256


6 Seiten

Das Weiße Königreich - Kapitel 27

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Nach dem feststand, dass das Prinzentum Hellas zusammen mit den Orks und Zwergen ein Heer aufstellte, um gegen die Urikais zu Felde zu ziehen, beschloss die Gruppe um Samuel und Ramon weiterzumachen. Sie waren Michael mindestens diesen Versuch schuldig. Im Zuge dessen stellte Paladin eine schwer bewaffnete Eskorte zusammen, die unter seinem Kommando die Gruppe begleitete.
Man nutzte den Windschatten des Heeres, um unbehelligt Zion zu überqueren, bis zum Mittag dem Heer zu folgen, um dann nach Nordosten weiterzumarschieren. Die 25 Mann starke Eskorte bestand hauptsächlich aus Veteranen der königlichen Garde. Sie hatten sich zum Teil freiwillig gemeldet, als feststand, dass man weitermachte. Zu Ehren Michaels. Einem Helden der Zwerge. Eine andere Art der Ehrbekundung kannten die Zwerge nicht.
Auch wenn sie das Heer als Ablenkung nutzen, um nach Okai zu gelangen, bestand immer noch die Möglichkeit, trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, dass die Urikais Wind von der Sache bekamen. Zu diesem Zweck war zwar die Eskorte da, aber alles hatte seine Grenzen. Daher versuchten sie so schnell wie möglich Abstand zwischen sich und den baldigen Schlachtfeldern im Nordland zu bringen. Das Tempo war dadurch schon nicht ohne. Bisher hielten sich die beiden Jungs auch sehr gut. Für alle anderen war das Tempo kein Problem. Zwischendurch wurden kurze Pausen eingelegt.
Als die Nacht hereinbrach, hatte man ein gutes Stück der Strecke hinter sich. Wenn sie das Tempo durchhielten, konnten Sie innerhalb von zwei Tagen ihr Ziel erreichen.

***
Den Befehl über die Zwergenkrieger des vereinten Heeres bekam Joseph von König Balthasar höchstpersönlich übertragen. Joseph war ein fähiger Kommandeur aus dem Stamm der Sechsten, dem kleinsten aller Zwergenstämme. Für den Zwerg war es natürlich eine Ehre diese Aufgabe übertragen zu bekommen. Jeder Stamm schickte für den zwergischen Teil des Heeres Krieger. Insgesamt 9.000 Mann.
Joseph war ein ungewöhnlicher Zwerg. Er maß stets einen Kopf größer als andere Zwerge. Sein Körper war bullig, nicht zu kugelig. Zudem versah ihn Toran mit einer unglaublichen Kraft. Unter den Sechsten nannte man ihn auch – der Hammer Gottes. Was ihn eigentlich geradezu dafür personifizierte am Amboss in den Schmieden der Zwerge zu stehen. Seine Wahl war jedoch eine andere. Seit er die Geschichten über die Ehrenkrieger hörte, wollte Joseph eines Tages ebenfalls in der Ehrenhalle stehen. Dafür wurde aus dem schlaksigen Zwerg, der schon als Kind größer als alle anderen war, ein bulliger Mann der seinen Körper stählte und die ihm gegebene Kraft einsetzte, um eines Tages ein Ehrenkrieger zu sein.
Seiner Meinung nach, war der Feldzug längst überfällig. Nicht, dass er die Politik seines Königs kritisierte, aber sie hatten die Urikais und Albe im Nordland viel zu lange machen lassen. Als Kommandeur im Stamm der Sechsten war es seine Aufgabe, die Grenze zum Nordland im Osten vor den Biestern zu schützen. Die Urikais mieden mit der Zeit diesen Abschnitt von Zion um nach Eurasien zu gelangen. Wodurch die Patrouillen recht ereignislos verliefen. Manchmal versuchten es die Biester noch. Um dann den Äxten, Streitkolben, Hämmern und Keulen der Zwerge zum Opfer zufallen. Was die Urikais nicht davon abhielt, woanders den Fluss zu überqueren. Die Menschen hatten beim verteidigen der Grenze weniger Erfolg. Ein Urikai stellte sich eher einem Menschen statt einem Zwerg. Irgendwie konnte er diese Wahl verstehen. Niemand stellte sich gerne einem Zwerg. Selbst Albe überlegten es sich zweimal.
Als Joseph kurz innehielt und über das Heer blickte, stellte er fest, dass die Truppen der Orks und Zwerge sich vermischt hatten und gemeinsam marschierten. Hingegen die Menschen blieben unter sich. Eine unsichtbare Trennlinie. Die Schwachstelle im Heer. Er bezweifelte auch, dass bis zum erreichen der Hochburg der Biester, sich etwas daran änderte.
Aus dem Augenwinkel sah der Zwerg, wie sich ein Ork näherte. Sie kannten einander. Hatten zusammen gekämpft und gefeiert. Joseph war froh, dass Clanführer Ra’duk dem Ork das Kommando über die Orktruppen gab.
M’arek gesellte sich zum Zwerg. Es war nicht weiter verwunderlich, dass sich die Truppen ihrer Völker bereits am ersten Tag vermischten. Sicherlich war nicht jeder Ork mit einem Zwerg befreundet, ihre Völker hingegen hegten eine Jahrhundert lange Freundschaft. Ihr Bündnis stammte auch aus einer Zeit, da war die Welt von Eurasien eine andere. Sie hatten einfach ein anderes Verhältnis untereinander, als zu den Menschen. Die in der Regel, sowieso eher unter sich waren. Eine Tatsache, die die unsichtbare Trennlinie im Heer verdeutlichte. Ob es sich je änderte?
„Die Späher haben bisher keine Anzeichen gefunden, dass wir beobachtet werden.“, raunte ihm der Ork mit seiner tiefen kräftigen Stimme zu.
„Sie sind dort.“
Murrend stimmte M`arek dem Zwerg zu. Wenn man Spuren eines Albs fand, dann nur, weil er es wollte. Selbst die besten Fährtenleser stießen da an ihre Grenzen. Ein Heer wie das ihre, zog nicht unbemerkt von den Alben durchs Nordland. Das war ihnen von Anfang an klar. Die Frage, die sich nun stellte. Würden die Albe die Urikais warnen? Wenn ja, erwartete sie ein größerer Widerstand, wie die Menschen glaubten. Wogegen M’arek nicht wirklich etwas einzuwenden hatte. Genauso sah es auch Joseph. Nur bestand das Heer aus drei Gruppen nicht aus Zweien. Ihre stummen Zweifel machten die Kluft der Völker deutlich.

