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Verliebt in die schöne Polizistin

Romane/Serien · Aktuelles und Alltägliches
Die Sonne läuft an diesem Junitag wieder einmal zur Hochform auf, wie so oft in diesem Frühsommer. Der flimmernde Asphalt köchelt schon seit den frühen Vormittagsstunden wie dicker Brei. Zu viel für Franz, den schlanken gut aussehenden Herrn, der mittlerweile auf stolze vierzig Jahre zurückblicken kann.


Die eintönige Schufterei am Fließband hat Franz, nicht nur wegen der schweißtreibenden Hitze, schwer zu schaffen gemacht. Vor allem sein Chef - ein notorischer Choleriker - hat heute nicht gerade seinen besten Tag gehabt und ihm das Leben sehr schwer gemacht.
Franz hat nur noch ein Ziel vor Augen: Schnellstens raus aus diesem chaotischen Tollhaus und ab ins traute Heim!

Ungeduldig zückt Franz den Fahrzeugschlüssel mit dem Plib aus der Hosentasche, richtet das kleine Plastikteil in Richtung des Empfängers und drückt den Knopf. Zum Glück hört dieser den Befehl, den er sofort an den Entriegelungsstift des Schlosses weiter gibt, der in wenigen hundertstel Sekunden wie eine Rakete nach oben schießt.
Wulstige Finger klinken den Öffner und drücken die Tür wuchtig nach außen.
Müde zwängt sich Franz ans Steuer seines rubinroten VW-Passat.
Noch während er den Wagen vom Parkplatz lenkt, schaltet er das Autoradio ein. Aus den Lautsprechern dringt die sonore Stimme des Rundfunksprechers, der eine Sensationsmeldung verliest, die er humorvoll über die Lippen bringt.
Da war doch einem Autofahrer am gestrigen Nachmittag auf der A4 tatsächlich ein echter Volltreffer gelungen. Die Ursache - ein gewaltiger Schreck - verursacht von einem grellen Blitz - nicht etwa einem Sommergewitter geschuldet. Dieser war so tief in die Glieder des Unglücksraben gefahren, dass dieser die Kontrolle über den Wagen verlor, nach rechts ausscherte, und so die gierig blitzenden gläsernen Augen dieses seelenlosen Monsters - nicht gerade zur „Freude" unserer dienstbeflissenen Polizisten - unschädlich machen konnte. Auch die Mitarbeiter der Bußgeldstelle dürften garantiert nicht in Jubelarien verfallen sein, als die betrübliche Nachricht vom schrecklichen Tod dieses elektronischen Geldschefflers, in ihren Amtsstuben gelandet war.
„Die Autofahrer indes, dürften den Tränen schrecklich nahe gewesen sein, als sie das zersplitterte Ungetüm wenigstens für einen blitzkleinen Moment in Augenschein nehmen konnten. Ist auch zu verstehen - Blitzen dient ja bekanntlich der Verkehrssicherheit”, scherzt Franz heimlich. Sein Stimmungsbarometer klettert merklich nach oben und auch die Müdigkeit ist plötzlich aus seinen Knochen gewichen.
Aus den Lautsprechern des Autoradios tönen die „Prinzen” Franzens Lieblingssong. Die haben nämlich aus der simplen Feststellung „Frauen sind die Neuen Männer” einen tollen Hit gemacht. Kein Etikettenschwindel - sondern die blanke Wahrheit.
Noch heute kann Franz ein Lied davon singen.
Seine einstige Frau - leidenschaftliche Autofahrerin und stets auf der Suche nach neuen Abenteuern - liebäugelte mit einen stolzen Dreißigtonner-Diesel, mit der sie nicht nur Europas Straßen unsicher machen wollte. Kurz nach der Erweiterung ihres Führerscheines, sollte ihr Traum in Erfüllung gehen. Dass die Heldin der Landstraße bewundernde Blicke auf sich ziehen konnte, besonders dann, wenn sie aus ihrem tonnenschweren Koloss kletterte und dabei mit ihrem stolzen Lächeln triumphierte, verstand sich von selbst. Eine ganze Armada Chauffeure - nicht wenige von ihnen auf der Suche nach einem One-Night-Stand - versuchten bei der Schönen Eindruck zu schinden. Doch nicht jeden Suchenden ließ sie an sich ran. Einer jedoch hatte sich, dank seines unwiderstehlichen Charmes, aber auch dank seiner feurigen Augen, sich von zahllosen anderen Kandidaten deutlich abgehoben.
Senor Roberto - stolzer Italiener - war der glückliche Herr, der es verstanden hatte, das Herz dieser Frau im Sturm erobern zu können, während der in ferner Heimat schmorende Franz, sich zurecht Sorgen machte.
Als seine Gattin ihn vor vollendete Tatsachen stellen wollte, zeigte er ihr die Tür.
Zum unwiderruflich letzten Male hatten sich die beiden vor fünf Jahre in die Augen sehen müssen - nämlich vor vor dem Scheidungsrichter. Für Franz fast schon eine Ewigkeit her. Seitdem musste er sich mit Maik - seinem fünfzehnjährigen Sohn - sein biederes Häuschen im Grünen teilen.
Gut gelaunt rollt Franz durch die monotone karge Landschaft. Hier und da einige langweilige Dörfer, vereinzelt ducken sich junge Birken, hin und wieder ein paar Buchen und Trauerweiden, wenige stämmige Eichen, das ist es aber auch fast schon gewesen.

