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10 Seiten

Lichtnetz (Part 5)

Romane/Serien · Fantastisches
© Metevelis
Die beiden Frauen ritten in einem schnellen Tempo. Chanoriel hielt da leicht mit. Dennoch war Lyssa ein wenig zurückgefallen, um nachzudenken. Sie fragte sich, wie die anderen wohl reagieren würden, wenn sie ihren Brief fanden. Sandro würde ihre Wünsche in den Wind schlagen, und sich sofort auf den Weg machen wollen.

Lyssa hoffte nur, dass die anderen ihn zurückhalten würden. Dann sah sie auf Mairi und Deyalis und verspürte ein Hochgefühl. Sie wusste, dass sie das richtige tat. Sie wusste, dass sie ihr Schicksal erfüllte.

Mairi drehte sich um, als ob sie ihre Gedanken erahnen würde und lächelte sie herzlich an. Sie lächelte zurück und schloss zu ihnen auf. Sie wollte ihnen ein paar Fragen stellen. Deyalis drehte den Kopf. "Was willst du wissen, Kleines?"

Lyssa errötete. "Sieht man mir meine Neugier so sehr an?" Deya grinste nur und nickte. Mairi warf Deya einen gestrengen Blick zu, dann lachte auch sie. "Das ist ganz natürlich, Lyssa. Du hättest Deya in den ersten drei Monaten nach ihrer Ankunft sehen sollen. Sie hat mich fast in den Wahnsinn getrieben. Ich dachte schon, ihr Wissensdurst könnte nie gestillt werden."

Deya grinste sie frech an. "Na los, frag schon. Nur keine Hemmungen. Wir werden dich schon nicht auffressen, oder?" Ein Schatten fiel über Lyssas Gesicht. Sie war erneut errötet.

"Erste Regel: gewöhne dir mal ganz schnell das Erröten ab. Saekra nimmt schüchterne Novizen besonders hart ran." Mairi lachte laut auf. "Oh ja, Deya spricht da aus Erfahrung. Frag sie ruhig. Sie könnte dir einiges erzählen. Aber keine Angst. Wenn Saekra zu heftig mit dir umgeht, dann wird sie schon ein Wörtchen mit ihm reden, verlass dich drauf. Die beiden haben sich schon die herrlichsten Streitgespräche geliefert. Jeder aus dem Orden könnte dir eine andere Geschichte von den beiden erzählen. Sie ist die einzige seiner ehemaligen Schüler, die ungestraft so mit ihm reden darf. Man könnte beinahe neidisch werden."

Deya lächelte nur und wurde dann wieder ernst. "Es ist wirklich wahr, bei den schüchternen Novizen geht er doppelt so hart ran, wie bei den anderen. Ich glaube kaum, dass das zu beneiden ist. Aber diejenigen, die zu Anfang zart besaitet waren, erweisen sich als die gefährlichsten Krieger. Wenn sie die Ausbildung überleben."

Lyssas Augen wurden groß. "Überleben?" Mairi schüttelte schnell den Kopf. "Nein, nein, keine Angst. So hat sie das nicht gemeint. Es ist nur, unser Ordenshaus liegt mitten in der Wüste und das Training läuft den halben Tag unter der prallen Sonne ab. Es gibt viele, die das nicht durchhalten und unter der Anstrengung zusammenbrechen. Im schlimmsten Falle sind einige sogar daran gestorben. Aber mach dir keine Sorgen, ich glaube du schaffst das schon." Sie lächelte das junge Mädchen ermutigend an.

******

Eric betrachtete den dumpf vor sich hin grübelnden Sandro. "Was willst du nun tun?" Sandro sah ihn verdrossen an. "Ich habe nun die unangenehme Pflicht, meiner Mutter Lyssas Brief zu überbringen." Eric winkte ab. "Du kannst doch einen Boten schicken." Sandros Laune sank sichtlich. "Wenn du meine Mutter kennen würdest, hättest du solch einen Vorschlag nicht gemacht. Sie würde mir nie verzeihen, wenn ich ihr diese Nachricht durch einen Boten zukommen lasse." Der junge Altaner grinste.