***
Vorsichtig legte Selena die nasse Bandage auf Michaels Rücken. Er zuckte zusammen. Sie tauchte die nächste Bandage in die Schale aus Wasser und Kräutern, ließ den Stoff sich vollsaugen, wringte ihn aus, tauchte den Stoff erneut ein und legte ihn anschließend ihm auf den Rücken. Innerhalb kürzester Zeit hatten sich die Bandagen türkis verfärbt. Je länger sie drauf blieben desto röter wurden sie.
„Du hast ihm nicht die ganze Geschichte erzählt.“, flüsterte Michael schwach.
Selena legte die letzte Bandage auf den Rücken. Vorsichtig nahm sie die erste Stoffbahn wieder runter, tat sie in die Schale und wrang sie aus. Das Wasser wurde sofort türkisfarben.
Umständlich blickte er über seine Schulter. „Das Wichtigste hast du ihm vorenthalten.“
Trotz all ihrer Auseinandersetzungen unterschätzte sie ihn immer noch. Seltsamerweise beruhigte sie es. Denn er hatte recht. Ein entscheidendes Detail hatte Selena ihrem Bruder verschwiegen. Hätte Lazio gewusst, dass sie es ihm verschwieg, wäre Michael tot und sie hätte seinen Platz eingenommen. Sie zweifelte nicht daran, dass Lazio alles daran setzte um zu erfahren, weshalb Selena die Stadt Okai suchte. In dieser Hinsicht unterschieden sich die Geschwister nicht.
Sie legte die Bandage wieder auf den Rücken. Seine Mundwinkel zuckten. Für ihn musste es eine Tortur sein. Das fehlende Klagen und Jammern machte deutlich, aus welchem Holz er geschnitzt war.
Michael legte seinen Kopf wieder auf die verschränkten Arme, schloss die Augen und versuchte sich zu entspannen. Etwas anderes blieb ihm erstmal auch nicht übrig. Jedes Mal, wenn Selena ihm die Bandagen auflegte, durchzuckte ihn ein Schmerz, als wenn sie ihn mit tausenden Nadeln traktieren würde. Der Schmerz wich einem heilsamen Gefühl. Heilung und Leid gingen manchmal Hand in Hand.
Schritte hallten im Gewölbe wieder. Kurz darauf ging knackend die massive Tür auf. Zwei Albkrieger traten ein. Ihnen folgte ihr Fürst sowie sein Handlanger und drei weitere Albkrieger. Selena sah auf. „Es wird Zeit deine Geschichte zu überprüfen, Schwesterherz.“, verkündete Lazio hörbar angewidert von dem, was er sah.
Ein Alb schloss die Zelle auf, betrat sie zusammen mit den anderen. Einer verzurrte Selenas Hände. Plötzlich griffen die Albe nach ihren Schwertern. Sie folgte ihrem Blick. Neben ihr stand Michael. Sein Stand war mehr als wacklig.
Die Albe sahen zu ihrem Fürsten. Er starrte Michael finster an. Dann nickte Lazio. Sie fesselten ihn, obgleich er alles andere als in der Lage war, ihnen gefährlich zu werden. Alleine schon zu stehen musste unglaublich viel Kraft kosten. Längst wurde ihre Bewunderung nicht mehr unterdrückt.
Zusammen verließen sie ihre Zelle, gingen durch das Gewölbe, um irgendwann hinaus in die kalte Nacht zu treten, wo ein Dutzend Albkrieger warteten. Mit Mühe stieg Michael auf den Hengst, nahm die Zügel und sackte in sich zusammen. Selena kam neben ihn. Als er sie ansah, lächelte er verschmilzt.