Plötzlich - wie von Geisterhand - huscht ein Uniformierter auf die Fahrbahn und hebt die gefürchtete Kelle.
Dieser macht eine lockere Handbewegung, die ihm den Weg weist.
„Wiedermal diese verdammte Abzocke! Gerade habe ich noch Tränen gelacht und jetzt noch dieser Schitt!", flucht Franz, der vor Wut kocht.
Franz kommt auf einem einsamen, mit Kopfstein gepflasterten Plätzchen, zum Stehen.
Als er die Tür seines vierrädrigen Lieblings weit aufreißt, spürt er heftigsten Druck in seinen Adern, der das Herz vollends in Wallung bringt.
Warum nur?
Denn zu seiner Überraschung empfängt ihn nicht jener Ordnungshüter, der ihm den Weg gewiesen hat, sondern einer dieser neumännlichen Schöpfungen.
Zur Begrüßung erhält Franz einen kaltherzig-harten Händedruck, der den Eindruck der „Prinzen” wieder einmal zu bestätigen scheint.
Verfängliche Reize dieses vermeintlichen Herrn, die normalerweise sofort ins Auge stechen müssten, scheinen an Franz in diesen Sekunden noch vorüber zu ziehen.
Ein heißes Lüftchen spielt sanft im naturblonden Haar des gestrengen Herrn, welches sich akkurat um zierliche Ohrläppchen windet und erst eine Handlänge unter „seinen” breit gewachsenen Schultern auskringelt.
Wahrscheinlich wollten die Erbanlagen der launigen Natur nicht nur den Befehl geben, „ihm” ein feines Gesicht zu formen und in dieses wunderschöne meerblaue Augen zu zeichnen. Auch die formschönen Rundungen eines traumhaft schönen Busens, elastische sexy Beine und ein knackiger Po, sollten nicht fehlen, um dem „Neuen Mann” noch das gewisse Etwas zu verleihen.

Sieht so etwa ein Mann aus? Natürlich nicht. Aber mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit hatten sich einige männliche Botenstoffe zu viel in den Embryo, der einst im Leib ihrer Mutter schlummerte, verirrt, und dafür gesorgt, dass aus dem einstigen Wonneproppen nicht nur eine bildhaft schöne Frau, sondern auch einer dieser begehrenswerten „Neuen Männer”, reifen konnte.

„Polizeiobermeister Nagler! Ich bitte um Führerschein und Fahrzeugschein! Ihre Stimme - rau und unpersönlich.

Nervös fingert Franz in seiner pechschwarzen Brieftasche. Schwer sich in so einer undurchsichtigen Zettelwirtschaft zurechtfinden zu müssen!
Wummernder Herzschlag kriecht hinauf bis in die Kehle.
Endlich - nach einer Minute, die ihm wie eine Ewigkeit vorkommt, findet er die Papiere und reicht diese der Bediensteten.
Ihr suchender Blick mustert Franz penibel. Mehrmals hebt und senkt sich ihr Kopf. Als sich die Lider heben, sieht er, wie gefährlich doch ihre schönen Augen blitzen können.
Bedächtig kramt sie einen Kugelschreiber hervor.
Noch während die gestrenge Frau ihres Amtes waltet und seine Fahrzeugdaten auf' dünnes Papier kritzelt, fragt sie Franz prüfend:
„Schätzen Sie doch mal wie schnell Sie gefahren sind?
„Vielleicht zehn km/h zu viel", mutmaßt Franz, dessen Mundwinkel ein verwegenes Unschuldslächeln umspielt.
„Genialer Irrtum! Statt der erlaubten fünfzig km/h, sind Sie dreiundachtzig gefahren, ich wiederhole, dreiundachtzig! Bis zum Ortsausgangsschild sind es noch satte zweihundert Meter. Erst dann dürfen Sie wieder hundert fahren. Außerdem darf ich ihnen sagen, dass Sie sich glücklich schätzen können, mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Da ich ihnen drei Kilometer pro Stunde abziehen muss, sind sie haarscharf um ein Fahrverbot herumgekommen. Ein Kilometer pro Stunde schneller und Sie hätten für einen Monat auf ihr Auto ganz verzichten dürfen - was heißt dürfen - müssen!”, herrscht die Polizeiobermeisterin Franz verschroben an, schiebt aber gleichzeitig, ein wenig seltsam anmutendes Lächeln, in ihr Gesicht.

