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6 Seiten

Selena - Kapitel 05

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Von einer Sekunde zur anderen löste sich die Starre in Wohlgefallen auf. Aus dem Nichts holten der Mann und die Frau jeweils eine Armbrust hervor, feuerten sie ab und zogen im selben Moment ihre Schwerter. Die Armbrustbolzen töteten die nächstbesten Biester.
Ihre junge Begleiterin hingegen verhedderte sich mit ihrer Armbrust, während ihre Tischnachbarn von ihren Stühlen aufsprangen und sich auf einen Soldaten stürzten. Da stürmte ein Gefreiter auf sie zu.
Die Frau, an der Theke, warf ein Wurfmesser auf einen an der Treppe stehenden Soldaten. Es bohrte sich ins Bein des Biests, ohne ihn ernsthaft zu verletzten. Er schwang seine gepikte Keule. Wenn die Frau sich nicht geduckt hätte, wäre ihr Schädel nur noch matsch. So traf die Waffe auf den Tresen und brachte das Holz zum Splittern. Die Frau schlug dem Biest einen Pflock durch den Hinterkopf.
Einige der Gäste hatten sich feige zu Boden geworfen, mit den Händen hinterm Kopf. Nur wenige hatte der Mut gepackt, was ihr Tod war. Kompromisslos metzelten die Biester die unbewaffneten Zivilisten nieder.
Die junge Begleiterin versuchte verzweifelt ihre Armbrust frei zu bekommen, statt zu ihrer Zweitwaffe zu wechseln. Der Soldat war eine Länge von ihr entfernt. Als die Keule seines Kameraden von der Theke, seinen Kopf traf und ihn zu Boden warf. Verblüfft schaute die junge Frau zu Selena rüber.

***
Ihr stellte sich der Hauptmann in den Weg. Mit einem kehligen Grunzen kam er auf sie zu, schwang sein Langschwert und attackierte sie. Im Gegensatz zu anderen seiner Art war der Hauptmann drahtig, geradezu dünn. Seine Züge wiesen einen Mix aus Ork und Urikai auf. All das registrierte Selena nebenbei. Ihr Hauptaugenmerk lag darauf, am Leben zu bleiben.
Wie man es von einem Biest, ob nun Urikai oder Ork, erwartete, setzte der Hauptmann mehr auf Kraft als auf Technik. Rohe Gewalt brachte einen nur bedingt weiter. In einem Zweikampf entschieden verschiedene Faktoren. Kraft gehörte auch dazu, aber es war mehr nötig.
Selena warf dem Hauptmann einen Stuhl entgegen. Sie hatte früh gelernt ihre Umgebung bzw. die Gegenstände, in Kämpfe wie diese miteinzubeziehen. Der Soldat schlug, mit seinem gerüsteten Unterarm, den Stuhl zu klump. Die Albin befand sich weiter in der Rückwärtsbewegung, bis sie ihre Chance sah.
Durch ihr Tun wiegte sie den Hauptmann in Sicherheit. Mit einem kräftigen Hieb wollte er sie zweiteilen. Im Bruchteil einer Sekunde drehte sich Selena zur Seite weg, spürte den Luftzug des Schwerts und nutzte den eigenen Schwung. Der Hauptmann hob seinen gerüsteten Unterarm zur Abwehr.
Auf seinem Gesicht erschien ein breites Grinsen. Er hatte den Angriff vorausgesehen. Emotionslos sah sie ihn an. Sie zückte ihren versteckten Dolch und trieb dem Biest die Klinge vom Kiefer aufwärts in den Schädel. Es blieb nicht mal Zeit einen anderen Gesichtsausdruck aufzusetzen. Der Hauptmann starb mit einem Grinsen im Gesicht.
Als sich Selena umsah, waren alle Biester Tod. Ihr Blick kehrte zum Anführer zurück. Mit einer entsprechenden Ausbildung und mehr Erfahrung hätte er ein anspruchsvoller Sparringspartner sein können. Irgendwie erinnerte er sie an den Urikai R’ak, den Sie dazu benutzte Magistrat Fredericks zu entführen. Was schief ging, da der Magistrat einen von R’aks Leuten soweit provozierte, bis dieser ihn tötete.
„Wer seit ihr?“, fragte der Mann vorsichtig. Sein Schwert hielt er kampfbereit.

