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Ein Wintermärchen - Kapitel 3 - Der Nachbar

Romane/Serien · Spannendes · Winter/Weihnachten/Silvester
Schon verschwand Opa Heinrich in die Küche und machte sich daran, warmen Kakao zuzubereiten. Während dessen schauten die Kinder aus dem Fenster. Außer dem Friedhof sahen sie nichts. Denn der Friedhof war sehr groß und kaum von dem kleinen Fenster aus überschaubar. Hier und da brannten selbst um diese Tageszeit noch ein paar Grabeslichter, die die Besucher des Friedhofes angezündet hatten und verschafften so eine etwas eigenartige Stimmung.

Obwohl noch früh am Morgen die Sonne geschienen hatte, zogen jetzt wieder dichte Wolken am Himmel auf.

Nach ein paar Minuten kam Opa Heinrich wieder zurück. Er hatte ein Tablett in seiner Hand, auf welchem sich drei Becher mit dampfenden Inhalt und Bestecke befanden. Er selbst hatte sich mit einen heißen Kakao gegönnt, den er sich allerdings mit einem Schuss Rum versüßt hatte.

„So, hier habt ihr euren Kakao. Trinkt aber langsam, der ist noch ganz heiß,“ warnte Opa Heinrich die beiden.

Martin und Marie nickten brav.

„Und jetzt wollen wir noch euren Kuchen probieren. Eure Mutter macht ihn immer noch am Besten.“

Marie machte sich daran, die Teller auszuteilen und Opa Heinrich schnitt den Kuchen an und legte jedem der Kinder ein riesen großes Stück davon auf dem Teller. Dann saßen sie gemütlich an dem ovalen Tisch und ließen es sich schmecken.

Während dessen sah Marie interessiert aus dem Fenster. Ihr Blick war in die Ferne gerichtet. Auf dem Friedhof, mitten an dem Platz wo eine Baumgruppe um die Gräber stand, so dass man nicht so gute Einsicht auf den Ort hatte, meinte sie, eine vermummte Gestalt zu sehen, die sich hektisch umsah und schnell ein paar Steine wieder auf ihren Platz zurück legte.

„Ah, ich weiß, wen du beobachtest, Marie. Das ist mein Nachbar, Lutz Schnorr. Ihr kennt ihn ja bereits. Der Kerl ist der Friedhofswächter. Ein eigenartiger Mann sage ich euch. Er ist immer nur kurz angebunden und ich habe noch nie drei ganze Sätze mit ihm gesprochen. Selten bekommt er Besuch. Freunde hat er so gut wie gar keine. Ab und zu kommen ein paar Männer zu ihm. Meist gegen Abend. Dann gehen sie zusammen auf den Friedhof und verschwinden in die Kapelle. Das sind bestimmt Mönche aus dem Kloster Mariahilf. Aber sie bleiben nie lange. Sie versuchen sich immer ganz unauffällig zu verhalten. Doch wenn ihr mich fragt, macht mich gerade diese Geheimnistuerei auf ihr Verhalten aufmerksam. Wenn ihr mich fragt, ist das eine ganz merkwürdige Geschichte. Doch will ich euch nicht verängstigen. Nachher wenn ihr nach Hause geht, werde ich euch begleiten. Zumindest bis ihr die Dorfstrasse erreicht habt.“

Den Kindern war dies nur recht. Ihnen war es nicht so ganz geheuer gewesen, was ihr Opa da schauriges erzählt hat.

Nun war es aber Zeit, dass die Eisenbahn aus dem Keller geholt und aufgebaut wurde. Vielleicht kamen ja auch noch Peter und Moritz, zwei „Nachbarkinder“, von Heinrich herüber, wie in den vergangenen Jahren und sie konnten gemeinsam mit der Eisenbahn spielen.

Peter und Moritz waren Zwillinge und sahen sich in der Tat zum Verwechseln ähnlich. Sie waren aber schon etwas älter als die Krause-Kinder. Sie waren schon dreizehn Jahre alt, aber es störte sie in keiner Weise, zusammen mit dem jüngeren Geschwisterpaar herumzutollen. Sie wohnten am Ende der Strasse, in der Opa Heinrich wohnte. Martin war schon oft bei ihnen gewesen und gemeinsam hatten sie den Nachbarn die tollsten Streiche gespielt.