Ihre harte männliche Gangart, scheint Franz sichtlich zu beeindrucken. Sein Gesicht beginnt sich zu glätten - er verzieht keine Unschuldsmiene mehr.
„Wenn Sie nichts dagegen haben, dann folgen Sie mir einfach. Ich kann ihnen nämlich zeigen, dass Sie tatsächlich dreiundachtzig gefahren sind." Ihr Tonfall verliert deutlich an Schärfe - auch ihre Stimme klingt eine Nuance freundlicher.
Frau Nagler bewegt sich mit ausgreifenden Schritten auf das Messgerät zu, Franz tippelt eine Schrittlänge hinter ihr her.
Die Diensthabenden haben sich für die Laserpistole ein lukrativ scheinendes Versteck ausgedacht.
Schließlich soll richtig Kohle in die klammen Kassen gespült werden.
Auf einem Stativ ruhend, getarnt hinter einer stämmigen Linde, die von wild wachsendem dornigem Gestrüpp umsäumt ist, hat dieses Wunderwerk der Technik ein ideales Schussfeld gefunden.
Ihr Assistent, Polizeimeister Fritzsche, hat vor diesem Stellung bezogen - auf der Jagd nach neuen Rasern.
Der ausgestreckte Zeigefinger der Frau richtet sich auf die digitale Anzeige der Pistole.
„Schauen Sie, dreiundachtzig!” Sanfte Töne kriechen wohlig in das Ohr des Sünders.
Er vergewissert sich. Dreiundachtzig - daran gibt es tatsächlich nichts zu rütteln!
„Nun bitte ich Sie, das Protokoll noch zu unterzeichnen.
Franz schreitet mit ihr zum Dienstwagen.
Ohne lange überlegen zu müssen, erkennt er den Sachverhalt an und krakelt in Doktorschrift seinen vollen Namenszug - Franz Steiner - auf durchsichtig dünnes Papier.
„In den nächsten Wochen bekommen Sie einen netten Brief von der Bußgeldstelle. Kann aber sein, dass es einige Wochen dauern könnte. Die Mühlen der Bürokratie mahlen - leider nicht nur manchmal - sehr langsam", macht sie dem Gebeutelten unmissverständlich deutlich.
Das Bäumlein wechsle dich-Spiel, erkennbar an ihrer Stimmlage, treibt Denkfältchen auf die Stirn des Sünders.
Warum entschlüpfen ihre Worte so witzig frech aus ihrem Mund? Warum nur - warum!
Einen netten Brief von der Bußgeldstelle. Gibt's so 'was überhaupt?
Die Amtsinhaberin fährt fort:
„ Entschuldigen Sie bitte! Manchmal überfällt mich die Neugier. Warum hatten Sie es so eilig?
Sie sind nämlich längst nicht der Einzige, der an dieser Stelle in die Falle getappt ist. „Dieses glaube ich ihnen gern."
Franz lächelt. Schon ein wenig verlegen?
Und sie?
Einige Sekunden denkt er scharf nach und findet schnell passende Worte.
„Ich hatte das Autoradio eingeschaltet. Da war über den Äther gekommen, dass ein Autofahrer auf der A4 einem Blitzer.... ha ha ha, den Gna.., den Gna ha ha ha, den Gnadenstoß gegeben hat.

Nicht nur Franz, auch die Polizistin krümmt sich vor Lachen. Beide lachen sich sekundenlang in den Bauch hinein. Lustig anzuschauen. Frau Nagler wirkt wie ausgewechselt. Ihre anfängliche Strenge und auch ihr barscher Ton - wie weggeblasen.

„Für Sie zur Nachahmung allerdings nicht zu empfehlen. Da würden zwar keine Blitze mehr zucken, aber dann würde das größte Donnerwetter, was Sie jemals erlebt haben dürften, auf Sie hereinbrechen!” mutmaßt die Ordnungshüterin spritzig lächelnd.
„Dieses würde ich liebend gern von ihnen empfangen", kontert Franz eindrucksvoll.
„Sie Schelm, das könnte ihnen so passen!", findet die Ordnungshüterin schnell eine Antwort, auf die Franz längst gewartet zu haben schien, und schon muss sich die vermeintlich todernste Polizistin, dem nächsten Lachanfall beugen. Lachtränen rollen wie wild aus ihren Augen und auch scheckige Lachfalten umspielen ihre Mundwinkel, die sich in hundertstel Sekunden vom Kinn, bis hoch zur Stirn, arbeiten.
Diese bekommen noch Gesellschaft von feschen Grübchen, die listig auf ihren Wangen toben, die wiederum knallig rot anlaufen - wahrscheinlich um Franz ein Zeichen zu setzen.
Denn wenn eine Frau wie eine vollreife Tomate anläuft, geschieht das ja nicht ohne Grund.
Franzens frecher Charme hat natürlich seine Wirkung nicht verfehlt.
Allzu verständlich, dass auch Polizeimeister Fritzsche dieses ulkige, und doch so seltsam anmutende Gelächter, hellhörig machen musste. Unwiderstehliche Neugier hat Fritzsches Augen in die verkehrte Richtung lenken lassen und diesen - von fast allen Autofahrern gefürchteten „Schussapparat"- einfach im Stich gelasssen. Mit fatalen Folgen: Der Fahrer einer schnittigen BMW durfte ungestraft an diesem Schreckenselement wie eine Rakete vorbei zischen. So konnte er nicht die Pistole mit taufrischen Informationen füttern, mal abgesehen davon, dass auch ununterbrochen starrende gläsernen Augen, mal eine Ruhepause verdient hätten, wie die „gemolkenen Kühe unserer Nation” - das sind Deutschlands Autofahrer nun mal - auch.
Was für ein dicker Fisch, der ihm durch's Netz gegangen ist!
"Dieses soll mir nicht noch mal passieren", schwört sich Fritzsche ein und kommt auf leisen Sohlen - vermutlich auch zur Beruhigung der dienstgradmäßig über ihm stehenden Kollegin, die freilich den Hut auf hat - wieder an das Objekt der Begierde - gekrochen.
Obwohl vereinzelte Zornesfalten immer noch tief im Gesicht des Polizeimeisters sitzen, versucht er sich zu konzentrieren und seine Aufmerksamkeit, den in Frage kommenden Kandidaten zu schenken. Zu seinem Glück muss er nicht allzu lange warten. Ein metallicfarbener Audi verwöhnt ausgerechnet an dieser berüchtigten Stelle das Gaspedal so sehr, dass der Herr der Laserpistole ein zynisches Grinsen nicht verbergen kann. Satte hundert, statt der erlaubten fünfzig, misst Fritzsche. Einen Monat darf der Raser nun auf Schusters Rappen die Natur genießen, wahrlich kein Grund um Freudensprünge zu machen, obwohl Laufen ja bekanntlich der Gesundheit dienlich sein soll. Frech grinsend, leitet Fritzsche den Sünder auf den Platz und leistet so Franz und Frau Nagler Gesellschaft.
Muss das sein?! Ausgerechnet jetzt!, flucht Franz, der eine bittere Miene aufsetzt. Auch aus den Gesichtszügen der Polizistin fliehen nach einem kurzen Schreck sämtliche Lachfalten.
Franz versucht nach passenden Worten zu ringen. Doch er findet diese nicht, so sehr er sich auch müht. Ein knappes "Auf Wiedersehen" - ein freundlich sanfter Händedruck - soll das alles schon gewesen sein? Quälende Gedanken bohren sich durch den Kopf des Gürtelschlanken - lassen sein Herz wie einen Kompressor vibrieren.
"Mal sehen, vielleicht klappt es, dass wir uns mal wiedersehen", sprudelt es nach einem Sekündchen aus ihr heraus. Letztmalig schickt sie ihm ein fadenkleines Lächeln hinterher. Vielleicht doch ein minimales Fünkchen Hoffnung?
" Zu schön um wahr zu sein!" sagt Franz mit einer Stimme, die fürchterlich melancholisch klingt.
Während die Bedienstete das nächste Opfer „herzlichst” begrüßt, um es anschließend gebührend abzustrafen, quält sich der Pechvogel ans Steuer seines Wagens.
Bußgeld und Punkte aus Flensburg interessieren ihn jetzt nicht die Bohne.

