320


5 Seiten

Taraniel - Das Juwel der Nacht: Kap.3 - Sieben Töchter

Romane/Serien · Fantastisches
Sieben Töchter


Etwa fünfzig Jahre später geschah es, dass einem Meisterjäger, der am Rande des Silberschattenwaldes lebte, statt einem Sohn eine weitere Tochter geboren wurde. Ein siebte Tochter, um genau zu sein und damit schon sehr besonders.
In Schehelan wurde der Zahl Sieben schon immer große Bedeutung zugeschrieben. Ein siebtes Kind war also schon etwas besonderes. Handelte es sich dabei gar um einen siebten Sohn oder eine siebte Tochter, dann betrachtete man dieses Kind als von den Göttern gesegnet. Tatsächlich war es so, dass solche Kinder wirklich oft mit einer großen Begabung, einem Talent, einer feineren Wahrnehmung und auch immer wieder mit dem zweiten Gesicht geboren wurden.
Das Schicksal solcher Kinder war meist ein besonderes und ungewöhnliches.
Das Schicksal das die siebte Tochter des Meisterjägers erwartete, war auf jeden Fall ein besonderes und ihr Weg sollte ein ungewöhnlicher werden. Auf jeden Fall hatte sie bereits das zweite Gesicht und die magischen Wesen der Umgebung fanden dies auch schnell heraus.
Ihr Name war Lilianna.
Im Gegensatz zu ihren sechs Schwestern, die blond oder braunhaarig dem Vater ähnlich waren, geriet Lilianna mehr nach ihrer dunkelhaarigen Mutter.
Sie alle wuchsen wild und frei im Schatten des Silberschattenwaldes auf und ihre klugen Eltern lehrten die Mädchen alles, was sie selbst wussten. So lernen die Schwestern nicht nur vieles über die Natur und den Wald, sondern auch lesen, schreiben und rechnen. Sie lernten aber auch Leder zu gerben, zu spinnen und weben, zu nähen und sticken und stricken. Sie wussten auch Fährten und Spuren zu lesen, Kräuter zu erkennen und zu sammeln, sowie zu kochen und zu backen. Selbst das reiten wurde ihnen von ihren Vater beigebracht.
Die Jahre zogen ins Land und die Schwestern wuchsen, wurden erwachsen, lernten eine nach der anderen junge Männer kennen, verliebten sich, heirateten und gründeten schlussendlich eigene Familien. Bis am Ende nur noch Lilianna bei ihren Eltern verblieb. Doch als sie achtzehn Jahre alt wurde, fand sie in einer kalten Winternacht einen jungen Mann, der sich zu tief in den Silberschattenwald gewagt und sich dort verlaufen hatte. Gutherzig wie sie war, nahm sie ihn mit nach Hause, wo er auch von ihren Eltern gastfreundlich aufgenommen wurde und die Nacht im Warmen verbringen konnte. Als er am nächsten Morgen dann seinen Heimweg antrat, lies er sein Herz bei Lilianna zurück. Er hatte sich in die dunkelhaarige Schöne aus dem Wald verliebt.
Der Name des jungen Mannes war Tauron Arden Maraines und er war Arden Liehr Maraines Sohn und damit auch der Enkel von Lauren Liehr Maraines. Dieser junge Mann war der Sohn des Königs und würde selbst einst Hochkönig werden. Und dort im kalten, winterlichen Silberschattenwald hatte er seine zukünftige Königin gefunden.
Natürlich gab es einige Hindernisse zu überwinden, denn wer hätte schon einmal gehört, dass ein Königssohn die Tochter eines Jägers, auch wenn dieser ein Meisterjäger war, zur Frau genommen hätte. Doch die beiden überwanden alle diese Hindernisse und setzten schlussendlich ihren Willen durch.
Und so geschah es, dass Lilianna, die Tochter des Meisterjägers, zur Frau eines zukünftigen Königs und am Ende tatsächlich auch Königin wurde. Das Volk liebte sie aus ganzem Herzen, war sie doch eine kluge und gerechte Frau, die es auch verstand immer wieder die etwas harte und strenge Seite ihres Gatten zu besänftigen. Und als die Zeit reif war, schenkte sie ihm auch ein Kind, eine kleine Tochter und Elf Jahre später gebar sie dem König eine siebte Tochter.
Der Name dieser Tochter sollte Taraniel sein und sie machte es Lilianna nach. Im Gegensatz zu ihren Schwestern kam sie nach ihrer dunkelhaarigen Mutter.
Natürlich machten sich die Königin und der König Gedanken und Sorgen um ihre Jüngste, denn wenn schon einer siebten Tochter ein ungewöhnliches Schicksal zu Teil wurde, welch seltsames Schicksal mochte dann der siebten Tochter einer siebten Tochter bestimmt sein?
Eines jedoch wurde schnell klar, die Kleine hatte die Gabe des zweiten Gesichts von ihrer Mutter geerbt. Lilianna war fest davon überzeugt, dass Hellerion, der Gott der Nacht dieses Kind gesegnet hatte. Woher sie aber diese Sicherheit nahm, das wusste nicht einmal sie selbst. Sie konnte es einfach nicht erklären.
Doch was auch immer auf das Mädchen warten mochte, sie und ihre sechs Schwestern wurden von ganzen Herzen geliebt.
Es hätte alles so wunderbar und schön sein können, doch leider blieb es nicht so.
Nur sechs Jahre nach Taraniels Geburt verstarb die wunderschöne Königin bei einem schrecklichen Unfall. Der König überlebte diesen, doch wurde er dabei verletzt. Er genas nach einer Weile von seinen Wunden, doch die tiefste dieser Wunden, konnte keiner heilen, nicht einmal die Zeit. Es war sein Herz, das in Zwei gegangen war, als seine über alles geliebte Lilianna so plötzlich aus dem Leben gerissen wurde. Nun war niemand mehr da, der seiner harten Seite mit Sanftmut Einhalt gebot und so verhärtete sich sein gebrochenes Herz. Doch so streng er auch wurde, so blieb er gerecht und seinen Töchtern begegnete er dennoch immer wieder mit Nachsicht und Sanftheit.
Denn noch immer liebte er sie sehr.

