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5 Seiten

Reingelegt

Schauriges · Kurzgeschichten
© Bianca J.
Chad lief durch die Straßen. Er war ziemlich pleite, sein Job als Aushilfskellner bei Joe´s brachte ihm nicht wirklich was ein. Die Miete zahlte sich schließlich nicht von allein. Er war jung und wollte auch noch ein bißchen was erleben, so wie es sich für Leute in seinem Alter gehörte. Er hätte jetzt etwas zu Essen vertragen können, seine finanzielle Lage sah nicht danach aus, als könnte er sich jetzt ein Restaurant erlauben. Also ging er nach Hause, um sich eine Tiefkühlpizza in den Ofen zu schieben. Er brauchte dringend einen besseren Job.

Ein großer Umzugswagen parkte direkt vor seiner Haustür. ?Hoffentlich nicht schon wieder so ein Spinner? dachte Chad. Er ging nach oben und schob sich die Pizza in den Ofen. Das Fernsehprogramm gab auch nichts gescheites her. Nach dem Essen machte er es sich lieber im Bett gemütlich. Schlafen konnte er allerdings noch nicht, der neue Mieter richte sich wohl gerade ein. Nach ca. 2 Stunden hatte der Krach ein Ende. Endlich schlafen, dachte er.

William Halleck, 75 Jahre alt, war der neue Mieter direkt neben Chad. Er versuchte verzweifelt seine Tür aufzuschließen, als Chad die Treppen hinauf lief. ?Brauchen Sie Hilfe?? fragte er. ?Danke, junger Mann. Ich stehe schon fast eine halbe Stunde hier. Es ist nicht einfach, wenn man alt und gebrechlich ist. Ich danke ihnen vielmals. Ich würde sie für ihre Unannehmlichkeiten gerne entschädigen. Kommen Sie doch morgen zum Kaffee.? ?Das hat doch keine Umstände gemacht. Aber ich nehme ihre Einladung gerne an.? Beide verschwanden in ihren Wohnungen.

Obwohl William über 50 Jahre älter war als Chad, verstanden sie sich gut und trafen sich öfters. William hatte unwahrscheinlich viele Geschichten aus alten Zeiten zu erzählen und das fasziniert Chad. Er liebte Geschichten aus vergangenen Zeiten. ?Junger Freund, ich würde dir gerne etwas zeigen.? William ließ Chad für einen Augenblick im Wohnzimmer allein.
Als er zurückkam, hielt er einen Stapel Papier in der Hand. ?Ich habe eine Bitte an dich. Nun ja, ich bin ein Hobbyschriftsteller. Ich veröffentliche dann und wann einmal ein Werk. Dieses hier ist gerade fertig geworden. Würdest du es als erster Lesen? Ich will keinen Schund abliefern.? Chad fühlte sich geehrt, obwohl er nicht wirklich die Lust dazu verspürte, ein Buch zu lesen. Er war eher ein Lesemuffel.
Chad fing nicht sofort an zu lesen. Er mochte einfach keine dicken Bücher. Allerdings war William sein Freund und er mochte ihn. William war für ihn eine Art Ersatzopa. Er hatte seine nie kennengelernt und es war schön, auf einmal einen zu haben. ?Kann man seinem Opa einen Wunsch abschlagen?? dachte er und fing an zu lesen.

Das Buch fesselte ihn. Er hatte nie etwas vergleichbares gelesen. Es handelte von einem Mörder. Seine Mordtheorien und später die Ausführungen der Morde. Es war so echt und spannend geschrieben. Chad lief eiskalter Schauer den Rücken hinunter. Er fühlte sich der Geschichte verbunden.
Er las und las bis spät in die Nacht. Konnte nicht aufhören. Das Buch wird ein Bestseller, dachte er. Man wenn ich mir nur solche Sachen ausdenken könnte. Ich wäre reich. Aber er war nicht sehr kreativ, Geschichten ausdenken, war nicht so seine Stärke. Er würde sich wohl noch ewig mit schlechten Jobs über Wasser halten müssen.
William war erstaunt, dass Chad so schnell mit dem Buch vorankam. ?Du kannst es bald einreichen. Dauert höchstens noch 2 Tage, bis ich es zu Ende gelesen habe. Ich bringe es dann vorbei.?

