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11 Seiten

Alltag und eine Überraschung für Lena ( In den Hügeln der Montagnola)

Romane/Serien · Romantisches
„Komm wir bringen Lena ins Bett, dann duschen wir und schlafen auch.“ Lena tappste im Halbschlaf mit uns mit, ließ sich im Kinderzimmer von Eva bettfertig machen. Ich hatte meine Sachen gleich unten ausgezogen und in die Maschine gestopft und war dann splitternackt nach oben gelaufen, wo Eva schon unter der Dusche stand, sie machte mir Platz und wir duschten gemeinsam. Dann rollten wir uns im Bett zusammen und waren wieder schnell eingeschlafen.

Am nächsten früh stellte ich mich gleich nach dem aufstehen auf die Waage, immer noch zwei Kilo Speck zuviel. Ich schlüpfte unter die Dusche und ließ Eva ausschlafen. Dann rasierte ich mich, zog einen String an und zwängte mich in die enge Laufhose, dann betrachte ich mich kritisch von allen Seiten im Spiegel, mein Hintern wölbte sich erschreckend prall unter dem engen Stoff. Eva war lautlos ins Bad gekommen und ihre Hand paßte sich der Wölbung meiner Hinterbacke an. „Der Speck ist verdammt zäh“, jammerte ich.
„Übertreib nicht so, mir gefällt der Anblick“ Dann zwickte sie mich „wenn Laura kommt, laufen wir nach dem Frühstück gleich los.“ Laura hatte sich bereit erklärt, eine Stunde auf Lena aufzupassen.
Wir waren startbereit und da kam auch Laura schon den Hügel herauf. Lena lief ihr entgegen und ließ sich hochnehmen um Laura abzubusseln. Laura musterte uns neugierig.

„Darf ich mit Lena ins Dorf gehen, ein kleiner Circo viaggiare baut hinter der Kirche auf. Sie haben un Cammello und mehrere Pony. Vielleicht kann Lena darauf reiten.“
„Aber halt Lena beim reiten fest, dass sie nicht herunterfällt. Und du Lena hörst auf Laura. An der Straße läufst du voraus und über die Straße nimmst du Lauras Hand. Hast du das verstanden Mäuschen?“ Die beiden liefen Hand in Hand den Hügel hinab. Wir liefen an ihnen vorbei und bogen unten Richtung San Chimento ab. Nach ein paar Hundert Metern ging die Strecke links ab und wir liefen die steile Strada Bianca Richtung Casa Verniano hinauf. Die Oberschenkel funktionierten wie ein Uhrwerk, nur mein Hintern meldete sich von Zeit zu Zeit mit einem leichten ziehen und stechen, aber nichts ernsthaftes. Oben legten wir ein paar Minuten Pause ein und strichen uns gegenseitig unsere Oberschenkelmuskeln aus, tranken einen Schluck Wasser aus der sprudelnden Quelle und machten eine Lockerungsgymnastik. Dann brachen wir wieder auf. Wir überquerten die Staatsstraße nach Poggibonsi und liefen durch die hügelige Landschaft bis Mensano, einem Örtchen, das wie Pievescola zu Casole gehört und knapp über 100 Einwohner hat. In der kleinen Osteria del Borgo kehrten wir auf eine Verschnaufpause ein. Wir bestellten uns ein Glas Wein und ruhten unsere Füße ein wenig aus. Nach dem bezahlen liefen wir entlang der Strada Provinciale 28 bis zur Kreuzung an unserem Industriegebiet. Die letzten paar Hundert Meter trabten wir entspannt ins Dorf. Einige Menschen hatten sich um den Zirkusplatz versammelt, Lena und Paola waren nicht mehr da. Als wir bei Francesca vorbeikamen rief Lena uns schon aus dem Garten entgegen.
„Mama, Papa ich habe auf einem Pony geritten, das war schön. Gehen wir morgen wieder hin?“
„Morgen muß die Mama wieder arbeiten und du gehst in den Kindergarten, aber wenn der Zirkus abends noch da ist, gehen wir hin, versprochen.“
Ich drückte Laura ein paar Scheine in die Hand, sie bedankte sich erfreut.