"Dann werde ich sie wohl kennen lernen müssen! Wir reiten einfach zu eurem Landgut, und ich werde ihr alles erklären. Unter anderem auch eure 'Entführung' durch mich. Und wir können ja schließlich noch ein paar kräftige Burschen gebrauchen. Was hältst du davon?" Sandro sah ihn betrübt an. "Meine Mutter ist nicht auf Decian. Sie ist in Cendore. Und dorthin muss ich jetzt reisen." Eric sah ihn verblüfft an. "Was macht deine Mutter denn in der Hauptstadt? Ist sie etwa allein dort?"

Sein Gegenüber wand sich sichtlich. "Nun ja, sie hat dort geschäftlich zu tun. Sie ist mehr oder weniger allein." Der Prinz lachte. "Was soll denn das nun wieder heißen? Mehr oder weniger? Entweder ist sie allein oder nicht. Entscheide dich." - "Im Grunde genommen wickelt sie ihre Geschäfte allein ab, aber sie hat viele Ratgeber... äh...Helfer."

Nun mischte sich auch Revyn ein. "Wie auch immer. Wenn Ihr nach Cendore müsst, kommen wir mit. Das gibt uns die Gelegenheit, weitere Männer anzuheuern. Schließlich müssen wir ein Heer für unseren Kampf ausheben. Nicht wahr, Prinz?" - "Eric, bitte." Er wandte sich wieder Sandro zu.

"Natürlich, das ist die beste Gelegenheit. Nirgendwo sonst als in Cendore kann man sich die besten Söldner ansehen. Ich denke zum Beispiel an Fenris san Doj. Ich glaube, er hat zurzeit keinen Kontrakt und er ist einer der Besten. Ich bin sicher, er brennt geradezu auf einen richtigen Kampf!"

Sandro sah unglücklich drein. "Wenn ihr meint. Es wäre aber wirklich nicht nötig, mich zu meiner Mutter zu begleiten. Wenn wir ihn Cendore sind, könnt ihr euch ja um die Söldner kümmern, während ich zu meiner Mutter gehe... nein? In Ordnung, Eric, du brauchst kein drohendes Gesicht zu machen, ich gebe mich geschlagen. Du kannst mitkommen!"

*****

Etwa zur gleichen Zeit, stand eine junge Frau im Turm des Löwen und betrachtete die Sonne, wie sie hinter dem Sar`vea unterging. Könnte ich nur von hier fliehen, dann würde ich es über den Pass nach Vendea versuchen. Areas würde mich nie finden. Niemals.

Sie hörte hinter sich ein Geräusch und drehte sich um. Areas war ins Zimmer getreten und verbeugte sich leicht vor ihr. "Meine Liebe. Eure Schönheit gleicht mehr und mehr der Sijai-Blüte, die nachts blüht. Ich bin überwältigt." Er ergriff ihre Finger und streifte sie mit einem flüchtigen Kuss.

Sie war gleichzeitig fasziniert und abgestoßen. Schnell entzog sie ihm ihre Hand und drehte sie sich zum Fenster um. Er trat hinter sie, ohne sie zu berühren, ohne etwas zu sagen. Schweigend betrachteten sie die flammenden Farben, mit denen der Abendhimmel überzogen war. Sie spürte die Wärme seines Körpers, seine Nähe, die sie verwirrte. Nun beugte er sich herunter und flüsterte ihr ins Ohr.

"Euer Anblick ist genauso atemberaubend wie dieses Farbenspiel. Ich bitte Euch, kommt in die Halle und leuchtet neben mir." Sie fuhr herum, doch das war ein Fehler. Nun war sein Gesicht dem ihren so nahe, dass sie seinen warmen Atem spürte, wie er über ihre Wange strich. Sie sah verunsichert in seine Augen. Dort erblickte sie ein warmes Leuchten, das sie zu umfangen schien. Seine Nähe machte sie schier wahnsinnig und er spürte es.

