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5 Seiten

Nico bekräftigt seinen Entschluss (2)

Romane/Serien · Nachdenkliches
© klaus60
Träumerisch schloss Nico die Augen. Ja, er hatte sich damals Hals über Kopf in Sabine verliebt. Er war fest überzeugt: Sie war die Frau, nach der er gesucht hatte. Daneben war kein Platz für eine andere Frau. Er verließ seine erste Frau und seinen Sohn, der bei seiner Mutter bleiben wollte, und nahm sich eine eigene Wohnung, in der ihn Sabine am späten Abend öfters besuchte. Nach einem Jahr zog er zu Sabine und ihren beiden Teenager-Töchtern. Mit Sabine hatte er keinen so leidenschaftlichen und zur Ausschweifung neigenden Sex wie mit Liz. Im Grunde war es jedoch viel schöner, weil sich in jeder Vereinigung auch Liebe manifestierte.

„Stumpft sich Sex in der Ehe zwangsläufig ab?“, fragte sich Nico und legte seine Hand leicht auf Sabines Po. Wie um sich zu vergewissern, dass sie noch neben ihm lag. „Wie viel Sex braucht eine gute Ehe eigentlich?“, sinnierte Nico weiter und dache einige Jahre in seiner Ehe zurück.. Kein Zweifel, sie hatten sich voneinander entfremdet. Sex fand noch statt, aber er wurde seltener und verlief immer routinemäßiger. Dadurch natürlich auch unbefriedigender. Dass er sich dann immer mehr in sich und seine eigene Welt zurückzogen hatte, war nach seiner Überzeugung allerdings durch etwas ganz anderes verursacht worden: Durch das Beziehungsgeflecht der Familie, in die er durch die Heirat mit Sabine eingedrungen war. Die Töchter standen in einem unaufklärbaren Verhältnis zwischen unterdrückter Liebe und unterschwelligem Hass zu ihrem Vater, obwohl oder weil Sabine schon geschieden war, als sie und Nico sich kennen lernten. Und obwohl oder weil er wenig später gestorben war. Dann blühte die Magersucht der älteren Tochter auf, die bedingungslos auf die Mutter fixiert war und daher Nico kategorisch ablehnte, so dass sie ein Jahr lang mit ihm kein direktes Wort wechselte. Nico hatte nach seiner Einschätzung gerade bei ihr nie eine Chance bekommen, ein spannungsfreies Verhältnis aufzubauen. Er hatte sich immer außen vor gelassen.

Warum die ältere Tochter ihre bei einem verständliche Aversion auch als Erwachsene unvermindert weiter auslebte – Nico war es leid, darüber nachzugrübeln. Er hatte immer gehofft. dass sich dieser ganze Wirrwarr langsam entflechten und normalisieren würde, wenn die Töchter aus dem Haus wären und die Probleme ihrer eigenen Familien zu bewältigen hätten. Aber eine Liebe der ältern scheiterte kurz vor der Hochzeit. Und außerdem behielt sie ihr Büro im Haus und saß fast jeden Tag mit am Tisch. Ein lockeres Gespräch mit ihr war für Nico weiterhin nicht möglich, denn sie unterhielt sich im Grunde nur mit ihrer Mutter und zog auch Gespräche zwischen Sabine und Nico so rasch wie möglich durch Themenwechsel wieder an sich. Nico seufzte tief. Ja, er resignierte damals immer mehr, schwieg zunehmend vor sich hin. Zumal er niemanden hatte, mit dem er darüber hätte reden können. Es hätte ihm wohl auch niemand geglaubt. Denn im Beisein Dritter legte die Tochter den Schalter um, begrüßte ihn mit Küsschen-links-Küsschen-rechts und gab sich süß wie Zuckerwatte.