„Mama darf ich noch ein wenig mit Laura im Garten bleiben?“
„Ich bringe die Kleine dann nachher hoch zu euch.“
Eva und ich liefen wieder los und erreichten unseren Hof. Nach dem Duschen zogen wir uns leichte Sportkleidung an und sonnten uns auf der Terrasse.Die beiden Katzen hatten es sich auf den Steinplatten gemütlich gemacht. Eva machte ein Nickerchen, ihr Kopf lehnte sich an meine Schulter.
Lena kam über den Hof gelaufen, Laura drehte wieder um und lief den Hügel hinab.
„Papa, Papa, ich war ganz fleißig und habe im Garten geholfen.“
„Psst Lena, die Mama schläft.“
„Die Mama schläft gar nicht, ich habe nur Augenpflege betrieben.“ Eva protestierte, dann schloß sie ihre Augen wieder und ihr gleichmäßiger Atem verriet, dass sie wieder schlief.
„Mama ist müde, setzt dich zu mir hin, oder hol dir eine Glas und einen Saft Lena.“
„Ich habe so großen Hunger Papa!“
„Wenn du Hunger hast, geh in die Küche und mach dir ein Brot. Schinken und Salami sind noch aufgeschnitten. Vom Spanferkel läßt du bitte die Finger. Wir essen dann Abendbrot, wenn die Mama wieder wach ist.“
„Hast du auch Hunger Papa?“ Ich schüttelte den Kopf „Ich warte auf die Mama Mäuschen.“ Lena hatte sich zwei dicke Brote mit Salami und Schinken gemacht und kaute jetzt mit vollen Backen. Sie hatte sich einiges vorgenommen.
„Krieg ich nachher noch etwas vom Spanferkel Papa?“
„Nun iß doch erst einmal deine Brote auf, wenn du dann noch nicht satt bist, können wir weiter reden.“
Dann stibitzte ich mir eine Scheibe Salami. Lena schaute mich empört an „NEIN!!Du hast doch Hunger Papa.“
„Seid doch nicht so laut“, Eva war wach geworden und schimpfte mit Lena.
„Kannst du kleiner Fratz nicht warten, bis alle essen? Ich habe auch Hunger.“
„Papa hats erlaubt, ich habe so einen großen Hunger gehabt. Willst du mal abbeißen Mama?“ Lena reichte Eva ihr Schinkenbrot.
„Nein, nein, iß nur Mäuschen. Peterl, du könntest bitte mal den Tisch decken, bis ich meine Augen ganz offen habe.“
Ich ging in die Küche und lud das Tablett mit Brot, einem Rest vom Pecorino, mit Schinken und Salami voll.“
„Und wo ist das Spanferkel“, Eva schaute mich an.
„Warte nur, bleib sitzen, dann kann ich mir gleich das Gesicht etwas frisch machen.“ Eva schlenderte mit provozierend wiegenden Hüften über den Hof. Ich schaute ihr seufzend hinterher.
„Nein! NEIN!!“ Lena wedelte wild mit den Armen um die Katzen zu vertreiben, Strega hatte die Situation genutzt und sich ein Stück vom Schinken geschnappt. Das Stück fiel herunter und Leone machte sich mit der Beute davon. Strega schoß hinterher und eine wilde Balgerei um das Schinkenstück entbrannte.
Eva brachte ein Tablett mit, beladen mit Spanferkelfleisch, Senf und Ketchup.
„Peter holst du noch die Bestecke?“ Seufzend machte ich mich auf den Weg.
„Maul nicht herum, Bewegung ist gut gegen deinen Speck.“
Eva lud uns jedem eine Portion Spanferkelfleisch auf den Teller.
„Ketchup, ich will Ketchup“, tönte Lenchen lautstark und schnappte sich die Flasche und ließ die Tomatenpampe über ihr Fleisch flutschen. Glücklicherweise blieb die Tischdecke und unsere Kleidung von Tomatenspritzern verschont. Eva gab mir auch eine Portion Senf auf meinen Teller.
„So nach dem essen machen wir noch einen Verdauungsspaziergang meine Lieben. Ihr werdet mir sonst zu dick.“
Empört rief Lena „Ich werde nicht zu dick!“
„Schau nur auf dein Speckbäuchlein Lena und dir Peterl brauche ich wohl nichts zu sagen“, Eva kicherte.
Als wir fertig waren, räumten wir gemeinsam die Reste in die Küche, luden den Geschirrspüler voll. Dann wuschen wir uns die Hände.