Deswegen fragte Martin Opa Heinrich gleich:

„Du, Opa, was ist denn mit Peter und Moritz? Wir haben von ihnen den ganzen Sommer über nichts gehört.“

Fragend und mit großen Augen schaute Martin seinen Opa an.

Opa Heinrich war schon aufgestanden und wollte die kleine Tür öffnen, die neben der großen Küchentür angebracht war. Von dort aus führte eine steile Treppe in den Keller. Er hielt in seiner Bewegung inne und drehte sich um.

„Ach, ich dachte, ihr wisst es schon. Peter ist ziemlich krank gewesen in den letzten paar Wochen. Er hatte eine Lungenentzündung gehabt. Jetzt muss er sich noch für einige Zeit erholen. Ihr könnt ja mal eure Eltern fragen, ob ihr die Zwillinge besuchen dürft. Sie werden sich ganz sicher freuen.

„Oh ja, na klar machen wir das.“

„Aber jetzt auf in den Keller. Passt auf, die Stufen sind neu und etwas schmaler geworden. Und die Lampe ist auch nicht mehr die beste. Das Licht flackert leicht. Ich befürchte, ich muss sie mal wieder auswechseln. Geht ganz langsam hinunter. Eure Eltern würden euch sicher nicht mehr zu mir schicken, wenn euch hier etwas passieren würde.“

Jetzt stiegen die drei die Treppe hinunter in den geräumigen Keller. Der Keller war groß, obwohl er nur aus drei Räumen bestand. Einer der Räume war eher eine Art Abstellkammer für allen möglichen Kram und Zeugs.

Der nächste Raum war das Arbeitszimmer von Opa Heinrich. Seine Leidenschaft gehörte der Holzschnitzerei und so manches Möbelstück, dass sich in seiner Wohnung befand, hatte er sich selbst angefertigt.

Der dritte Raum war das sogenannte „Spielzimmer“. Hier bewahrte er alles auf, was die Kinder jemals von ihm geschenkt bekommen hatten. Martin lief schon zielsicher auf eine alte Truhe aus Eichenholz zu und versuchte vergebens den schweren Deckel zu öffnen.

„Opa! Opa, ich bekomme den Deckel nicht auf.“

Etwas enttäuscht, dass Martins Kräfte ihn im Stich gelassen hatten, ging Opa Heinrich zu ihm hin und öffnete den Deckel. Drinnen lagen verschiedenen Tüten, die Eisenbahnen, Schienen und sonstiges Zubehör beinhalteten.

„Nehmt euch soviel wie ihr tragen könnt und dann nichts wie hoch,“ grinste Opa Heinrich seine beiden Enkel an.

Diese liesen sich das nicht zweimal sagen und jeder nahm soviel aus der Truhe, wie er tragen konnte. Bald waren alle Teile die benötigt wurden in das Wohnzimmer befördert worden.

Kurze Zeit später waren Martin und Marie einstimmig mit ihrem Opa damit beschäftigt, die Eisenbahn aufzubauen, als plötzlich die Wohnzimmertür aufging.

In der Tür stand ein großer Mann, der einen schwarzen Anzug und einen langen schwarzen Mantel trug. Seine Haare waren schwarz und kurz. Sein Gesicht war blass, wie das einer Leiche. Entsetzt schrieen die Kinder auf. Opa Heinrich stand brüsk von dem Boden auf, auf dem er eben noch gelegen hatte und ging langsam auf dem Fremden zu, der immer noch regungslos in der Tür stand.

„Wie zum Teufel, sind Sie hereingekommen und vor allem: was wollen Sie von mir?“

Der düstere und unheimliche Mann in schwarzer Kleidung lächelte. Das Lächeln war kalt und freudlos.
Etwas weiter entfernt konnte man seinen Hund bellen hören.

------- Fortsetzung folgt ---------

© 07. 2003 by Claria Varus
 
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Kommentare  

Die ersten drei Kapitel sind schon mal sehr vielversprechend. Weiter so!

Stefan Steinmetz (23.07.2003)

Geht spannend weiter.
5 Punkte


Mirco vom Hau (17.07.2003)

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