Zu Tode betrübt, wirft Franz den Motor an und braust eilig davon.
Hätte er vielleicht doch lieber noch ein Weilchen warten sollen?
Der Mut hat ihn in diesem wichtigen Augenblick verlassen. Schmerzlich, aber allzu verständlich, zumal auch noch ihr Assistent in ihrer Nähe bleiben muss.
In seinem trauten Heim relaxen und die Seele so richtig baumeln lassen, das war ursprünglich sein Ziel. Doch daran ist vorerst nicht zu denken.

Diese Polizistin, ja ausgerechnet sie ist es, die sich in seinem Hirn festgekrallt hat.
Muss das sein? Hals über Kopf hat sich Franz in diese rassige Schönheit verknallt. Gefühle, die sind nun mal da und lassen sich nicht einfach aus dem Weg räumen wie Figuren beim „Mensch ärgere dich nicht”.
„Vielleicht klappt es, dass wir uns mal wiedersehen. Dieser merkwürdige Satz, der sich scheinbar so einfach anhört, schwirrt immer noch in seinem Kopf herum und kommt ihm irgendwie spanisch vor.
Doch das ist längst nicht das Einzige, was Franz ihn in diesen Tagen bewegt.

Sohn Maik hat sich in den letzten drei Wochen auffallend verändert. Was könnte er nur im Schilde führen?
Ein verdächtig anmutendes Lächeln erhellt seit jenen Tagen sein ganzes Gesicht.
Franz versucht Maik mit Fragen über Fragen zu löchern, doch der kluge Sohnemann schweigt und schweigt.
„Da steht doch bestimmt ein Mädchen dahinter?", mutmaßt Franz. Auf diese Frage hin, grinst der pfiffige Junge noch breiter. Gefühle lassen sich manchmal nur schwer in Worte fassen. Erst recht in diesem schwierigem Alter.
„Rück' doch endlich raus mit der Sprache! Ich werde dir doch nicht gleich den Kopf abreißen!” bohrt der etwas lauter gewordene Vater weiter und schmunzelt über's ganze Gesicht.
„Hab' ein nettes Frauchen kennengelernt - zierlich, hübsch und zugleich auch sehr liebevoll.”
Franz droht vor Neugier zu platzen und versucht nachzukarten:
„War nicht gleich Liebe auf den ersten Blick. Ich hatte ihr aus der Klemme geholfen. Ein kaputter Typ wollte wiedermal Knete haben und dabei ihr den Rucksack vom Leibe zu reißen. Da konnte ich nicht länger hingucken. Ich hatte ihm so eine geklebt, dass der Muffensausen gekriegt hatte und daraufhin das Weite suchte. Ich wollte, dass er eine gerechte Strafe bekommt und hatte mich sofort per Handy mit den Bullen in Verbindung gesetzt.
Um den Schreck erstmal zu verdauen, hatte ich ihr das verlockende Angebot gemacht, mir in die Eisdiele zu folgen.
Ohne überlegen zu müssen, sagte sie ja. Nach dem Schlemmern eines Himbeereisbechers, hatten wir noch ewig über Gott und die Welt gequasselt. Als wir uns tief in die Augen sahen, war es um uns geschehen.
„Hast du ein Bild von ihr?”
Maik bleibt stumm und wurstelt in seinem Pormonee. Schnell findet er das Foto, schiebt es zwischen Daumen und Zeigefinger, reicht es dem Vater und blickt dabei stolz lächelnd auf.
„Hast ja ein hübsches Mädel gefunden”, schwärmt der staunende Vater.
„Schicke blonde Haare, hübsches Gesicht, charmantes Lächeln, was willst du mehr!”
Wäre bestimmt auch was für mich!”
Die Antwort fällt Maik quasi aus dem Mund.
„Das könnte dir so passen!”, frotzelt das Schmunzeltier.
„Heike - so heißt mein Schwarm - ist schon okay - ganz natürlich und nicht so eingebildet wie manche doofe Zicke in meiner Klasse.
Was besseres gibt's nicht auf dieser Welt”, lobt Maik sein Schätzchen - seine Ikone - die Erste Liebe seines jungen Lebens.
„Darfst Heike ruhig mit zu uns bringen. Ich geb' dir mein Ehrenwort!”
Ein fester Händedruck besiegelt die Abmachung - Heike kann jetzt kommen. Endlich endlich!
Maik ist überglücklich. Auch Franz empfängt das Mädchen mit offenen Armen.
Er ist hell auf begeistert, von ihrer netten, aufgeschlossenen, aber auch von ihrer zuvorkommenden Art.
Und auch was das Lernen angeht, hilft die ambitionierte Lyrikerin Maik, wo sie nur kann.