In seiner Einsamkeit entdeckte Nico das Internet, wobei er Seiten mit jüngeren, wenig oder nicht bekleideten Frauen immer mehr bevorzugte. Er klickte Partnerschaftsseiten an, suchte dort auch aktiv mit eigenem Porträt. Er strebte danach, in der Anonymität des Webs irgendwem sein Herz auszuschütten. Aber es gelang nicht. Keine Partnerin war an seinen Problemen interessiert. Schnell kreisten die Mails mehr oder weniger offen um das beiderseitige Defizit an Sex. Des Öfteren empfanden Nico und seine jeweilige Partnerin den Mailaustausch als zu schwerfällig. Intensive Chats lösten sie ab. Auf solche Weise hatte sich auch der Kontakt zu Helga entwickelt. Im Chat schilderte sie Nico, wie sie von hinten an seinen Schreibtischstuhl heranschlich, wie sie Nico ihre Arme über die Schultern legte, ihm das Hemd aus der Hose zog und sich dann mit den Händen in diese hinein wühlte. Wie sie sich vor ihn auf den Schreibtisch setzte, ihre Beine weit gespreizt. Nico ließ sich faszinieren vom virtuellen Blick auf ihre rasierte Muschi und streichelte die Oberschenkel entlang, bis seine Finger in den feucht werdenden Spalt eindrangen. Wenn Sabine dann herabglitt, seinen Reißverschluss öffnete und sich auf ihn setzte, dachte keiner mehr daran, wie unbequem diese Stellung in der Realität auf dem mit Lehnen versehenen Stuhl wäre. Gemeinsam genossen sie real die virtuelle Lust, bis sie beide fast gleichzeitig „ich kooommmee...“ auf dem Bildschirm schrieen.

Helga wohnte nur rund zwei Stunden von Nico entfernt. So kam bei beiden der Wunsch auf, die Haut des anderen nicht nur übers Internet zu fühlen, zumal auch der Austausch von Fotos dem aufkeimenden Begehren nicht abträglich war. Sie fanden einen Termin und vereinbarten einen Treffpunkt in einer angemieteten Ferienwohnung auf halbem Weg. Die ersten Minuten des realen Treffens waren noch geprägt von scheuer Zurückhaltung. Einmal in der Wohnung fanden die Zungen schnell Gefallen aneinander. Helgas Nippel erhärteten sich in Nicos Mund, und Helgas Hand fand in Nicos Hose. Wie seine Hand in ihre. Im Schlafzimmer kam noch einmal so etwas wie Scham über die eigene Geilheit auf. Helga behielt Slip und BH an, Nico seine Boxershorts. Sie krabbelte auf allen Vieren übers Bett und inspizierte als erstes den Inhalt der Shorts. Was ihr da entgegen ragte, gefiel ihr so sehr, dass die restlichen Kleidungsstücke sofort auf dem Boden landeten. Ganz langsam, den vollen Genuss für sich auskostend und ihm gewährend, senkte Helga ihre Becken auf Nicos Mitte herab und gab sich ruhig diesem ersten intimen Kontakt hin. Lange die Reiterin konnte aber nicht still halten. Sie verfiel in einen leichten Trab, gab ihrem Pferdchen die Sporen und ritt es schließlich in klatschendem Galopp. Hoch erfreut zeigte sich Helga, als Nico sich nach dem Höhepunkt kurz aus ihr zurückzog, aber dennoch sofort wieder einsatzbereit war. Nach zwei Stunden spürten beide Hunger. Ein kurzer Spaziergang, dann Mittagessen, bei dem Beobachter sie sicherlich für ein echtes Liebespaar gehalten hätten. Geil wie sie beide waren, schlüpften sie in der Wohnung eiligst wieder aus den Kleidern und machten da weiter, wo sie aufgehört hatten. Es war Lust pur, wollüstiges Ficken bis es nicht mehr ging. Schließlich spritzte Helga zweimal auf Nicos Bauch ab. Ausgepowert sank sie neben ihn, schmiegte sich an seine Seite und meinte, von der Brust schelmisch zu ihm hoch schielend: „Es reicht, wenn du das nächste Mal nur eine halbe Tablette nimmst!“