„Vergiß dein Tomatenschnäbelchen nicht Lena.“
„So meine Lieben, vorwärts“, wir bekamen beide einen Klapps auf den Po.
Eva nahm uns bei den Händen und wir schlenderten die Wiese hoch bis zum Waldrand.
„Schade jetzt haben wir keinen Korb dabei für die Pilze.“
„Ich geh ja schon,“ seufzte ich resignierend und lief noch einmal zum Haus herunter.
Der Korb wurde schnell voll, Lena hatte ein gutes Auge und fand reichlich. Darunter auch zwei dicke Porchini, Steinpilze, aber auch Pfifferlinge und Maronen.
„Die putzen wir aber erst morgen, heute hab ich keine Lust mehr“, entschied Eva.
„Duschen wir noch Mama, ich bin so müde.“
„Natürlich oder willst du mit deinen schwarzen Füßen ins Bett Lena?“
„Kannst du mich tragen Papa, ich bin ganz doll müde?“
„Du bist mir zu schwer Mäuschen.“
„Ich bin gar nicht schwer, ich bin doch noch soo klein.“
Seufzend schnappte ich mir die Kleine und warf sie mir über die Schulter.
„Nein Papa, nicht so“, kicherte Lena und zappelte auf meiner Schulter.
Ich gab ihr einen Klapps aufs Hinterteil.
„Sei still, sonst mußt du alleine laufen Mäuschen.“ Lena quietschte, es schien ihr doch zu gefallen.
„Hü Pferdchen, hü“, rief sie vergnügt. Wir erreichten das Haus, ich ließ Lena von meiner Schulter rutschen.
„Hoch, Sachen in den Wäschekorb und ab ins Bad, Zähne putzen nicht vergessen.“ Lena flitzte die Treppe hoch, nachdem ich ihr einen Klapps auf den Po gegeben hatte.
„Ich hau dich auch gleich Papa“, rief sie aus sicherer Entfernung herunter.
Eva und Lena duschten gemeinsam, während ich mir die Zähne putzte.
„Komm doch rein Papa, komm doch rein Papa“, krähte die Kleine.
Als Lena fertig war, kletterte sie aus der Dusche und gab mir einen schallenden Klapps auf den Hintern.
„Sag mal spinnst du Lenchen“, rief ich überrascht.
„Du hast mich auch gehauen, das war die Rache Papa.“
Eva grinste „Siehst du Peterl, wir Weiber lassen uns nichts gefallen.“
„Bin ich auch ein Weib Mama?“
„In ein paar Jahren ganz bestimmt Liebes. So Peterl, du kannst jetzt duschen kommen, wir räumen das Feld.“ Die beiden kicherten und zwickten mich noch einmal im vorübergehen in die Pobacke.
„Soll ich dich noch einmal in deinen dicken Po zwicken Papa“, rief die Kleine aus sicherer Entfernung.
„Lena, warum ärgerst du denn den Papa immer und kneifst ihn, das tut doch weh.“
„Ich ärgere doch den Papa gar nicht, ich mache Spaß mit Papa. Das ist lustig.“
„In den Po kneifen tut aber weh, das weißt du doch.“
„Das machst du auch immer bei Papa. Papa schimpft doch gar nicht.“
„Na ja, du hast recht Kleines, mir macht es auch Spaß. Aber wir wollen lieber nicht übertreiben, ja Lena?“

„Untersteh dich, dann leg ich dich übers Knie und versohl dir deinen kleinen Hintern.“
„Fang mich doch Papa, fang mich doch“. Sicherheitshalber versteckte sie sich hinter Eva.
„Gegen uns Weiber hast du keine Chance Peterl.“
„Dann legen wir dich übers Knie Papa“, krähte Lena.
„Weiber!!“, war mein Kommentar, jetzt konnte ich endlich in Ruhe duschen. Ich genoß die Abfolge von heißem und eiskaltem Wasser und war sichtlich regeneriert, als ich mich mit dem großen Badehandtuch abtrocknete.
Dann ging ich ins Kinderzimmer.
„So schlaf gut und träum was Süßes du kleiner Frechdachs.“
„Ich bin kein Frechdachs Papa, ich bin lieb“ hörte ich zur Antwort und bekam einen etwas verrutschten Schmatzer auf die Nase. Ich deckte Lena zu und schloß die Tür hinter mir.