***
„Dafür haben wir keine Zeit, Jerome.“, warf die Frau vom Tischtrupp ein. Jerome schaute Selena musternd an. „Wir müssen verschwinden.“, fügte sie entschieden hinzu.
„Die Hintertür. Beeilt euch.“, mischte sich die Frau vom Tresen ein. Dann schaute sie zur Albin. In ihren Augen lag Vorsicht. „Kommt.“
Die junge Frau und ihre Begleiterin verschwanden durch den Durchgang neben der Bar. Kurz darauf folgte ihnen der Mann. Selena steckte den Dolch weg, schaute sich im Wirtshaus um. Kaum im jenseitigen Land der Wächter angekommen, schon steckte sie in Schwierigkeiten. Hätte sie sich bloß rausgehalten? Andererseits standen ihre Chancen sowieso nicht allzu gut bei der Personenkontrolle. Schließlich fehlten ihr die Papiere, und wie es aussah, ließen die Biester nicht mit sich reden.
So folgte sie den Anderen. Hinter dem Durchgang lag eine spartanische Küche mit einer offenen Feuerstelle. Auf dem Rost lagen zwei Pfannen. Eine Tür führte von der Küche in einen Hinterhof, von dem ein schmaler Weg abging.
Sie liefen ihn entlang. Links. Rechts. Geradeaus. Wieder rechts. Von irgendwoher hörte man laute Stimmen und schwere Schritte, die sich näherten. Die Flüchtenden erhöhten das Tempo. Längst hatte Selena den Überblick verloren. Es war ein Labyrinth aus Kreuzungen, Abzweigungen, Kurven und Sackgassen. Ihre Flucht führte sie an Plätzen vorbei, wo Kinder miteinander spielten, wo Wäsche hing oder ältere Männer irgendein Brettspiel spielten. Bei all den Leuten handelte es sich um Elben und Albe. Ob sie sich je daran gewöhnte? Dann hallten die schweren Schritte von vorne her.
„Verdammt.“, raunte der Mann. Sie steckten in der Falle.
„Hier.“, meinte die Frau von der Theke und warf sich gegen eine Tür. „Rein mit euch. Los!“ Sie gingen hinein. Die Frau schloss die Tür, lehnte sich an die Wand und schaute durch das vernagelte Fenster raus.

***
Die Schritte kamen näher und näher. Ein Trupp Soldaten trabte an ihrem Unterschlupf vorbei. Sie wechselte ihre Position am Fenster. Erst als die Schritte der Biester verklungen waren, nickte sie den anderen zu. Man verließ das Versteck und lief weiter.
Sie überquerten eine Straße, verschwanden in der gegenüberliegenden Gasse, folgten dem Verlauf und blieben schließlich vor einer Tür stehen. Die Anführerin klopfte zweimal kurz, einmal lang und dreimal kurz. Kurz danach hörten sie, wie mehrere Verriegelungen gelöst wurden. Die Tür ging auf. Ein Mann mit grauem Haar schaute vorsichtig nach draußen. Sein Blick blieb auf Selena haften.
„Sie hat uns geholfen.“, sagte die Thekenfrau.
Wirklich vertrauen tat man ihr dennoch nicht. Was für Selena verständlich war, schließlich war sie eine Fremde und denen misstraute man immer. Das war in Eurasien nicht anders gewesen.
Der Hausbesitzer trat beiseite. Die Gruppe schlüpfte ins Haus.
„Hier sind wir vorerst sicher.“, versicherte sie ihr. Auch in ihren Augen lag Misstrauen, jedoch weitaus weniger als bei den anderen.
„Woher kommt ihr?“, forderte der Mann mit dem Namen Jerome harsch.
Selena schaute ihn gelassen an.
„Beruhige dich, Jerome. Sie hat Celin das Leben gerettet.“, erinnerte die Thekenfrau ihren Gefährten.
Der Mann blieb misstrauisch. Er schaute zur jungen Frau. Sein Blick war nicht gerade freundlich, eher tadelnd. Celin sah weg. Jerome wandte sich Selena zu, wechselte zur Thekenfrau.
„Wir bleiben bis zur Abenddämmerung hier.“, informierte sie Selena, nachdem Jerome in den hinteren Teil des Raums ging.
Sie nickte. Dann ging die Frau zu den anderen. Mit der jungen Celin sprach sie einige Worte. Der Körpersprache nach munterte sie diese auf. Ihr Blick ging zu Jerome und die andere Frau der Gruppe. Sie unterhielten sich. Anscheinend war er darüber aufgebracht, dass man die Fremde mitgenommen hatte. Verständlich aber überflüssig. Naja, das konnte Jerome ja nicht wissen.
„Ihr müsst ihn entschuldigen.“, sagte die Anführerin. „Er ist sehr vorsichtig Fremden gegenüber.“ Dahingehend unterschied man sich nicht voneinander. „Ihr seid nicht aus der Gegend!“, stellte sie fest.
Selena nickte. Es gab nicht viel, was sie einschüchterte. Die Thekenfrau gehörte nicht dazu. Sie besaß eine starke Ausstrahlung und konnte kämpfen. „Nein, ich bin auf der Durchreise.“
„Ich danke euch, dass ihr Celin das Leben gerettet habt. Leider habt ihr euch damit in Schwierigkeiten gebracht.“
Selenas Schmunzeln verwirrte die Frau. „Das ist nicht neu.“, erklärte sie ihr.
„Wie ich erfahren habe, ist euch hier das Tragen von Waffen verboten.“ Ihr Gegenüber nickte.
„Dennoch seid ihr ausgebildet."
" Mehr oder weniger."
Eher weniger, urteilte Selena stumm. Mit einer Kampfausbildung aus Eurasien konnten die Anwesenden nicht mithalten.
„Ist bei euch das Tragen von Waffen nicht verboten?“, fragte die Frau überrascht.
Jetzt steckte sie in der Zwickmühle. Wieviel konnte sie erzählen? So wenig wie möglich, entschied Selena. „Zur Selbstverteidigung gestattet man uns das Tragen von Waffen.“
Die Antwort verblüffte die Frau. Wie zuvor die Tatsache, dass andernorts das Tragen von Waffen erlaubt war. „Die Razzia im Wirtshaus war kein Zufall!“, schlussfolgerte Selena schnell, um vom Thema abzulenken. „Wieso waren die Soldaten hinter euch her?“
Falls es der Frau auffiel, was die Albin versuchte, zeigte sie es nicht. „Wir stehen auf der Fahndungsliste.“
„Weswegen?“, hackte Selena nach.
Bevor sie ihr antwortete, schaute sie die Albin einige Sekunden lang an. Um herauszufinden, wieviel sie ihr erzählen konnte. Auch sie misstraute Selena. Im Gegensatz zu Jerome konnte die Frau es besser verbergen. „Weil wir dem Untergrund angehören.“
Plötzlich bummerte es schwer an der Haustür. Alle hielten inne. Jerome sah sofort zu Selena.

