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4 Seiten

Schlachtfest I

Kurzgeschichten · Frühling/Ostern · Für Kinder
© Seal
Ein ungewöhnliches Treffen

Ostergeschichte von „Has, Gan und Kar“



„HAS“

Immer wieder nach hinten schauend und dabei schwer atmend, beschwerlich humpelnd, hoppelte ein alter Hase, so schnell er nur konnte auf dem unebenen Waldweg vom Dorf eilig weg. Er hörte noch immer das "Laute- wüste- Rufen" ... nach dem verschwundenen Karnickel...
Jedoch allmählich, immer mehr aus der Puste kommend und daher etwas langsamer werdend, flüchtete er, kurz vor der totalen Erschöpfung, in Richtung des nahe gelegenen Waldes.
Er sah nicht die herrliche Vegetation neben dem Waldweg auf den Feldern und Wiesen, die den kommenden Frühling farbenfroh ankündigte.
In all seiner Herrlichkeit des Frühjahres und der entstandenen Blütenpracht von Feld und Flur, die das untrügliche Vorzeichen des baldigen Osterfestes war, nahm er nicht wahr auf seinem Weg.
Der schon etwas in die Jahre gekommene Hase, schleppte sich jetzt, eher einer Ohnmacht nahe, kurzatmig laut schnaufend, kurz vor dem Herzkasper stehend, schnell ins Dickicht des Waldes.
Er versteckte sich.
Ganz flach ins wohl duftende Moos, sich in den Waldboden drückend, legte er noch vorsorglich seine langen Löffel in seinem Versteck an. Er beobachtete mit gehetztem Blick den Waldweg, in Richtung des kleinen Dorfes, das unterhalb des schönen Waldes lag.
Immer noch zittrig und fahrig blickte der Hase um sich, hektisch und ängstlich zugleich waren seine unbeholfenen Bewegungen.
Mit übergroßen Augen beobachtete er den Waldweg, mit unstetem Blick und blieb wohlweißlich weiter geduckt im Moos liegen.
Der Speichelfluss – sein Speichelfluss, war das typische Zeichen für seine körperliche Überanstrengung.
Die Zunge hing ihm bis zum Boden, er fuhr sich mit seiner rechten, wund gelaufenen, Hasenpfote mehrmals über seine ängstlich drein blickenden Augen.
Er konnte es noch immer nicht fassen was ihm am frühen Morgen,
beinahe geschehen wäre …? Und anschließend noch passiert war!

In seinem alten Hasenkasten, in dem er schon seit Jahren sehr zufrieden lebte, da - wo er gerade noch genüsslich mit ausgestreckten Pfoten ruhte, kam urplötzlich Bewegung in seinen Hasenstall.
Ungehalten und unwirsch schimpfend, wurde abrupt die Tür des Hasenkastens, seiner bescheidenen "Stroh – Wohlfühlraum - Schlafstätte" urplötzlich weit aufgerissen und geöffnet.

Eine riesige Hand kam geradewegs auf ihn zu, er duckte sich zwar noch in die hinterste Ecke, doch vergebens, man fasste ihn unsanft im Genick an und zog an seinen langen Löffeln. Man packte nochmals grob zu und schleifte ihn, trotz seiner großen Gegenwehr, brutal mit.
Man zog ihn einfach, rücksichtslos, aus seiner gemütlichen Behausung.
Er wurde gewaltsam, aus seinem kleinen bescheiden Heim, aufs Brutalste heraus gerissen.
Da half ihm kein wildes Zappeln, Altmeister Lampe, konnte sich wehren wie er wollte, doch es half ihm nichts, alle Gegenwehr war vergebens.
Um der Sache- die folgen würde, zu entrinnen, war es längst zu spät …
Direkt neben einem großen Eimer, vielen Schüsseln, Messern und altem Wetzstein flog er unsanft in eine modrige zerschlissene Holzkiste, mit einem gar grässlichen Gammelgeruch. „Was ist das für ein komischer Geruch?", dachte der alte Meister Lampe unruhig. Doch er konnte sich, beim besten Willen, keinen Reim darauf machen, was da gerade mit ihm passiert war oder vielleicht noch passieren wird und so erbärmlich roch!

Vorsichtig schaute er zwischen den Holzlatten heraus, genau auf die Ansammlung der eigenartigen, ihm fremden, Gegenstände, auf dem kleinen Holzklotz. Die Holzkiste war für ihn eine unüberwindbare Hürde, die er einfach nicht mit seinem kranken Bein zu bezwingen vermochte. Er könnte das nicht, das war ihm schlagartig klar und bewusst. Da hatte er keine Chance, das wusste er sofort, die Holzkiste war zu für ihn zu hoch.

