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4 Seiten

Berserkor der übelst Schreckliche (Arbeitstitel)

Romane/Serien · Fantastisches
© Jingizu
Prolog

Die Kluft war breit und die Felsen so spitz und scharfkantig, dass sie einem leicht die Hände zerschneiden konnten, wenn der Sprung danebenging. Schnee und ewigwährender Frost machten dazu das Gestein auf beiden Seiten rutschig. Schlimmer als diese gefährlich glatten Stellen war nur noch, dass es zwischen den beiden Felsvorsprüngen viele hundert Meter steil bergab ging. Ein riesiger Mann stand auf der einen Seite, auf der anderen gab es diese große Höhle.
Seine blasse Haut blitzte nur hier und da unter seiner dicken Rüstung aus Bärenfell und seinem gehörnten Helm hervor. Stahlblaue Augen suchten trotz der Finsternis dieser sternenlosen Nacht nach einer geeigneten Stelle für eine Überquerung des Abgrunds.
Der Hüne schnalzte nach erfolgloser Suche unzufrieden mit der Zunge und blickte über seine Schulter hinweg nach Osten. Ein kleiner Fetzen frisches Blau, das zaghaft über die Felshänge der Drakeberge kletterte, kündigte den baldigen Sonnenaufgang an und ermahnten ihn, sich zu beeilen. Der Klingenschwanz schlief womöglich nur noch wenige Minuten und wenn der Drache erst erwachte, würde der Kampf mit ihm um so viel schwerer werden. Ganz zu schweigen davon, dass sich das feige Schuppenmonster bei den ersten Anzeichen von Gefahr aus dem Staub machen würde und er die Jagd von vorn beginnen müsste. Klingenschwänze waren zwar für ihre todbringenden Klauen und schneidende Angriffe mit dem besagten, stachligen Schwanz berühmt, nicht jedoch für ihren Mut. Diese Echsen verließen ihr Revier beim den ersten Anzeichen von Gefahr und kehrten meist jahrhundertelang nicht mehr zurück. Doch dass sie so schwer zu fassen waren, machte diese Beute für einen Drachenjäger nur noch attraktiver.
Er versenkte seine beiden gezahnten Schwerter wieder in ihren Scheiden und bereitete sich auf den Absprung vor. Es blieb nur noch Zeit für den direkten Weg und der führte nun einmal drei Meter durch die Luft.
Seine breite, stark behaarte Brust pumpte vor Erregung und Vorfreude, während er sieben Schritte zurücktrat, um Anlauf zu nehmen.
Ein marscherschütterndes Brüllen drang aus der Höhle und ließ seine langen, blonden Haare im schwefligen Atem des Lindwurms wehen. Er kam zu spät, der Drache war bereits erwacht. Doch der Hüne lächelte nur grimmig. Vier raumgreifende Schritte brachten ihn an den Rand der Kluft. Mit einem gewaltigen Sprung setze er über den tiefen Abgrund mit seinen spitzen, scharfen Felsen hinweg. Noch in der Luft zog er seine Schwerter und landete sicher auf der anderen Seite der Schlucht. Er hielt nicht einmal inne sondern rannte ungebremst weiter voran in die pechschwarze Höhle hinein, aus der noch immer dieses schaurige Gebrüll erklang.
Sein blondes Haar, reifbedeckt, wehte wie die Fahne eines stolzen Ritters, als er den Unterschlupf des Ungetüms betrat. Der riesige Wikinger stutzte kurz, als er in den hell erleuchteten Drachenbau gelangte.
Grelle Flammen brannten auf den geschmolzenen Felsen und der Drache jagte einen schmächtigen Jungen durch das Flammenmeer, so wie eine Katze eine Maus jagt. Der Junge hatte seine Axt fortgeworfen und versteckte sich so gut es ging hinter dem hölzernen Schild, welches jedoch kaum einem weiteren Angriff des Klingenschwanzes standhalten würde. Ein Hieb mit dem stachelbewehrten Schwanz riss den Schild vom Arm des Jungen und ließ diesen quer durch den Raum segeln.
Mit einem wilden Gebrüll, das dem des Drachen gleichkam, stürzte sich der riesige Mann auf die Flammenechse, die ihn bisher gar nicht bemerkt hatte. Tausende Male geschärfter Stahl prallte auf steinharte Schuppen und Klauen. Schwarzes Drachenblut floss sogleich aus mehreren kleinen Wunden.
Der überraschte Klingenschwanz suchte sofort nach einem Fluchtweg, aber der Weg nach draußen war ihm durch den gewaltigen Krieger versperrt. Seiner einzigen Fluchtmöglichkeit beraubt und in die Ecke getrieben fauchte die Bestie rauchgeschwängerte Drohungen. Ein Flammenstrahl brannte sich durch die Höhle, doch der Hüne wich dem feurigen Angriff geschickt aus und griff wiederum seinerseits an.
Funken flogen und der feurige Atem des Drachen erlosch, als der Wikinger sein Schwert bis zum Heft in die wenig geschützte Brust des Lindwurms rammte und somit sein Herz durchbohrte.