Dennoch berührte er sie nicht, sondern wartete einfach ab. In ihrer Brust begann ihr Herz zu flattern. Er lächelte sie ganz sanft an, als sie schluchzend um Atem rang und einen Schritt zurückwich, bis sie die harte Fensterbank in ihrem Rücken spürte. Trotzdem war er ihr noch zu nahe, sie konnte noch immer die Wärme seines Körpers spüren und den Duft, der von ihm ausging. Doch jetzt trat er einen Schritt zurück und beendete diese intime Nähe.

Er verbeugte sich vor ihr. "Wenn Ihr mich nun entschuldigen würdet, ich muss mich für das Bankett fertig machen. Solltet Ihr es Euch anders überlegen und wollt doch noch herunterkommen, braucht ihr einfach an dem Klingelzug ziehen. Eine Zofe wird Euch bringen, was Ihr braucht." Mit diesen Worten trat er aus dem Raum und schloss leise die Tür hinter sich.

*************

Lyssa saß schweigend an dem Lagerfeuer, dass Mairi und Deyalis entfacht hatten. Die Luft um ihr Lager schimmerte eigenartig. Die beiden hatten ihr erklärt, dass sie für diese Nacht einen Schutzwall errichtet haben, um sie vor kleinen und...größeren Tieren zu schützen. Sie fühlte sich irgendwie abgeschnitten. Sie war noch nie lang von ihrem Bruder getrennt gewesen. Er war ein Teil von ihr, aber jetzt würde sie ihn längere Zeit nicht mehr sehen, vielleicht sogar einige Jahre. Eine winzige Stimme in ihrem Inneren fragte sie, ob sie nicht etwas überstürzt gehandelt hatte. Mit diesen Gedanken starrte sie ins Feuer.

"Möchtest du noch etwas essen?" Deya's Stimme riss sie aus ihren Grübeleien. Abwehrend schüttelte sie den Kopf. "Nein, danke. Ich habe keinen Appetit. Aber habt ihr Wasser dabei...oder Wein?" Deya grinste und holte etwas aus ihrer Satteltasche. "Keinen Wein, etwas viel Besseres..." Mit diesen Worten reichte sie Lyssa einen Schlauch. Diese öffnete ihn und schnüffelte vorsichtig daran. Dann setzte sie ihn an die Lippen und nahm einen Schluck.

Prustend und nach Luft ringend, saß sie die nächsten zehn Minuten auf dem Boden und sah Deya immer wieder mit einem fassungslosen Blick an. "Was hast du mir für ein Teufelszeug gegeben? Willst du mich etwa umbringen?", brüllte Lyssa sie an. Deya grinste und nahm selber einen Schluck.

"Ich weiß nicht, was du hast. Das ist der beste Selbstgebrannte Schnaps, den Saekra macht. Er versteht was davon. Nun wirst du zumindest besser schlafen können. Wir müssen früh aufbrechen." Lyssa hatte immer noch diesen empörten Gesichtsausdruck als sie sich auf der unbequemen Schlafrolle zusammenrollte. Innerhalb von wenigen Minuten war sie eingeschlafen.

********

Sandro lag noch lange, nachdem die Gesellschaft sich aufgelöst hatte, wach. Er musste an Lyssa denken. Wie konnte seine Schwester nur so gedankenlos sein. In ihrer Position konnte sie doch nicht mit zwei wildfremden Frauen wegreiten, ohne auch nur an ihre Mutter zu denken und was das für sie bedeutete.

Außerdem vermisste er sie. In ihrer Kindheit waren sie fast ununterbrochen zusammengewesen und auch nachdem er im Kampf ausgebildet wurde, zum Teil an anderen Höfen, waren sie nie lange getrennt gewesen. Das Wichtigste allerdings war, wie brachte er es seiner Mutter bei?