3 Tage später

Chad mußte zur Arbeit. Seine Schicht begann in einer halben Stunde. Er schnappte sich das Manuskript und wollte es William schnell bringen.
Er wollte gerade klingeln, als ein Polizist aus der Tür trat. Er kam Chad vertraut vor, als kenne er ihn. Konnte allerdings beim besten Willen nicht sagen woher. Der Poli-zist zog die Tür hinter sich zu. ?Entschuldigen Sie. Ich wollte zu William Halleck. Ich wollte ihm etwas bringen.? ?Er hatte einen Herzanfall. Gehört das, was sie ihm bringen wollten zu seinem Privatbesitz? Wenn ja, muß ich es an mich nehmen, wegen der Angehörigen. Sie verstehen??
?Oh nein, nein. Das ist mein Manuskript. Er wollte es nur einmal lesen. Hören Sie, ich muß jetzt zur Arbeit. Ich bin ganz durcheinander. Ich muß das jetzt ersteinmal verdauen. Auf Wiedersehen.? "Ach Moment, falls ihnen noch etwas einfällt, setzten Sie sich bitte mit mir in Verbindung." Der Polizist reichte Chad eine Visitenkarte. Stephen Cornell stand darauf. Er verstaute sie in seiner Tasche.

Chad verließ hastig das Haus. Er kam sich vor, wie ein Dieb. Doch wem nützte dieses Skript noch etwas? Außer ihm natürlich. William hätte bestimmt gewollt, dass er es an sich nimmt.
Er setzte sich an seinen PC. Auf dem Cover des Skriptes stand William´s Name. Er änderte ihn in seinen. Die Geschichte an sich ließ er im Ursprung, bis auf ein paar kleine Ausnahmen.
William hatte ihm den Namen seines Verlegers verraten. Chad zögerte ein wenig. Aber das war eine gute Möglichkeit, um an Geld ran zu kommen und das Buch mußte einfach veröffentlicht werden. Er schickte es los.

Er bekam ziemlich schnell eine Antwort. Sie wollten es drucken. Sie fanden es auch perfekt. ?Danke Gott? dachte er. Jetzt mußte es nur noch von den Kunden angenommen werden. Schließlich war er ein Neuling in dieser Branche. Es kauft nicht jeder ein Buch von einem Unbekannten.
Es lief langsam an. Aber es begann und sehr schnell wurde daraus ein Boom. Das Buch schlug ein, wie eine Bombe. Es erklomm die Bestseller Listen in unvorstellbar schneller Zeit. Chad war ein gemachter Mann. Den Kellnerjob hatte er mittlerweile aufgegeben. Er hatte mittlerweile genug Geld, um jeden Abend 10 Frauen auszuführen. Das Beste vom Besten wurde gekauft. An nichts wurde mehr gespart. Er war so glücklich, wie nie zuvor. Unvorstellbar, dass er, der Kellner und Sohn eines Schreiners mal so umjubelt wurde. Er war ein Held. Jeder mochte sein Buch.
Er versuchte sogar selbst eins zu schreiben, aber er war ja eigentlich gar kein Schriftsteller. Aber noch hielt sich der Erfolg des ersten Werkes und er machte sich noch keine Sorgen.

?Happy Birthday, dear Thomas, Happy Birthday to you.? Wirklich glücklich konnte Thomas Dean aber nicht sein. Er hatte vor 7 Monaten seine kleine Tochter verloren. Verloren durch einen feigen Mord. Irgend ein Psychopath hatte Tina gekidnappt und feige ermordet. Sie wurde nur 5 Jahre alt und dieser Mann war immer noch frei. Der Mord konnte bisher nicht aufgeklärt werden. Er fühlte sich, als würde alles um ihn herum zerbrechen.
Er versuchte zumindest ein wenig fröhlich zu sein. Er wollte seine Gäste nicht enttäuschen.
Die Geschenke waren nicht so toll. Das Übliche halt. Von Schwiegermutter 2 Schachteln Zigaretten. Ein paar Pralinen, eine dämliche CD und ein Buch. Er war froh, dass der Geburtstag nicht so lange dauerte. Ihm war nicht nach feiern.
Er konnte nicht einschlafen. Seine Gedanken kreisten mal wieder um seine kleine Tochter. Die so unsanft und viel zu früh von dieser Welt gerissen wurde. Er weinte sich oft in den Schlaf.
Das Buch, was er geschenkt bekommen hatte, sollte ihn ablenken. Er begann. Das Buch gefiel ihm. Nach ein paar Seiten, wurde er allerdings doch müde und legte es ersteinmal bei Seite.

William schien vergessen. Chad feierte nächtelang durch. Vergessen, war der Mann, dem er diesen Erfolg zu verdanken hatte. Das Buch war phantastisch. Er hatte nur gute Reaktionen darauf bekommen. Es sei so real und man fieberte richtig mit beim Lesen. Nie zuvor hatte er soviel Anerkennung bekommen. Er genoß sein neues Leben als ?Schriftsteller?.