Eva war schon wieder auf der Terrasse und hatte uns eine neue Flasche Wein mitgebracht.
„Na war Lena lieb, oder hat sie dich wieder geärgert?“
„Sie geht nach dir, ganz die Mutter Liebes“
„Na, das will ich doch hoffen, wir armen Weiber müssen gegen die Männer zusammenhalten. Sie begreift schnell, das so ein einladend knuspriger Männerpo allemal einen Grabscher wert ist. Hoffentlich probiert sie das nicht zu früh an den Jungs in der Schule aus, sonst gerate ich noch in Verruf“ Eva kicherte.
„Sag bloß, das gefällt dir nicht mein Peterl?“
„Cin cin, meine Schöne, darauf trinken wir, auf uns.“


Wir gingen dann zeitig ins Bett. Eva erzählte mir noch von ihrer Unterhaltung mit Lena.
„Ich laß mir doch von der Kleinen nicht verbieten, dir in den Arsch zu grabschen, wenn mir danach ist. Dann muß ich es eben heimlich machen, wie jetzt. Eva hatte einen zielstrebigen, fordernden Griff, eine unwiderstehliche, lustvolle Aufforderung für mich zum Liebesspiel. Wir ließen es langsam ausklingen und schliefen eng umschlungen ein.
Eva mußte wieder arbeiten und daher früh aufstehen.
Ich hatte reichlich Arbeit im Weinkeller vor mir. Außerdem mußte ich von Claudio noch eine Kiste Gemüse abholen, die Netze für die Olivenernte kontrollieren und die Werkstatt aufräumen. Gegen nachmittag blieb dann noch ein Stündchen Laufzeit übrig, wenn ich gut vorwärts kam.
Nach dem Frühstück hatten meine Zwei es eilig. Ich steckte in Arbeitsjeans und hatte mir gegen den empfindllich kühlen Tagesbeginn ein Sweatshirt übergezogen. Ich machte noch einen kurzen Besuch unterm Dach, um die Trauben für den Vino Santo zu kontrollieren. Zwei leere Räume, die wir als Gästezimmer umbauen wollten, waren momentan noch aus Don Filippos Zeiten voller Gerümpel. Ich hatte bisher keine rechte Lust gehabt, die Gegenstände richtig zu sichten, auch heute war nicht die richtige Zeit dazu. Ich verließ den Dachboden, biß in der Küche in einen Apfel und brühte mir einen Caffé auf.
Die Gespräche mit den deutschen Einkäufern waren ergebnislos verlaufen. Wir hatten einfach nicht genug Kapazität für ihre Vorstellungen. Ihr Vorschlag, uns den Wein zu einem guten Preis abzukaufen und dann mit den Weinen anderer Erzeuger unserer Region zu einem Toskanamix zu verschneiden, hatten wir dankend abgelehnt. Der Eine hatte uns aber noch die Adresse eines kleinen Weinkontors gegeben. Die würden qualitativ hochwertige Weine auch in kleinen Mengen anbieten. Ich hatte mit ihnen telefoniert und wir hatten einen Termin abgemacht, auch Mario war einverstanden. Giancarlo hatte für die nächste Woche zwei Zimmer für die Einkäufer reserviert.
Ich holte die Ape aus der Garage, füllte den Tank auf und fuhr ins Dorf zu Marisas Frutta e Verdura. Claudio stand vor der Tür, begrüßte mich mit einem Schulterklopfen und wuchtete die Gemüsekiste auf die Ladefläche. Ich reichte ihm die Kiste Wein, die er bei uns bestellt hatte, nahm das Geld in Empfang, fuhr wieder zurück. Unterwegs winkte ich Marta und Claudia zu, die in ein Schwätzchen vertieft waren. Oben holte ich die Netze aus der Werkstatt und breitete sie auf dem Hof aus, dann inspizierte ich sie sorgfältig. Sie waren in gutem Zustand und würden bei der Olivenernte ihren Zweck erfüllen. Bei der Gelegenheit räumte ich die Werkstatt auf, Strega und Leone wichen mir nicht von der Seite. Sie hofften wohl, ich würde die eine oder andere Maus aufscheuchen. Hinter einem Ersatzreifen für die Ape wurden sie fündig, leises anschleichen und dann ein beherzter Sprung und das Mauseleben war Geschichte. Stolz präsentierte Strega mir ihre Beute und wartete auf mein Lob. Ich strich der Katze über den Kopf, dann brachte sie die Maus vor ihrem Bruder Leone in Sicherheit. Ein Sandeimerchen mit Schaufel, Spielzeug von Lena, kam auch noch zumVorschein. Ich scheuchte die Katzen nach draußen und schloß die Werkstatt wieder.