Sie würde tatsächlich wie eine Furie über ihn herfallen, das war ihm jetzt schon klar. Am besten würde er es geradeheraus sagen. Weitere Sorgen bereitete ihm Eric. Wie würde er reagieren, wenn er erfuhr, wer seine Mutter war?

Andererseits, hatte Eric so gute Chancen, ein Heer für seinen Kampf zu kriegen. Er drehte sich auf den Rücken und starrte die Decke an. Oh Lyssa, ich hoffe, du hast das Richtige getan1"

Auch Eric lag noch lange wach. Marc, mit dem er sich ein Zimmer teilte, schlief schon längst. Seine Gedanken drehten sich unermüdlich um das Geschehene.

>Nun, jetzt kämpfe ich wenigstens keinen Ein-Mann-Kampf mehr. Marc ist auf meiner Seite und Sandro...Göttin...Sandro ist ein begnadeter Kämpfer. Und die Ealfin...Danai...ich danke dir für die Ealfin. Kein Sterblicher kann es mit den Ealfin aufnehmen...dachte ich zumindest. Areas muss Hilfe von einem Gott bekommen haben, sonst hätte er die Delegation der Ealfin niemals überwältigen können. Ich bin dankbar, dass ich jetzt Unterstützung für meinen Kampf habe, aber dennoch weichen meine Gedanken dauernd ab. Ich muss dauernd an Lyssa denken. Dieses Mädchen - einfach unbeschreiblich. So schön, so tapfer. Ach, Lyssa, ich wünschte, ich hätte noch ein wenig Zeit mit dir verbringen können. Ich hätte dich so gerne kennen gelernt. Ich hoffe, wir sehen uns wieder!<

**********

Unter den gleichen Sternen, unter denen Lyssa schlief, saß ein junges Mädchen auf ihrem Balkon und weinte. Ihr Gesicht war fleckig und gerötet. Ihr Gewand war ehemals schön und elegant gewesen, aber jetzt war es nur noch dreckig und ausgefranst. Die Seide taugte eigentlich nur noch zum Putzlumpen.

Still ließ sie ihre Tränen fließen. Das Mondlicht glitzerte auf den Spuren, die die Tränen auf ihren Wangen hinterließen. Es kümmerte sie nicht. Nichts kümmerte sie noch...außer dem Wunsch, zu den Sternen aufzusteigen, im kühlen Licht des Mondes zu baden, ihren irdischen Körper und seine Sorgen zurückzulassen.

"Kind, komm herein. Du erkältest dich noch." Die Stimme ihrer Mutter. So gütig, so warm. Das einzige was sie noch an dieses Leben band, war ihre Mutter. Vor langer Zeit dachte sie dasselbe von der Liebe eines jungen Mannes, aber dieser Mann liebte sie nicht mehr. Befleckt wie sie war, liebte nur noch ihre Mutter sie. "Ich komme, Mutter." Ihre Stimme war müde, als sie dies sagte. So müde, wie sie es war, müde des Lebens und des Kämpfens.

******

Strahlender Sonnenschein weckte sie. Müde rieb sich Lyssa die Augen und saß dann kerzengerade in ihrer Schlafrolle. Das Lager war bereits aufgeräumt und Mairi und Deya packten gerade die letzten Satteltaschen auf die Pferde. "Warum habt ihr mich nicht aufgeweckt? Und wie habt ihr das Lager auflösen können, ohne mich zu wecken?"

Mairi lachte. "Das ist nicht schwer. Glaub mir, nach dem Genuss von Saekras Hochprozentigem kriegt nicht mal ein Jahrmarkt dich wach. Und was das andere angeht, wirst du es uns noch danken, dass wir dich so lange schlafen ließen. In deiner Ausbildung wirst du so gut wie nie mehr zum Ausschlafen kommen."

