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Erste Schritte in der neuen Heimat (Unser italienischer Sommer Teil 1)

Romane/Serien · Erotisches
PS: Ab nächster Woche könnt ihr auch lesen, wie alles anfing. Evas und Peters erste Schritte in der Toscana.


Hier ein Ausschnitt:

Unser italienischer Sommer
Teil 1


Eva kullerten die Tränen über die Wangen und auch meine Augen waren feucht. Heute würden wir uns zum ersten Mal für bald Monate trennen. Ich war auf dem Wege in die Toskana zum Weingut - Sul Muro degli Etruschi - in der Nähe Sienas, unserer zukünftigen Heimat. Den Vorbesitzern, Marios Eltern, hatten wir die Anzahlung geleistet.
Wir standen eng umarmt in Schwechat in der Abfertigungshalle. Ich hatte meine Koffer aufgegeben und jetzt war es an der Zeit uns zu verabschieden.

„Ruf gleich an Peterl, damit ich weiß, dass du gut angekommen bist.“
„Ach mein Liebes, du kommst doch in drei Wochen nach. Ich rufe dich sofort an, wenn ich dort bin, versprochen.“
Wir küssten uns noch einmal intensiv, dann erfolgte der letzte Aufruf zum Boarding. Ein letzter sehnsuchtsvoller Blick und ich ging durch die Kontrollen. Ich schaute mich noch einmal um und winkte meiner Liebsten zu.
Die Nacht hatten wir uns mit einer wilden, zärtlichen Verzweiflung geliebt, als ob wir uns für immer trennen müssten.


Die letzten Monate hatte ich neben meinem Pharmaziestudium die Vorlesungen an der Boku besucht und viel über den Weinanbau dazugelernt. Mit Eva war ich vorher zu Josefa und Karl im Burgenland gefahren und hatte mich ein Wochenende lang von Karl, der hier neben seinem Gasthof ein paar Hektar Wein bewirtschaftete, informieren lassen, welche Vorlesungen unbedingt wichtig für mich seien.
Josefa, Evas ältere Schwester lebte mit Karl und den beiden Kindern Jonathan, genannt Jona und Miriam in Podersdorf, am Neusiedler See im schönen Burgenland. Auch Eva war hier aufgewachsen und hatte bis zum tragischen Tod der Eltern am Neusiedler See gelebt. Später waren die beiden Mädchen von Tante Maria, der Schwester ihrer Mutter, großgezogen worden.
Ich hatte meinen Abschluss ohne viel Glanz und Gloria gemacht, weil ich einen großen Teil meiner Zeit in den Hörsälen der Boku verbracht hatte.
Die Boku ist die Universität für Bodenkultur am Türkenschanzpark in Wien. Hier werden auch verschiedenen Lehrveranstaltungen für die Bereiche des Weinbaus angeboten.

Eva hatte hauptsächlich für den Lebensunterhalt gesorgt. Die weihnachtlichen Schecks meines Vaters und Zuwendungen meiner Mutter halfen uns natürlich auch. Die Papiere, die mein Großvater mir vererbt hatte, rührten wir nicht an. Wir lebten mietfrei bei Tante Maria.

Wenn Eva von der Apotheke heimkam, hatte ich bereits das Essen vorbereitet und saß über meinen Büchern. Wir aßen, dann musste Eva meistens schon wieder los. Dreimal in der Woche hatte sie Sprachunterricht bei einer Italienischlehrerin. Wenn sie spät zurückkam war ich oft noch über den Büchern. Dann nahm Eva meine Hand und zog mich ins Schlafzimmer. Für unsere Zweisamkeit nahmen wir uns einfach die Zeit.
Tante Maria beobachtete uns oft kopfschüttelnd. Sie machte sich Sorgen, dass wir uns überforderten.
Es ist ja nur für ein halbes Jahr, hatten wir sie getröstet. Doch sie war energisch geworden und hatte darauf bestanden, dass wir uns wenigstens die Wochenenden freihielten.
Dann unternahmen wir gemeinsam etwas mit Tante Maria und trafen uns außerdem regelmäßig mit Hannes und Maria, die mittlerweile eine eigene Wohnung in Währing hatten. Maria war schwanger und die beiden freuten sich wie Schneekönige auf das Baby.
Meistens saßen wir dann in der „Vecchia Fattoria“, Marios und Benedettas Ristorante in Grinzing.
„Wann ist es eigentlich bei euch soweit?“, hatte Maria erst vorgestern gefragt.
„Es wäre schön wenn unsere Kleinen dort unten auf die Welt kämen. Wenn der Hof uns gehört.“ Eva schaute mich sehnsuchtsvoll an und nahm fest meine Hand.