Ein tiefer Seufzer entfuhr Nico. Er gestand sich ein, dass der Tag mit Helga ein phantastisches Erlebnis gewesen war. Ein echter Höhepunkt, der nicht schon nach ein paar Minuten geendet, sondern nach einem stundenlangen Rausch zur Erschöpfung geführt hatte. Ein Höhepunkt auch im Vergleich zu allen anderen Begegnungen. Und zugleich deren Abschluss. Denn zwei Wochen danach stand Sabine plötzlich in Nicos Arbeitszimmer, hielt sein Handy, das er seit einigen Tagen vermisst hatte, hoch und fuhr ihn zornig an: „Das war’s dann wohl!!!“ Nico war sich sofort bewusst, was sie meinte: Auf dem Handy waren alle SMS, die Helga und er gewechselt hatten, gespeichert. Eine entlarvende Dokumentation seines Seitensprungs, auch wenn zur Vollständigkeit zum Glück die Mail und Chats vom PC fehlten.

Als Nico das Treffen mit Helga vereinbart hatte, hatte er sein Gewissen damit besänftigt, dass er Sabine ja nichts vorenthalte oder gar wegnehme. Denn sie hatten in den vorausgegangenen Monaten ja nur noch selten miteinander geschlafen, weil Sabine seine immer vorsichtiger werdenden Annäherungsversuche meist sanft, aber bestimmt abgeblockt und er sich dann zurückgezogen hatte. Erst durch Sabines Vorhaltungen wurde ihm bewusst, dass er etwas weit Schlimmeres getan hatte. Etwas, was die Basis ihres Zusammenlebens in Frage gestellt und beinahe zerstört hatte: Er hatte ihr absolutes Vertrauen missbraucht.

Nico musste nicht sofort ausziehen, obwohl Sabine ihm dies in der ersten Erragung nahe gelegt hatte. Nein, Sabine gab sich und ihm einige Zeit der Rückbesinnung. Sie wollte sich nicht zuletzt über ihre eigenen, tief verletzten Gefühle klar werden. Nico brach nach Entdeckung der Affäre sofort jeden Kontakt zu Helga ab. „Eine kaputte Ehe ist genug!“, lautete seine letzte SMS. Und er löschte auf seinem PC alle verräterischen Texte sowie alle diesbezüglichen Internetadressen.

In den Monaten danach hatten Sabine und er in einem mühsamen Prozess wieder zueinander gefunden. Nico war zufrieden, nein mehr noch: glücklich, dass viel von dem zerstörten Vertrauen wieder aufgebaut werden konnte. Zugegeben, ihre Beziehung hatte sich verändert. Sie schliefen in der Regel in getrennten Zimmern. Nico hatte akzeptiert, dass sich Sabines Körper ihm nicht mehr öffnen wollte, nicht mehr öffnen konnte. Aber das war ihm nicht mehr so wichtig. Allein wichtig war, sie zueinander gefunden hatten. Dass sie gemeinsam vorher und nachher viel Schönes erlebt hatten. Und vor allem, dass sie gemeinsam in der Vergangenheit und auch seit der Affäre mit Helga viele Schwierigkeiten gemeinsam gemeistert hatten. Die Tatsache, dass er auf Sex verzichten musste, schmerzte. Er musste sich damit abfinden, vielleicht nie mehr dieses wunderbare Gefühl zu erleben, eine Frau mit allen Poren erspüren zu dürfen. Vielleicht nie mehr in der feuchten Wärme einer Frau geborgen zu sein und gemeinsam mit ihr einem Höhepunkt der Lust entgegen zu fiebern. Ihm blieben zur noch die verblassenden Erinnerungen. Und irrlichternde Fantasien.

