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8 Seiten

Das Ritual/ Kapitel 21

Romane/Serien · Erotisches
© rosmarin
21. Kapitel
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„Muss der auch vier Treppen hoch wohnen“, murrte Helli, als wir die etwas ungepflegten Treppen eines alten Miethauses im Hinterhof hinaufstiegen.
„Er ist ein verarmter Graf“, sagte Rudi, „und da kann er sich ja wohl nichts Besseres leisten.“
„Ein verarmter Graf“, interessierte sich Helli, „echt? Mit Titel?“
„Echt“, flüsterte Rudi. „Seine reichen Eltern haben ihn verstoßen.“
„Wahnsinn“, flüsterte Gabi zurück. „Wie im Märchen. Weshalb denn?“
„Weil er sich den schönen Künsten verschrieben hat. Er hat sich sogar einen Namen beim Film gemacht.“
„Tatsächlich?“
„Ja. Er hat die Kulissen für Die unendliche Geschichte gemalt.“
„Wirklich?“
„Echt. Und jetzt lebt er mit seiner Freundin Margaretha hier im dritten Hinterhof in dem verdammten Viertel kärglich vom Sozialamt.“
„Von HartzVier also. Ist ja schrecklich.“ Helli zwinkerte mir zu. „Das kann ja heiter werden.“

Margaretha wartete schon vor der Wohnungstür. Ein rotes Stirnband mit einer gelben Blume in der Mitte hielt ihre blonden Haare in Form. Kornblumenblaue Augen, die ihre Kindlichkeit bewahrt zu haben schienen, sahen traurig ins Weite.
„Hereinspaziert“, sagte sie freundlich, „legt doch ab.“ Sie zeigte auf eine alte Truhe, über der ein fast blinder Spiegel hing.
Wir hatten nichts zum Ablegen. Es war Spätsommer. Und die Nächte noch ziemlich warm.
‚Es sei denn‘, dachte ich, ‘wir legen unsere fast durchsichtigen bunten Sommerkleidchen auf die Flurgarderobe.‘
Ich kicherte amüsiert. Die Fete stand unter dem Motto: Sechziger Jahre und ich hatte mit Helli in ihrer alten Kleidertruhe gewühlt und einiges gefunden, was dem in etwa entsprechen könnte.

„Herzlich willkommen auf der Party“, begrüßte uns Carlos mit einer angenehm dunklen Stimme. „Der Sechziger“, setzte er verschmitzt hinzu. In blaurot karierten Pantoffeln, auf denen eine rosa Bommel saß, schlurfte er den langen Korridor entlang. „Selbst gemalt “, sagte er stolz und zeigte auf die bunt dekorierten Wände. „Ich brauche nie zu tapezieren.“
„Ein wirklich attraktiver Mann“, flüsterte mir Helli zu, während wir die ungerahmten Bilder an den Wänden betrachteten.
„Stimmt“, flüsterte ich zurück, obwohl wir jetzt allein im Korridor standen. Margaretha war wohl in die Küche und Carlos mit Rudi im Wohnzimmer verschwunden. „Graumelierte Schläfen, dunkle Locken, leidenschaftliche braune Augen“, schwärmte Helli, „ein verarmter Graf. Interessant. Interessant. Wie im Märchen.“
„Und wirklich eine Sünde wert“, stellte ich fest.
In diesem Moment stand Carlos hinter Helli. Sie drehte sich um und plapperte aufgeregt: „Hat das gedauert. Ehe wir einen Parkplatz gefunden haben. Und die Straßen sind wieder übervoll! Überall Stau. Na ja, aber jetzt sind wir hier. Und eine Flasche Wein haben wir auch mitgebracht. Stimmt‘s, Crysella? Und auch etwas zu rauchen.“
Helli stupste wie zufällig Carlos in meine Richtung, sodass wir uns für den Bruchteil einer Sekunde Gesicht an Gesicht gegenüberstanden und Blick in Blick versanken.
Carlos riss sich als Erster los.
„Und nun ab ins Wohnzimmer“, sagte er etwas irritiert und öffnete die Tür.

