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Begegnung im Waschsalon

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Ich saß gestern im Waschsalon und mir fiel folgender Dialog ein: ""Ich lese nie andere Leute Bücher!" sagte der Mann entrüstet. "Wieso denn nicht?!" fragte ich ihn. "Weil ich mir meine eigene Meinung bilden will. Wenn ich auch nur ein anders Buch lesen würde, wäre mein Schreibstil gleich dem angepasst, der es geschrieben hat und ein Satz der mir gut gefallen sollte, wird in meinem Textstück in einem Zusammenhang wieder auftauchen!" ich schaute mit großen Augen auf das Männlein nieder, das sich vor mir aufgeplustert hatte und sich schon einen roten Kopf erkämpft hatte. "Aber wenn sie nie andere Bücher ausser die ihren lesen, dann wissen sie ja nichts über die ganzen wunderschön gekleideten Worten mit denen zum Beispiel Thomas Mann, Ephraim Kishon, Christian Kracht oder J.D.. Salinger jounglieren! Ach meine Lieblingsstelle .. warten Sie, ich kann sie zitieren... " "Schweig still!" schrie der Gegenüber! "Ich will es nicht hören!" Sobald etwas in meinen Kopf dringt, das nicht von eh und je in meinen jungfreulichen Gedanken anwesend war, wird vergiften!" Er schien mit einem mal lethargisch geworden, blickte auf ein imaginäres Staubkorn an seinem Arm und schwieg. Ich konnte es nicht verstehen... es konnte doch nicht sein, dass er noch nie in einem Buch gelesen habe sollte... ihm entging doch so viel, die wunderbaren Worte der Literatur. Oder war er vielleicht mehr, als er vorzugeben schien? Ein Meister seines Fachs, war er womöglich.. ? Der Gedankengang wurde in meinem Kopf nicht weiter geführt. Ich schaute noch einmal in die Augen, die weit weit weg waren, von dem gerade geschehenen Gefühlsausbruch. Ich trat zur Seite, gab das Abschiedswort und ging. Was für ein eigenartiger Mensch, dachte ich bei mir und gleichzeitig gewahrte ich das Gefühl von Einsamkeit, das mich soeben beschlich. So einsam dieser Mensch auch sein musste, so glücklich schien er zu sein auf seine Art, nie auf etwas wie Bücher angewiesen gewesen zu sein. Für einen Augenblick versuchte ich mir vergeblich vorzustellen wie es wäre, wenn ich noch nie ein Buche gelesen hätte. nein, unmöglich, jenes Gefühl was in mir aufbegehrte war wie der Gedanke an das Universum, wenn ich mir die Unendlichkeit vorstelle und mein Gehirn an der Stelle aussetzt wo unendlich zu sein steht und doch auch nicht. Ein Teufelskreis, bei dem ich beileibe nicht rauskam.

 
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Kommentare  

die story macht in der tat nachdenklich.
puh! hätte ich nie ein buch gelesen... wäre ich nicht der, der ich jetzt bin. und ihr wärt nicht die, die ihr jetzt seid, hättet ihr nie ein bch gelesen. und dabei gibt es millionen von menschen, die nie ein buch gelesen haben. man bin ich froh, das ich schonmal ein buch gelesen habe. ich hoffe, ihr lest auch bücher, ehrllich.


Killing Joke (27.09.2007)

Die Handlung an sich ist gut. Auch der Schreibstil ist in Ordnung. Der Inhalt dieser Geschichte zeigt auf, wie „Gelesenes“ auf manche Personen wirkt. (Aber ehrlich gesagt, seinen eigenen Schreibstil erarbeitet man sich auch durchs Lesen, Anmerkung)

SabineB (Jurorin) (01.09.2001)

sehr gutes thema, die geschichte!wie beeinflußt ist literatur an und für sich, gibt es sozusagen eine "tabula rasa der gedanken" im kopf des künstlers, welcher art er auch immer sein möge...? kann kunst überhaupt entstehen, wenn sie nur aus sich selbst entsteht, und sich selbst immer wieder leben einhaucht? ist dies dann nicht das unehrlichste produkt überhaupt?

also, genau mit dieser urfrage der kunst setzt sich die geschichte auseinander, auf sehr liebe und natürliche weise, und die idee mit dem waschsalon ist auch klasse, denn man kann sich genau vorstellen, wie die waschtrommeln sich im takt drehen..wie ein ewiger kreislauf....vielleicht der der kunst?



maren gouchet (28.08.2001)

Mich erinnert diese Geschichte an den kleinen Prinzen, als er bei dem Mann ist, der immer nur zählt udn Zahlen aufschreibt. Beim Buchhalter.
Sehr einfühlsam erzählt und bringt einen in eine schöne Phase des Nachdenkens und Träumens...


Gaylord (27.08.2001)

Kann ich leider nachvollziehen, ich könnte auch ohne Bücher leben, nur in den eigenen kann ich versinken. Ist es nun Künstlerwahn oder Selbstschutz? Die story regt jedenfalls zum Nachdenken an..

Der Künstler (24.08.2001)

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