Deya gesellte sich zu ihnen. "Das ist wahr. Jetzt wo du wach bist, pack deine Sachen zusammen, wir wollen weiterkommen. Du kannst auch im Sattel essen. Je früher wir nach Hause kommen, desto besser." Lyssa beeilte sich und stopfte ihre Schlafrolle in die Satteltasche. Schnell zog sie ein neues Hemd und ihre Hosen an. Dann waren sie auch schon unterwegs. Nachdem sie ein Stück krümeligen Brots und etwas Käse gefrühstückt hatte, fühlte sie sich wieder frisch. Fröhlich ritt sie zwischen den beiden Frauen.

"Sagt mir, wie habt ihr mich erkannt?" Neugierig sah sie die beiden an. Es war Deya, die ihr antwortete. "Ich hatte vor zwei Tagen einen Traum. In diesem Traum, sah ich uns in dieser Schenke. Ich hatte ein äußerst dringliches Gefühl dabei. Sobald ich aufwachte, sagte ich Mairi, dass wir sofort dorthin müssten. Wir haben den ganzen Tag im Gastraum auf ein Zeichen gewartet, weshalb ich diesen Traum hatte. Und dann kamst du durch diese Tür und wir verspürten sofort den Ruf des Blutes. Wir wussten gleich, dass du eine von uns bist. Jetzt mussten wir es nur noch dir klarmachen. Wenn ich ehrlich sein soll, dachte ich zuerst, es würde schwieriger sein. Du warst allen Anschein nach eine Adlige, und die sind zumeist ziemlich stur. Ich denke da an mich. Ich war es anfangs auch."

Lyssa sah überrascht drein. "Du bist eine Adlige? Woher kommst du?" Deya's Gesicht wurde hart. "Aus Vendea. Das ist alles was du zu wissen brauchst. Für meine Familie bin ich schon lange tot und das ist gut so." Lyssa machte ein bestürztes Gesicht. Daraufhin lächelte Deya. "Tut mir leid. Das ist eine lange und schmerzvolle Geschichte, die ich am liebsten vergessen würde."

Das Mädchen sah wieder ein wenig fröhlicher drein. "Oh, dann erübrigt sich meine nächste Frage wohl." Mairi sah sie an. "Was wolltest du denn wissen?" Sie zügelte ihr Pferd ein wenig, um genau neben Lyssa's zu reiten.

"Ich wollte euch fragen, wie ihr zu dem Orden gekommen seid." Ihre Nachbarin lachte. "Nun, meine Geschichte kann ich dir ja erzählen. Und wenn Deya es erlaubt, erzähle ich dir, wie sie bei uns ankam." Deya nickte.

"Also gut. Meine Mutter ist eine Heilerin. Sie lebt schon seit vielen Jahren bei den Sheja'ne. Ich habe noch zwei Brüder, einer ein Schmied und einer ein Heiler, wie meine Mutter. Aber keiner von ihnen wurde mit der Macht des Kampfes geboren. Eines Tages brachte eine Söldnertruppe einen ihrer Kämpfer zu uns. Er war in einem Kampf mit Banditen schwer verletzt worden. Die Söldner mussten weiter, da sie einen Kontrakt zu erfüllen hatten.

Meine Mutter kümmerte sich um den Verletzten. Es kostete sie ihr ganzes heilerisches Können, um ihn von der Schwelle des Todes zurückzuholen. Wie du dir wohl denken kannst, verliebte sie sich in ihn. Nächte lang wachte sie an seinem Bett und als er sich endlich auf dem Weg der Besserung befand, war sie so glücklich, aber auch so erschöpft, dass sie einfach in Ohnmacht fiel.

