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4 Seiten

Wer zuletzt lacht

Aktuelles und Alltägliches · Kurzgeschichten
Sie saß am Frühstückstisch, in der einen Hand die Tageszeitung, in der anderen die Kaffeetasse, an der sie ab und zu nippte.
"Morgen!", knurrte ihr Mann gereizt, der sich wie immer verspätet mit an den Tisch setzte. Schließlich habe er seines Alters wegen mehr Schlafbedürfnis, wie er mehrmals versichert hatte.
Sie blickte kurz über den Zeitungsrand.
"Guten Morgen, Schatz", sagte sie übertrieben freundlich. "Gut geschlafen?"
"Lass mich zufrieden", knurrte er vor sich hin.
Er goss sich einen Kaffee ein, nahm ein Brötchen aus dem Korb, beschmierte es mit roter Marmelade. Sehnsüchtig blickte er auf die Tageszeitung, die sich gerade in der Hand seiner Frau befand, so nah und doch unerreichbar. Und so nahm er sich eine noch ungelesene Illustrierte vom Stapel auf dem Beistelltisch neben sich, legte sie an den Tellerrand, schlug sie auf. Lustlos biss er in das Brötchen. Er verzog das Gesicht, die Marmelade behagte ihm überhaupt nicht, er warf einen verächtlichen Blick auf seine Frau. Musste sie das Zeug immer so süß machen?
"Hör mal", sie warf einen kurzen Blick über den Zeitungsrand, "hier steht, das Benzin ist schon wieder teurer geworden!"
"Ist mir völlig schnuppe", brummte er vor sich hin, blätterte um.
Sie krauste die Stirn.
"Schlecht geschlafen?"
"Lass mich zufrieden!"
Sie zuckte mit den Achseln, nahm einen Schluck Kaffee, las weiter.
Plötzlich holte er aus, schlug die flache Hand auf den Tisch, dass es nur so knallte.
Erschrocken zuckte seine Frau zusammen, der lauwarme Kaffee ergoß sich über ihre Hand.
"Mein Gott, bist du verrückt geworden?" Fluchend stellte sie die Tasse ab, legte rasch die Zeitung zusammen. "Wenn du schlechter Laune bist ...!"
"Aber nein", Liebste", rief er fröhlich zu ihrer Verwunderung aus, tippte mit dem Zeigefinger einen Stakkato auf die Illustrierte, "das ist es. Hier!"
Er hob die aufgeschlagenen Seite hoch, drehte sie seiner Frau zu. "Was sagst du dazu?"
Noch irrtiert erblickte sie eine Anzeige einer gehobenen Sportwagenschmiede. Es zeigte einen knallroten und offenen Zweisitzer der Superlative. "Das ist der Wagen meiner Träume", jauchzte er, seine Augen leuchteten wie des eines Kindes, das mitten im Sommer eine Weihnachtbescherung hat.
"Sag´ bloss, dass du jetzt diesen Wagen haben willst", rief seine Frau entsetzt aus.
"Aber, wie kannst du nur fragen, natürlich", das Wort streckte er genüßlich in die Länge, "will ich diesen Wagen haben. Jetzt und sofort!"
Sie verdrehte die Augen. Geht das schon wieder los? "Das kannst du doch nicht machen, Mensch", sie hatte sich ein wenig vorgebeugt, "der kostet doch eine ganze Stange Geld!"
Langsam legte er Illustrierte neben den Teller, starrte seine Frau an. Sein Blick hatte etwas irres.
"Diesen Flitzer", er tippte auf die noch aufgeschlagene Seite, "hole ich mir. Darauf kannst du dich verlassen!"
Doch sie ließ nicht locker.
"Und was ist mit deinem neuen Wagen, der in der Garage steht, den hast du doch erst vor ein paar Wochen gekauft?"
"Neu?" Unglaubliches Kopfschütteln. "Ich sag´s ja immer wieder, ihr Frauen habt von Autos keinen blassen Schimmer." Er gab einen Seufzer von sich. Dieser ist neu”, wieder Stakkato, “und den hole ich mir!”
Sie fragte sich, ob ihm nicht bald das Geld ausginge. Aber es war schließlich sein Problem, und sein eigenes Konto.
"Also, ich weiß nicht, ich bin mit meinem Wagen ..."
"Hör auf", unterbrach er sie barsch, "mit deiner lahmen Kiste kannst du niemanden beeindrucken, so ein Ding fährt doch kein vernünftiger Mann, hahahaha."
“Das viele Geld”, meinte sie nun, “du solltest dir Sorgen um deine Zukunft machen, du bist nicht mehr der Jüngste!"
"Papperlapapp", er hob drohend den Zeigefinger, "das ist meine Sache, ja? Kümmere dich um deinen eigenen Mist. Ich und nicht mehr der Jüngste, wer hat dir denn das eingebleut?" Er schnippte mit den Fingern. "Ha, jede Wette, du hast bereits einen Jüngeren!"
"Nun rede keinen Stuss", sagte sie jetzt mit schriller Stimme, "ich mache mir Gedanken, das ist alles!"
Er erhob sich, rollte die Illustrierte zusammen, blickte sie mit zusammen gekniffenen Augen an. "Ich weiß selbst, was ich zu tun habe!” Dann verließ er das Zimmer.

