52


3 Seiten

Im Dienste Murads

Fantastisches · Kurzgeschichten
…Murad Marat Hon lag nach mehreren ausgedehnten und anstrengenden Trainingseinheiten, wie an jedem der raren wettkampffreien Tage, entspannt in seinen Gemächern auf seiner Ruhestatt. Ihn umschwirrten, wie die Motten das Licht, eine Heerschar junger, hübscher Sklavinnen. Mädchen, die ihn mit riesigen Palmwedeln, frische Luft zufächelten, jeden Wunsch von den Augen ablasen oder sonst wie zu Willen waren. Zuweilen umhüllte ihn der Qualm seiner leise blubbernden Wasserpfeife und er schien im tiefen Nachsinnen versunken, als ihn ein wilder Hustenanfall schüttelte, der ihn angewidert das Mundstück der Pfeife von sich werfen ließ:
„Bei allen Höllen, was für ein Teufelskraut! Wenn auf dem nächsten Tabaksbeutel wieder so eine Parole wie: „Dieser Tabakrauch fügt Ihnen und Ihren Sklavinnen erheblichen Schaden zu!“ steht oder vielleicht sogar: „Dieser Tabakrauchen beeinträchtig ihre ausgezeichnete Leistung beim Schnelllauf beträchtlich!“, höre ich sofort mit dem Rauchen auf, bei Allah, das schwöre ich, bei meinem Leben!“
Er überlegt mit einem listigen Lächeln:
„Nein, lieber beim Leben des Sultans, das klingt besser!“
Dann lehnte er sich erneut zurück und genoss sein Pfeifchen, so als wäre nichts geschehen. Plötzlich schien ihn wieder etwas anderes zu beun-ruhigen, er brach sein Pfeifenritual nun gänzlich ab und brüllte flegelhaft:
„Wache! Abdullah, den Spion sofort zu mir!“
Die Wache verschwand wortlos, sich aber tief verbeugend und kurze Zeit später erschien ein kleiner unscheinbarer Kerl mit knochig, aber gedrungener Gestalt, platter Boxernase und schweinsäugigem Antlitz:
„Was steht zu Diensten, oh ihr schnellster aller Fußgänger?“, rief er mit einer rauen und tiefen Stimme, die so gar nicht zu seiner Person passen wollte.
Murad Marat Hon beachtete die Höflichkeitsfloskel nicht und fragte lässig von seiner Ruhestatt aus:
„Sag mal Matulah, äh ich meine Abdullah, wer ist eigentlich der schnellste Schnellläufer im gesamten Reich aller Gläubigen und Un-gläubigen?
Abdullah, der in dieser Frage eine schlimme Falle witterte, verbeugte sich, unter ständigem Zwinkern seiner Schweinsäuglein, tief vor seinem Herrn und sagte vorsichtshalber:
„Ihr, oh erlauchtester Großfüßler, der ihr der erste, schnellste und be-gnadetste Großfuß unter allen Großfüßlern seid! Habt ihr das etwa ver-gessen?!
Doch diesen Nachsatz hätte er lieber nicht sagen sollen, denn Murad Marat Hon schaute ihn abfällig an und ließ diesem Blick folgende Wörter folgen:
„Vergessen? Pass ja auf, dass ich nicht vergesse dich weiterleben zu lassen, du Sohn eines schnüffelnden Hundes und einer ausgemusterten Trüffelsau!“
Murad Marat Hon schien sich, nach seinem Ausbruch, schnell wieder beruhig zu haben, aber das täuschte. Er lockte Abdullah zuerst wohl wollend zu sich heran und flüsterte dann unheilschwanger:
„Du spielst also auf meine großen Füße an, hä, die mir, Allah sei Dank, gewachsen sind. Und du meinst, ihnen sei es zu verdanken, dass ich der schnellste Schnellläufer unter der Sonne bin?“
Abdullah wurde blass und begann zu stammeln:
„Ja, eure win…, windige Erlauchtheit, so steht es jedenfalls im Guinness-buch aller Gläubigen und Ungläubigen geschrieben!“
Murad Marat Hon begann väterlich zu lächeln:
„Natürlich, so steht es geschrieben! Natürlich hast du recht! Schließlich lernt es jedes Kind in unserer Schule. Ich wollte dich nur testen!“
Jedoch kaum war sein letztes Wort verklungen, schrie er:
„Falsch, die Antwort ist falsch, so falsch, wie des Sultans Zähne!“
Er spreizt sich wie ein Rad schlagender Pfau und rief lauernd:
„Jetzt willst du bestimmt wissen warum, hä?“
