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4 Seiten

Der endlose Kreis

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
© Shiva
Gabi sah von ihrem Pudding auf. "Mama,heute in der Schule,da haben sich 2 Jungen aus meiner Klasse geprügelt" Ihre Mutter,die gerade damit beschäftigt war, das Fett aus einer Pfanne zu schrubben fuhr unbeirrt fort:"Wer denn?" fragte sie."Georg hat Markus geschlagen,weil erst war er immer fies zu Markus und dann hat er ihn geschlagen,weil Markus als einzige nicht Nasra geneckt hat,und als Georg dann gesagt hat,dass Markus ein Dummkopf ist hat er ihn geschlagen. Eiegentlich tut mir Markus soo leid, weil Georg immer so gemein ist, er verspottet immer alle und lacht alle aus,alle haben Angst vor ihm und wollen sein Freund sein...Er ist auch Anführer einer Bande, und die treffen sich dann immer in seinem Baumhaus," erzählte Gabi ohne auch nur einmal Luft zu holen."Naja,die Jungs sind nun mal so in diesem Alter...magst du noch Pudding, Gabi?"erwiderte ihre Mutter daraufhin. Aber Gabi fuhr fort:"Weisst du, ich bin auch in Georgs Bande, und manchmal da bin ich gar nicht stolz drauf, weil ich finde,dass Georg so gemein ist,aber wenn ich was zu Georg sage,dann lacht er mich aus, ich weiss nicht was ich tun soll, und wenn ich nicht zu dieser Bande gehöre, dann bin ich ein Aussenseiter,"erzählte sie weiter. "Was macht ihr denn so, in eurer Bande?" fragte die Mutter.Gabi senkte wieder den Blick und stocherte nervös in ihrem Pudding.Nun musste sie gut aufpassen,denn wenn ihre Mutter erfahren würde,dass sie im zarten Alter von 10 jahren geraucht hatte... und die Sache wie sie dem blinden Herrn Bromski seinen Stock geklaut hatten sollte sie besser auch nicht wissen. Auch nicht von den eingeschlagenen Fenstern..."Ooooch,sagte sie,nix aufregendes,das was du als Kind auch so gemacht hast. ...Mama,was soll ich tun,ich meine, Georg kann soo nett sein,aber es tut mir weh,wenn ich sehe, wenn er andere schlägt, und ich will aber nichts sagen, weil ich will nicht zur Aussenseiterin werden!"

Ihre Mutter sah auf."Gabi, dein Vater hatte auch Streits in dem Alter..Das is ganz normal in diesem Alter. Auch Tiere wollen ihr "Revier" verteidigen. Und wenn du dich einmischst,dann lachen sie dich aus, und du bist an Markus' Stelle. Das Prügeln vergeht mit der Zeit, ignoriere es am Besten. Du kannst es Georg doch sagen, ganz lieb und nett,dass du es nicht gut findest,aber es is nicht weiter schlimm.Markus wär genauso, wenn er ein Bandenanführer wäre, das garantier ich dir."
Gabi fühlte sich nun nicht wirklich besser.Es war ja nicht das einzige,was sie belastete,dass Markus' und ander egeschlagen wurde, nein, es war nicht zuletzt das Rauchen, von dem ihr übel wurde...
Aber Gabis Mutter hatte wahrschinlich Recht, sowie Mütter immer Recht haben.
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Was weder Gabi noch ihre Mutter wussten,war, dass Georg zuhause Schläge bekam, und auch Georgs Mutter die Augen verschloss vor dieser Tatsache, in der Meinung ihr Mann hätte Recht.
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Gabi kniff die Augen zusammen "LIIIISA??LISABIST DU ES??"schrie sie. Es waren 15 Jahre vergangen seit sie ihre ehemaligen Klassenkameraden wieder gesehen hatte, doch heute war Klassenreffen, und Gabi war schon schwerstens gespannt,was aus den vorpubertären Freunden geworden war,seit sie sie das letzte mal gesehen hatte.Lisa rannte auf sie zu und sie umarmten sich, nach dem obligatorischen links-rechts Küsschen tauschten sich die beiden ehemaligen Freundinnen aus, und stellten fest,dass sie das eine oder andere mal noch aneinenader gedacht hatten,seit Gabi weggezogen war, damals, als sie 10 war,vor 15 Jahren also. "Ich zähle 23 Leute," sagte Gabi zu ihrer Freundin,"aber wir waren in der Klasse doch 25,wer fehlt denn da noch?" Lisa senkte dei Stimme:"Markus und Georg" Gabi lachte:"Genau, wie konnt ich DIE übersehen? hehe, die sind sicher draussen und prügeln sich" "Nein.Sie sind beide am Zentralfriedhof.Und es wäre mir neu,wenn Tote sich prügeln könnten," und Lisas Stimme verbarg nicht,dass sie das berührte."Markus mit 19,Selbstmord.Anscheinend hat ihn nie jemand verstanden,er will nicht auf einer Welt leben in der Menschen wie er nichts zu suchen haben,schrieb er in seinem Brief. Georg starb mit 23,Überdosis,nachdem er 8 Jahre auf der Stasse gelebt hatte,er war von zuhause abgehauen,da er die Schläge seines Vaters nicht ertragen hatte."