Natürlich war der junge Söldner beunruhigt, als er aufwachte und sie so fand. Also hob er sie auf und legte sie in sein Bett. Da er aber auch sehr schwach war, fiel er beinahe in das Bett zurück. So lagen sie nebeneinander. Der Kämpfer, sein Name war Robard, betrachtete meine Mutter im Schlaf, und fragte sich, was diese schöne junge Frau an seinem Bett getan hatte. Er grübelte eine Weile, aber irgendwann schlief auch er wieder ein.

Als meine Mutter aufwachte und feststellte, dass sie in seinen Armen lag, war sie natürlich entsetzt. Sie erinnerte sich nicht mehr daran, ohnmächtig geworden zu sein und dachte, sie hätte ihren hilflosen Patienten ausgenützt. Deshalb gab sie diesen Fall an einen ihrer Kollegen ab. Robard aber konnte die junge Heilerin nicht vergessen und fragte ständig nach ihr. Aber sie kam niemals zu ihm.

Eines Tages, als er einen Spaziergang im Garten machte, um wieder zu Kräften zu kommen, sah er sie auf einer Bank sitzen. Er schlich sich an sie heran und setzte sich neben sie. Meine Mutter wollte fliehen, aber er hielt sie fest.

Und dann sagte er ihr, "Ich weiß nicht, wie du heißt, aber ich weiß, dass ich dein Gesicht in meinem Herzen trage." Und dann küsste er sie. Nun ja, und so bin ich dann schließlich entstanden."

Sie lächelte. "So, genug von mir. Jetzt erzähl ich dir die Geschichte, wie Deya bei uns ankam. Es war vor 8 Jahren. Ich hatte die Nachtwache. Mir war unheimlich langweilig. Aber das ist ja natürlich. Die Nachtwache ist mit Abstand das Langweiligste, was es gibt. Tagsüber oder auch abends kommen Reisende und fragen nach Unterkunft für eine Nacht und dergleichen, aber nachts? Nur Wahnsinnige sind nachts in der Wüste unterwegs. Außerdem hatte ich damals eine schöne Romanze mit einem Bardenlehrling und mit 17 ist man mit den Gedanken schnell woanders. Auf jeden Fall träumte ich so vor mich hin, als auf einmal Saekra vor mir stand und mich anschrie. Was mir einfalle, mit offenen Augen auf Wache zu schlafen, während sich vielleicht eine ganze Armee uns nähern könnte. Ich war natürlich verlegen und bestürzt und sah auf den Hof oder auf die Wüste, Hauptsache ich musste ihn nicht anschauen.? Mairi grinste Deya an.

?Da sah ich auf den Dünen auf einmal etwas im Mondlicht aufblitzen. Ich machte Saekra darauf aufmerksam, woraufhin er die gesamte Wache mobilisierte. Mit Waffen bepackt zogen wir in die Wüste hinaus. Und hinter der nächsten Düne fanden wir dann den Grund für das Blitzen. Dort lag sie, ihre Babys schreiend auf den Rücken geschnallt, ihre Kleidung bestand nur noch aus Lumpen, aber sie glitzerte wie ein Stern, der vom Himmel gefallen ist, so vollbehängt war sie mit Silberschmuck. Saekra sah sie und fing das Lachen an.

"Ein Stern", sagte er, "ein hübscher Silberstern ist uns vor die Füße gefallen." Ich nahm so schnell wie möglich, geistigen Kontakt mit meiner Mutter auf, damit sie alles vorbereitete. Saekra persönlich schleppte den "kleinen Stern" wie er sie nannte durch unsere Tore. Und so erhielt sie ihren Namen: Deyalis. Silberstern."

Deya sah nachdenklich aus. Lyssa fragte sie: "Und Deya bedeutet Stern?" Sie sah niedergeschlagen aus. "Ich beherrsche die Alte Sprache nicht halb so gut, wie ich gern möchte." Mairi mischte sich ein.

"Wenn das ein Wunsch von dir ist, kannst du bei uns Studien darin betreiben. Unsere Bibliothek kann sich mit den größten messen. Viele bilden sich weiter, wir sind nicht nur Kämpfer. Und du lagst richtig, Deya bedeutet Stern. Wir alle nennen sie so."

