185


1 Seiten

Wo ist Herbst?

Nachdenkliches · Poetisches
© Waldkind
Ich habe keinen Kontakt zu ihm.

Ich sehe sie nicht vergehen,
die Pflanzenwesen.

Ich spüre den Kreislauf nur noch,
kann ihn aber nicht mehr sehen.

Ich lebe in der Stadt.

Die Moose, grün und feucht in Herbst
kuschelten sich unter braunem Laub um glänzende Pilzkäppchen.

Ich weiß,
dass sie das auch jetzt tun,
doch sehen kann ich es nicht.
Ich kann es nicht riechen und weiterhin kann ich es nicht mehr hören.

Ich spüre ihn nur noch als schwachen Schatten in mir und es verwirrt mich,
keinen direkten Zugang mehr zum ewigen Kreislauf zu haben.
Ich bin wie abgeschnitten davon, weil es keine Natur um mich herum gibt.

Ich bin ein Teil von ihr, sie ist ein Teil von mir.

Die jungen, fast noch nackten Buchen im Frühling,
die sanft meine Schultern kitzelten,
durch deren zarte,
kaum geknospten Blätter ich meine Finger gleiten ließ
und deren zartes, lichtes Grün mir Hoffnung schenkte,
habe ich in diesem Frühling schon nicht mehr besuchen können.

Die Haine meiner Heimat,
durch die ich oft stundenlang striff,
habe ich hinter mir gelassen.

Meinem alten knorrigen Freund,
der mir permanent vor Augen führte,
dass im Tod selbst noch Leben steckt,
hat in der Zwischenzeit wohl das Wetter den Garaus gemacht.
Ich sah ihn zuletzt im Winter.
Er ragte aus dieser glitzernden,
weißen Decke heraus und zeigte mir stolz,
wie er sich gewandelt hatte.
Er war Heimstadt geworden für ein schier unerschöpfliches Sammelsurium an Kleinstlebewesen, Flechten und Pilzen.

Im Sommer striff ich über die Felder und roch an ungezählten kleinen Blütenblättern.

Permanent fand ich in der Natur.
Sie machte mich reich.

Manchmal fand ich Erkenntnisse und Wissen,
die wohl schon in mir schlummerten,
aber mein Bewusstsein erst erreichten,
als sie mir in unzähligen Metaphern vom Wind selbst erzählt wurden.

Vor allem fand ich Frieden dort.

Heimat.

Meine Wurzeln waren fest mit dem Boden verbunden.
Und auch durch sie konnte ich sehen.
Ich war mir sicher mit jedem Schritt.
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

Noch keine Kommentare.

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Fremd im Eigenen  
Feuersbrunst  
Mit so jemandem wie ich es bin.  
Und da war sie weg.  
1938  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De