Sehen Sie das? Das bin ich.
Nein, nicht der, der soeben auf den toten Drachenleib steigt, um dort heldenhaft zu posieren. Ein Stück weiter links, da neben den Stalagmiten. Ja genau und jetzt noch etwas nach unten. Ich bin der, der sich gerade aus dem Haufen Geröll wühlt, in das ihn der Klingenschwanz geschleudert hat. Meine schöne, neue Rüstung ist völlig dahin. Nur noch ein Häufchen schwelendes Bärenfell und wofür? Den Klingenschwanz hat mir dann doch noch Erik der Drachenschlächter weggeschnappt, dabei hatte ich ihn als Erster aufgespürt. Meine Eltern werden begeistert sein…
Ich bin Berserkor. Berserkor der übelst Schreckliche mit vollem Namen. Sohn von Hendrik dem grausam Grinsenden und Helga der Kopfabreißerin. Ein vierzehn Jahre alter Spross einer angesehenen Familie aus Drachenjägern, Monsterschlächtern und Ungeheuertötern. Ob klein, ob groß, ob jung, ob alt, alle sind wir etwas Besonderes. Es fing damals mit Uroma Liesl der Herzfresserin an, die von allen im Dorf mittlerweile nur noch liebevoll Herzi genannt wird. Sie hat damals vor über sechzig Jahren erfolgreich für die Frauenquote in der Heldengilde gekämpft, indem sie alle ihre männlichen Konkurrenten erst besiegt und danach ihre Herzen verspeist hatte. Die gigantischen Rundungen ihres Brustpanzers sind noch heute im ganzen Land ein inspirierendes Symbol für angehende Drachenjägerinnen. Und all ihre Kinder und Kindeskinder setzten diese Tradition fort. Nicht das Herzverspeisen, nein, aber eben das Heldentum. Es gibt also durchweg nur wahre Helden in meiner Familie. Vorreiter. Streiter für das Gute. Mächtige Wikinger allesamt. Nennen sie irgendein Monster. Es gibt niemanden in der Familie, der nicht schon dutzende davon erlegt hat. Nun ja… bis auf einen in der Familie.
Der Klingenschwanz sollte nicht nur mein Meisterstück, sondern auch mein erster, richtiger, erlegter Drache sein und dann kam der blöde Erik dazwischen. Erik mit dem wallenden Haar. Erik dessen Unterarme dicker sind als meine Oberschenkel. Erik mit den strahlend blauen Augen und dem hinreißenden Lächeln, das jedes Mädchen von hier bis hinauf zu den Fjorden verzaubert… Erik eben.
Schon in der Heldenschule tut er sich immer hervor.
Schnellster im Köpfeabhacken, Bester im Axtweitwurf, Inhaber des Preises für die beeindruckendste Heldenpose, unbesiegt im Schwertkampf… ich könnt seine Erfolge noch ewig weiter ausführen.
„He! He Berserkor! Sieh her! Wie seh ich aus?“
Erik stand auf dem Rücken des toten Drachens. Den rechten Fuß auf dessen Schädel und die Arme in die Hüfte gestemmt reckte er den Kopf gen Höhlendecke, als gäbe es dort etwas nur für ihn sichtbares zu sehen.
„Gut.“, bestätige ich hilflos.
„Das stimmt.“, nickt er selbstzufrieden und verstaut die blutigen Schwerter wieder in ihren Scheiden.
„Das war mein Drache.“, murmel ich eine kaum hörbare Anklage, aber Erik, Erik mit den ach so hübschen und guten Ohren, hört das natürlich.
„Sah aber eher danach aus, als würde der Drache dich jagen.“, lacht er fröhlich.
Er meint es nicht böse. Ich glaube der gute Erik weiß nicht einmal wie das geht, aber dennoch tun seine Worte weh.
„Ich hab ihn nur müde gemacht.“, verteidige ich meine fruchtlosen Bemühungen, obwohl ich weiß, dass kein Wort davon wahr ist. Selbst dieser junge Klingenschwanz war eine Nummer zu groß für mich gewesen.
„Und ich hab ihm den Rest gegeben. Wir sind eben ein gutes Team Bersi.“, lacht er und schon wieder ist kein Hohn in seiner Stimme.
„Ja Erik.“, murmele ich schon wieder.
Es wird Zeit nach Hause zu gehen und von Eriks Erfolgen bei der Jagd zu berichten. Mama wird sicher nicht erfreut sein, dass die neue Rüstung so zerschlissen ist, ohne dass ich einen Drachenkopf mit Heim bringe und außerdem ist morgen wieder Schule. Oh man… ich hasse es ein Drachenjäger zu sein.
 