Dr. Weinzierl und Frau Dr. Lamberti hatten einen sehr anständigen Vertrag mit der Stiftung ausgehandelt und so hatte ich schweren Herzens Großvaters Weinberg verkauft.
Das Geld würde uns einen guten Start in der Toskana ermöglichen.


Signore Filippo und seine Frau hatten die Fattoria schon verlassen. Die meisten Möbel und Einrichtungsgegenstände waren wie vereinbart dageblieben. Bruno hatte mich vom Flughafen abgeholt und mein Gepäck im Taxi verstaut.
„Fahr über die Chiantigiana Bruno. Ich will langsam ankommen.“
Bruno hatte Zeit und so zockelten wir gemütlich durch die faszinierende Hügellandschaft. Ein lauer Frühlingswind trug die vertrauten Gerüche in unsere Nasen. Ich konnte mich gar nicht satt sehen. Wir verließen die Chiantigiana in Castellina, umkurvten Poggibonsi und nahmen die Strasse über Colle di Val d`Elsa. Nach etwa 15 km bogen wir auf die schmale Landstraße nach Pievescola ab, fuhren durch die engen Gassen meiner neuen Heimat und erreichten kurz hinter dem Ort die Auffahrt zur Fattoria „Sul muro degli Etruschi”.

Bruno stellte den Motor ab. Francesca, Gianfrancos Frau, hatte das Motorengeräusch gehört und öffnete mit einem strahlenden Lächeln die Tür ihres Hauses. Ihr gemütliches kleines Häuschen hatte ursprünglich zum Hof gehört.
„Da seid ihr ja, willkommen daheim.“ Sie bat uns hinein und verschwand, nachdem sie uns Platz angeboten hatte, in der Küche. „Ihr mögt bestimmt einen Kaffee und habt Hunger. Ich hab einen Panettone für euch.“
Francesca freute sich sichtlich uns beköstigen zu können und fragte mich nach allen Regeln der Kunst aus. Wir plauderten angeregt, bis Bruno dezent auf seine Uhr deutete.
„Ich muss noch ein paar Gäste fürs Tre Archi in Siena vom Bahnhof abholen.“
Ich bat Bruno, mein Gepäck oben im Haus in der Diele abzustellen. Dann überreichte ich ihm den Umschlag mit dem reichlich bemessenen Geld für die Fahrt.
Ich wollte den Kilometer bis zum Hof zu Fuß gehen. Die Landschaft war wunderbar und ich nahm sie mit allen Sinnen in mich auf.
Wir umarmten uns, dann verabschiedete sich Bruno. „Grüß Paola“, rief ich ihm hinterher.
„Laura hat die Betten überzogen und gelüftet.“ Ich erinnerte mich an Laura, ein ausgesprochen hübscher Teenager, der sich seiner Wirkung auf Männer bewusst war. Ich hatte sie beim Gartenfest kennen gelernt. Ihre dunklen großen Augen, versuchten sich in jede Männerseele zu bohren.
Die meiste Zeit unterhielten wir uns natürlich über Benedettas und Marios Zwillinge.
„Du wirst dich frisch machen wollen und müde sein. Gianfranco kommt später hinauf, dann könnt ihr reden.“ Francesca drückte mir die Schlüssel in die Hand und begleitete mich noch hundert Meter den Hügel hinauf.