Jetzt verlangte der Weinkeller nach Aufmerksamkeit. In den Bottichen gärte und blubberte es, ich drückte die Trauben nach unten und nahm eine Probe ab. Die Werte waren optimal, Gianfranco konnte mich loben, bisher war alles gut verlaufen. Ich hatte ja noch mit Gianfranco die Fässer mit unserem Cuveé gefüllt. Den würde ich den Einkäufern mit Sicherheit zum verkosten geben. Ich hob eine Probe ab und war begeistert vom Aroma, das sich in meiner Nase und am Gaumen entfaltete. Der Geschmack war hervorragend, damit konnten wir Ehre einlegen. Ich schaute auf die Uhr, höchste Zeit zum Mittagessen. Sollte ich mir einen Salat machen, oder erst laufen, und dann auf dem Rückweg bei Matteo die köstlichen Knoblauchchampignons essen? Die Entscheidung fiel mir leicht, ich eilte ins Schlafzimmer, zwängte mich in meinen Laufdress, schloß die Haustür und lief über die Wiese und durch den Wald. Von unserem Wald lief ein Trampelpfad zur Casa Verniana. Ich mußte nur aufpassen, nicht übers Wurzelwerk zu stolpern. Neben dem Weg lag eine durchwühlte Senke, offensichtlich hatten sich hier Wildschweine gesuhlt. Na, eine Begegnung mit Wildschweinen brauchte ich jetzt nicht. War eigentlich schon Jagdsaison? Schon so mancher Jogger war von kurzsichtigen Jägern mit einem Wildschwein verwechselt worden. Ich steigerte das Tempo und ließ den Wald bald hinter mir, jetzt erreichte ich die letzte Steigung zur Casa Verniana. Ich machte ein paar Dehnungsübungen, trank durstig von meinem Wasser und überlegte, wie ich weiterlaufen wollte. Zuerst aber mal hinter die Büsche für kleine Jungs, mit der hautengen Hose war es gar nicht so einfach. Ich mußte einfach die Hose bis in die Kniekehle fallen lassen, mit dem Risiko der Umwelt meinen nackten Hintern zu präsentieren. Die Casa Verniana war ja zeitweise bewohnt. Ich hatte Glück, niemand kam vorbei und ich zog die Hose wieder hoch.
Erleichtert lief ich wieder los Richtung Dorfanfang zu Donatellas ehemaligen Haus. Das Anwesen war mittlerweile wieder bewohnt. Unten kam ich auf die Straße zum Dorf und passierte schnell die ersten Häuser. Dann bog ich ab und ließ mich bei Matteo auf einen Stuhl fallen. Mein Atem brauchte etwas sich wieder zu beruhigen. Ich kontrollierte meinen Puls.
„Alles in Ordnung Peter?“, Claudia war an meinen Tisch getreten und schaute mich besorgt an.
„Alles bestens, du könntest mir eine Portion Knoblauchchampignons servieren.“
„Mal schauen, ob Matteo schon so weit ist. Brauchst du ein Handtuch?“
Ich nickte. Claudia lkam wieder heraus und reichte mir ein Handtuch, dann stellte sie mir ein Glas Rosso auf den Tisch.
„Es dauert noch eine Viertelstunde meint Matteo. Willst du eine Zeitung
Il Messaggero, La Repubblica, Corriere de la Sera könnte ich dir anbieten.”
„Gib mir bitte den Messagero, la Repubblica haben wir selbst, ach ja und einen Caffé könnte ich noch vor dem essen vertragen Claudia.“
Ich reichte ihr das Handtuch, mit dem ich mir den Kopf getrocknet hatte.
„Eva muß wohl wieder arbeiten Peter?“ Ich nickte.