Ein ganzer Monat ist vergangen. Der Sommer hat sich in den Süden verkrochen - die Erinnerungen aber werden bleiben.
Maler Herbst ist auf die Leitern geklettert und schenkt den Blättern goldige Farben.

An einem Montagabend im Oktober haben es sich Franz und Sohnemann Maik im Wohnzimmer gemütlich gemacht. Der Fernseher glüht. Das DSF überträgt das Montagspiel der Zweiten Bundesliga. Beide fiebern enthusiastisch mit.
In der Halbzeitpause - die Sensation des Tages - auf Maik's Zunge liegend.
„Heikes Mutter würde dich gern mal persönlich kennen lernen. Sie hat uns zum Kaffee eingeladen.
Würde es dir am Sonntag passen?", fragt Maik unvermittelt nach. Dieser scheint fast jede Zuckung in Vaters Körper zu registrieren und wirft ihm ein spitzes Lächeln hinterher.
„Warum nicht!”
„Auf dich wartet eine Riesenüberraschung!”
„Da gibt's bestimmt 'ne tolle Torte“, vermutet Franz.
Nicht nur das. Mehr wird aber noch nicht verraten, ansonsten wäre ja die Überraschung dahin!
Ulkige Fratzen haben sich in das Gesicht des ewig schmunzelnden Filous geschnitten.

„Irgendetwas muss der Schlawiner doch im Schilde führen! Nur was?”, rumort es in Vaters Kopf.
Franz zeigt Verständnis, dass der junge Herr Sohn es nicht für nötig hält, die Karten auf den Tisch zu legen. Ein Geburtstagsgeschenk wird ja in der Regel vorher auch nicht verraten.


Endlich Sonntag! Wurde auch höchste Zeit. Länger möchte Franz wahrlich nicht auf die Folter gespannt werden. Was wird mich nur erwarten?”, geistert es unablässig durch seinen Kopf.

Die nun schon tiefer stehende Herbstsonne streut samtige Strahlen durch die sich zart wiegenden Äste. Erste orangegelbe Blätter tänzeln verlegen zwischen den Bäumen und durch die herrlichen Vorgärten. Ein goldiger Herbsttag - so wie er im Buche steht.

Als Franz seine orangefarbene Krawatte bindet, die einen guten Kontrast zu seinem dunkelblauen Anzug bildet, legt sich bleierne Schwere in seinen Magen.
Franz windet sich zu einem Fragezeichen, als er beginnt, sich auf den Weg zu der Unbekannten zu machen. Nach einer Viertelstunde nähert er sich der schmucken Wohnsiedlung, in der ausschließlich gut situierte Menschen sich die Klinke in die Hand geben. Eine luxeriöse Villa reiht sich an die andere.

In buchstäblich letzter Minute, war es dem Nervenbündel letztendlich doch noch gelungen, im Blumenladen um die Ecke, einen teuren Rosenstrauß zu ergattern. Die Floristin - eine Bekannte aus alten Zeiten - hat einen schillernden Rosenstrauß in gelben, rosa und lila Farben geschmackvoll kreiert und mit kunstvollen Bändchen versehen.

Endlich steht er vor der Villa am Rande der Goethestraße, die keinerlei Wünsche offen lässt. Die Fassade glänzend verputzt, die Fenster mit kreuzförmig eingearbeiteten Sprossen versehen, dazu eine mannshohe säuberlich geschnittene Hecke, die einen idyllischen Garten umsäumt, indem die meisten Blumen allerdings schon dem ersten Frost Tribut zollen mussten. Letzte Sonnenblumenblüten lassen frustriert ihre Köpfe hängen - Franz hoffentlich nicht!
Mit weichen schlackernden Knien bewegt er sich auf die stämmige Haustür zu. Echte deutsche Eiche, frisch lackiert, kastanienbraun glänzend.

Zitternd nähert sich Franz dem blank polierten kupfernen Namensschild, auf dem der in feinen Schwüngen gezogene Schriftzug R. Nagler prangt. Eine Daumenbreite daneben, droht dieser ominöse Klingelknopf, der jetzt schon den Puls spürbar anschwellen lässt. Mit größter Vorsicht peilt sein kräftiger Daumen diesen an. Sekundenlang berührt er ihn sanft, pustet aber erst dreimal kräftig durch.
Scheint ihn in einem so wichtigen Moment doch der Mut im Stich lassen zu wollen?
Einen Rückzug aber darf - den sollte es eigentlich nicht geben. Versprochen ist nun mal versprochen. Und Verabredungen hatte Franz bisher stets ernst genommen und auch eingehalten.
Die Vorhut, in Gestalt von Maik und Heike, ist schon seit Mittag im Hause.