Dann war ich allein. Ich ließ mir Zeit und atmete tief durch. Ich bückte mich, nahm eine Handvoll Erde auf und schnupperte. Die Weinreben standen gut, Gianfranco verstand eine ganze Menge vom Weinbau, er hatte bei einigen der Großen Erfahrung gesammelt, bei ihm würde ich noch viel lernen können. Die Luft war ganz anders als in Wien, als in der Großstadt. Sie hing voller Aromen und hatte etwas Prickelndes. Ich genoss die Wärme der Sonne , warf die Jacke über meine Schulter und schritt etwas kräftiger aus. Das Haus, unser Haus leuchtete ockerfarben und einladend auf der Kuppe des Hügels. Zwei knorrig gewachsene Olivenbäume bewachten die Einfahrt
Etwas überwältigt schloss ich die Tür auf und trat in die angenehme Kühle der Diele. Bruno hatte mein Gepäck gleich hier vorne abgestellt. Auf der großen Truhe stand eine Vase mit Frühlingsblumen. Die musste Laura dort hingestellt haben. Ich legte meine Jacke ab und ging langsam in die Küche. Auf dem schweren Eichentisch stand ein Tablett mit Brot, Salz und Olivenöl, dem traditionellen Willkommensgruß, nicht nur in der Toskana.
Laura hatte einen Karte hinterlassen
„Benvenuti nel vostro fattoria“ unterschrieben von Francesca, Gianfranco und ihr.
Ich setzte mich, nahm ein Stück Weißbrot, beträufelte es mit Olivenöl und streute etwas Salz darüber. Es schmeckte köstlich, dann trank ich einen Schluck Wasser und ging nach oben ins Bad. Ich warf meine Kleidung auf den Boden und duschte ausgiebig. Laura hatte frische Handtücher herausgelegt. Im Spiegel musterte ich mich kritisch, es wurde Zeit wieder etwas zu trainieren. Ich musste mir ein Fahrrad besorgen, die Hügel der Toskana würden meine Muskulatur wieder straffen und den Speck dahin schmelzen lassen. Spuren des Winters, der Hockerei bei den Vorlesungen und der Effekt von Marios kulinarischen Köstlichkeiten.
Dann spazierte ich splitternackt nach unten, nahm meine Reisetasche und ging wieder hoch ins Schlafzimmer. Die Bettwäsche roch frisch und einladend. Ich zog frische Wäsche an, streifte mir Shirt und Jeans über und ließ mich einen Augenblick aufs Bett fallen.
Eine gute Stunde später hatte ich meine Koffer ausgepackt, in der Küche einen Kaffee gebraut und wartete auf meinen Cantiniere Gianfranco. Er kam pünktlich zusammen mit zwei Vorarbeitern. Wir setzten uns um den Tisch, tranken Kaffee und ich ließ mich unterrichten.
Gianfranco hatte im zeitigen Frühjahr eine der Terrassen auf der Südwestseite des Hügels neu mit Reben bestückt. Sangiovesereben für unseren neuen Rosso. Eng gepflanzt würden sie hier optimale Bedingungen vorfinden. Die Arbeiter hatten die Mauern ausgebessert und die Drainage erneuert. Die Stöcke standen gut und hatten sich hervorragend akklimatisiert. Gianfranco hatte vorgeschlagen die Fruchtansätze zu reduzieren, um eine optimale Qualität zu erreichen. „Besser 50 hl/ha hervorragender Wein als 75 hl/ha Durchschnitt.“ Das war genau meine Vorstellung, wir verstanden uns hervorragend. Er würde mir eine Menge beibringen können.

Wir hatten jetzt mit der neuen Terrasse etwa achteinhalb Hektar Wein kultiviert. Überwiegend Sangiovesetrauben und Canaiolo, dazu etwa 2 Hektar Syrah, die wir auch neu gesetzt hatten und 0,5 Hektar Malvasia für den Vin Santo.