Das Wohnzimmer war dunkelschummrig und voller Menschen. Etwas zog an meinem geblümten Kleid.
„Hier ist noch Platz.“
Das Etwas zog mich auf einen wackeligen Stuhl vor einem großen ovalen Tisch. Braunes Holz schimmerte matt zwischen Flaschen, Gläsern, Naschereien, Zigaretten, Tabak, vollen Aschenbechern, Feuerzeugen, Leuchtern mit brennenden Kerzen, einer Unmenge loser Zettel und irgendwelchem Krimskrams.
Langsam gewöhnte ich mich an das Schummerlicht. Fand es sogar ganz heimelig. Das Etwas war verschwunden. Carlos saß auf dem Stuhl neben mir, drehte sich gelassen eine Zigarette, nahm dann einen tiefen Zug.
„Willst du auch?“
„Klar.“ Ich machte auch einen tiefen Zug, verschluckte mich, hustete. „Iehh, was ist denn das für Zeugs?“, presste ich hervor. „Das reine Gift!“
„Eine Unschuldige“, lachte der Kerl auf dem anderen Stuhl neben mir, „ist wohl deine erste.“
„Klar“, sagte ich und wischte mir die Tränen aus den Augen, „und wohl auch die letzte. Teufelszeugs!“
„Wie das eben so ist.“ Übermütig warf sich Helli auf die Couch zwischen die anderen Gäste, legte herausfordernd ihre langen Beine übereinander, schüttelte ihre blonde Mähne. Der weit schwingende Mini rutschte noch höher, sodass das Schleifchenstrumpfband am Oberschenkel sichtbar wurde. Mit einer Hand fegte Helli einige Utensilien beiseite, stellte die Flasche Wein auf den Tisch, die Zigaretten daneben.
Die Luft war dick, stickig. Die Gespräche laut. Die Musik noch lauter. Helli streckte ihre nackten Arme aus. „Mach doch mal ein Plätzchen für mich frei“, sagte sie lachend zu einer großen blonden Frau und einem Typen mit Jesuslatschen und buntem Halstuch. „Wer hat was für mich?“
Der Typ steckte ihr seinen Stummel in den Mund. „Iss echt gutt, das Zeugs.“

Margaretha kam mit drei Gläsern und etwas Knabberzeug auf einem silbernen Tablett aus der Küche und stellte es auf den so schon übervollen Tisch.
Helli öffnete geschickt die Flasche Wein mit einem Taschenmesser, das sie aus ihrem Handtäschchen gekramt hatte, und goss die Gläser fast voll.
„Auf uns und euch und alle!“, rief sie in die Runde.

In der Mitte des Zimmers stand ein großes Bett. Darauf schlief zusammengerollt eine graue Katze.
„Sie liegt da und rührt sich nicht“, sagte ich zu Carlos und sah plötzlich die blutige Szene mit der ägyptische Wildkatze und Manfred vor mir und die Katze auf dem Bett ins Unendliche wachsen. Verdammt! Verdammt! Ich hatte alle Mühe, dieses grausige Bild zu verdrängen. Weg damit! Heute wollte ich lustig sein. Sonst nichts. Gar nichts.
„Sie ist schon achtzehn Jahre alt.“ Margaretha graulte der alten Katze, die wieder eine ganz normale Katze war, das Fell.
„Im Allgemeinen werden Katzen doch wohl nicht so alt?“ Ich stand auf und setzte mich zu Margaretha auf das Bett. „Bist du süß“, schnurrte ich, „komm doch mal her, du kleines Katzending.“
Vorsichtig kraulte ich das weiche graue Fell der Katze. Doch sie erwiderte meine Zärtlichkeit nicht, fauchte mich stattdessen wild an, fuhr ihre langen spitzen Krallen aus, riss ihr gelbes Katzenmaul auf, bleckte ihr altes, gelbes, stinkendes Katzengebiss. Vor Schreck zog ich mich zurück.
„Dummes Biest“, fauchte ich, „dann eben nicht.“
Die Katze beruhigte sich, zog die Krallen ein, rollte sich zusammen, schnurrte zufrieden.
Ich legte mich neben sie, triftete ab. Musste wohl eingeschlafen sein. Als ich erwachte, stand Carlos vor dem Bett.
„Komm mit“, sagte er, steckte mir meine Plateauschuhe an die Füße, zog mich vom Bett, „es ist besser, du schläfst nicht ein. So ein Zug hat es in sich. Und das erst recht beim ersten Mal.“
Wir setzten uns wieder auf unsere Stühle.

Die Katze war verschwunden. Margaretha auch. Aus der Musikbox schallte immer lauter rockig die Musik aus den Sechzigern. Shakin’All Over und Save The Last Dance For Me. Tolle Rock’N’Roll Musik. Die Leute rockten wie wild durch das Zimmer, den Korridor, Carlos Arbeitszimmer.
Mehr Räume gab es nicht. Die Küche natürlich noch. Doch in der wurde nicht gerockt. In der wurde gekocht. Und zwar von Margaretha. Nudeln.