Gabi sagte nichts. Sie stand auf und ging. Sie ging einfach zur Tür hinaus und fuhr wieder weg. Sie verlor kein Wort mehr. Und sie sprach niemals wieder in ihrem Leben darüber.Sie versuchte es einfach zu vergessen. Lisa blieb sitzen und sagte nichts als Gabi ging.Sie wusste,was Gabi empfand.Auch sie war damals in dieser Bande gewesen und hatte nichts gesagt. Auch sie musste mit diesen Schuldgefühlen leben. Lisa sah Gabi an diesem Tag zum letzten Mal.
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2 Jahre später packte Gabi ihre Sachen in diesen altbackenen braunen Koffer, den sie seit 10 Jahren besass.Als sie ihn fertiggepackt hatte, nahm sie ihre KInder mit ins Auto, fuhr diese zu deren Grosseltern und schwieg dabei. Irina war 5, Sascha 3 Jahre, die KInder waren nicht zu unterschätzen,Gabi wusste,dass sie die vielen grausamen Szenen zuhause mitbekommen hatte, und sie wusste,dass die KInder auch unter ihrem Vater gelitten hatten, der jeden Tag sturzbetrunken nachhause kam, um Gabi zu demütigen, indem er sie von einer Ecke in die andere schlug. Gabi hatte als Kind nie auch nur eine Ohrfeige bekommen,und sie liebte ihren Mann mehr als alles, selbst nach 5 Jahren dieser Demütigung. Doch er hatte ein Wrack aus ihr gemacht, und ihre Kinder..wie musste es denen erst gehen, die das ganze Geschrei und alles mitbekommen hatten. Sie hatten Angst im dunklen, und weinten, wenn der Vater ihnen zu nahe kam. Um ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, beschloss Gabi, die KInder erstmal bei deren Grosseltern vorbeizubringen, und sich selber im Frauenhaus , wo sie solange psychologische Hilfe bekommen würde, bis sie sich wieder gefangen hatte, um ein neues Leben mit den Kindern anzufangen.
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Gabis Kinder sahen Gabi an diesem Tag zum letzten Mal.Irina wurde mit 14 Magersüchtig , hatte mit 17 einen Selbstmordversuch,machte später eine Ausbildung und wurde Sozialarbeiterin.Sascha ging mit 28 nach indien, um Entwicklungshilfe zu leisten.
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Im Frauenhaus hatte Gabi viele neue Freundinnen kennengelernt, die ihr auch über die schwere Zeit der Scheidung hinweghalfen. Und sie gaben ihr Kraft in einer Zeit, wo sie begann, ihr Leben zu überdenken, und neu zu beginnen, sie zog weg und brach den Kontakt zu allen ab.Und es ging ihr wieder gut. Sicher dachte sie oft an ihre Kinder, aber sie wusste, es würde ihnen gut gehen, besser, als sie es bei ihr hätten. Denn sie würde durch die Kinder eh nur an die schreckliche Zeit der Ehe erinnert werden, und würde nie abschalten können.Es war besser so, da war sie sich gewiss.Sie hatte ohnehin nie Kinder haben wollen, und die Kinder hatten eh nur ihr Leben erschwert, da sie nie ihre Träume hatte verwirklichen können.In dieser Zeit lernte Gabi einen verheirateten Mann kennen, der eine Familie hatte. Und sie verliebte sich in ihn , und wieder sah Gabi weg,wenn sie die Frau ihres Mannes hin und da beim einkaufen sah. Seine Frau wusste zwar nicht,wer Gabi war, oder dass Gabi mit ihrem Mann schlief,sie hätte es nichtmal geahnt, doch Gabi hatte Angst,dass sie ein schlechtes Gewissen bekommen würde,wenn sie die Mutter der Kinder ihres Geliebten sah.
Ein Jahr später wurde Gabi von Heinrich, so hiess ihr Geliebter, schwanger. Da sie das Kind zur Welt bringen wollte, verliess Heinrich sie.Gabi gab das Kind zur Adoption frei.
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Heinrichs Frau liess sich nachdem sie von der Affaire erfahren hatte,scheiden und zog ihre 3 Kinder alleine auf. Sie heiratete nie wieder. Das Kind von Heinrich und Gabi wurde auf den Namen Sarah getauft und wuchs bei einer guten Familie auf.
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Gabi war inzwischen selbstständig und lebte ein gutes Leben. Sie hatte Geld,sie hatte Freunde und liess es sich gut gehen. Es fehlte ihr an nichts, ausser an einem festen Lebenspartner, aber für sowas hätte sie sowieso keine Zeit,ihr Bedürftnis nach Nähe lebte sie in kurzen Affairen aus,zu mehr hatte sie selbst keine Lust, auch wenn es einer attraktiven Frau wie sie eine war, nicht weiter schwer gefallen wäre, einen Mann fürs Leben zu finden. Aber auch dies blieb nicht ohne Folgen: Zum 4. Mal in ihrem Leben wurde Gabi schwanger. Und da sie zwar keine gute Mutter war, aber ganz sicher keine "Mörderin" beschloss sie, das Kind auf die Welt zu bringen, um es wieder zur Adoption freizugeben.
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Gabis Kind wurde Markus getauft
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4 Jahre später wurde bei einer Routineuntersuchung fesgestellt,dass Gabi HIV positiv war. Und plötzlich fingen die Menschen an, Gabi zu meiden. Sachen wie "selber schuld " und die Art wie die Menschen auf sie reagierten, gaben Gabi das Gefühl, dass sie Abschaum war. Gabi brachte sich daraufhin und wurde in der Kleinstadt in der sie aufgewachsen war, auf demselben Friedhof wie Markus und Georg, begraben.
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Sarah sass am Tisch,und sah auf ihr Teller mit den Kartoffeln und den Frikadellen. "Mama, heute in der Schule hat Thomas sich mit einem JUngen geprügelt...Mit dem Markus, er sagte, der Markus der sei krank,der habe irgendeinen Virus, und ausserdem sei er voll der Verlierer und ein Depp..."
"Ach,das ist bei Jungs in dem Alter ganz normal,dass man sich streitet, dass darfst du nicht so eng sehen;"erwiderte ihre Mutter.
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Sarah wird nie erfahren,dass Markus ihr Bruder ist
 