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Kommentare  

So, da ich mir für deinen Ahrok wirklich Zeit nehmen will und muss, mache ich mich eben erst mal über diesen netten Prolog her.

Eine schöne Idee, die Lust auf mehr macht.
Anariel hat Recht, kleinere Ähnlichkeiten sind zu dem Film vorhanden. Ich finde das aber auch nicht weite tragisch..ähnliche Themen ergeben eben auch andere Ähnlichkeiten. Punkt!

Wie Doska schon erwähnt, alles schön plastisch beschrieben und bildreich dargestellt. Ganz abgesehen von dem Humor, den ich auch mag.

So und nun pack ich den Weichspühler mal weg ;-)

Gleich im zweiten Satz hast du eine seltsame Formulierung:

"dazu die Hänge auf beiden Seiten"
Ein Hang ist für mich etwas ansteigendes, mehr oder weniger steil, aber so eine Kluft hat für mich steile, fast senkrechte Wände..
Statt "Hänge" könnte man hier entweder "Wände" oder "Gestein" nehmen. Das würde auch den schroffen Charkater der Umgebung besser wiederspiegeln.

Gleich im nächsten Satz hast du ein: "Schlimmer war nur noch.."
Diese Formulierung klingt meist irgendwie künstlich und ein wenig unbeholfen. Mit "Zudem ging es.." umgehst du sie und es klingt flüssiger.

Als nächstes fällt mir auf: "Blutrote Schwaden, die durch die Felshänge der Drakeberge krochen.."
Moment mal, grade war es doch noch finstere Nacht und nun schon das Morgenrot? Also normal ist es so, dass schon eine ganze Zeit, bevor man das erste Rot des Morgens sieht, der Nachthimmel deutlich heller und blauer wird. Zudem kriechen die roten Schwaden wohl eher "über" die Hügel und nicht hindurch. ;-)

Dann das nächste: "seine beiden gezahnten Schwerter"
Gezahnt???
Ich habe schon von gewellten und gezackten Schwertern gelesen, aber gezahnt? Ich muss da unweigerlich an das Brotmesser meiner Großmama denken. Ein grausames und gefährliches Ding, ohne Frage, aber als Schwert?
Das Bild, das sich dann aber später dadurch ergibt, ist natürlich herrrlich schräg -lacht-

Das nächste: "während er sieben Schritte zurücktrat" und "Vier raumgreifende Schritte"...
Da man nicht weiß wie groß die normalen Schritte deines Hühnen sind, könnte sich hier eine Unstimmigkeit und damit ein Stolperstein ergeben. Nimm die Zahlen raus und ersetz sie durch mehrere. Klingt auch gut und lässt dem Leser den nötigen Raum.

" Vorreiter. Streiter für das Gute. Mächtige Wikinger allesamt."
Hier könntest du ruhig die Ausagen mit Ausrufezeichen hervorheben, ist aber auch gut so, wie es steht.

"kam der blöde Erik dazwischen."
Das klingt ein wenig kindlich, aber da es ja wohl für ein Kind ist, ist es kein echter Kritkpunkt. Ansonsten könntest du auch "der blöde" weglassen. Die Aussage verändert sich dadurch ja nicht.