*

Dichter Qualm stieg wie eine Fontäne zur hohen Zimmerdecke, kräuselte sich zusammen, sank herab, breitete sich aus wie ein riesiger bunt schillernder Fächer.
Ich legte meinen Kopf auf Carlos‘ Schulter. Mir war echt komisch zumute und ich hatte wahnsinnige Lust auf Zärtlichkeiten.
„Ich habe eine Idee“, hauchte ich nah an Carlos‘ Ohr.
„Sprich, du weiseste aller femininen Geschöpfe“, sagte Carlos und reichte mir eine Neugedrehte. „willst du es noch mal versuchen?“
Ich wollte. Nach dem Motto - einmal ist kein mal-.
„Gleich wird es dir besser gehen“, versprach Carlos und steckte mir die Zigarette in den Mund.
Ich sog gierig, inhalierte, hustete diesmal nicht, gab dann den Joint weiter.
„Was hast du denn für eine Idee?“, nahm Carlos den Faden wieder auf.
„Ich möchte es mit dir.“
„Was möchtest du mit mir?“
„Sex.“ Ich lachte. „Was sonst.“
„Einfach so?“ Verblüfft starrte Carlos mich an. „Wie stellst du dir das vor?“, fragte er etwas verunsichert.
„Ich habe unbändige Lust.“ Anzüglich legte ich meine Hand in Carlos‘ Schritt. „Du sollst es heute sein“, flüsterte ich.
„Später“, sagte Carlos. Er zog mich stürmisch an sich. Feuer blitzte in seinen schönen Augen. „Warte noch.“
„Mir ist aber jetzt so“, beharrte ich. „In diesem Augenblick.“
Carlos eine Hand wanderte unter mein luftiges Kleidchen, seine andere legte er fest auf meine über seiner Beule und rieb langsam auf und ab. Mit der anderen rieb er im gleichen Rhythmus. Ich lehnte mich zurück und seufzte.