Jetzt endlich fast sich die Nervensäge ein Herz und drückt dieses scheinbare Teufelsding kräftig durch. Wird auch höchste Eisenbahn. Ein knisterndes Rauschen dringt aus dem Lautsprecher der Fernsprechanlage in das sich ein freundliches Hallo mischt. Franz quetscht ein schüchternes „ Ich bin da, ich bin's - Franz, Franz, stotternd aus sich heraus. Der automatische Öffner surrt und Franz reißt die Haustür weit auf. In diesem Augenblick erschrickt er. Sogar der Rosenstrauß, den er soeben noch krampfhaft an sich gezogen hatte, fällt aus seiner rechten Hand, da Heikes

Mutter - wie eine Sturmböe - angeflogen kommt.
„Guten Tag Herr Steiner! Kein Grund zur Aufregung. Ist doch nett, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind. Die freundlich-helle Stimme scheint wie eine Beruhigungspille auf Franz einzuwirken.
Dennoch bleibt ihm immer noch das Wort im Halse stecken.
Ruhig und gelassen bückt sich die Frau und hebt den Blumenstrauß auf.
Franz kann es kaum glauben.
Vor seinen Füßen eine Frau, die ihm zurecht einen gehörigen Schreck eingejagt hat. Franz fällt in diesem Moment das Lied „Wunder gibt es immer wieder” - in den siebziger Jahren besungen von Katja Ebstein - ein.
Es ist wie in einem Märchen aus Tausend und einer Nacht. Franz glaubt in dieser Sekunde zu träumen. Manchmal werden Träume ja auch wahr - leider aber viel zu selten.
Im ersten Moment glaubte er, seine Augen haben sich geirrt. Doch Franz hat richtig gesehen - Frau Nagler, die Polizistin - jene Frau, deren Name leider viel zu schnell aus seinem Gedächtnis gerutscht war.
Und diese Frau wohnt auch nur einen Viertelstunde enfernt von seiner Behausung - was für eine Überraschung!

„Kommen Sie doch erstmal rein!" Beschwingt öffnet die Frau die Tür zum Vorsaal und tritt ein. Franz folgt ihr und schält sich aus seinem schicken Anzug. Die Frau seiner Träume legt den Rosenstrauß auf dem Flurschränkchen ab. Sie packt, die auf diesem Möbelstück ruhende gläserne Vase, rennt mit dieser ins Bad, füllt sie mit kaltem Wasser und arrangiert jede einzelne Rose mit viel Liebe in diesem Gefäß. An der Peripherie thronen rosa farbene Blüten, aus dem Kern springt sonniges Gelb lieblich ins Auge.
Durch die Tür des Kinderzimmers dringt ein schrilles Kichern und Kreischen. Ein lustiger Ohrenschmaus, an den sich Franz längst gewöhnen durfte.
Sicherheitshalber klopft Juliane - so heißt Heikes Mutter - an. Maik öffnet.
„Lasst uns doch noch ein bisschen kuscheln!”
Genehmigt, aber nicht mehr solange, ansonsten wird der Kaffee kalt. In spätestens zehn Minuten seid ihr im Wohnzimmer."

„Wird gemacht!”, antwortet Heike knapp.
„Die beiden sind so glücklich - so unsterblich - ineinander verliebt, die können nicht genug voneinander kriegen. Die haben nur noch Neckereien im Kopf. Heike ist eben sehr kitzlich und Maik macht davon rege Gebrauch.. Aber auch Heike will ihrem Liebling nicht nachstehen und ahmt es ihm nach. Und dann - diese Schmusestunden - kaum noch zu zählen. Ich gönn's ihnen. Ich war schließlich auch mal jung - und Sie ja auch", sagt Franz, wissend lächelnd.
„Ihrer Meinung kann ich mich nur anschließen. Sie überlegt ein Weilchen und fährt fort:
„Prickelnde Wonneschauer lassen sich nicht so einfach abstellen wie ein künstlicher Wasserfall oder wie ein fließender Wasserhahn.
Beide müssen herzhaft lachen - Franz so schallend, dass sein Magen unter Krämpfen zu zerspringen droht.
Heike und Maik scheint dieses Gelächter offensichtlich nicht zu früh aus ihrem wonnigen Rausch gerissen zu haben. Vorsichtig drückt der neugierige Maik die Türklinke nach unten und öffnet um einen schmalen Spalt. Zuerst schleicht sich Heike aus dem gemütlichen Liebesnest, hinter ihr kommt Maik auf leisen Sohlen gekrochen.
Ein glückliches Leuchten erglimmt in Heikes Augen. Maik ergeht es ähnlich.
„Von mir aus können wir jetzt gleich Kaffeetrinken”, macht Heike eine plötzliche Kehrtwendung.
„ Ich habe es geahnt, ihr habt doch alles mitbekommen”, sagt Juliane, aus deren Gesicht sich ein gönnerhaftes Lächeln stehlt und bittet Franz und das junge Paar zu Tisch.

Die gesellige Frau hat eine köstliche Schwarzwälder Torte auf den lang ausgefahrenen viereckigen, festlich gedeckten Wohnzimmertisch, gezaubert. Das Kaffeeservice vom Feinsten, Tassen und Teller - alle mit goldigen Rändern geziert. Wohlig duftet es nach Kaffee.

Das Wohnzimmer selbst ist ausgestattet mit edlen, kunstvoll verzierten Mahagoni-Möbeln, geschmackvoll angeordnet und mit liebevollen Details - in Form von blank gewienerten Glastüren, in denen Sprossen kreuzförmig eingearbeitet sind- versehen, dazu ein dunkelbrauner Fransenteppisch mit orientalischem Muster - wahrlich ein echter Hingucker.

