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Toscanische Episoden 2

Kurzgeschichten · Erinnerungen
Wir verabschiedeten uns von Ginas Eltern und fuhren in Richtung Montepulciano. Schon von weitem dominierte der grandiose Felssporn auf dem das Städtchen lag das Blickfeld.
Ginas Mutter hatte uns einen Tipp gegeben, wo wir hervorragend zu Abend essen könnten. Sie hatte sich auch gleich ans Telefon gehängt und uns vier Plätze reserviert. Die Wirtin war eine Cousine von ihr und freute sich darauf Gina, ihre Nichte, nach Jahren wieder zu sehen.
Früher war der Wein, der berühmte Vino Nobile di Montepulciano nur dem Adel vorbehalten, daher auch der Name. Heute können Hinz und Kunz, auch der Supermarkt Kunde, den vorzüglichen Tropfen genießen.
Unterwegs machten wir Station in Pienza. Papst Pius II. der von hier stammte, hatte sein Heimatstädtchen zu einer imposanten Renaissanceanlage umgestalten lassen. Wir schlenderten über den Marktplatz und betrachteten die interessanten Bauten, die sein Architekt innerhalb kurzer Zeit errichten ließ. Dem Papst zu Ehren wurde das Städtchen in Pienza, Heimat des Pius, umgetauft.
Dann verließen wir Pienza und fuhren weiter Richtung Montepulciano.
Die Sonne hatte heute viel Kraft und drückte die Temperatur schnell auf über 30°C.
Das Hügelland ist abwechselungsreich. Dichte Eichenwälder wechseln sich mit Weingärten, Weizenfeldern, Tabakplantagen und Olivenhainen ab.
Wir stellten unseren Wagen auf dem Parkplatz vor dem Stadttor ab. Die Strassen sind schmal, teilweise sehr steil und die Gassen sind oft nur enge, steile Treppen. Gotik und Renaissance wechseln sich ab. Bereits vor 1400, als Montepulciano florentinisch wurde, arbeiteten hier Baumeister aus Florenz. Der Ort strahlt eine lässige Eleganz aus. Und immer wieder eröffneten sich Ausblicke auf die Umgebung. Wahrzeichen der Stadt ist der Pulcinella auf dem Glockenturm, der tönend die Stunde schlägt.
„Tun euch auch die Füße von dem Kopfsteinpflaster weh?“, wollte Gina wissen. Eva stimmte ihr sofort zu.
„Dann lass uns einkehren“ schlug Stefano vor. „Dort vorne, die kleine Trattoria. Da sind Plätze frei. Wir ruhen uns etwas aus und trinken ein Gläschen Vino Nobile.“
Unter einem Sonnenschirm nahmen wir Platz und Stefano bestellte eine Karaffe. Die Wirtin servierte und stellte uns ein Schälchen mit Pistazien dazu.
„Ich glaube, heute können wir bis spät in die nacht draußen bleiben. Meine Mutter hat uns gleich zwei Zimmer mit reservieren lassen. Ich hoffe, es ist euch recht.“
„Unser Tisch ist für halb neun reserviert. Ich hoffe, ihr haltet solange aus.“ Fügte Stefano noch an.
Eva kicherte und kniff mich in die Hüfte. „Peter jammert eh, dass er zugenommen hat. Also wir verhungern nicht gleich.“
Gina schaute mich prüfend an „Wo hast du denn zuviel? Ich habe dich gestern in der Sauna ausführlich begutachtet. Da ist mir nichts aufgefallen. Ich habe nur ein leckeres knuspriges Mannsbild gesehen.“ Gina lachte.
„Peterl meint, er hätte am Hintern zugelegt. Der tut ihm heute noch weh vom Rad fahren.“
Gina verschluckte sich bald vor Lachen. „Ich liebe es, wenn der Arsch bei den Kerlen ein wenig praller ist. Und Peterls Po ist da erste Sahne. Was meinst du, was mir bei meinem Stefano zuerst ins Auge gefallen ist. Ihr Kerle braucht gar nicht so zu schauen. Gleiches Recht auch für uns Frauen.“
Eva fiel in ihr Lachen mit ein.
„Hab ich dir schon erzählt, wie Peter und ich uns kennen gelernt haben? In Wien in unserer Apotheke. Ich stand auf der Leiter und Peter hat mir minutenlang auf den Hintern gestarrt. Was hast du damals gesagt Peterl Ich hätte den schönsten Po Wiens?“
Jetzt musste ich auch lachen und Stefano stimmte ein.
Gina flüsterte mir zu; „Wenn ich meinen Stefano nicht hätte und du deine Eva, würdest du in mein Beuteschema passen. Ich würde dich mit Haut und Haaren verschlingen.“