Helli und der Typ neben ihr kamen eng umschlungen zurück. „Mit der Liebe und den Männern habt ihr wohl schon so einiges durch“, sagte der Typ.
„Nicht so neugierig, Alter“, sagte Helli, „wir sind doch hier nicht beim Frisör.“
„Sag schon“, ließ sich der Typ nicht abweisen, „was ist los mit der Liebe und den Männern?“ Der Typ nahm Helli den Stummel aus dem Mund, zog selbst daran. „Warum klappt nichts mehr?“
„Die Zeichen der Zeit“, mischte sich die Anneliese ein. „Was meinst du Crysella?“
„Ein Symbol des Verfalls der Familie“, meinte ich altklug. „Der kleinsten Zelle der Gesellschaft. Man könnte stundenlang darüber philosophieren.“
„Ala Karl Marx“, sagte ein junger Mann mit langen zottigen Haaren und runder Intelligenzbrille spöttisch.
„Es gibt keine echten zwischenmenschlichen Bindungen mehr.“ Die Anneliese erhob sich träge von der Couch, auf der sie halb gelegen hatte. „Was meint ihr?“
„Wenn ich zum Beispiel einen Blick in meinen Bekanntenkreis werfe, kann ich dir nur zustimmen“, sagte der Karlmarxer, „überall Zerrüttung. Zerrüttung. Frust. Enttäuschung.“
„Die Frauen sind schuld“, spöttelte Carlos. „Sie lassen sich nicht mehr alles gefallen. Sie werden immer selbstbewusster. Egoistischer. Sie sind nicht mehr Gejagte. Sie sind Jäger.“ Er starrte gierig in meine Augen. „Pardon, Jägerinnen. Habe ich recht, Alex?“
Der Karlmarxer sprang von seinem Stuhl, schüttelte seine fettigen Haare auf den Tisch, knöpfte sein buntes Hemd auf, schrie:
„Hoch lebe der unbändige Drang nach Freiheit! Nach Unabhängigkeit. Nach Befreiung! Hoch lebe die emanzipierte Frau! Die Jägerin aus Leidenschaft!“
„Aber damit könnt ihr Machos doch nicht umgehen.“ Ich schmiegte mich wieder an Carlos. „Euch fehlt einfach der Durchblick. Ihr bekommt Angst, wenn eine Frau euch ein eindeutiges Angebot macht.“
„Weg mit dem Patriarchat!“ Die Anneliese zog den Karlmarxer zu sich. „Diesem männlichen Chauvinismus. Richten doch alle nur Unheil an.“ Sie küsste den Karlmarxer auf seinen erstaunten Mund. „Ich könnte mir eine Gesellschaft ohne männliche Domäne gut vorstellen.“
„Ich habe gelesen“, stammelte der Karlmarxer, „das männliche Hirn habe zwei Windungen mehr als das weibliche.“ Er küsste die Anneliese auf den Mund.
„Die Dummheit und die Feigheit“, hatte ich einen Geistesblitz. „Darauf können die Frauen auch gerne verzichten.“
„Guter Witz“, lobte Margaretha. Sie war gerade aus der Küche gekommen. Mit einem großen Topf Nudeln und einem riesigen Schöpflöffel. „Hier, damit ihr wieder zu euch kommt. Wer möchte Nudeln?“
„Auf den Grund der Dinge gelangt man sowieso nie“, philosophierte der Karlmarxer, der plötzlich eine Kamera in der Hand hielt.
„Der Mann ist feige.“ Die Anneliese langte in den Nudeltopf. „Er lügt.“
„Seine Seele ist verloren“. Ich langte auch in den Nudeltopf. „Seine Küsse sind Judasküsse. Er muss durch die Dunkelheit der Sünde gehen. Durch die Hölle der Schmerzen. Um die Liebe zu verstehen. Um geläutert zu werden.“
„Oh, oh“. Carlos Hand streichelte meine Beine. „Woher kommt denn diese Weisheit aus so einem hübschen Köpfchen?“
„Habe ich gelesen. Oder aus einem Film.“ Ich drückte meine Knie zusammen. „Weiß nicht mehr.“ Mir war siedendheiß geworden unter Carlos‘ Blicken.
„Du bist beschwipst“, sagte der Karlmarxer zu der Anneliese. „Dich kann man nicht mehr ernst nehmen. Im Normalzustand hätte ich dir die Freundschaft gekündigt.“
„Ich bin nie normal.“ Die Anneliese küsste den Kerl ungeniert auf den Mund. „Oder findest du das normal?“
„Ich will nach Hause“, sagte ich, „mir ist schlecht.“ Das war natürlich eine Ausrede. Ich wollte Carlos‘ Reaktion testen.
„Die Party fängt doch gerade erst an“, sagte er wie erwartet und zog mich vom Stuhl. „Komm. Ich will dir was zeigen.“

Es wurde ja auch langsam Zeit. Wir hatten jetzt wahrlich genug rumgeplänkelt. Ich dachte schon, Carlos hätte mein eindeutiges Angebot vergessen oder würde es überhaupt ignorieren. Na, mal sehen, wer hier der Macho war. Eine Weile wäre mir das ganz lieb, doch dann würde ich, wie immer seit der Lilithbegegnung, den Spieß umdrehen. Wie es sich für eine emanzipierte Frau gehört.

Carlos drängte mich schnell in sein Arbeitszimmer, das wieder leer war. Die Gäste aßen ja jetzt ihre Nudeln. Das Zimmer war klein, länglich, vollgestopft mit allerlei Krimskram und Carlos‘ Malerutensilien.
Eine zweite Tür führte auf den Balkon, der fast vollständig überrankt wurde von einer üppig blühenden Pflanze, an deren rosaweißen Blüten ich gierig schnupperte.
„Indisch Gold“, erklärte Carlos, „es gedeiht hier wunderbar.“
„Ich habe keine Ahnung von Drogen“, log ich. Na, so ganz gelogen war es nicht. Von Indisch Gold oder Haschisch und so hatte ich ja tatsächlich keine Ahnung. Bisher waren die Drogen, die ich bekommen hatte, ja immer im Wein und ich wusste nicht, welche es waren.
„Da hast du ganz schön was versäumt.“ Carlos zog mich nah an sich heran, küsste mich leidenschaftlich, stupste mein Gesicht in die duftenden Blüten.
„Gibst du mir einige Samen, wenn sie reif sind?“, fragte ich benommen. Plötzlich tauchte der Klostergarten vor meinem geistigen Auge auf. Das riesige Tabakfeld. Der Klostergarten.
„Im Kloster haben sie Tabak selbst angebaut“, sagte ich versonnen, während ich Carlos‘ Hände unter meinem Kleid fühlte, darauf in meinem Slip. „Mann, hat das immer geduftet“, stöhnte ich.
„Klar, kannst du haben“, stöhnte auch Carlos, „wir werden uns ja wohl noch öfter treffen?“ Mir wurde schwindelig. Ein unsägliches Glücksgefühl erfasste meinen Körper, öffnete alle Poren, füllte sie mit Blut, machte mich bereit. Willig drängte ich mein Hinterteil Carlos‘ Händen entgegen, ein längst vergessnes Bild vor Augen.