Juliane hat sich an diesem Tag mächtig in Schale geworfen.
Sie trägt ein samtschwarzes Kleid, welches ihre Kniegelenke bedeckt hält, auf der sich dutzende weiße Rosen tummeln. Auffallend ihr tiefes Dekolletee, vielleicht etwas zu gewagt - welches aber den Blick auf die obere Hälfte ihrer sonnengebräunten Brüste, freilegt. Weiter unten locken sexy Netzstrumpfhosen - ganz unten pechschwarze Pumps mit krachenden Absätzen. Die Wohnraumluft ist geschwängert vom atemberaubend-betörendem Duft ihres schönen Körpers.
Die Runde hat es sich auf der plüschigen Eckcouch gemütlich gemacht.

„Na dann Guten Appetit!”, gibt die Gastgeberin das Startsignal zum genüsslichen Schlemmern.
Nicht ganz überraschend bietet Juliane Franz das Du an.
„Ich bin Juliane, kannst mich aber auch Jule nennen. Für die meisten bin ich halt nur die Jule."
„Und ich Franz.”
„Bin aber nicht der Kaiser.”
„Siehst auch nicht danach aus. Macht aber nicht's. Nicht jeder muss ein Kaiser sein“, wirft Juliane ein und fährt fort: „Wir beide kriegen das auch so hin”, gibt sich Juliane optimistisch und schickt dem „kleinen Kaiser”gleich mal ein verlegenes Lächeln hinterher.

Juliane erzählt von ihrem bewegten Leben. Auch mit ihr hatte es das Schicksal nicht immer gut gemeint. Ihr umtriebiger Mann war es, der der Achtunddreißigjährigen vor drei Jahren den Laufpass gegeben hatte. In jener Zeit war der Abenteuerlustige wiedermal unterwegs - auf Montage und hatte sich tatsächlich in eine Andere verguckt - für Jule nicht ganz unerwartet. Seitdem lebt sie mit ihrer Tochter allein - in diesem gemütlichen Ambiente. Manchmal aber fürchtete die Frau, die Decke könne ihr eines Tages auf den Kopf fallen - wenn sie auch nicht allzu oft diese Gedanken hegen musste und auch nicht durfte, da sie in ihrem hammerharten Beruf, täglich den ganzen Mann stehen musste.

Jule blendet auch die dunkelsten Kapitel ihres beruflichen Werteganges nicht aus. In diesen Minuten flieht die Fröhlichkeit aus ihrem Gesicht. Für einen Augenblick, senken sich ihre Augenlider. Tiefe trichterförmige Linien fressen sich von den Brauen bis hoch zu den Stirnfalten.
Jule erzählt von verkohlten, nahezu bis zur Unkenntlichkeit verstummelten, Leichen - nicht wenige davon unschuldige Opfer einer sinn- und zum Teil auch gedankenlosen Raserei. Heike und Maik schauen bitter auf, aber auch Franz ist sichtlich gerührt. Anschließend plaudert Juliane noch über Jugendliche, die viel zu tief ins Glas geguckt haben, die glaubten, überschüssige Kräfte an parkenden Autos, sowie an Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel, abreagieren zu müssen.

„Aber an diesem Tag gibt es viel schönere Dinge, über die wir uns unterhalten können", schwenkt Jule um und legt gleichzeitig die Erinnerungsfalten aus ihrem Gesicht. Heike, Maik und Franz stimmen ihr zu.
Franz glaubt die Welt nicht mehr zu verstehen. An jenem Tag, an dem Jule, Franz, abgestraft hatte, kannte sie ihn vom Ansehen her schon. Erst drei Tage zuvor hatte Heike ihr ein Foto gezeigt, auf dem sowohl Maik, als auch Franz abgebildet waren. Anfangs hatte es bei ihr noch nicht geschnallt, erst während des nicht enden wollenden Lachanfalles, sollte ihr ein Licht aufgehen.
Jule aber hatte ihr Geheimnis hüten und nicht gleich Franz auf den Präsentierteller legen wollen.

„Was für ein Wunder - ein schrecklich schönes Wunder", schwärmt Franz und lächelt seiner Glücksgöttin verlegen ins Gesicht. Freudvolle Blitze durchzucken Julianes Augen - für Franz wunderschön anzuschauen, im Gegensatz zu denen, die einen „netten Brief" folgen lassen, für den auch noch ein fettes Sümmchen fällig wird.
„Deine Augen blitzen viel schöner, als diejenigen, die an den Straßenrändern hinter Bäumen getarnt lauern", frotzelt Franz..
Jule lächelt spitz: „So etwas konnte ja nur von dir kommen, du Scherzbold. Ich muss Dir allerdings sagen - bei deinen Augen ist es auch nicht anders. Wieder donnern zahllose Lachkanonaden durch den Raum.

Dennoch lassen sich Heike und Maik nicht beirren. Beide kuscheln sich eng aneinander. Maiks feuchte Hände spielen mit ihren zwei lustigen Pferdezöpfchen, die sie am gestrigen Abend, ihm zuliebe, geflochten hat. Heikes zartfühlende Hand spielt sanft in seinen Haaren, arbeitet sich vor bis zu seinem Nacken und wandert weiter bis zum Hals. Doch da ist längst noch nicht Schluss. Mit einer kaum zu beschreibenden Engelsgeduld krault sie ihm den Bauch. Dabei schließt Maik genüsslich die Augen und spürt das wohlige Kribbeln auf seiner Haut. Er ist eingetaucht in eine Welt voller Farben, voller Gefühle, in der der Himmel voller Geigen hängt. Heike natürlich auch. Nun gilt es aber erstmal die Rollen zu tauschen. Zielsicher steuert Maiks Schmollmund ihre Ohrläppchen an. Auch diese haben es verdient, ausgiebig bearbeitet zu werden und freuen sich, dass Maik ihnen den Gefallen tun wird. Zärtlich knabbert er an ihnen und auch das lustvolle Lecken seiner heißen Zunge, verstärkt die unsägliche Spannung in ihr.
Maik wirft andeutungsweise einen Kuss in die Luft. Heikes rote Lippen orten die Signale ihres Juweles wie von selbst - und das in nicht mal einer Sekunde. Heike macht aus Ober- und Unterlippe sinnliche Halbkreise - ein untrügliches Signal für Maik, seinen Mund in Angriffsstellung bringen zu dürfen. Das alles geschieht rasend schnell. Gierige Lippen fliegen förmlich aneinander, berühren sich anfangs noch sehr sanft. Doch damit ist der Appetit freilich längst noch nicht gestillt. Beide Münder saugen sich aneinander fest, bis sie in einem endlos langem Kuss dahinschmelzen.

