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Schon wieder Vereinigung?

Poetisches · Amüsantes/Satirisches
Als einst die Wende kam ins Land,
echt made in DDR,
und jene Mauer überwand,
gab's beide bald nicht mehr.

Schnell hing Neu-Ost am Euter-West
und sog und zog und molk:
Mal sehn, was sich heraushol'n lässt.
Wir sind vielleicht ein Volk!

Politisch wurd's im Osten still,
der Westen hält ihn hin,
macht mit den Ossis, was er will,
trotz Vorzeig-Kanzlerin.

Im Osten sei halt nach dem Krieg
nur dummes Zeug geschehn.
So blieb der BRD der Sieg
des Gelds über Ideen.

Ich hab die stolzen Töne satt
im alten Deutschlandlied.
Viel besser wär's, es fände statt
die Einheit Richtung Süd:

Durch Bayern bau'n wir'n Korridor,
auch Tunnel oder Deich.
Kurzum: Ich stell mir Einheit vor -
Neu-Ost mit Österreich.

Zwar käm' die UNO dann in Fahrt:
Ihr tut's den Nazis gleich!
Mein Wunsch ist nicht von dieser Art,
wir woll'n kein Drittes Reich!

Einst ging man Adolf auf den Leim,
und das hat uns gelehrt:
Hol nie die Österreicher heim!
(Vielleicht klappt's umgekehrt?)

So schlage ich der UNO vor:
Trennt wieder Ost und West!
Und schließt das Brandenburger Tor,
zwar mauerfrei – doch fest.

Die Ösis bitt ich: Seid charmant!
Lasst doch die Ossis rein!
Bau'n wir ein neues deutsches Land!
Und lasst uns „Össis“ sein!

www.wolfgang-reuter.com, 21. 05. 2006
 
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Kommentare  

hallo wolfgang, dieser kommentar gefällt mir sehr gut. alles ist wahr. genauso war es. und ich wundere mich auch immer wieder über das trara in den medien, wenn frauen karriere und familie unter einen hut bringen. mensch, das war doch in der ddr leiser alltag. ebenso die selbstverständliche kinderbetreuung in kindergarten und hort und ein soziales gesundheitssystem und vieles mehr. und wie oft habe auch ich mir gewünscht, und das, als noch gar nicht an die einheit zu denken war, wie schön es wäre, wenn ein neuer staat entstünde mit dem besten und bewährtesten aus beiden staaten. und wie du schon schreibst, besinnt man sich langsam auch auf das gute in der ddr. ich bin froh, dass es gekommen ist, wie es gekommen ist, aber man sollte das gute nicht vergessen. auch nicht den palast der repuplik. dort war ich fast täglich. aber ich verstehe - satire. muss sein.
gruß


rosmarin (08.04.2013)

Hallo Jochen und Michael,
dass die Ossis in ihrer Mehrheit eine Wiedervereinigung wollten, steht wohl außer Frage. Bekommen haben sie stattdessen aber einen Bei-Tritt. Also: bedingungslose Kapitulation und Angliederung an die BRD.

Es klingt so, als wäre beides identisch. Nein, ist es nicht! Hier ein paar Beispiele:
- Die Bezirke der DDR mussten abgeschafft und dafür nach West-Vorbild Länder eingeführt werden. Erste Ministerpräsidenten wurden Leute wie Kurt Biedenkopf in Sachsen oder Bernhard Vogel in Thüringen – beide West-Import.
- Die meisten Ex-DDR-Betriebe wurden West-Konzernen einverleibt. Und blieben sie selbständig, dann kamen ebenfalls häufig West-Importe an die Spitze - wie der nach seiner „Traumschiff-Affäre“ abgekanzelte Ex-Ministerpräsident Lothar Späth beim einstigen VEB Carl Zeiss Jena.
- Das DDR-Fernsehen musste am 31. 12. 1991 abschalten. Stattdessen begannen die nach West-Vorbild neu installierten Landessender – mit solchen West-Importen wie Udo Reiter als Chef des „mdr“.
Die Liste ließe sich verlängern. Aus allem geht hervor, dass dem Osten das West-Prinzip übergestülpt wurde, ohne Rücksicht auf Verluste. Die Mehrheit der Ossis (und auch mancher Wessi) hätte wohl aber einen neuen Staat vorgezogen – gebildet aus dem Besten, was sowohl Ost als auch West zu bieten hatten. Leider eine enttäuschte Hoffnung! Auch wenn sich allmählich „durch die Hintertür“ gute DDR-Erfahrungen in ganz Deutschland einschleichen wie unser Krippen-System, die Polikliniken und manches Andere – natürlich immer ohne Benennung der Herkunft …

Es bringt wohl nichts, den ganzen alten Frust aufzuarbeiten. Also fordere ich: Vergesst den Palast der Republik und freut Euch auf das Berliner Schloss!


