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Die Erwartung

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
„ Hass?! Wut?! Trauer?! Er konnte nicht sagen, was es war. Es war ein Gefühl der unendlichen Leere, gefangen in der Machtlosigkeit des Seins; so als wäre alles Vergangene das Gegenwärtige, die Zukunft aber verloren.
Was sollte er tun? Ihm blieb keine Möglichkeit. Er fühlte sich verlassen, im Stich gelassen von seiner Mitwelt, das Urvertrauen hatte er längst verloren.


Wie hatte das passieren können? Sie wusste es selbst nicht. Alles kam so plötzlich, so unerwartet, als würde ein gnadenloser Wirbelsturm ihre Gedanken umfassen, die Macht ihres Gewissens auslöschen und in Besitz nehmen, was noch nicht vollendet war; es zu dem machen, was es nun war: verloren. Sie wollte es ungeschehen machen, aber es war vorbei. Endgültig, unwiderruflich.


Warum hast du das zugelassen? Hörte er sie in Gedanken fragen. Du hättest es verhindern können. Auch darauf konnte er keine Antwort geben. Es war einfach so geschehen. Kurz und schmerzlos: Doch eben nicht schmerzlos, sondern schmerzlos, aber dennoch gefühllos.


Ich hätte es dir von Anfang an sagen können! Sagte sie sich selbst. Es konnte nicht gut gehen; es würde nicht gut gehen. Nun fühlte sie sich in ihrer Meinung bestätigt.
Jeder hatte es gewusst, niemand hatte es ausgesprochen. Aus einer dunklen Vorahnung war traurige Gewissheit geworden. Beide mussten es sich zugestehen.


Du, ich muss dir etwas beichten; er ging langsam auf sie zu. Nein, lass mich zuerst! Widersprach sie. Keiner von beiden konnte sich überwinden; sie ahnten, was jetzt geschehen würde, sie wussten es aber nicht; sie glaubten es nur zu wissen.


Doch plötzlich durchbrach sie das Schweigen. Es tut mir leid, wenn ich dich enttäuscht habe. Mir tut es viel mehr leid. Stammelte er... .“


Sie konnte sich nicht mehr zurückhalten. Sie versuchte es zwar, aber es war zu spät:
Schallendes Gelächter durchbrach die geheimnisvolle Stille der altehrwürdigen Gemäuer, in denen sie sich gerade befanden und drang durch die Gesinnung aller Anwesenden, die so abwesend, so unbeteiligt ausgesehen hatten.


„ Diese Szene müssen wir noch einmal proben!“, der Regisseur ganz verärgert über die jähe Unterbrechung seiner grandiosen Inszenierung. „ Mehr Gefühl! Versetz dich in ihre Lage. Du kannst das. Ich weiß es; ich glaube an dich.“
Aber wie sollte sie sich wieder konzentrieren? Die Absurdität, das Paradoxe an der Handlung war für sie so offensichtlich wie nie zuvor. Denn seit wann verhalten sich Menschen freiwillig so, wie es andere von ihnen erwarten? Und seit wann wird von ihnen erwartet, dass sie sich so verhalten, wie Kinder, denen beim Spiel, der Ball in einen Fluss gefallen ist?

 
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Deswegen werden Schauspieler berühmt: Weil sie es können. Und deswegen drehen sie nach einer Weile durch. Nicht umsonst ist der Drogenkonsum, die Gewalt und die Selbstzerstörung nirgendwo stärker vertreten als in Schauspielerkreisen.

Stefan Steinmetz (26.02.2002)

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