Endlich wird es auch den zwei Reiferen warm ums Herz - was heißt hier warm - richtig heiß - krachend heiß sogar.
„Ab sofort ist Schluß mit Zuschauen!”, gibt die Polizeiobermeisterin zärtlich das Kommando.
Franz lacht kurz auf und fragt: „ Was passiert, wenn ich deinem Befehl nicht folge?"
Jule lacht kurz auf und schickt Franz auch noch ein verliebtes Lächeln hinterher.
„Dann gibt es Hausverbot bis ans Lebensende!”
„Da bleibt mir halt nicht's anderes übrig, als deinem Befehl zu gehorchen, denn Befehlsverweigerung zieht nun mal schlimme Folgen nach sich, frotzelt Franz, spitzbübisch grinsend..
So ist es!” betont Jule. Unwiderstehliche Grübchen bestürmen endlich wieder die Wangen der einst so strengen und doch so schönen Polizistin, die auch noch ihre lustigen Sommersprossen vereinnahmen, die wiederum von listigen Lachfalten in die Zange genommen werden. Franz hört auf das „strenge” Kommando und bläst zum Angriff. Der Verliebte ist sogar noch einen Tick stürmischer als Heike und Maik, die auch nicht gerade ein Kind von Traurigkeit sind. Die sind nämlich immer noch ausgiebig mit sich beschäftigt und scheinen diesen Ablenker allenfalls nur am Rande wahrgenommen zu haben.
Wolllustig beginnt Franz seine Lippen über ihre zu schieben. Diese saugen sich - wie ein Staubsauger, der noch niemals den Geist aufgegeben hat - an ihren fest.
Auch Jule und Franz genießen dieses Gänsehautfeeling, dieses aufregende Kribbeln im Bauch, was noch an Schärfe gewinnt, als die Fingerkuppen seiner forschen Hände, zärtlich ihren Rücken kraulen.
„Ich mag dich so sehr, mein liebes Schätzchen!", schmeichelt der überglückliche Franz „ Und ich dich auch, mein lieber Schelm, mein süßer Scherzbold. Du machst mich so glücklich!”

„Na, war es gut, dass ich letzte Woche mein Geheimnis noch nicht gelüftet habe.?”, fragt Maik, nachdem er sich von Heike losgelöst hat.
„Die Überraschung, die ist dir tatsächlich gelungen. Das hat eingeschlagen wie eine Bombe - im positiven Sinne natürlich!”



Das Weihnachtsfest ist in greifbare Nähe gerückt. Faktisch über Nacht ist es klirrend kalt geworden. Einen Tag zuvor, war der erste Schnee dieses Winters gefallen.
Nicht nur das Junge Paar schwebt nach wie vor auf Wolke sieben.
Franz und Juliane geht es genauso. Besonders Franz ist nicht mehr wieder zu erkennen.
In einer Zeit, in der es Franz noch nicht vergönnt war, in den Armen der schönen Juliane liegen zu dürfen, hatten unendliche Partickelchen feinsten Hausstaubes die Gelegenheit gefunden, sich auf Schränken, Teppichen Fußböden und in anderen geheimen Ecken niederzulassen. Als aber die resolute Frau das erste Mal einen Blick in Franzens Behausung geworfen hatte, konnten diese Bronchien reizenden Gesellen noch nicht ahnen, dass ihnen das Lachen ein für allemal vergehen sollte.
Was Ordnung und Sauberkeit angeht, kennt Jule kein Pardon. Erst wird Staub gewischt und dann gibt's mehr! Das war immer und ist auch jetzt noch ihre Device.
Franz hält sich daran und hat ganz nebenbei auch noch Ordnung gelernt. Liebe kann zum Glück nicht nur Berge versetzen - manchmal sogar Staub. So sollte es sein!
 
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Kommentare  

Schöne, humorvolle Geschichte.Gelungen.

Gerald W. (21.10.2009)

Mann, ist das schön, endlich mal eine fröhliche Geschichte zu lesen. Das heitert einen bei diesem griesgrämigen Wetter wenigstens ein bisschen auf.

Petra (20.10.2009)

Egal wie der Titel ist, mir gefällt diese heitere Story einfach gut.

Evi Apfel (20.10.2009)

Wie wär`s denn mit " Des Schicksals Tücken" als Vorschlag zum Titel? Ansonsten kann ich nur sagen, dieser ironische Ton , der immer über deinen Stories schwebt, gefällt mir auch hier sehr gut. Schöne abenteuerliche Geschichte zum Schmunzeln.

Jochen (19.10.2009)

Eine wirklich süße Geschichte. Ist dir prächtig gelungen. Aber irgendwie würde ich ihr einen anderen Titel geben, denn der verrät schon so viel.

doska (18.10.2009)

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