Vollkommen verunsichert drückte sich Abdullah um die Antwort. Doch Murad Marat Hon schaute auf ihn wie ein Greif auf seine Beute! Abdullah war wie gelähmt von diesem Blick und er wollte zögerlich einwerfen: „Ja schon, aber euer…“
Murad Marat Hon ließ ihn nicht antworten. Er sprang von seinem Lager auf, lief, noch fast eine seiner Sklavinnen um rempelnd, zu einem steiner-nen Tischchen, mixte sich aus verschiedenen Flaschen ein Drink, riss eine kleine Schranktür auf, glotzte hinein und schrie:
„Eis, wo ist das Eis! Ach, bin ich denn hier nur von hirnlosen Dilettanten und dümmlichen Azubis umgeben, die nicht mal das kleine Einmaleins des Roomservice beherrschen?“
Im nächsten Augenblick sprang eine Tür auf und ein kräftiger Sklave schleppte auf der Schulter einen mächtigen Eisblock in das Gemach. Murad Marat Hon glotzte blöd und blaffte:
„Was ist, soll der etwa in mein Glas passen?“
Der Sklave deutete, trotz der schweren Last, eine Verbeugung an, legte ihn vorsichtig in eine entfernte Nische und begann (mit einem knöchernen Eispickel) geschickt kleine Eiswürfel abzuschlagen. Murad Marat Hon trommelte nervös mit den Fingern auf der Tischplatte und rief, nachdem ihm der Sklave buckelnd einen gut gekühlten alten Single Malt Whiskey serviert hatte:
„Sklave, was soll das?“ Der Sklave schaute verunsichert das Glas an! “Ich wollte keine Eisberge in meinem Glas
„Rundlutschen!“
„Jawohl Durchlaucht!“ schlotterte der Sklave eingeschüchtert, „rundlutschen!“
Er leerte das Glas voller Whiskey in einem Zuge, ließ die Eiswürfel im Mund verschwinden und begann sie dort hektisch hin und her zu werfen. Nach einer Weile brachte er die Eiswürfel (einzeln und schön rund) hervor spie sie laut klimpernd ins Glas und goss es erneut randvoll Whiskey.
Marat Hon betrachtete das Ergebnis skeptisch: „Das soll rund sein, hä? Weiterlutschen!“
„Weiterlutschen! Wie Durchleucht verwünschen!“ Voller Freude und Innbrunst stürzte der Sklave das zweite Glas von dem geistigen Getränk hinunter um an die Eiswürfel zu gelangen
Marat Hon stutze und schaute den Sklaven, der schon bedrohlich schwankte, durchdringend an: „Wo ist denn eigentlich mein Whiskey hin!“ Dem Sklaven entglitt jeglicher Respekt vor seinen Herren. Er lachte und prustete alle Eiswürfel aus. Der Sklave hob seinen Zeigefinger zitternd vor Marat Hons Augen: „Fot!“ Der Schnellläufer glotzte ungläubig, so, als habe ihn jemand im Schnelllauf besiegt: „Wie, fot“, sein Mund hatte sich staunend geöffnet und somit seinen Kopf um ein Weiteres verlängert.
„Der Sklave meinte natürlich fort. Fort wie weg, oh Ihr gnadenvoller und größter aller Wüstenwinde, der Whiskey ist rettungslos verloren. Gebt dem Sklaven für den restlichen Tag frei, damit er seinen Rausch ausschlafen kann!“ meldete sich Abdullah kleinlaut zu Wort
Er lachte schief über diesen Gag, Abdullah lachte mit und Murad Marat Hon setzte noch einen drauf:
„Sklave, mit dem restlichen Eis, kannst du die Palmen des Sultans kühlen, ähm, ich meine begießen!“ Dann lachte er wiehernd und entblößte sein großartiges Pferdegebiss, und hieb Abdullah kräftig auf die Schulter. Seine Stimmung hatte sich gebessert.
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

Da hat der Sklave wohl nochmal glück gehabt, dass Murad Marat Hon diesmal noch seinen guten Tag hatte. Bin gespannt wie es weitergeht.

Gerald W. (07.02.2012)

Na, immerhin scheint Murad Marat Hon nicht sonderlich empfindlich zu sein. Ein heiteres Kapitel.

Else08 (06.02.2012)

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Juche! Ich kann lesen und schreiben!  
Der Ausritt  
Schmied und Dorfschulze  
Shakiras Geständnis  
Mukhtars größter Coup  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De