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4 Seiten

Das Weiße Königreich - Kapitel 28

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
Obwohl dieser Tag immer allgewärtig war, konnte der Spion nicht ohne Wehmut zurückblicken. Zumal er seine Aufgabe nicht als erfüllt ansah. In wenigen Tagen würde sein Fehlen auffallen. Lange bräuchte der General nicht, um zwei und zwei zusammen zuzählen. Die Reaktion wiederum hätte er gerne gesehen.
Die Sonne ging in seinem Rücken auf. Zu diesem Zeitpunkt war er seit Stunden unterwegs, hatte sein Leben als Soldat in der königlichen Garde von Andorra hinter sich gelassen. Von nun an war er ein Mann, dessen Brüder und Schwestern sich endlich niederlassen wollten, ohne eines Tages befürchten zu müssen, wieder vertrieben zu werden. Aus diesem Grund hatte ihn der General an den Hof von Andorra geschickt. Schon seit Längerem fragte er sich, inwiefern seine Informationen dazu beitrugen, dass das samoanische Volk sich in Eurasien niederlassen konnte.
Für ihn besaßen die Informationen, die der General erwartete, wenig Bedeutung. Die momentane Entwicklung in den Königreichen, dem Fürstentum und bei den Zwergen und Orks war alles andere als rosig.
Hatte der General es darauf abgesehen? Ein Verdacht kam in ihm hoch. Das konnte unmöglich sein! Der Widerspruch verfehlte seine gewünschte Wirkung. Ihm wurde allmählich klar, dass der General jedes Mittel einsetzen würde, um dem samoanischen Volk das zu geben was ihm zustand. Eine Heimat.

***
Die Nacht über ritt der Tross des Albefürsten zusammen mit den Gefangenen durch. Gelegentlich schien der Mond durch die dicken Wolken am Himmel. Als die Morgendämmerung einsetzte, machten die Albe an einem Bachlauf halt.
Zwei Späher tauchten aus dem Nichts auf, unterrichteten den Fürsten und verschwanden wieder. Über was sie Selenas Bruder berichteten, war nicht schwer zu erraten. Das Vereinte Heer musste inzwischen das Grenzland verlassen haben und im Nordland unterwegs sein. Früher hätte Lazio so etwas nicht tatenlos hingenommen. Auch wenn man sich das Nordland mit den Urikais teilte, sahen es die Albe als ihr Reich an.
Daher entbehrte es nicht einer gewissen Ironie, dass das, was Selena suchte, genau dort lag, wo ihr Volk lebte. All die Jahre befand es sich direkt vor ihrer Nase. Wer konnte das voraussehen?
Der Tross setzte sich wieder in Bewegung. Bei Sonnenaufgang sahen sie die Gipfel der Wächter Eurasiens.

***
Zur selben Zeit sahen Samuel und Ramon mit den Anderen am Horizont die schneebedeckten Gipfel. Durch die Sonne strahlten sie, ein gewisses Funkeln aus. Je näher sie ihnen kamen, desto gewaltiger türmten sich die Wächter vor ihnen auf. Ihr Anblick hatte etwas Furcht einflößendes. Andererseits konnte die Furcht auch daraus resultieren, dass keiner so recht wusste, was sie dort erwartete.
Was barg die Stadt Okai? Warum interessierte sich die Albin für die versunkene Stadt? Fanden sie das legendäre Weiße Königreich? Bald würde Samuel seine Antworten bekommen. Nur fragte er sich insgeheim, ob er sie überhaupt wissen wollte. Nicht umsonst waren Geheimnisse, das was sie waren, eben Geheimnisse. Mit Sicherheit hatten die Ritter ihre Gründe den Standort von Okai zu verschleiern.
Furcht überkam ihn.

