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Die wahre Geschichte vom Holzmichel

Kurzgeschichten · Für Kinder
In einer Kleinstadt mitten im dichten Walde lebte einst ein fröhlicher Junge mit Namen Michael Holz.
An diesem Namen aber stießen sich die anderen Kinder und sie nannten ihn nur den alten Holzmichel. Sie machten sogar ein Spottlied daraus:
Lebt denn der alte Holzmichel noch, Holzmichel noch, Holzmichel noch,
lebt denn der alte Holzmichel noch, Holzmichel noch?
Ja, er lebt noch, er lebt noch, er lebt noch,
ja, er lebt noch, er lebt noch, stirbt nicht.
Dessen ungeachtet entdeckte Michael seine Liebe zu Holzarbeiten. Bald verbrachte er ganze Tage damit, Skulpturen, Schmuckstücke und Haushaltsgegenstände zu schnitzen.
Seine Mutter war recht froh darüber und es hätte alles so schön sein können, wenn sich Michael nicht eines Tages in ein Mädchen verliebt hätte. Er war so fasziniert von dem Mädchen, dass er ihr stumm das schönste Kunstwerk überreichte, das er in den letzten Tagen geschaffen hatte. Sie aber hielt überhaupt nichts davon und schmiss es ihm vor die Füße, dass es in tausend Splitter zerstob. Dabei schimpfte sie noch: „Zieh ab, du oller Holzmichel!“
Das war sehr verletzend und Michael verließ die Stadt und zog in den Wald.
Die Geschichte machte ihre Runde und man erinnerte sich an das alte Lied:
Lebt denn . . .
Der Kinderchor sang: Lebt denn . . .
Der Chor der Feuerwehr sang: Lebt denn . . .
Das Damenkränzchen sang: Lebt denn . . .
Die Armee sang: Lebt denn . . .
Der Kirchenchor sang: Lebt denn . . .
Michael aber lebte friedlich im Wald und schnitzte. Seine Waren verkaufte er in der nächsten größeren Stadt.
Eines Tages wurde ein kleiner Junge eingeschult, den niemand kannte. Die Lehrerin überlegte lange, an wen er sie wohl erinnerte? Und dann fiel es ihr mitten im Unterricht wie Schuppen aus den Haaren und sie begann zu singen: Lebt denn . . .
Ja, Michael hatte die Köhlerstochter zur Frau genommen und einen Sohn bekommen.
Etliche Jahre später stand ein junges Paar vor dem Traualtar und der Pfarrer wusste nicht, woher er den jungen Mann wohl kannte?
Mitten in der Trauzeremonie fiel es ihm plötzlich wie Schuppen aus den Haaren und er begann zu singen: Lebt denn . . .
Dann wurde es still um die Familie Holz. Nur hin und wider erinnerte man sich an das Lied: Lebt denn . . .
Irgendwann beschloss man, die Familie Holz mal zu besuchen. Da stellte sich heraus, dass die alte Köhlerhütte völlig zerfallen war, von den Bewohnern keine Spur. Aber dicht neben der Hütte stand eine sonderbar geformte Eiche. Man konnte ziemlich deutlich die Umrisse von zwei Menschen erkennen, die sich umarmen.
Es war sofort allen klar, dass Michael und seine Frau in diesem Baum stecken und das Lied Lebt denn . . .bekam eine völlig neue Bedeutung. Es ist ja bekannt, dass Eichen sehr alt werden können. Und so singt man noch heute: Lebt denn . . .
 
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Kommentare  

Einfallsreich und sehr lehrsam ist diese herrliche Geschichte und für jedes Kinderzimmer, für jeden Lesekreis und auch für manche Seniorenrunde hervorragend geeignet. Sollen se mal trüben nachdenken. Klopfen wir mal auf Holz.
Waldmanns Heil sagt der Rolf


Siehdichfuer (16.09.2014)

Vielen Dank für eure netten Kommentare.
lg
holdriander


holdriander (13.03.2009)

Das ist aber eine wirklich hübsche Variante zum Lied.

Jochen (13.03.2009)

Ein im besten Sinne des Wortes "netter" Text ("nett" ist ja nicht immer ein gerngesehenes Adjektiv). Nette Idee, nett umgesetzt, nett geschrieben. Und eine nette Nachwehe dieses Randfichten-Hypes...;-)
lg
Christian


Chrstian Hoja (09.03.2008)

Vielen Dank für den netten Kommentar, liebe doska.
Ja, die Fassung von den Randfichten war mir immer zu kurz . . .
lg


anonym (09.03.2008)

Hallo Holdriander!
Das ist ja eine wunderhübsche Geschichte zum Lied vom alten Holzmichel.Schöne Idee. Vor allem gefällt mir, dass Michael trotz allem, was er erlebt hatte, sein eigenes und glückliches Leben führen konnte.


doska (08.03.2008)

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