Große braune Blätter auf kräftigen Stängeln tanzten im Wind. Würziger Geruch hing in der Luft. Umnebelte meine Sinne. Eine Hand war da. Eine große Hand. Die streichelte. Und streichelte. Ich schmeckte das süßbittere Aroma der frisch gezupften Blattspitzen. Honiggelb wiegte sich hinter dem riesigen Tabaksfeld der reife Weizen wie ein unüberschaubares Meer im Rhythmus des Sommerwindes unter einem tiefblauen Himmel. Die Hand streichelte mich unentwegt, träumte mich in eine anmutige Landschaft mit braunweiß gescheckten Kühen, prallen Eutern, die unter den hochgestellten Schwänzen hin und her baumelten. Qualmende Fladen plumpsten in üppig wucherndes Gras.
Die Sonne ging unter. Sterne erhellten die Nacht. Ich saß mit den Nonnen auf einer Bank im Klostergarten. Die Nonnen rauchten genüsslich ihre Pfeifen. Bläuliche Wölkchen schwebten in den Himmel. Bizarre Gestalten aus Grimmschen Märchen trudelten vor mir her. Wurden lebendig. Ich war die Prinzessin. Die Großmutter. Der Wolf. König. Bettler. Fiel mit einem Aufschrei in den Brunnen. Schüttelte die Betten aus. Meine kleine Hand ruhte plötzlich in der großen des Priesters. Und die Kraft und die Wärme, die diese Hand ausstrahlte, durchdrang heiß meinen Körper. Unerwartet fühlte ich Schmerz. Die Hand tat mir weh. Machte mir Angst. Von da an träumte ich jede Nacht von dieser Hand, von einer vermummten Gestalt. Von Weihrauch . Ich schrie. Wollte fliehen. Es gelang mir nie.

Wie Schuppen fiel es mir von den Augen. Meine Ängste, die Träume, die Abträume, meine Amnesie, mein ganzes verrücktes Leben mussten etwas mit dieser Hand zu tun haben. Dieser großen Hand hinter dicken Klostermauern. Nein, ich konnte nicht fliehen. Die Mauern waren zu hoch. Doch die Mauer in meinem Kopf begann zu bröckeln. Teilchen um Teilchen fügte sich zusammen. Unvollständig noch. Aber ich würde herausfinden, was damals geschah.

„Au“, stöhnte ich, verspürte Schmerz, wo eben noch ungezügelte Lust war. „Du tust mir weh.“
„Sorry.“ Carlos drehte mich um. Sah mir tief in die Augen. Holte mich zurück in die Wirklichkeit. „Das wollte ich nicht.“
„Aber ich.“ Ich war den Tränen nahe. Das Au galt nicht Carlos. Seine Berührungen war zärtlich und sanft gewesen. Ich versuchte, ihn zu küssen. „Runter von Wolke sieben“, wies er mich zurück, „gehen wir wieder zu den anderen.“
Enttäuscht trottete ich hinter ihm her. Zu gern hätte ich mit ihm Sex gehabt. Er war es mir wert. So wunderschön, wie er war. Mit dieser ganz besonderen Ausstrahlung, die mich sofort in ihren Bann gezogen hatte. Und nun war nichts. Er machte einen Rückzieher. Stieß mich von sich. Mich, die ich an jedem Finger zehn Männer haben könnte. Feigling. Der. Etwas deprimiert wischte ich mir zwei Tränchen aus den Augenwinkeln. Die Party war ja noch nicht zu Ende. Ich würde jedenfalls dranbleiben. An Carlos. Mich störte nicht im geringsten, dass er mit Margaretha zusammen war. Ich würde es ja nur einmal wollen.

***

Fortsetzung folgt
 
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Ach, die arme Kleen ist völlig durcheinander. Und die versoffene Atmospäre auf dieser Party macht alles noch schlimmer. Aber irgendetwas mit ihrer Vergangenheit ist gewesen. Bruchstücke fallen Crysella ein. Wieder sehr spannend.

Else08 (05.03.2013)

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