Lyssa bemerkte, wie Deya sie abschätzend ansah. "Sag mir, Lyssa, wie alt bist du?" Lyssa sah sie verwundert an. "Ich bin vergangenen Winter 19 geworden." Mairi sah sie inzwischen auch abschätzend an. " Hast du bereits Kampferfahrung?" Lyssa nickte. "Ich wurde in waffenlosen Kampf unterrichtet, ich kann mit Armbrust und Bogen umgehen und laut meinem Lehrer, bin ich im Messerkampf begnadet." Mairi und Deya lachten.

"So? Das sind ja gute Voraussetzungen. Dann wird Saekra dich vielleicht nicht ganz so runtermachen. Bei Deya war es so, da sie als Adlige nicht einmal die geringsten handwerklichen Arbeiten gemacht hat, wurde sie von ihm richtig fertig gemacht. Sieh sie jetzt an. Sie ist mit Abstand die beste Stockkämpferin die ich gesehen habe und mit ihrer Peitsche ist sie immer für eine Überraschung gut." Lyssa suchte ihre Gestalt mit den Augen ab.

"Peitsche? Wo hast du bitte eine Peitsche versteckt?" Deya lächelte und mit einer schnellen Bewegung, die Lyssa kaum wahrnahm, schwang sie ihren Arm und es knallte. In ihrer Hand hielt sie eine lange Lederschnur, die keine große Ähnlichkeit mit einer Peitsche hatte. Dann wickelte sie die Schnur wieder um ihren Oberarm. Als sie damit fertig war, sah es nicht anders aus, als wie ein etwas ungewöhnlicher Armschmuck.

Mairi sah zum Himmel auf. "Der Mittag ist schon vorbei, aber ich kenne einen Bauernhof auf dem Weg, der uns sicher gastfreundlich aufnehmen wird. Meine Mutter hat den Bauern dort einmal von einer Blutvergiftung geheilt. Ich bin sicher, er wird uns willkommen heißen und uns etwas zum Essen auftragen."

Sie ritten etwa eine halbe Stunde, dann sahen sie auch schon den Hof. Die Hunde kamen freudig bellend auf Mairi zugeritten, als sie zum Tor hineinritten. Lachend stieg sie ab und streichelte ihre Köpfe. "Seht ihr? Da kommt schon der Bauer. Bald haben wir etwas Warmes im Magen." Der Mann kam lächelnd auf sie zu und begrüßte sie freundlich.

Sie führten ihre Pferde in den Stall und folgten ihm in die Hütte, wo seine Frau sie anlächelte und sich am Herd zu schaffen machte. Die Vorfreude auf warmes Essen ließ Lyssas Magen laut knurren. Alle lachten, woraufhin Lyssa hochrot anlief. Noch mehr allerdings, als ihr die Bauersfrau eine extra große Portion Eintopf gab. Schließlich beruhigten sich alle und fingen das Essen an.
 
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Kommentare  

Hmmm...grübel...denk...im letzten Teil hieß die eine Frau Mairi und nun Maisri. Hat das eine besondere Bewandnis oder ist es nur ein Flüchtigkeitsfehler?
Wenn Lhienne erst vor acht Jahren zu den Drachenfrauen kam, sind ihre Zwillinge und Sandro und Lyssa wohl doch nicht identisch. Bin schon gespannt.
Dieser Teil erzählt viel, wirft aber auch viele Fragen auf. Man will unbedingt mehr erfahren.
Gut geschrieben.
Lustig fand ich Lyssas knurrenden Magen. So was lockert die Handlung auf, macht die Geschichte schöner und glaubwürdiger. Die Figuren wirken dadurch menschlicher.

Ich hoffe, dass du bald weitere Teile online stellst. Jetzt will ich es nämlich wissen!!!
5 Punkte.


Stefan Steinmetz (15.04.2003)

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