistert. Den anderen Geschichten und Gedichten lauschten sie nur noch widerwillig, weil sie viel zu sehr in Gedanken versunken waren, träumten, der Phantasie freien Lauf ließen. Einige Wochen später kaum ein Buch auf den Markt, welches die Menschheit faszinierte. Es war ein ganz normales Buch, kein Besonderes, oder vielleicht doch? Es war leer, so wie ein gewöhnliches Notizbuch und hatte nur einen Satz auf oben auf der ersten Seite...
 
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Kommentare  

Bah.... diese fiese rosa Farbe. Du bist bestimmt Hello Kitty Fan

Hello Kitty und Tokyo Hotel Hasser (05.02.2007)

Ich glaube, das mache ich auch einmal. Gruß Marie

Marie (05.02.2007)

Hallo, freut mich, dass dir die Geschichte gefällt. Gruß Sabine

Sabine Müller (25.01.2007)

Hallo, eine nette Geschichte. Klasse Hintergrund. Gefällt mir. Ich glaube so ein Blatt hänge ich mir auch einmal an die Tür. Danke für die gloreiche Idee. LG Alina

Alina (08.01.2007)

"Er wollte unbedingt den Literturwettbewerb gewinnen. Ein Bestseller sollte es werden, das Buch sollte Alle Menschen mitreißen" => Wenn er eine ebenso schlechte Rechtschreibung hat wie du, wird da wohl nichts draus.

"wollte von seiner Projekt "Mensch und Tier" berichten," => Seiner Projekt?

"mit ihren Vier oder Zweibeinern" => Mit Bindestrichen kannst du wohl nichts anfangen, was?
"Auf den schwarz weiß Fotos" => Sieht wirklich nicht danach aus.

"Auf den schwarz weiß Fotos hatte er auch noch Zitate der Personen geschrieben." => Ohnehin wieder nicht über die Grammatik nachgedacht.

"Es würde sicher ein schöner Bildband werden," => Klar. Darüber würden sich die Juroren des Literaturwettbewerbs sicher freuen!

"Angestrengt von der verspannten Sitzhaltung streckte er erstmal die Beine aus, zog den linken ausgelatschten Schuh mit Hilfe des rechten Fußes und den rechten Schuh mit Hilfe des linken Fußes aus, faltete die Hände vor der Brust, um dieser dann von sich wegzustrecken." => Nun startet Sabine einen Yoga-Selbsthilfekurs! Wenn das mit der Grammatik schon nicht klappt ...

"gesinnte sich wieder seiner Arbeit" => Und was für eine Sprache soll das sein?

"viele Ideen gehabt, aber nichts Gescheites war dabei." => Tja, das geht einer gewissen Autorin genauso. Leider merkt sie es nicht und postet fleißig weiter.

"schräge Gedankengänge hatte und im Dreick dachten." => Vielleicht ist es auch eine Form der Legasthenie? Du solltest dich mal untersuchen lassen.

"Adrenalinausschuss" => Was? Ausschuss? Schlag das Wort mal nach!

"so benebelt, dass man über Schwachsinn lacht" => Ah! So schreibst du also deine Texte.

"Auch dass gelang ihm nicht." => RS!

"Auf einem Floss treib`ich dahin,
mitten auf dem großen Strohm.
weiß nicht genau, wo ich gerad bin…." => Du nimmst einen schlechten Text, um noch schlechtere Gedichtfetzen zu präsentieren? Oh, Mann, du musst es nötig haben.

"Am Ende war er, dass stand fest!" => Die das/dass-Schreibung muss man ihr auch noch erklären!

"Geschichten und - Gedichteschreiber" => Hurra! Ein Versuch, einen Bindestrich zu setzen. Allerdings geht es kaum falscher!

"ein Dach über den Kopf." => Schade, dass er es nicht über dem Kopf hat. Das wäre sicher besser.

"Und jeder Mensch hat seine eigenen Träume…" => Was für eine Erkenntnis!

"Die Leute waren begeistert." => Ja, Sabine, träum weiter!
"Einige Wochen später kaum ein Buch auf den Markt, welches die Menschheit faszinierte. Es war ein ganz normales Buch, kein Besonderes, oder vielleicht doch? Es war leer, so wie ein gewöhnliches Notizbuch und hatte nur einen Satz auf oben auf der ersten Seite..." => Soll ich dir die Adressen von ein paar renommierten Verlagen besorgen? Schick das hin, dann wirst du ganz, ganz sicher berühmt, bekommst den Literatur-Nobelpreis, wirst Multi-Millionärin ...


Adlerauge (07.01.2007)

Hallo Sabine, da stimme ich den anderen zu. Eine nette Geschichte mit witziger Pointe. Lg Sinchen

Sinchen (11.07.2006)

Danke! Freut mich, dass dir die Geschichte gefällt. Gruß Sabine

Sabine Müller (05.07.2006)

Eine tolle, ansprechende und erfrischende Geschichte

Fan-Tasia (05.07.2006)

Hallo, Danke euch Beiden für die Kommentare und Bewertungen. An den Fehlerteufeln werde ich künftig besser arbeiten, habe ja bald mehr Zeit. Mir persönlich macht es ja auch nichts aus, aber muss ja net sein mit den Fehlern.Stimmt schon. Nice evening, LG Sabine
EInen wundern


Sabine Müller (02.07.2006)

Danke für den Hinweis, Alfred. Wie konnte ich es vergessen?! Dir soll ich ausrichten, dass deine Exfrau dich in Rumänien erwartet. Habe eben mit ihr telefoniert. Alles Gute! LG Sabine

Sabine Müller (02.07.2006)

Du wirst dringend in Stockholm erwartet.

Alfred N. (02.07.2006)

Zwar sind noch viele Fehler enthalten, aber vom Inhalt her ist diese Geschichte sehr gut. Und da mir der Inhalt stets wichtiger als die Form ist, gebe ich dir 5 verdiente Pkt.

Gulliver Assi (02.07.2006)

hallo, bine, eine interessante und doch auch tiefsinnige geschichte. und eine pointe, die es in sich hat. wie wahr.
lg
rosmarin


rosmarin (02.07.2006)

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