Eines Abends kam sie von der Arbeit nach Hause. Auf dem Hof vor der Garage stand ein ihr unbekanntes Fahrzeug. Erst als sie aus ihren Wagen stieg, erkannte sie den Sportwagen aus der Zeitschrift. Und ebenso knallrot.
Erst kopfschüttelnd, dass er sein Vorhaben doch noch wahr gemacht hatte, dann umrundete sie, bewundernd, ja fast ehrfürchtig, den Sportwagen.
"Ein schönes Auto!", entfuhr es ihr leise, während sie mit spitzen Fingern über die glänzende Karosse strich.
"Da staunste, was?" Erschrocken fuhr sie herum. Da stand ihr Mann, breitbeinig und die Arme auf der Brust verschränkt. “Was sagst du nun dazu?" Er kam nun heran, legte eine Hand auf das Wagendach, strich zärtlich darüber. Er blickte seine Frau triumphierend an. "Komm, ich fahr dich gleich einmal eine Runde spazieren, damit du das geile Gefühl einmal selbst erleben kannst."
“Ein andermal”, sagte sie schnell, “ich muss gleich wieder weg, Clara hat doch Geburtstag."
“Ach ja, deine Freundin”, sagte er grinsend, “das hatte ich völlig vergessen. Aber morgen ist auch noch ein Tag, da hast du sicher mehr Zeit, nicht wahr?”
Sie sah ein Aufleuchten in seinen Augen.
“Mal sehen”, meinte sie gelassen, “aber ich muss mich jetzt umziehen”, sprach es, und ging in das Haus hinein.
"Grüß mir die Clara", rief ihr Mann lachend hinterher.
Während sie vor dem Schrank stand, noch überlegend, was sie zur Feier ihrer besten Freundin anzuziehen gedachte, hörte sie einen Motor starten, einem brüllenden Tiger gleich.
Verwundert blickte sie versteckt hinter der Gardine zum Fenster hinaus. Soeben wendete ihr Mann, fuhr mit Vollgas vom Grundstück. Und er schien sich sehr sicher zu sein, dass seine Frau ihm vom Fenster aus beobachtete, denn er streckte den Arm aus dem offenen Wagen und winkte.

Er betrat das Zimmer.
"Guten Morgen, meine Liebste", sagte er freundlich, drückte ihr einen Schmatzer auf die Wange.
Sie blickte erstaunt auf, schwieg jedoch. Über den Zeitungsrand verfolgte sie jeder seiner Bewegungen, wie er sich auf seinen Stuhl setzte, wie er sich eine Schnitte aus dem Brotkörbchen nahm, sie mit Marmelade beschmierte. Und er pfiff dabei einige Takte aus `Morgenstund hat Gold im Mund´.
Sie blickte auf die Armbanduhr.
"Oh, Gott, ich muss los", stieß sie erschrocken aus, stellte die Tasse ab, die Zeitung legte sie aufgeschlagen quer über den Tisch. "Ich komme sonst zu spät zur Arbeit!"
Schwungvoll warf sie sich auf den Fahrersitz ihres Wagens, drehte den Zündschlüssel herum, den ließ sie immer stecken, auch nachts, da kam ihr Mann angehastet. Schweratmend stützte er sich mit beiden Händen auf den Rahmen des offenen Wagenfensters.
"Liebste", keuchte er, sportlich war er noch nie gewesen, "kannst du mir bis auf weiteres Geld leihen? Für den Sprit, verstehste", er sprach schnell, als befürchte er, seine Frau könnte ihm das Wort abschneiden, "auch der schönste Wagen läuft nicht ohne Sprit, verstehste?"
Aha, daher weht der Wind, schmunzelte sie in sich hinein, während sie den Rückwärtsgang einlegte.
"Doch nur bis morgen, ja?", flehte er, streckte beide Arme hilflos aus, die Handflächen nach oben.
Sie rollte zügig aus der Garage heraus, wendete, legte den Vorwärtsgang ein.
"Was nützt der schönste Flitzer, wenn kein Sprit da ist", sagte sie verschmitzt. "Mein Wagen ist zwar lahm, aaaaber", sie sprach nicht weiter, sondern fuhr los. Sie streckte dabei lachend den Arm heraus und winkte.


 
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Kommentare  

hihihihihihihi... *bauchhaltevorlachen*
geniale story... tja und es kam wie es kommen musste *ggg*...


*Becci* (11.03.2003)

JOU,das gefällt mir! Weiter so!

esmias (23.05.2001)

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