"verstaut die blutigen Schwerter wieder in ihren Scheiden"
Uhh... was für ein Fauxpas! Niemals, aber wirklich niemals nie steckt der erfahrene Held oder Krieger seine blutbesudelten Klingen in die Scheiden. Warum? Weil man das Blut aus der Scheide so gut wie nicht mehr rauskriegt! (müffelt irgendwann schauderlich) Außerdem tuts der Klinge nicht gut, die könnte dadurch ja Roststellen und ähnliches ansetzen. Also erst sauberwischen, dann in die Scheide damit.

So das wars schon.
Alles nur Kleinkram, auf den wohl kaum jemand kuckt, der mir aber ab und zu ins Auge springt.

Alles in allem ein schöner, süßer Text, der mir gut gefallen hat und eine Geschichte, von der ich gerne mehr lesen würde.


darkwitch (12.10.2012)

Lach, Jingizu,

ja aber stimmt, der titel hatte mir damals auch nicht gefallen. Ich hatte aber nen Trailer gesehen und ihn mir deswegen angesehen.

Hmm..ich denke so kleinere Überschneidungen sind nicht schlimm. Grade bei solchen Themen, wo sich auch schon andre dran versucht haben, ist das glaube ich kaum gänzlich zu vermeiden. Also ich finde das nicht schlimm.

Ich würde mich auch freuen, hier bald mehr davon zu lesen.


Tis-Anariel (04.10.2012)

Ich bin natürlich ganz begeistert. Mir gefallen humoristische Stories ganz besonders und dann hast du alles so schön plastisch beschrieben, dass ich es wie in einem Zeichentrickfilm vor mir gesehen habe. Außerdem mag ich einfach deinen Schreibstil, der reißt mich mich mit, egal was du schreibst. Würde gerne noch etwas darüber lesen.

doska (04.10.2012)

Hallo Anariel,

den Film hab ich mir damals im Kino nicht angesehen, weil, Achtung jetzt kommts, mir der Titel nicht gefallen hat. Ich fand und finde ihn immer noch lieblos dahingeklatscht.
Ich hab das jetzt jedoch gleich einmal nachgeholt und der ist ja wirklich knuffig. Spricht mich total an. Leider muss ich nun eingestehen, dass sich der Film in vielen Aspekten mit den Abenteuern von Berserkor überschneidet. Zwar nicht was die Handlung betrifft, jedoch viele Charaktere und Kleinigkeiten, so dass ich nun ernsthaft überlege, wie es hier weitergehen soll... na mal sehen.
Vielen Dank für den Hinweis.


Jingizu (04.10.2012)

Uii..wieder was neues.

Hast du zufällig "Drachenzähmen - leicht gemacht" gesehen? Der Text erinnert mich nämlich ein wenig dran.
Es gefällt mir sehr gut. Deinen "Helden" bringst du sofort gut rüber und "Mister Perfekt" sowieso. Und der Humor kommt auch nicht zu kurz. Über die Namen musste ich herzlich lachen und über die Familiengeschichte erst recht.

Schade das es noch Titellos ist, aber das ist auch manchmal sehr schwierig.
Nimm doch einfach schlicht: "Die Abenteuer von Berserkor" und dann als Untertitel welches Abenteuer es ist.


Tis-Anariel (04.10.2012)

Hallo Francis,

ich danke dir sehr für deinen Kommentar und du hast insbesondere damit Recht, dass es mich selber wurmt, hierfür noch keinen passenden Titel zu haben.

Die Abenteuer von Berserkor dem übelst Schrecklichen waren bisher nur sporadische, kleine Gutenachtgeschichten für meinen Neffen, aber nun habe ich mich dazu durchgerungen mal ein etwas größeres Stück dazu zu schreiben. Leider sind sämtliche Titel, die mir bisher dazu eingefallen sind, nur Mist, also dümpelt es leider noch so völlig unbeschriftet in der Weltgeschichte herum.


Jingizu (03.10.2012)

Ein sehr gelungener Anfang einer vielversprechender Story. Bildlich optimal wiedergegeben mit reichlichem Humor. Was mich nur erheblich stört und dir sicherlich auch: -ohne Titel-

Francis Dille (03.10.2012)

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