***
Der Sonnenaufgang verhieß nichts gutes. "Je nachdem aus welcher Sicht man die Sache betrachtete," schränkte Joseph ein. Bei der Morgendämmerung loderte der Horizont orangerot. Manch einer würde es Omen nennen, denn es bedeutete, dass bei Sonnenuntergang manch einer nicht mehr unter den Lebenden weilen würde. Aus Sicht der Zwerge, die einen gewissen Aberglauben bei diesen Naturschauspielen besaßen, hieß es, manche von ihnen würden an die Pforte treten, ihren Namen lesen und Toran um Einlass bitten.
Die ersten Auseinandersetzungen an diesem Tag waren eher Geplänkel. Vereinzelte Horden Urikais, die mehr zufällig dem Heer über den Weg liefen, wurden in Scharmützeln ohne größere Schwierigkeiten ins Jenseits befördert. Jene Urikais die Überlebten, oder zu feige waren, sich dem Heer entgegenzustellen, brachten die Neuigkeit zu ihren Artgenossen.
Anfangs mussten die Hordenführer es wohl für einen Trick aus ihren eigenen Reihen gehalten haben, denn sie schickten keine Kundschafter oder stellten sich dem Heer. Ein Vorauskommando aus Menschen, Zwergen und Orks stolperte mehr oder weniger über ein Hordenlager. Die anfängliche Überzahl der Urikais konnten die Biester wegen dem Überraschungseffekt, einem Trupp aus Menschen, Orks und Zwergen gegenüberzustehen nicht nutzen. Im Verlauf des Kampfes hingegen rotteten sich die Überreste der Horde zusammen und lieferte dem Vorauskommando einen anspruchsvollen Kampf. Am Ende hatten der Kommandotrupp elf Tote zu beklagen. Während von der Horde lediglich eine Handvoll Biester überlebten, weil sie zu feige waren bis in den Tod zu kämpfen.
Von da an mussten die Hordenführer ihren Machtkampf auf Eis gelegt haben, um sich gemeinsam den Eindringlingen entgegenzustellen. Das zumindest war Josephs Schlussfolgerung. Denn auf der anderen Seite der Senke stand ein Heer der Urikais.
Der Zwerg Kommandeur sah zum Himmel. Die Sonne stand am höchsten Punkt. Vereinzelte Wolkenfelder schoben sich vor sie. Sein Blick ging zurück zum Heer des Feindes. Auch wenn ihn das Prickeln vor einem Kampf längst heimgesucht hatte und sich Joseph freute einige Biester ins Jenseits zu schicken, war er auch enttäuscht. Früher hätten ihnen doppelt, vielleicht sogar dreimal so viele Urikais gegenübergestanden. Sicher blieb es eine Herausforderung, aber sie war nicht so fordernd, wie Joseph es sich insgeheim wünschte.
Auch musste diese Schlacht erst geschlagen werden, warnte er sich selbst. Weiterhin hielt er die Menschen für die Schwachstelle im Heer. Während die Zwerge mit den Orks die Flankenpositionen innehielten, nahmen die Menschen das Zentrum ein. Was ein Risiko darstellte. Brach nämlich das Zentrum zusammen war die Flanke auf sich gestellt und stand einer Übermacht gegenüber.
Bei der Stabsbesprechung war er nicht explizit darauf eingegangen. Was eigentlich nicht seine Art war. Ansich war die Strategie keine schlechte. Am Ende würde sich zeigen, was sie wert gewesen ist. Joseph glaubte zwar nicht an eine Niederlage, aber man war nur so stark wie das schwächste Glied. Bei diesem Gedanken ging sein Blick automatisch zu den Menschen.
„Für unseren König.“, schrie er schließlich, als das Zeichen zum Angriff kam.
„FÜR UNSEREN KÖNIG.“, brüllten nahezu 5000 Zwerge.

***
Wenn man nicht direkt danach suchte, konnte man einfach daran vorbeigehen. Selbst wenn ersteres nicht zutraf erwies es sich immer noch als Herausforderung. Die mächtigen Steintore hatten ohne Zweifel schon bessere Tage erlebt. Sie waren für die Ewigkeit erbaut worden. Was fehlte war die Wartung und regelmäßige Benutzung.
Sie ragten zehn Meter in die Höhe, waren fünf Meter breit und besaßen eine dicke von drei Metern. Um sie zu öffnen, brauchte es einen ausgeklügelten Mechanismus. Für solche Fälle waren die Zwerge die erste Anlaufstelle.
Lediglich die Kraft der Natur war in der Lage den Steintoren zuzusetzen. Anders konnte sich niemand erklären, wieso eines beschädigt war und damit unfreiwillig Einlass gebot. Sie stiegen über die scharfkantigen, mit Moos bewachsenen Felsen vor dem Tor. Eine Felslawine hatte dem Tor einen Damm beschert.
Dahinter kam ein Gang, der breit genug war, dass Orks in Fünferreihen ihn benutzen konnten. Beim entlanggehen fielen einem die Furchen, Kerben, Kratzer und Schrammen im Felsgestein ein. Worher all das kam, konnte sich jeder vorstellen.
Das Ende vom Gang mündete in eine Trichter ähnliche Kammer. Auch hier sah man deutliche Spuren eines Kampfes. Was Samuel und seine Freunde hinter der Kammer erwartete, damit hatte wohl niemand gerechnet.
Sie traten auf ein Plateau hinaus. Wie bei Tribünen eines Amphitheater ging es hinunter in die Talsohle. Wo nach gut 25 Meter Freifläche die ersten Gebäude der einstigen Königsstadt Okai des Weißen Königreichs kamen.
Von ihrem Standort aus, sah Okai wie eine Spielzeugstadt aus. Man hatte einen unglaublichen Überblick, der einem eine Gänsehaut bescherte. Jedenfalls erging es Samuel so. Sie hatten die versunkene Stadt gefunden. Ein Anflug von Traurigkeit überkam ihn. All die Jahre verbrachte der Magistrat damit sie zu finden. Für seine Suche musste er mit seinem Leben bezahlen. Für ihn war nicht ersichtlich, was der Grund dafür sein mochte. Letztenendes blieb Okai doch nur eine Stadt, die das Zentrum vom legendären Weißen Königreich war.
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-Ende, Kapitel 28-
© by Alexander Döbber
 
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Kommentare  

So nun ist die versunkene Stadt gefunden, das Zentrum vom weißen Königreich. Doch was wird das Samuel und seinen treuen Kameraden bringen? Ich muss gleich weiterlesen.

Jochen (15.09.2010)

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