Schön waren sie, alle sieben.
So schön wie die Tageszeiten, zu denen sie geboren worden waren.
Adeliah, die älteste von ihnen war wie das Abendrot. Ihre goldbraune, schulterlange Haarpracht lockte sich bis über ihre Schultern hinab und ihre grün braunen Augen blitzten gefährlich, war sie wütend. Ihr Name bedeutete in der alten Sprache so viel wie Abendfeuer.
Die zweite Königstochter trug den Namen Marayin, was so viel wie Goldschimmer bedeutete und als Bezeichnung für das goldene Licht verwendet wird, dass an herbstlichen Tagen zum Nachmittag hin herrschte. Und wie Gold war auch diese zweite Schwester, deren Augen von einem hellen Blau waren und deren lange Lockenmähne die Farbe reifen Weizens hatte.
Die dritte und die vierte Schwester waren zweieiige Zwillinge und ähnelten einander sehr.
Die eine hieß Solaria, was so viel wie Sonnenfeuer bedeutete und die andere hieß Radorian, dies bedeutet nichts anderes als Mittagsstunde. Beide hatten rotblondes Haar, welches Solaria kurz und Radorian lang trug. Und beiden waren auch feurige, topasfarbene Augen gegeben.
Die fünfte Prinzessin trug den Namen Naderia, was so viel wie Morgenlicht hieß. Die Haare dieser Königstochter waren von einer hellen, goldenen Farbe und die Augen von einem klaren, tiefen Blau.
Die sechste Königstochter hieß Ladieyel. Das bedeutete in der alten Sprache Morgenröte und diese Schwester war auch wie der junge Morgen. Das lange, feine Haar war von einem hellem, beinahe silbernen Blond und die Augen von einem blassen Blaugrau.
Alle sechs waren wohlgenährt und von schöner Gestalt.
Sie alle ähnelten einander sehr, jedoch die jüngste Tochter, die nicht. Als einzige nicht am Tage sondern in der Nacht zur Welt gekommen, war sie von ihrem Aussehen ganz anders als ihre Schwestern.
Ja zur Mitternacht, wenn alle Welt ein Zwischenort wird, da war sie geboren worden und Taraniel sollte ihr Name sein. Das bedeutete in der alten Sprache so viel wie Mondschatten und passte hervorragend zu dem Mädchen.
Ihre Augen waren von einem klaren, tiefdunklen Blau, das von silbernen Sprenkeln unterbrochen wurde. Sah man hinein, kam es einem vor, als würde man in den Nachthimmel blicken. Ihr Haar fiel ihr glatt bist über die Schultern und war auf dem ersten Blick pechschwarz. Doch fiel das Licht richtig darauf, so entfachte sich darin ein eigenartiger, blauer Schimmer.
Ihr feingezeichnetes Gesicht mit den großen, schräg stehenden Augen und den vollen, blutroten Lippen lies so manches Männerherz höher schlagen. Zartgliedrig und schlank wie sie war, wirkte sie zerbrechlich und verletzlich, doch das täuschte. Dem Mädchen wohnte eine Kraft inne, die es mit so einigem aufnehmen konnte
Im Gegensatz zu ihren Schwestern, die leuchtende Farben und Goldschmuck liebten, hatte Taraniel eine Vorliebe für dunkle Kleidung und Silberschmuck.
Sie war ein eher stilles Mädchen, das sich stark zur Natur hingezogen fühlte. Und doch musste sie selten um etwas bitten, denn alles was sie brauchte, fand immer irgendwie von selbst den Weg zu ihr.
Die stille, die dunkle Prinzessin nannte sie das Volk und liebte sie deswegen nicht weniger.
Aber Taraniel hatte auch den wilden, freien Geist ihrer Mutter geerbt.