***
So was hatte Alexander bisher nicht gesehen. Der Grenzposten Almeida war über die Grenzen hinaus überfüllt. Selbst vor den Toren campierten die Leute. Sie drängten sich, um die einzelnen Feuerstellen, hatten teilweise Decken und Mäntel umgehangen und versuchten der aufkommenden Winterkälte zu trotzen.
Im Grenzposten herrschte regelgerechtes Chaos. Die romanischen Soldaten hatten längst aufgegeben, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Sie mussten hilflos mit ansehen, wie die Koordination in sich zusammenfiel. An den Ständen, wo Hilfsgüter ausgegeben wurden, stand eine vereinte Masse Menschen. Alle mit dem Nötigsten zu versorgen, war faktisch unmöglich. Da stündlich mehr Flüchtlinge zum Grenzposten kamen. Sie belagerten ihn regelgerecht.
So schlimm hatte er die Lage nicht eingeschätzt. Ihm wurde bei dem Anblick klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis die Versorgungslage zusammenbrach. Daraus würden Unruhen entstehen. Denen man nur auf eine Weise entgegentreten konnte. Somit blieb den Nachbarstaaten des Fürstentums gar keine andere Wahl.
Niedergeschlagenheit breitete sich in ihm aus. Der Bürgerkrieg war nicht mehr aufzuhalten. Die minimale Hoffnung, dass dem nicht so war, hatte sich aufgelöst. Von nun an, war es mehr als ein Kampf ums Überleben. Alexander schaute zum Mädchen. Ihre Zukunft.
„Major.“, rief jemand aus der Menschenmenge im Grenzposten. „Major.“
Ein Mann in der Uniform der Miliz wühlte sich durch die Menge. Von dem einstigen Glanz der Uniform war nichts mehr zu sehen. Stellenweise war sie zerrissen. Dreck. Getrocknetes Blut war zu erkennen.
Leutnant Frederick eilte zu ihm. „Ich hab die Hoffnung schon aufgegeben sie zu finden.“, sagte er außer Atem. Sein Blick ging zu den Elben. Sofort veränderte sich seine Haltung.
„Ich freu mich ebenfalls sie zu sehen, Leutnant.“, entgegnete Alexander und lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf sich. Frederick sah noch mal zu den Elben. „Weswegen suchen Sie mich den?“
„General Winsor will sie sehen.“ Der Leutnant konnte einfach nicht anders. Er schaute immer wieder zu den Elben. Vermutlich hielt er sie für Albe.
„Warum?“
Verwundert über die Frage sah ihn Frederick an. Das Bild im Grenzposten vermittelte einem alles, was notwendig war. „Es ist Bürgerkrieg. Die Fürstengarde hat Olsterstein abgeriegelt und niedergebrannt. Jene die flüchteten wurden abgeschlachtet.“
Ihm drehte sich der Magen um. Hunderttausend Menschen. Mein Gott! Wieso? Einer seiner Milizionäre brach in Tränen aus. Ein anderer wurde aschfahl und übergab sich.
„Wir ziehen so viele Milizionäre und Freiwillige zusammen, wie wir finden können. Olsterstein soll nicht ungesühnt bleiben.“
Vermutlich lag genau darin die Ursache für die Situation. Alles fing mit der Besteuerung an. Die Zwerge weigerten sich sie anzuerkennen. Der Fürst nahm sie nicht zurück. Stattdessen entzog er den Händlern die Lizenzen. Als die Orks seiner Aufforderung nicht nachkamen, wiederholte er es bei ihren Händlern. So ging es unaufhörlich weiter bis zum Kollaps. War der schon erreicht?
„Er hat das Kommando?“
Frederick nickte.
Darüber war nicht nur Alexander froh. Sein Verhältnis zum General war nicht das Beste. Nichtsdestotrotz konnte er sich niemand besseren vorstellen, der die Miliz in diesem Bürgerkrieg befehligte..
Er teilte den Flüchtlingen mit, dass man nicht länger bei ihnen bleiben konnte. Zwei wehrfähige Männer meldeten sich freiwillig, um sie im Bürgerkrieg zu unterstützen. Alexander konnte es ihnen nicht verübeln. Andererseits zweifelte er, dass sie wussten, worauf sie sich einließen. Er war sich ja nicht mal selbst sicher. Seine Männer folgten ihm.
Als man aufbrechen wollte, schaute Frederick skeptisch zu den Elben.
„Probleme?“, fragte Alexander alles andere als freundlich.
Der Leutnant zuckte bei der scharfen Frage zusammen. „Nein.“
______________________________________________________

-Ende, Kapitel 27-
© by Alexander Döbber
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

Du hast sehr authentisch, die verschiedenen Strömungen und Meinungen in diesem "gemischten" Heer dargestellt. Man fragt sich, wie sie es schaffen wollen, gemeinsam gegen die Urikais und Albe zu kämpfen. Toll, dass man Michael suchen will.

Jochen (15.09.2010)

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Return to Home - Der Feind meines Feindes  
Return to Home - Wer suchet, der findet (Part II)  
Die Templer - Epilog (Ende)  
Die Templer - Kapitel 13  
Die Templer - Kapitel 12  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De