Robinson – Seemannsgarn
In einer Hafenkneipe sitzen Seemänner und klönen. Manchmal geraten sie dabei ins Spinnen und erzählen Unglaubliches. Da kam der Kapitän auf die Idee, dass derjenige, der das tollste Seemannsgarn spinnt, Sieger sein soll. Jens begann: „Ich saß mal auf einer einsamen Insel fest. So eine gaaanz kleine, wo nix wächst außer Gras. Eines Tages schwamm da ne Kiste vor der Küste, bin ich hin, hab sie gerettet und nun ratet mal, was darin war? Ein Rasenmäher. Da hatte ich wenigstens jeden Tag was zu tun“.
Jonny nickt: „Das ist das Schlimmste für einen Mann, wenn er nix zu tun hat. Auf meiner Insel gab es nix außer zwei steilen Bergen. Ich saß da direkt eingeklemmt! Aber ich hatte Kreide bei mir. Immer, wenn die Sonne aufging, habe ich einen Strich gemacht und wenn sie unterging, habe ich den Strich durchgestrichen. Da sind die Tage gleich viel schneller vergangen, du!“
Hannes meint: „Ja, auf so einer Insel kann es ganz schön langweilig sein. Als ich mal da war, kam jeden Tag Besuch. Da legte sich immer so ein Arm um meine Augen und ich musste raten, wem er gehört. Anne war es nicht, Jana war es nicht, Eva war es nicht – es war ne Krake!“
Darauf Moritz: „Einsamkeit ist eben nix für einen gestandenen Mann. Als ich auf so ner Insel war, hatte ich wenigstens den Fernseher mit an Land genommen. Leider kam da nur ein Film über ne einsame Insel, immer wieder, wie ne endlos-Schleife!“
Jörn berichtet: „Ich saß auch mal auf so einer gaaanz kleinen Insel fest, aber mit einer Frau zusammen. Wir waren beide nackelich und ich wusste gar nicht mehr, wo ich hinsehen sollte. Da kam Gottseidank ein Schiff, eine Mobile Bibliothek, nun konnte ich die Nase ins Buch stecken“.
Jonas erzählt: „Mit den gaanz kleinen Inseln ist das so eine Sache. Ich hatte auch mal das Vergnügen. Und was soll ich euch sagen – da kam ein Hai geschwommen mit so einem Affenzahn, der hat doch glatt mit seiner Rückenflosse ein Stück von der Insel abgeschnitten!“
Darauf Jim: „Ach, du Armer, da wurde ja die kleine Insel noch kleiner! Aber ist mir auch passiert. Bloß – bei mir war es ein großes Schiff, das hat fast die Hälfte der Insel abgeschnitten!“
Achim fügt hinzu: „Ihr armen Pechvögel! Als ich auf dem kleinen Eiland festsaß, kam schon am dritten Tag ein Schiff und ich versprach mir Rettung, aber ihr glaubt nicht, was der Maat gemacht hat – er hat das Hemd, das ich als Fahne an die einzige Palme gebunden hatte, durch einen BH ersetzt und mich da so zurückgelassen!“
Der Kapitän schüttelt den Kopf: „Die Geschichte ist ungültig. So würde sich niemals ein Seemann seinem Kameraden gegenüber verhalten. Hört nur, was mir passiert war: Ich hatte ein Schiff gesehen, ein kleines Schiff in der Ferne und ich habe gebetet, dass es zu mir kommt und mich rettet! Es kam auch tatsächlich zu mir, aber als es an meinem Strand lag, war es genau so klein, wir ich es in der Ferne gesehen hatte, zehn Zentimeter groß“.
Achim wollte seine Scharte auswetzen und begann von vorn: „Also ich saß auf einem kleinen Eiland fest und hatte meine Hose, von der sämtliche Knöpfe abgerissen waren, mit dem ebenfalls zerrissenen Hemd an der Palme befestigt. Nachdem ich da schon eine ganze Weile gesessen hatte und von einem Berg träumte, an dem ich wenigstens die Tage abstreichen konnte oder einen Fernseher, wo ich einen Film über was auch immer sehen könnte oder dass mich eine Krake besucht oder wenigstens ne Mobile Bibliothek vorbeikäme, sah ich eines Morgens eine Kiste in Küstennähe schwimmen“. – „Na prima, da haste ja dann wenigstens meinen Rasenmäher bekommen“. – „Nee, du, in meiner Kiste waren Knöpfe!“ – „Knöpfe? Wozu sollen die denn gut sein?“ – „Na, zum Annähen“. – „Aha, damit du deine Hose wieder anziehen könntest“. – „Hose? Wer braucht denn ne Hose? Ich bin immer nackelich in die See und habe mit meinem Schniedie gewackelt und dann haben die Fische bei mir angebissen – ich war der einzige von uns, der auf seiner Insel nicht verhungert ist!“
Da lachte der Kapitän: „Gut, du hast gewonnen! Und wer gewonnen hat, bezahlt“.