Und da kam ihm ein fürchterlicher Gedanke, „Sollte das … das Werkzeug für seine „Schlachtung“ sein?
Es hatte sich längst herum gesprochen, dass zur Osterzeit, geschlachtet wird. Keiner wusste so genau was es damit auf sich hatte und was damit gemeint war, aber alle hatten Angst vor diesem Wort, wenn es in unmittelbarer Nähe von den Hasenställen ausgesprochen wurde. Und es war nach den Festtagen immer ein Kumpel weniger in der Stallsiedlung, das bemerkte er wohl.
Keiner kam zurück- um zu erzählen was sich bei „Schlachtung“ ereignet!
Und schlagartig wurde ihm klar, was es damit auf sich hatte, was am gestrigen Tag neben seinem Hasenkasten laut ausgesprochen wurde: „Morgen kümmere ich mich mal um den alten Humpelmann Meister Lampe, der ist eh nur noch für die Pfanne zu gebrauchen!“
„Bevor das Karnickel hier zu alt wird und noch zäher wird, könnte es in diesem Jahr noch einen ordentlichen Osterbraten mit einer feinen Wildkräutersoße abgeben!“
Er hatte es vergessen und verdrängt, was er da gehört hatte - und jetzt ist es zu spät, durchzuckte ihn die jähe Erkenntnis vor dem nahenden Oster Ereignis und seiner bevorstehenden Opfer-Rolle beim Fest.
Die Angst vor dem Schlachtfest war sofort allgegenwärtig!!!
Das Osterfest wollte er so nicht feiern und er verstand auch nicht, warum es überhaupt gefeiert wird, wenn jemand sterben muss. „Was gibt es da eigentlich zu feiern“, fragte er sich, angstvoll zum Holzklotz blickend.
Und schon gar nicht wollte er das Schlachtvieh sein, da war er sich sicher.
Unruhig beobachtete er was sich da tat, neben der modrigen alten Holzkiste.
Und plötzlich hörte er eine liebevolle Stimme, Luzie sprach mit leiser Flüster- Wisperstimme zu ihm: “Komm Humpelhase, schnell komm, ich helfe dir zu flüchten. Sonst zieht dir der Großvater das Fell über die Ohren. Komm schon, beeile dich, bevor Großvater zurück ist!“
Es ist Osterzeit, du weißt bescheid – ich weiß bescheid!
Zwei Kinderarme streckten sich ihm entgegen und hoben ihn aus der alten Holzkiste heraus. Fluchs schob sie ihn unter ihren Pullover und dann landete er gleich unter ihrem Arm, um dann letztendlich wieder unverhofft auf den Boden gesetzt zu werden. Mit einem Klaps auf seinen Hintern forderte sie ihn auf, schnellstens in Richtung Wald zu laufen und sich vorsichtshalber zu verstecken.
Das nennt man wohl, Rettung in letzter Minute, dachte er und machte sich sofort auf den Weg in Richtung Wald. Und jetzt war ihm klar, was da so eigenartig gerochen hatte. Es war der Geruch des Todes, der an der alten Holzkiste haftete.
Dankbar blickte er sich noch einmal zu Luzie um und bedankte sich für ihre beispielhafte Fluchthilfe mit einem dankbaren Augenaufschlag.
Tag für Tag, ja eigentlich wirklich täglich, hatte sie mit ihm gespielt, obwohl er ein angeschlagenes krankes Bein hatte und er ansonsten von allen anderen eher gemieden wurde. Luzie machte es nichts aus, dass er nicht hoppeln - sondern nur humpeln konnte. Sie machte da keinen Unterschied zwischen all den Hasen auf dem Bauernhof.
Doch gerade dieser Umstand, dass er humpelte war wohl die Entscheidung des Großvaters, ihn für Ostern – für das Schlachtfest, zum Hasenbraten auszuwählen!!!

Und jetzt lag er da, mit seiner neu gewonnen Freiheit, erschöpft aber glücklich lag er im Moos.
Er war total geschlaucht von seinem Wettlauf, um sein eigenes Leben, den er bis jetzt noch gewonnen hatte, so schien es zumindest.
„Danke Luzie, ich danke dir, flüsterte er.“

Ihm wurde sofort bewusst, dass er jetzt und zukünftig auf sich selbst gestellt war!
Es würde kein getrockneter Brotkante, keine herrlichen Möhren und kein frisches Heu mehr täglich zum Verzehr geliefert und gereicht werden.
Er wurde unverhofft zum Selbstversorger – und sah in eine ungewisse Zukunft.
Aber keiner würde mehr spöttisch „Karnickel“ zu ihm sagen!


Eher gequält, durch das Erlebte vom Tage, dachte er laut: "Hurrrra, ich LEBE noch!"
Aber wie lange noch? Und bin ich in Sicherheit?
Die gewonnene Freiheit barg auch ihre Gefahren, das machte ihm schon jetzt zu schaffen, da war er sich bei der neuen Situation sicher.
Seine kleine Spielgefährtin Luzie, die ihm das Leben gerettet hatte, die vermisste er schon jetzt, endlich unruhig und voller Sorge murmelte er sich in den Schlaf.
Schrecklich, schrecklich- was ich noch auf meine alten Tage durch machen muss, flüsterte er und schlief erschöpft aber zufrieden ein.
Meister Lampe war frei ...

Fortsetzung folgt

Und dann traf er im Wald unverhofft auf Gan …
„Gan“ … ?
 
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Kommentare  

Hallo Petra, Gan ist unterwegs.
Danke für den Kommentar und vielleicht gefällt es- was Gan zu erzählen hat!?
Es folgt dann später "Kar" zum ungewöhnlichen Treffen ...


Seal (09.04.2011)

Sehr süß. Eine kleine spannende Ostergeschichte. Ich bin neugierig auf die Fortsetzung.

Petra (08.04.2011)

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