Der König tat sein möglichstes um seine Töchter zu guten, gerechten Menschen zu erziehen. Dennoch fehlte die Mutter und ihr Tod hatte nicht nur beim König Spuren hinterlassen, sondern auch bei all ihren Töchtern. Dennoch wurden sie nach und nach erwachsen, trafen junge Männer und einige verliebten sich.
Der König liebte seine Kinder so sehr, dass er ihnen erlaubte ihrem Herzen zu folgen und ihnen nicht vorschrieb, wen sie zu heiraten hatten. Dennoch nahm er sich heraus, die jungen Männer zu prüfen.
Die Zeit zog ins Land und als Taraniel achtzehn Jahre alt wurde, hatten schon zwei ihrer Schwestern einen Ehemann und eine war verlobt. Die beiden Zwillinge Solaria und Radorian und die zweitjüngste Schwester Ladieyel hatten sich noch nicht gebunden. Doch Naderia, die Viertgeborene verlobte sich in diesem Jahr und zwei Jahre zuvor heiratete Marayin, die Zweitgeborene und die älteste der Schwestern Adeliah hatte gar schon einen Sohn und eine Tochter geboren. Taraniel war also sogar schon Tante.

Sie alle lebten noch in dem großen Schloss und wenn es nach dem König gegangen wäre, dann sollte das auch so bleiben. Ihm war natürlich bewusst, dass dies nicht der Fall sein würde. Doch er sorgte sich eben um seine Mädchen und um Taraniel sorgte er sich im besonderen. Vielleicht lag es daran, dass sie ihrer Mutter so ähnlich war und das in allen Dingen, nicht nur im Äußeren. Sie hatte auch den unbändigen Geist und die Freiheitsliebe ihrer Mutter.
Und das Mädchen liebte es nicht nur im Silberschattenwald zu sein, sondern sie mochte auch die Nacht sehr gerne.
Manchmal dachte der König bei sich, dass seine so ungewöhnliche, jüngste Tochter vielleicht wirklich von Hellerion, dem Gott der Nacht selbst berührt und gesegnet worden war. So wie es ihre Mutter geglaubt hatte.
Das würde zumindest einiges erklären.
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

Noch keine Kommentare.

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Das wilde Lied des Sturms -- Prolog  
Das wilde Lied des Sturms  
Blutmond - Karms Reise beginnt --- Kap.3 Herzsprache  
Blutmond - Karm´s Reise beginnt --- Kap 2. Blaustein  
Blutmond - Karms Reise beginnt --- Kap 1. Blutmond  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De