?öffnen Sie die Tür?. Chad wurde unsanft geweckt. Wer machte um solch eine Zeit nur so einen Lärm? 2 Polizisten standen vor der Tür. Es machte klack. Sie hatten ihm Handschellen angelegt. ?Sie haben das Recht ihre Aussage zu verweigern.? sagte einer der Polizisten. Chad begriff nichts. Er saß auf einmal in einem Streifenwagen. Was hatte er denn nur getan? Vielleicht Diebstahl? Wie konnte es nur herauskommen, dass er die Vorlage für sein Buch gestohlen hatte? ?Sie werden wegen Mordes angeklagt.? ?Mord? Ich? Wen? Wann? Wie? Ich verstehe gar nichts mehr.?

Thomas Dean war mit den Nerven am Ende. Er wollte den Tod seiner Tochter verarbeiten. Statt dessen bekam er ein Buch, mit den genauen Morddetails an seiner Tochter ,zum Geburtstag geschenkt. Zumindest saß dieser miese Schreiberling jetzt hinter Gittern. Wie konnte man nur mit einem begangenen Mord noch soviel Kohle machen? Der hätte schon viel früher hinter Gittern gehört.

Chad verstand die Welt nicht mehr. ?Es kann einfach nicht sein, dass sie nichts mit dem Mord an der kleinen Tina zu tun haben. Die Details in ihrem Buch passen wie die Faust aufs Auge. Leugnen ist zwecklos.? ?Hören Sie doch, ich habe es von einem ehemaligen Nachbar bekommen. William Halleck. Graue Haare, ca. 1,78m, 75 Jahre alt, blaue Augen und wohnte vor seinem Tod direkt neben mir.? ?Es gibt in ihrem Haus keinen William Halleck. Weder Tod noch lebendig und es gab auch nie einen. Denken Sie sich eine bessere Geschichte aus.?

Der Prozeß begann. Es war schwer seine Unschuld zu beweisen. Der Gang zum Gerichtssaal folgte. Ein Schuß ertönte. Thomas Dean hatte abgedrückt. Chad fiel zu Boden. In unmittelbarer Nähe stand ein Mann. Diese Augen, in die er blickte, kannte er. Es waren William´s Augen. Der Mann war allerdings jünger. Chad konnte es kaum glauben, es war Stephen Cornell, der Polizist, den er nach Willams Herztod auf dem Gang getroffen hatte. Ein breites Grinsen huschte über Stephen Cornell´s Gesicht. Er hielt etwas hoch. William´s Gesicht. Der Mann hat William´s Gesicht. Eine Maske..

Im Todeskampf wurde ihm klar, Stephen (William) war der Mörder und er war sein Alibi.
 
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Kommentare  

Hallo Bianca.
Spannende Geschichte, überraschender Schluss. Schön gruselig, hehe!


doska (05.04.2008)

Wahnwitzige Idee, super umgesetzt und spannend zu lesen! Tja Chad, dumm gelaufen!:-)

Robert Short (11.04.2002)

Hervorragend geschriebene Geschichte, in der ein Krimi zur Gruselstory mutiert. Klar, der gute Chad ist arm dran, aber wenn einer so fies und gewissenlos stiehlt, gönnt man ihm seine Strafe. Besonders bitter für den Guten ist die Tatsache, dass der wirkliche Mörder, das gutgetarnte Monster, welches ihn wie ein erbärmliches Wegwerfhandtuch benutzt hat, ihn zum Schluss auch noch auslacht. Gerade dieser unerwartete Schluss löst das Grauen beim Leser aus, denn er weiß: Dieses Monster wird weitermachen mit derselben perfiden Masche und immer neue Morde begehen. Ruft eure Kinder ins Haus und passt gut auf sie auf! Lasst sie nicht aus den Augen!!!
Prima Geschichte, Bianca. Weiter so! Fünf Punkte und ein „SPITZE!“ von mir dazu.


Stefan Steinmetz (21.03.2002)

Es ist ja garnicht schwer,den Durchblick zu haben.Dachte ich beim lesen.Schon früh war mir klar das der Autor der Mörder ist.Aber mit dem überraschenden Schluss habe ich nicht gerechnet.
Somit hast du mich,als Leser auch reingelegt.Tolle Geschichte.
Allein wegen dem guten Schluss bekommst du von mir 5 Punkte.


Wolzenburg-Grubnezlow (20.03.2002)

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