Wir kamen aus dem erzählen gar nicht heraus und im Nu war die Karraffe leer. Ich bestellte noch eine. Der Wein war spitze.

Als wir die enge Gasse weitergehen wollten, riefen Eva und Gina: „Ihr Jungs geht vor.“
„Wieso?“ wollte ich wissen.
„Da können wir euren knackigen Arsch anschauen.“
„Weiber!“ konnte ich nur noch murmeln.
Eva und Gina kicherten die ganze Zeit, dann öffnete sich die Gasse zu einer Piazza, der Piazza Grande, dem zentralen Platz in Montepulciano und unsere Schönen gesellten sich wieder zu uns. Eva legte ihren Arm um meine Hüften, schmiegte sich an und schob ihre Hand in meine Gesäßtasche.
„Ich liebe dich Peterl, ich bin so glücklich.“
Gina und Stefano schauten uns lächelnd zu, dann umarmte Gina ihren Stefano und drückte ihm einen dicken Kuss auf.

„Santa Maria Assunta, der Dom, lasst uns hineingehen, drinnen ist es angenehm kühl“, Gina deutete auf die Kirche, die so imposant die Piazza dominierte.
Nach dem flirrenden Sonnenlicht draußen, brauchten unsere Augen einen Moment sich einzustellen.



„Ich bin froh, dass deine Mutter reserviert hat, sonst hätten wir wohl keine Chance“ meinte ich, als ich die kleine Schlange vor der Tür sah.
„Tante Diva hat immer einen Tisch für die Familie reserviert. Meine Cousins essen öfter hier. Ihr werdet sehen, es ist der schönste Tisch im Ristorante.“
Wir passierten die Schlange, die uns nur widerwillig murrend vorbeiließ und gingen zum Empfang. Ginas Tante beugte sich über eine Kladde und schrieb eifrig.
„Ciao Zia Diva, come stai?“
Die dunkelhaarige zierliche Frau schaute erfreut auf und strahlte dann: „Mia cara Gina und Stefano sorgst du gut für meine Nichte?” Sie umarmte beide herzlich. „Und ihr seid wohl gli austriaci. Waltraud hat schon viel von euch erzählt. Fühlt ihr euch wohl in unserer wunderschönen Toscana?“ Dann umarmte sie auch uns.
„So ihr werdet hungrig sein. Ihr sitzt natürlich am Familientisch, kommt, folgt mir.“ Wir schlängelten uns hinter ihr zwischen den Tische durch und wurden an einen etwas separat stehenden Tisch geführt.
„Ich hoffe, ihr habt guten Hunger mitgebracht.“
Wir nickten alle.




Diva zeigte uns die handgeschriebene Speisekarte:
Parmigiana di melanzane
con caprese e salsa al basilico

Cannoli di ricotta e verdure
su crema di spinaci

Filetto di maiale gratinato
con finocchi e salsa al formaggio

Cheesecake
Caffè

Das sah ja sehr verlockend aus, uns lief das Wasser im Munde zusammen. Als Wein stellte sie uns eine Karraffe mit dunkelrotem Vino Nobile auf den Tisch.
„Ich setz mich nachher zu euch, ihr seht ja, was momentan los ist. Buon apetito ragazzi.“ wünschte Diva noch, nachdem sie die Platte mit Antipasti auf den Tisch gestellt hatte.