In dieser Nacht, an der Seite seiner schlafenden Sabine, bestätigte sich Nico, dass er bereit war, auf all dies zu verzichten. Denn er liebte Sabine. Dies war der Preis, um mit ihr alt werden zu dürfen. Selbst wenn sich durch Zufall oder besondere Umstände im Internet oder real wieder ein Flirtkontakt ergeben sollte, würde er die Grenze, die er mit Helga überschritten hatte, nicht erneut überschreiten. Zumindest nicht real, schwor er sich. Diesen Preis musste er für sein Fehlverhalten zahlen. Und er war bereit dazu. Aus Liebe zu Sabine.

Er hätte sich nach Helga auch von Sabine trennen können. Doch er hatte dies genau so wenig gewollt wie sie. Um weiterhin zusammen mit ihr zu leben, musste er sie akzeptieren, wie sie war. Mit all ihren Stärken und ihren Schwächen. Nico bekräftigte seinen Entschluss und flüsterte sich zu: „Liebe kann wie jetzt Verzicht verlangen. Und die Liebe zu Sabine ist mir diesen Verzicht wert!“

Diese Gedanken ließen Nico ruhig werden. Er drehte sich wieder Sabine zu und schmiegte sich durch die Bettdecke hindurch an sie. Sekunden war er später eingeschlafen.
 
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Kommentare  

Hallo Jochen, vielleicht kann eher Nico verzichten, w e i l
er schon so viel erlebt hat. Vielleicht erscheint ihm
Sexualität auch nicht mehr so wichtig...


klaus60 (17.12.2009)

Oh, das überrascht mich aber, dass Nico zu solch einem Verzicht bereit ist, obwohl er bereits soviel Schönes erlebt hatte. Denn eigentlich hat er ja Recht. Im Grunde nimmt er seiner Angetrauten nichts weg, indem er die Sexualität, an der seine Frau nicht mehr interessiert zu sein scheint, mit daran (noch) Interessierten teilt. Es ist sein Körper. Aber er will Sabine nicht traurig sehen. Eine große Liebe, bei der man nur hoffen kann, dass sie zumindest ab und an auch einmal belohnt wird. Schöner Text.

Jochen (17.12.2009)

Hallo doska, vielen Dank! Mehr kann ich zu deinem
Kommentar nicht sagen!


klaus60 (17.12.2009)

Toll, und da sagt man immer, dass Männer nicht wirklich lieben können und WIE sie das können. Treu zu sein ohne ...das wäre wirklich ein ganz großer Verzicht. Und Sabine schläft nun so ganz ahnungslos neben Nico und ahnt von alledem nichts. Ich muss sagen, ich war direkt so ein bisschen gerührt, als ich das gelesen habe und denke mal, wie Rosmarin, dass sich bei solch einer Liebe vielleicht sogar wieder etwas bei den beiden anbahnen könnte. Wer weiß? Jedenfalls war das wieder ganz spitzenmäßig geschrieben.

doska (16.12.2009)

Tja, Petra. Da die Story keine Fortsetzung hat, werden wir
es wohl nie erfahren. Hoffen wir mal für die beiden, dass er
es packt!


klaus60 (16.12.2009)

Ist ja süß. Nico hat wohl den Enschluss gefasst, seiner großen Liebe für immer treu zu bleiben, auf alle körperlichen Gelüste zu verzichten, aber ob er das auch wirklich packen wird? ;)

Petra (16.12.2009)

Hallo, rosmarin, freut mich, dass dir die Geschichte gefällt.
Tja, vielleicht hast du mit deiner Vision recht. Aber das ist
dann ja nicht mehr Teil der Story, auch wenn man gerne in
diese Richtung denken mag.


klaus60 (16.12.2009)

hallo, klaus, eine wunderbare geschichte. irgendwo habe ich auch gelesen, liebe sei verzicht. und es nicht verstanden. aber nun verstehe ich es. aber dieser verzicht lohnt sich wohl für die beiden, denn sie haben viel mehr gefunden, nämlich sich, und sie werden sich
bestimmt niemals mehr verlieren. und vielleicht, wer weiß, öffnet sich auch sabines körper wieder für nico.
grüß dich


rosmarin (15.12.2009)

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