Claudia brachte mir den Caffé und ein Glas Wasser, dazu ein Schälchen mit Pistazien. Ich durchblätterte die Zeitung, um mich übers Weltgeschehen zu informieren.
„Valeria ist jetzt außer Lebensgefahr, sie liegt aber noch auf der Intensivstation. Hoffentlich bleibt nichts nach“, informierte mich Marta, die an meinen Tisch herangetreten war.
„Setz dich zu mir, trink ein Glas mit“, forderte ich sie auf und bat Claudia noch ein Glas zu bringen.
Marta behielt ihre Alimentari im Auge und stieß mit mir an. Als Kunden kamen, trank sie hastig einen Schluck aus ihrem Glas und eilte nach nebenan.
Claudia kam mit einem Glas Campari Orange heraus und setzte sich mir gegenüber.
Sie legte ihre Hand auf meine.
„Sag mal Peter, ihr erntet doch bald eure Oliven, könntet ihr da noch jemand brauchen?“
Ich nickte „Wir können jede Hand brauchen.“
„Ich habe gehört, euer Öl wäre phenomänal. Ich konnte übrigens, als ich so alt war wie eure Lena, schon wie eine Katze auf die Bäume klettern, besser, als die meisten Jungs.“
„Na dann, ich sage dir Bescheid, wenn wir anfangen. Jetzt möchte ich aber zahlen, ich muß weiter, bevor mich die Trägheit überwältigt.“
„Na, dann werden dir aber wieder viele Frauenaugen hinterherschauen. Die lauern schon jetzt hinter den Gardinen.“
„Ach übrigens Peter, hat eure Kleine schon ein Fahrad? Meine Nichte hat jetzt ein größeres Modell bekommen, das alte Fahrrad ist noch gut in Schuß und wäre ideal für Lena. Soll ich meine Schwester mal fragen?“
„Danke, da würde Lena sich freuen, sag uns Bescheid.“
Claudia gab mir einen Wangenkuß, dann lief ich wieder leichtfüßig los. Was Claudia gesagt hatte, schmeichelte natürlich meiner Eitelkeit. Beppe hupte, als er mich in seinem LKW im weiten Bogen überholte. Ich winkte ihm hinterher. Zwei junge Frauen überholten mich auf ihren Fahrrädern und winkten mir freundlich zu. Die Eine reckte anerkennend den Daumen nach oben. Irgendwie kamen sie mir bekannt vor. Später fiel mir ein, dass waren die beiden Kellnerinnen gewesen, die Gaspare eingestellt hatte, ich hatte sie nur in ihrer bunten Radlerkluft nicht erkannt.
Der Weg auf unseren Hügel schien heute nicht enden zu wollen. Ich war froh, als ich die Haustür geöffnet hatte und meine Sachen ausziehen konnte. Ich brachte sie in den Keller in die Waschmaschine, schaltete die volle Maschine ein und duschte gleich hier unten. Dann rannte ich nackt nach oben, schlüpfte in leichte Sachen, nahm mir einen Krimi mit, setzte mich auf die Terrasse und las. Ich hatte mir einen Campari Orange gemixt und trank mit einem Strohalm. Die Sonne wärmte mein Gesicht, sie hatte viel mehr Kraft, als heute früh. Der Krimi war spannend, so daß ich die Zeit vergaß und erst hochschreckte, als die Giulia auf den Hof rollte. Eva stieg aus und öffnete Lena die Tür.
„Papa, Papa, darf ich mal probieren, sie schaute auf mein Campari-Orange Glas.“
„Nein, meine Süße, das ist noch nichts für dich. Hol dir eine Apfelschorle aus der Küche und bring ein Glas für die Mama mit.“
Lena flitzte los, während ich aufstand und mich von meiner Liebsten umarmen und abbusseln ließ.
Ich erzählte ihr von meinem Tagesablauf und dass Claudia mithelfen wollte bei der Olivenernte.
„Ach ja, Claudias Schwester hat eventuell ein Fahrrad für Lena, Claudia sagt uns Bescheid.“
„Claudia ist fleißig, das ist schön. Und wenn sie ein Fahrrad für Lena hat, sollten wir es uns mal anschauen. Hat dir Lena schon ihr Bild gezeigt?“
Ich schüttelte meinen Kopf.
„Mama, Mama wo hast du mein Bild?“ Eva reichte ihr den Zeichenblock.