Nach dem Essen setzte Diva sich zu uns. Sie stellte eine Platte mit verschiedenen Käsesorten auf den Tisch und schenkte uns einen guten Grappa ein.
„Hier den Pecorino dürft ihr euch nicht entgehen lassen. Ich bekomme ihn von der Caseifiera Cugusi. Silvana ist Sardin und kreiert meiner Meinung nach einen der besten Pecorino überhaupt. Ihr wißt ja, dass die sarden im 19. Jahrhundert mit ihren großen Schafherden eingewandert sind. Das Gras, die Wildkräuter und die Macchia der Crete sind das Geheimnis dieses unvergleichlichen Käses. Besucht doch mal ihren Bruder im Käseladen La Peccorella an der Via Graciano nel Corso. Dort könnt ihr euch eindecken.“
Diva lachte „Schön, dass ihr hier seid und das es euch geschmeckt hat. Wennh ich nur immer solche Gäste hätte. Wir Poliziani leben von den Touristen, zugegeben, aber manchmal wünsche ich einige zum Teufel.“Sie deutete auf einen Tisch im Hintergrund.
„Seht ihr die beiden Dicken dort? Ein deutsches Paar. Erst wollten sie sich an den Anderen vorbeidrängeln, dann passte ihnen der Tisch nicht, den Orazio ihnen gegeben hatte. Dann hatte der Wein angeblich nicht die richtige Temperatur, Orazio hat ihn ohne eine Miene zu verziehen mitgenommen, ist einmal damit durch die Küche gelaufen und hat ihn wieder serviert. Jetzt passte die Temperatur. Zu guter Letzt behauptete er, der Wein würde nach Kork schmecken. Bah, unser Wein, unser Tischwein, kommt direkt vom Faß und hat noch nie in seinem Dasein einen Korken gesehen.“
Diva seufzte und fuhr fort....................................
„Nun aber zu euch. Heute Abend ist bei Antinori Degustazione di vini e un piccolo spuntino. Das dürfte dich doch interessieren Peter. Ci incontriamo alle otto, wir treffen uns um acht Uhr.“

Eine Gruppe Jugendlicher stand am Marktbrunnen und begutachtete die halbnackt vorbei flanierenden Touristinnen.
Einer aus der Menge pfiff Gina und Eva hinterher und gab ein paar anzügliche Kommentare, was er mit ihnen gern tun würde.
Gina drehte sich um, funkelte ihm wütend zu, zeigte ihm den Finger und rief ihm ein paar Worte zu: „Avete solo con la coda compagni?”
Der Junge wurde tatsächlich rot und und grinste verlegen. Seine Kumpel johlten und klopften ihm auf die Schulter.
Wir bogen in die Via San Donato ein und standen auch schon vor unserem Hotel, dem Palazzo Bellarmino. Der imposante Palazzo aus dem 16. Jahrhundert empfing uns. Wir betraten eine Säulenhalle und gingen zur Rezeption. Ginas Mutter hatte uns zwei Zimmer reserviert. Wir nahmen unsere Schlüssel, trugen uns ein und brachten das Gepäck aufs Zimmer. Ein wenig Zeit zum relaxen war noch.
 
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Kommentare  

Das war wieder ein schönes unterhaltsames Kapitel. Bei dem man all die köstlichen Dinge miterleben durfte. Freue mich schon auf den nächsten Teil.

Jochen (10.10.2011)

Ja Petra, es sind Episoden, italienische Momente, kleine Begebenheiten, die Appetit machen sollen

Wolfgang scrittore (10.10.2011)

Das kann man wirklich, eintauchen in deine Reisestory. Man ist bald mittendrin, schmeckt förmlich den guten Wein. Ach ja, bis spät in die nacht draußen bleiben. Das wäre toll, aber das kann man bei uns nicht mehr. Da lohnt sich wirklich solch eine Reise.

Petra (09.10.2011)

Tief in die Landschaft eintauchen, die Atmosphäre aufnehmen und den Gedanken Lauf lassen.

Wolfgang scrittore (09.10.2011)

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