Wolfgang Reuter (07.04.2013)

Hallo Jochen, ich hatte ja geahnt, dass Wolfgangs Ossi-Wessi-Gedicht Wellen schlagen und mehr als einen Kommentar hervorrufen würde. Aber bei deinem hinkenden Vergleich mit dem Trabbi möchte ich Einspruch erheben; da hättest du viele andere DDR-Betriebe nennen können, die von der Treuhand plattgemacht wurden, weil Westfirmen die Betriebe für'n Appel und'n Ei geschenkt bekamen, dann enorme Subventionen abstaubten und trotzdem die Betriebe geschlossen haben, was dann zu Arbeitslosigkeit geführt hat. Diese Wunden des Abzocker-Kapitalismus sind bei den Ossis nicht verheilt, Freiheit hin, oder Demokratie her. Ich finde, das ganze enorme Thema kann man nicht so einfach mit den abgedroschenen Phrasen "Demokratie" und "Freiheit" abtun; mit gesellschaftlichen Aspekten solchen enormen Ausmaßes sollte man wohl in der Analyse etwas subtiler und ausführlicher sein, als nur den Trabbi als Beweis anzuführen, meint

Michael Kuss (07.04.2013)

Hallo Wolfgang,
eigentlich recht witzig, wenn ich nicht dabei das Gefühl bekäme, du meintest es Ernst.
Ich selbst gehöre zwar zu den alten "Wessis", die froh über die Wiedervereinigung sind und ich denke, das sind nicht alle, genau wie bei den "Ossis" , aber ich glaube bei beiden "...sis" nicht, dass es die Mehrheit ist, anders als bei den Ösis, die sich über eine solche "Reichserweiterung" sicher nicht freuen würden.
Ein Satz stört mich bei dem Gedicht noch: "Der Sieg des Gelds über die Ideen"
Also bei aller Kritik, die ich an unserem System übe, gerade die Ideen sind unsere Stärke, die Stärke einer demokratischen Gesellschaftsordnung und eben die Schwäche einer jeden Diktatur und das war nun mal die DDR. Deshalb haben ja auch die "Ossis" nach der Wiedervereinigung die mit sozialistischem Erfindergeist produzierten "Trabanten" nicht gekauft, um nur ein Beispiel zu nennen.
Aber vielleicht meinst du ja auch alles nur witzig, dann ist dir das gelungen und du hast mich angeschmiert.


Jochen (07.04.2013)

Hallo Weltösi,

ein bisschen freiwillig war's schon - des schönen West-Geldes wegen und den schmucken Autos zuliebe, von Reisemöglichkeiten und Sex-Shops ganz zu schweigen ...

Aber gut: Dann eben nicht "Össis", sondern "Weltis", korrigiert sich ...


Wolfgang Reuter (07.04.2013)

hallo du viertel-ösi. da muss ich aber mal widerspruch einlegen. da war nichts mit freiwilliger vormundschaft unter die westlichen fittiche. es gab keine wahl. ein friedlicher panzer hatte die ossis überrollt. da gab es nur eines. liegenbleiben oder aufstehen und kämpfen. und welcher partei? am besten gar keiner. ich bin ein weltösi.
gruß


rosmarin (06.04.2013)

Hallo Michael und RosMarin,

dass der Text schon etwas älter ist, stimmt. Und trotzdem: Immer noch kriegen wir Ossis tagtäglich unsere Vergangenheit um die Ohren geschlagen. Wieso also haben wir uns nach der Wende im Osten(!!!) freiwillig unter die Vormundschaft des Westens begeben?

Da habe ich mir mal das satirische Gedanken-Experiment gestattet, nach loyaleren Einheitspartnern Ausschau zu halten. Wir waren doch alle mal im Deutschen Bund! (Und außerdem hatte ich eine Wiener Großmutter, bin also Viertel-Ösi.)

Nehmt's nicht so wörtlich - wir hätten uns ja auch Siebenbürgen anschließen können, überlegt sich jetzt ...


Wolfgang Reuter (06.04.2013)

ich bin so blöd und weiß überhaupt nicht, was du mit diesem gedicht sagen willst, oder ist die aussage überholt, weil du es schon 2006 geschrieben hast?
gruß


rosmarin (05.04.2013)

Lieber Wolfgang, deine Ideen in allen Ehren, aber der "neue" Staat wird sich nicht aus frustrierten Ossis und bereitwilligen Österreichern zusammensetzen, sondern aus den Ergebnissen des Verteilungskampfes und Konfliktes zwischen Besitzenden und Armen. Um das zu erkennen, muss man nicht einmal olle Kalle bemühen; es wird jeden Tag deutlicher, wenigstens für jene, die über den Tellerrand und die schwarz-gelben Verarschungen von Super-Illu oder BUNTE hinausschauen.

Michael Kuss (05.04.2013)

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