***
General ZeRan betrat das Wirtshaus. Der Geruch des Todes lag im Raum. Niemand hatte die Leichen bewegt. Er schritt zwischen seinen Männern umher, schaute sie sich an. Seine harte Miene verfinsterte sich. Der Trupp war zahlenmäßig überlegen gewesen. Am liebsten hätte ZeRan, Kommandeur der Stadtgarnison, den Hauptmann für dessen Unfähigkeit eigenhändig getötet.
„Wir durchsuchen bereits die Umgebung.“, teilte ihm ein Oberfeldwebel mit sicherer Stimme mit. Sein Befehlshaber kannte den Satz bereits. „Bisher fehlt jede Spur von den Tätern.“ Wundern tat ihn das nicht. Sie konnten schließlich auf ein Netzwerk von Helfershelfern zurückgreifen.
Draußen schaute ZeRan sich um. Einige Schaulustige hatten sich versammelt. Vermutlich wollten die Bleichgesichter es mit eigenen Augen sehen, was sich auf der Straße rumgesprochen hatte. Der Tod von einem Trupp. „Zeugen?“, wollte er mit roher Stimme wissen.
„Sie sagen, dass es vier Frauen und ein Mann waren.“, antwortete der Oberfeldwebel zügig.
Bei der Antwort grunzte er. Die Frauen der Bleichgesichter besaßen mehr Courage als die Männer. Weicheier, raunte er stumm. „Ab der Dämmerung tritt die Ausgangssperre in Kraft. Jeder der dagegen verstößt wird festgenommen.“, befahl ZeRan mürrisch.
Der Oberfeldwebel nickte.
Das sollte die Bewegungsfreiheit der Täter einschränken.

***
Der ältere Mann öffnete die Tür. „Ja.“, sagte er mit gebrechlicher Stimme.
Fünf Biester traten ungebeten ins Haus. „Hausdurchsuchung!“, blaffte der Feldwebel und schob den alten Mann unwirsch beiseite. Er gab seinen Leuten ein Zeichen. Sie schwärmten aus und durchsuchten Zimmer für Zimmer. Dabei gingen die Biester rustikal vor. Zertrümmerten Wandschränke, Türen, Tische und Regale.
„Bitte, Herr.“, flehte er den Feldwebel an.
„Ach…“, entgegnete dieser und schubste ihn weg.
Für einen kurzen Moment flackerten die Augen des Mannes auf und er war versucht das Schwert unter der Couch zu greifen, um es dem Feldwebel in den Leib zu rammen. Damit war den anderen aber nicht geholfen. So kehrte er in die Rolle des alten gebrechlichen Mannes zurück, der vom Feldwebel ignoriert wurde.
Die Biester kehrten ins Hauptzimmer zurück. Allesamt schüttelten knapp den Kopf. Der Feldwebel grunzte missgestimmt. Wortlos verschwanden sie aus dem Haus.
Der Mann schloss die Tür hinter ihnen, schaute den Biestern nach, ging durchs Nebenzimmer und betrat seine kleine Küche. Auch da hatten die Soldaten gewütet. Ohne sich dem durcheinander zu widmen, schritt er zum Anrichtblock aus rotem Backstein. Er drückte je einen Stein auf jeder Seite, der dabei hörbar einrastete. Am Ende schob sich der Anrichteblock zur Seite und ein Loch im Boden kam zum Vorschein.
„Sie sind weg.“
Einer nach dem anderen kam aus dem Versteck hoch.
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Ende, Kapitel 5
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

Selena zeigt, was sie kann. Doch man begegnet ihr misstrauisch. Sehr verständlich, denn zu groß ist die Gefahr von den "Biestern" erwischt und getötet zu werden.

Petra (29.09.2010)

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