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Ein Wort zum Valentinstag

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten · Winter/Weihnachten/Silvester
Alle Jahre wieder hat er uns fest im Griff, der "Tag der Liebe". Um einen Geistlichen zu ehren, der trotz Verbot Paare verheiratete, haut man sich Blumen, Pralinen, Kühlschränke oder andere Sachen, die kein Mensch braucht, buchstäblich um die Ohren. Doch der gute alte Valentin steht auch für Diskriminierung. Klingt weit her geholt, ist es eigentlich auch, liegt aber doch näher als man denkt.
Valentinsgrüße, Valentinskarten, Valentinsrosen. Diesen Brauch gibt es auch an jenem Gymnasium, das man "HCA" zu nennen pflegt. Wenn die Rosenboten an die Türe klopfen, warten die Einen gespannt auf ihre Rosen, obgleich sie ganz genau wissen, wie viele sie bekommen werden, war doch alles mit den Freunden detailliert abgesprochen. Starke Ausbreitung findet die Sitte des sozial-pädagogisch äußerst wertvollen gegenseitigen Rosenschickens vor allem in der Unterstufe. Dass alle Sechstklässlerinnen jeweils sechs Rosen alleine von Verehrern bekommen haben können, ist alleine mathematisch nicht möglich, geht man davon aus, dass die Verehrer in etwa dem gleichen Alter sein müssten (wobei körperlich "fortgeschrittene" Mädchen - und Gentechnik sei Dank geht das heutzutage immer früher - die eine oder andere Rose von pädophilen Mittel- oder Oberstufenschülern bekommen haben könnten).
Doch es gibt nicht nur die Einen, sondern auch die Anderen. Die Anderen sind nicht, wie es Alfred Andersch immer behauptete, Nationalsozialisten, sie sind schlichtweg vereinsamte, hoffnungslos deprimierte Dauersingles oder kurz: Waschlappen. Ein solches Reinigungsprodukt (es lebe die Metapher!) bekommt höchstens eine Scherzrose ("Ich libbe dich, Jürgen! Dein Hans-Peter aus der 8XL"), eine Spamrose ("Free Penis Enlargement!"), eine irrtümlich mitgebrachte Rose, die übrig geblieben ist (" ") oder schlimmstenfalls eine Mitleidsrose von Freunden ("HDGGGDL"). Und gerade letzteres ist, so nett es auch gemeint sei, ein Tritt in die Weichteile eines jeden Waschlappens. Anschließend wird dieser in der Pause mit strahlenden Mädchen, die ihre Rosen den Freundinnen (im Ernstfall auch dem Freund) präsentieren, konfrontiert, der Mädchenschwamm (der Gegenpart zum Waschlappen) aus der Parallelklasse grübelt darüber nach, wie er die ganzen Rosen nach Hause transportieren soll und verteilt sie an Bedürftige. Während er, der Eine, dem Anderen eine Rose in die Hand drückt, wünscht diesem noch jedes vorbeigehende Paar einen "frohen Valentinstag". "Danke, werd' ich haben." Den Fernseher sollte er heute meiden, schließlich ist der Schrecken, den man gerade in der Schule live erleben durfte, dort auf den Bildschirm gebannt. Also fährt er seinen Computer hoch. Nach einem kurzen Blick in seine E-Mails schaltet er ihn sofort wieder aus. Denn neben den üblichen Spam-Mails ("Free Penis Enlargement!") findet er diesmal, sofern er überhaupt Freunde hat, Unmengen an Valentins-"E-Cards" vor. "Happy Valentine" wünscht ihm ein hüpfender Bär und gedanklich fügt er ein "du Versager" hinzu.
Zurecht fühlt er sich ziemlich verarscht. All den Valentinsgrüßen scheint ein zynischer Unterton zu unterliegen, wenn man selbst alleine ist. Einem Single etwas zum Valentinstag zu schenken ist wie einem Menschen ohne Beine Rollschuhe zu geben. Dass dieser Tag an sich nichts schlechtes sein muss und für Pärchen durchaus einen sehr schönen Brauch darstellen kann, sei nicht abgestritten, doch sollte man bei der Zelebrierung dieses Tages auf die Belästigung nicht glücklich oder gar nicht Verliebter verzichten, denn an einem Geburtstag gratuliert man ja auch nur der Person, die ihr Wiegenfest feiert.
 
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Kommentare  

Durchaus nette Geschichte, die einen wohl wahren Kern behandelt. Fünf Punkte und ein Trullala!

Sebastian Krebs (27.02.2006)

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