Es war kein guter Tag, das hatte sie gleich gemerkt. Trotzdem hatte sie sich aufgerafft, Geld und Tasche gegriffen. Etwas gab es immer einzuholen. Sie musste an die Luft, zumindest einmal am Tag. Und sie brauchte ein Ziel, auch noch mit 86 Jahren. Heute hatte sie sich für den anderen Laden entschieden. Der Gemüsestand war enttäuschend. Immerhin gab es anderes Brot, anderen Joghurt und Dosen, deren Preise sie mit denen benachbarter Discounter verglich. Sie hätte den Rückweg zu fuß geschafft, aber da kam gerade der Bus. Sie eilte die wenigen Schritte auf die Haltestelle zu. Irgendetwas war furchtbar verkehrt. Häuser und Straße passten nicht. Sie verharrte, blickte ungläubig die Reihe der Giebel entlang. Sogar der Himmel mit seinem Licht saß wie ein fremdartiges Tier auf den ebenso fremden Akazien. „Nur nicht weiter gehen“, ermahnte sie sich. Es war wie in Träumen, in denen sie Bahnen und Busse suchte, falsche oder keine Anschlüsse fand. Wollte sie nicht tiefer ins Unglück geraten, musste sie bleiben, wo sie war. Den Bus hatte sie fahren lassen. Aber wie lange könnte sie an diesem Ort stehen? Jemand wird sich wundern, sie ansprechen. Kann sie sagen, dass die Welt sich verändert hat? Niemals! Sie könnte ein paar Schritte gehen, vielleicht die Straßenseiten wechseln. Jederzeit käme sie zum Ausgangspunkt zurück. Die Ampel schaltete auf Grün. Dort drüben war „Plus“. Nach rechts herüber die Haltestelle. Der 104er fuhr die Straße nach Norden, am Lotto-Laden, der Apotheke vorbei. Puzzleteile setzten die vertraute Umgebung zusammen. Die Straße überquerend bewegte sie sich in den Alltag zurück. Was blieb, war ein Groll gegen den südlichen Himmel und das, was künftig vor ihr lag.