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Das letzte Abendessen - Teil 1

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches
Heute war Jack Peter William Screws letzter Abend. Am nächsten Tag stand seine Hinrichtung an, bei der er durch den elektrischen Stuhl sterben sollte.
Er saß in seiner Zelle und wartete darauf, zur Henkersmahlzeit abgeholt zu werden. Er freute sich. Nach drei Jahren, fünf Monaten und zehn Tagen ungenießbarem Gefängnisfraß wartete nun ein üppiges Mahl auf ihn, und zwar ein nicht im Gefängnis, sondern in seiner Lieblingspizzereria zubereitetes Essen. Sein Wunsch waren Spaghetti Carbonara als Vorspeise, eine große Pizza mit Salami, Schinken, Thunfisch, Zwiebeln und Champions und als Nachspeise Pfefferminzeis mit Schokoraspeln.
Das Abendessen sollte gemeinsam mit dem Richter und dem Henker eingenommen werden. Den Richter kannte er ja schon, den Henker hatte er noch nicht kennengelernt. Wie der wohl aussah? Er stellte sich einen mindestens 1,95 m großen, sehr stämmigen und muskulösen Mann mit kahl rasiertem Schädel und einem Schnauzbart vor.
So langsam hatte er aber wirklich Hunger. Endlich öffnete jemand seine Zelle.
„Mr Screw, ich bringe Sie in den Speiseraum“, sprach der Gefängniswärter und führte ihn dorthin.
Der Richter und eine weitere Person saßen bereits am gedeckten Tisch. Das musste wohl der Henker sein. Er sah ganz anders aus als er ihn sich vorgestellt hatte. Normale Figur, braun-graue Haare und glattrasiert. Sein Gesicht wirkte nicht einmal brutal. Aber es war ja auch kein Henker aus alten Zeiten, der die Axt schwang, sondern nur den Stromschalter betätigte. Dafür brauchte man auch keine Muskeln.
Der Richter stand auf und kam auf Jack zu, um ihn zu begrüßen.
„Hallo, Mr Screw, schön Sie wieder zu sehen. Wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen.“
„Hallo Mr Fairy, ja, die Zeit vergeht. Und wie geht es Ihnen?“, erwiderte Jack.
„Mir geht es gut, vielen Dank. Und Ihnen?“
„Ja, mir auch so weit.“
„Das ist Mr Black, er wird morgen die Vollstreckung durchführen“, stellte der Richter den anderen Mann vor, der sich darauf ebenfalls erhob und Jack die Hand reichte.
„Ich bin zwar Ihr Vollstrecker, aber nicht ihr Feind“, sprach er zu ihm und lachte.
„Kein Problem“, lachte Jack ebenfalls.
„Dann wollen wir uns mal das Abendessen schmecken lassen. Ich hoffe, Sie haben Hunger mitgebracht, Jack“, sprach der Richter.
„Und ob ich den habe, darauf können Sie sich verlassen“, antwortete Jack.
Daraufhin wurde das Essen in den Raum gebracht und zu Jacks großer Freude von Davide, dem Inhaber der Pizzeria, mit dem er sich immer gut verstanden hatte, persönlich geliefert. Freudig winkte ihm Jack zu, lächelnd servierte dieser die Vorspeise.
„Davide, das gibt es doch nicht“, rief Jack vor Begeisterung und stand auf. Die beiden fielen sich in die Arme.
„Hier bist du also“, antwortete Davide. „Ich habe die ganze Zeit gedacht, dir schmeckt meine Pizza nicht mehr, weil du plötzlich nicht mehr da warst. Ich hab erst gestern erfahren, was los war.“
„Darf mein Freund mit uns am Tisch sitzen, während wir essen?“, fragte Jack den Richter.
„Aber natürlich“, antwortete der Richter.
Das Essen schmeckte hervorragend, so wie er es von Davide gewohnt war.
Der Richter aß als Vorspeise einen Salat und als Hauptgericht eine Pizza mit Salami, der Henker aß ebenfalls einen Salat als Vorspeise und anschließend eine vegetarische Lasagne.
Passend dazu wurde auch über das Thema Essen gesprochen.
„Ich bin Vegetarier“, erzählte der Henker. „Ich esse einfach nichts, was mal gelebt hat.“
„Manche vegetarischen Gerichte sind nicht schlecht“,stimmte Jack zu.
„Es gibt hier in der Nähe ein rein-vegetarisches Restaurant. Das sollten Sie mal besuchen und testen“, riet ihm darauf der Henker.
„Geht ja leider nicht. Ich bin ja morgen schon tot.“
„Oh, tut mir leid, da hab ich jetzt nicht dran gedacht.“

Es wurde noch ein recht netter Abend, der um 22 Uhr beendet wurde. Die Hinrichtung sollte am nächsten Tag um 9 Uhr beginnen.
„Ich werde mich gleich, wenn ich wieder in der Zelle bin, sofort hinlegen. Damit ich morgen auch ausgeschlafen bin. Nicht dass ich noch meine eigene Hinrichtung verschlafe“, scherzte Jack. „Dann noch einen schönen Abend, bis morgen.“

Er verspürte ein richtiges Völlegefühl und hoffte, kein Sodbrennen zu kriegen. Aber das Essen war einfach zu lecker. Eigentlich könnte er dafür glatt jeden Tag hingerichtet werden.
 
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Kommentare  

Ich danke allen fürs Lesen. Eine kleine Fortsetzung
gibt es dazu schon einmal.


Homo Faber (22.07.2011)

Bedarf diese wunderbare Story eigentlich einer Fortsetzung?
Für mich ist sie in sich vollkommen abgeschlossen.


Geminus (17.07.2011)

Kann ich nur zustimmen. Her mit dem nächsten Teil. Diese Ruhe und Gelassenheit, die der Todeskandidat hat, verführt zum schmunzeln.

Marco Polo (17.07.2011)

Ich schrei mich weg und schrei nach Fortsetzung. Eine gelungene Geschichte. Und ziemlich böse hinzu. Das mit dem rein vegetarischem Restaurant ist genial :)
LG


Sabine Müller (17.07.2011)

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