Eigentlich hatte ich meine Liebe zu Italien, zur Sprache und zur Kultur noch Carola zu verdanken.
Sie studierte Kunstgeschichte und hatte mich mit dem italienischen Virus angesteckt.
Unser erster gemeinsamer Urlaub führte nach Perugia, dort hatten wir uns zur
Sommeruniversität eingeschrieben, um intensiv die Sprache zu erlernen.
An der Università per Stranieri di Perugia studieren etliche Tausend Studenten aus aller Herren Länder.

Sechs Wochen von früh bis abends, auch in der Freizeit, nur italienisch reden. Während wir zu Anfang noch mühsam mit Händen und Füßen gestikulierten, wurde es von Woche zu Woche besser. Bald konnten wir einigermaßen sicher reden und verstehen.

Wir wohnten ganz in der Nähe, in der Via Garibaldi, in einer winzigen Pension. Es waren nur ein paar Schritte bis zur Uni. Und in der Umgebung lagen viele Cafés und Bars, so dass für den abendlichen Zeitvertreib gesorgt war. Wenn uns nicht das Vokabeln büffeln davon abhielt. Aber ab und an brauchten wir einen freien Kopf und wir konnten schließlich auch dort unsere Italienisch Kenntnisse anwenden.

Während ich am Anfang unseres Urlaubs in Venedig noch etwas mühsam die Vokabeln zusammensuchte, liefen mir die Worte jetzt flüssig von den Lippen. Gianfranco sprach ein klares gut zu verstehendes italienisch, während ich mit dem Dialekt der beiden Vorarbeiter noch etwas Mühe hatte.

Gianfranco stupste mich an.
„Completamente perso nei suoi pensieri, Pietro?”

Ich war in Gedanken versunken, schreckte auf und entschuldigte mich. Wir waren fertig, Gianfranco gab den Vorarbeitern die Aufträge, grinste mich an und sie verließen das Zimmer.


Drei Wochen noch ohne Eva, das war schwer auszuhalten. Aber ich hatte eine Menge Arbeit vor mir. Ich schaute aus dem Küchenfenster über die Terrassen, genoss den Blick über den Olivenhain und die Reben und seufzte. Der Ausblick war atemberaubend.
Dann rief ich meine Schöne an. Es wurde ein langes sehr intimes Gespräch. Seufzend legte ich auf und goss mir ein Glas Hauswein ein. Gianfranco hatte mir ein paar Flaschen aus dem Keller heraufgebracht. Hier war unsere neue Heimat.
Wenn Eva kommt, werden wir ein großes Fest unter den Olivenbäumen veranstalten, dachte ich. Alle sollten kommen, Maria und Hannes, meine Mutter und Rodrigo, Mario und Benedetta natürlich, Tante Maria eventuell, vielleicht auch Josefa und Karl, Evas Schwester und Schwager.
 
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Kommentare  

Gute Idee, die mit den Bildern. So kann man sich ungefähr vorstellen wie deine Protas aussehen. Auch gefällt mir, dass du hier alles bringen willst, wie es eigentlich angefangen hat. So wird einiges klarer.

Jochen (04.04.2012)

Danke Doska, damit man den Überblick nicht verliert, habe ich die einzelnen Kapitel einmal durchnummeriert

Wolfgang scrittore (31.03.2012)

Sehr schöner Anfang. Flüssig geschrieben, gut die Charaktere ausgebaut und spannend, obwohl eigentlich gar nichts gefährliches passiert. Deine Story ist eben wie das Leben. Dennoch hast du die Romantik nicht vergessen. Schön auch die - oft wunderbaren - Beschreibungen der Umgebung. Und die Bilder - klasse! So bekommt man wirklich eine etwas deutlichere Vorstellung über deine Hauptpersonen.

doska (30.03.2012)

Man will doch wissen, mit wem man es zu tun hat.

Zwei aktuelle Kapitel noch, dann folgen wie bei Sommerliebe die Anfänge der Geschichte.


Wolfgang scrittore (30.03.2012)

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