Ich erkannte eine Haus mit ein paar Bäumen und drei Strichmännchen. Zwei waren beinahe halb so groß wie das Haus und hatten auf einer Seite Beulen, die dritte Person war nur halb so hoch, sollte also wohl Lena sein.
„Hier Papa unser Haus und wir, das habe ich heute gemalt. Das bist du, das ist die Mama und das bin ich.“ Ich deutete auf die Beulen. „Na das ist doch euer dicker Po.“ Sie schaute mich stolz an.
„Das hast du aber schön gemalt“, lobte ich Lena. Die Kleine strahlte.
„Der Papa hat bestimmt noch einen Bilderrahmen im Büro, sonst kauft er dir morgen einen.“ Eva schaute mich fragend an. Wir hatten einen Trödelladen im Dorf, der hatte bestimmt auch Bilderrahmen.
Ich fuhr gleich früh mit der Ape ins Dorf zur alten Schmiede.
Trudi, eine Aussteigerin aus Deutschland, hatte sich in der alten Schmiede einen Trödelladen eingerichtet. Sie nannten ihren Laden aber etwas hochtrabend Antiquariato, roba di rifiuto, opportunità – Antiquitäten, Trödel, Gelegenheiten.
Drinnen stapelten sich alte Möbel, Gartengeräte, Werkzeuge und Plunder. Trudi kam mir in ihrem wallenden, fliederfarbenen Umhang entgegen, sie trug eine Menge Schmuck, der an ihr klimperte und war ausgesprochen herzlich. Sie hatte einmal selbstkritisch gespottet – ich habe zwar die Figur eines Walrosses, aber die Seele einer Elfe.
„Du bist der Peter, nicht wahr? Ich habe dich schon öfter laufen gesehen. Du bist gut in Form. Was kann ich für dich tun?“
„Danke, Trudi, ich brauche einen Bilderrahmen, etwa in DIN A4, hast du so etwas da?“ Sie nahm mich bei der Hand und entführte mich in ein düsteres Hinterzimmer. Da standen jede Menge Bilderrahmen.
„Schau dich nur um, ich koche uns derweil einen Kaffee.“
Sie entschwand wieder und ließ mich alleine stöbern. Nach kurzer Suche fand ich einen passenden Rahmen, er war sehr verstaubt, aber er hatte genau das richtige Format.
„Wie trinkst du deinen Kaffee“, rief Trudi aus dem Nebenzimmer.
„Stark, schwarz, ohne Zucker“, antwortete ich. An einer Wand hing ein Ölgemälde das dringend restauriert werden mußte, auch der Rahmen war nicht mehr taufrisch.
Eine Menschengruppe stand vor einer Villa, im Hintergrund sah man die unverkennbare Silhouette von Florenz. Ein typisches Renaissancemotiv, fand ich.
„Das Bild gefällt dir wohl? Ein unbekannter Renaissankünstler hat das gemalt. Weißt du auch, wer die Menschen auf dem Motiv sind?“
Ich schaute genauer hin.
„Soll das die Gruppe aus Boccacios Decamerone sein?“
„Ich sehe, du kennst dich in der Literatur aus. Genau, beim Einzug in die Villa. Interessiert dich das Bild? Ich will es zufällig verkaufen. Für einhunderttausend gehört es dir.“ Sie lachte dröhnend und klopfte mir auf die Schulter.
„Dann nehme ich es mit, mal sehen, ob ich genug Geld einstecken habe.“
„Das macht nichts, bringst es mir eben später vorbei.“
Trudi gab mir einen Kuß auf die Wange und begleitete mich hinaus. Sie hatte gerade mal dreitausend für den Bilderrahmen verlangt. Jetzt konnte ich Lenas Bild einrahmen und einen würdigen Platz dafür suchen. Aber vorher mußte ich den Rahmen noch säubern. Mit einem Schwamm und Seifenlösung war der Rahmen schnell wieder wie neu. Das große Bild legte ich erst einmal auf den Werkstatttisch und betrachtete es ausführlich. Es war sicherlich kein Michelangelo, da Vinci oder Raffael, aber ein ausgesprochen talentierter Künstler hatte es gemalt, das war sicher. Dann nahm ich Lenas Bild und legte es in den Rahmen, dann das Passepartout dazu und den Rahmen wieder schliessen, jetzt mußte ich mit Lena nur noch einen geeigneten Platz dafür finden. Ich schaute mir das Bild noch einmal genau an, die mittlere Figur hatte auch vorne oben noch eine kleine Beule, das mußte dann Eva sein. Die Kleine hatte gute Augen für das ihrer Meinung nach wesentliche, ich mußte schmunzeln. Ich legte mir das Bild auf den Schreibtisch.