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Kommentare  

Hallo, eine sehr traurige Geschichte, aber so ist nun mal oft die Realität. Gruß Sabine

Sabine Müller (29.03.2007)

Der Anfang und das Ende machten mich sehr betroffen und ich erinnerte mich an ähnliche Erlebnisse in meiner Jugend, in der ich mich gelegentlich gerne in der Rolle des am meisten leidenden sah und nicht merkte, wie schlecht es
manchen meiner Mitmenschen ging.
Heute denke ich oft an die, die mir damals durch Lautstärke und Gehabe imponierten.
Und auch an die stillen, unscheinbaren die ich später nie wieder sah.
Einer meiner Mitschüler aus Realschulzeiten hat sich vor 4 Jahren selbst umgebracht.
Soviel ich von Bekannten hörte, durch Erhängen.
Er war damals in der Schule übergewichtig, trug nie modische Kleidung und hielt sich beim Reden in der Klasse immer die Hand halb vor den Mund,
so dass er stes ein wenig nuschelte.
Die Lehrer machten sich einen Spass daraus ihn in lautem Ton dafür zurechtzuweisen, besonders nach dem sie merkten, dass sie sich dadurch bei den anderen Schülern beliebt machen konnten.
Auch ich selbst habe über ihn gelacht, obwohl ich durchaus wahrnahm, dass seine Beiträge intelligent und durchdacht nur eben schwer zu verstehen waren.
Und doch kam ich niemals auf die Idee, dies laut
vor allen zu sagen, damit sie endlich aufhören sich über ihn lustig zu machen.
Heute weiß ich, dass er natürlich auch seinen Teil hätte tun können, in dem er seine Schwächen vielleicht erkannt, und dann daran hätte arbeiten können.
Aber wie?
Wenn man niemanden hat, der einem die Wahrheit über sich sagt?
Sondern nur Leute, die sich über dich lustig machen, oder dich meiden?
Den mittleren Teil der Geschichte fand ich im übrigen ein wenig zu spekulativ (deswegen aber nicht unrealistisch) um mich genauso zu berühren wie Anfang und Ende.
Danke Shiva, für diese Geschichte. Es wurde Zeit
dass mich mal wieder jemand an diese Dinge erinnert.


Oliver (06.01.2005)

joh! Voll gut!

esmias (20.07.2001)

Dem möchte ich mich anschließen. Nach Überarbeitung könnte dies eine sehr gute Geschichte sein.

Gudrun (27.05.2001)

stilistisch sicher noch etwas aufzupeppen, Schreibfehler stören, Grundidee ist super,


Selma Palue (27.03.2001)

einfach nur gut, und nicht so verwirrend wie die andere von dir

 (22.03.2001)

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