Bei der Gelegenheit konnte ich auch gleich ein paar Papiere für die Steuer abheften, die Kontoauszüge lagen auch noch in der Schublade. Zusammen mit Evas Prämie hatten wir ein sattes Finanzpolster angesammelt. Die Rechnungen waren alle bezahlt. Eva hatte die Überweisung für unsere neuen Syrahrebstöcke bei unserer Bank abgegeben, der Betrag war aber noch nicht abgebucht.
Gestern abend hatten wir und noch darüber unterhalten, das Lena langsam ein Fahrrad brauchen könnte.
Das Telefon klingelte, Claudia war dran. Wenn wir Lust hätten, könnten wir uns das Fahrrad heute abend schon mal anschauen. Ihre Schwester wartete auf uns in Scorgiano. Das waren nur ein paar Kilometer von unserem Hof entfernt. Ich rief Eva an und informierte sie.

Lena war ganz aufgeregt, ein Fahrrad hatte sie sich schon lange gewünscht. Ich befestigte den Dachgepäckträger mit der Fahrradhalterung auf unserer Giulia und wir fuhren los. Das Haus stand in einem Olivenhain, einen Kilometer vor Scorgiano. Claudias Schwester grüßte uns herzlich und zeigte uns das Fahrrad, es hatte sogar noch anschraubbare Stützräder. Lena probierte das bunte Rad gleich aus. Nach kurzer Unsicherheit, preschte sie voller Elan über den weiten Hof und die angrenzende Strada Bianca. Wir waren uns gleich über den Preis einig. Ich befestigte das Rad auf dem Dachträger und wir fuhren mit einer sehr stolzen und glücklichen Tochter wieder heim.
„Fahrt ihr auch mal mit mir zusammen“, wollte Lena wissen. Wir nickten beide.
Daheim drehte Lena noch ein paar Runden auf dem Hof, bis sie uns überglücklich umarmte und abbusselte.
„Bekomme ich auch einen so schönen Anzug wie du Mama“, wollte sie gleich darauf wissen.
„Ja, aber nicht mehr heute und nur wenn du mir gleich beim Abendbrot hilfst.“
Lena jubelte und nickte eifrig. Als wir mit dem Abendessen fertig waren sagte Eva
„Willst du Papa nicht erzählen was ihr heute im Kindergarten erlebt habt.“
„Ach so, ja Papa, wir haben Löwen und Tiger gesehen.“
„Bei euch im Kindergarten und haben die Keinen von euch aufgefressen?“
„Ach Papa, doch nur im Film. Carlotta hat uns einen Film gezeigt. Fahren wir da auch mal hin?“
“Carlotta ist die Urlaubsvertretung im Kindergarten. Sie hat den Kleinen einen Film vom Zoo in Pistoia gezeigt. Da können wir doch am Wochenende mal hinfahren, oder?“ Eva und Lena schauten mich an. Lena fiel mir um den Hals als ich zustimmte. Eva reichte mir ein Faltblatt vom „Giardino Zoologico di Pistoia“.
Das sind gute 100 km, überlegte ich. Das müßte in 1 ½ Stunden zu schaffen sein. Die Eintrittspreise waren moderat, wir konnten eine Familienkarte nehmen. Ein Ristorante gab es auch.
„Gut meine Lieben, da fahren wir am Samstag hin“
„Danke mein lieber, lieber Papa.“ Lena war seelig und schmuste mit mir.
„Muß ich eifersüchtig werden“, spottete Eva, als sie uns so sah.
Lena beugte sich zu Eva hinüber und legte ihren Kopf in Evas Schoß.
„Ihr seid beide so lieb zu mir. Ich hab euch ganz doll lieb“, Lenas Augen wurden feucht.
 
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Lena freut sich auf ihr Fahrrad, ob die großen sie einmal mitfahren lassen?

Wolfgang scrittore (16.05.2015)

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