382


30 Seiten

Ein schmaler Grad - Kapitel 13-14 (Historisch)

Romane/Serien · Romantisches
© Lilly
Kapitel 13

„Der wahre Heldenmut besteht darin,
über das Elend des Lebens erhaben zu sein“
Napoleon Bonaparte

------------------------------------------------------

Beschämt blickte Niall auf Lea die noch immer regungslos hinauf zur Treppe sah. Er konnte ihre Mimik nicht lesen, nicht erkennen was gerade in ihr vorging.
„Das ist äußerst unangenehm.“
Meinte sie auf einmal schlicht, bevor sie MacNamara folgte, noch bevor Niall sie aufhalten konnte. Dieser stand vor der Frau und redete wild gestikulierend mit ihr. Ihr Gesicht war bleich und wütend zugleich, es schien, als müsse sie sich erst noch entscheiden ob sie ihn anschreien sollte oder lieber schlagen.
„Entschuldigt bitte“, sagte Lea übertrieben gelassen, als sie hinter ihm stehen blieb. Erschrocken drehte er sich um und wusste nicht, was er sagen sollte. Er sah aus wie ein kleiner Junge den man bei etwas Verbotenem erwischt hatte und der nun auf seine Strafe wartete.
„Es wäre freundlich gewesen, Laird, wenn Ihr mir erzählt hättet, was – oder wer mich hier erwartet. Ich fühle mich ein wenig erniedrigt.“
Und das meinte sie vollkommen ernst, auch wenn ihre sachlich gesprochenen Worte anderes vermuten ließen.
„Lea, ich …“, begann er verunsichert, doch sie hob ihre Hand und meinte kühl:“ Es ist in Ordnung, noch sind wir kein Bündnis eingegangen und noch haben wir uns keine ewige Liebe geschworen“, er war überrascht wie gekonnt sie ihr Spiel spielte:“ Doch bis dahin solltet Ihr das“, ihr Blick viel auf Cait und Lea musterte sie von Kopf bis Fuß, bevor sie sich ihm wieder zuwandte und kühl weiter sprach:“ Geregelt haben. Ich teile nicht gerne, MacNamara, auch wenn mir der Besitz so viel bedeutet wie eine Handvoll Scherben.“
Er war sprachlos, genauso wie Cait, deshalb meinte sie innerlich triumphierend:“ Ich würde mich jetzt gerne etwas frisch machen und ausruhen, die Reise war lang und anstrengend. Wo bitte werde ich schlafen?“
Er nickte nach kurzem Zögern und rief etwas verstört wirkend:“ Niall, zeig meiner Verlobten ihr Zimmer. Sie bekommt das direkt neben dem meinen.“
Niall kam mit schnellen Schritten nach oben gelaufen, ihre Tasche in seinen Händen und ging voran durch die Tür. Lea wandte sich noch einmal MacNamara zu und fragte hörbar ironisch:“ Glaubt Ihr es ist gut wenn ich ein Zimmer neben dem Euren habe?“
Sie blickte noch einmal auf Cait, lächelte ihr zu und betrat dann das innere der Burg. Lea hatte es nicht gezeigt, doch als sie erfuhr wer diese Frau war und welchen Stellenwert sie einnahm, wurde ihr übel und ihr Bauch begann zu schmerzen. Sie verstand nicht weshalb, aber sie hätte am liebsten geweint, ihn sogar geschlagen und das machte sie wiederum so wütend, dass sie es schaffte mit solch einer Gleichgültigkeit darüber zu stehen, dass es sie es im nachhinein selbst überraschte.
„Das ist nicht wirklich dein Ernst, Seamas?“
Wollte Cait wissen, nachdem Lea außer Sicht- und Hörweite war.
„Sie ist eine Sasunnach (Engländer).“
Hass stieg in ihr auf und sie konnte ihre Abscheu nicht verbergen, sie wollte es auch gar nicht.
„Sie ist nicht von schottischem Blut und wie mir scheint, bringt sie dir keinerlei Respekt entgegen“, sanft lehnte sie sich an seine Brust und spielte verträumt mit seinem Plaid:“ Sie ist deiner nicht würdig … und anscheinend auch nicht willig.“
Wenn sie so säuselte, spürte er, dass auch er nur ein Mann mit Gelüsten war und ihm wurde bewusst, das Cait mehr recht hatte als sie ahnte. Auch wenn er sich jetzt nach Nähe sehnte, war es beileibe nicht die ihre. Nein, er wollte Leathendra Bradley und egal wie hoch dieser Preis sein würde, um dies zu erlangen, er würde es zahlen. Bestimmend schob er Cait beiseite und erklärte ihr gezwungen freundlich:“ Nicht jetzt, ich bin müde.“
Dann ließ er sie einfach stehen und verschwand auch im Schloss.
Wütend blickte sie ihm nach und ahnte, dass dies alles nicht gut enden würde, und das wahrscheinlich für sie. Doch so einfach ließ man sie nicht stehen, so einfach würde sie nicht die Segel streichen und verschwinden. Nein, nicht sie. Kämpferisch reckte sie ihr Kinn, verzog ihre Augen zu Schlitzen und flüsterte zu sich selbst:“ Nicht nach all dieser Zeit, Gott verdammt nein, es ist mir vorbestimmt und nur mir allein.“


Über drei Stunden befand sich Lea in ihrem kleinen und überaus karg möblierten Zimmer und wartete darauf, das etwas geschah, doch nichts tat sich. Niemand kam und kümmerte sich um sie oder sagte ihr, was sie tun sollte, geschweige denn was man nun von ihr erwartete. Lange saß sie einfach nur da und wartete gelangweilt, während sie in den kalten Kamin blickte. Irgendwann jedoch legte sie sich etwas hin, wickelte eine Decke um sich, denn sie war einfach zu müde und die Stille um sie herum machte sie noch schläfriger. So dauerte es nicht lange, bis sie tief und fest eingeschlafen war.
Irgendwann jedoch wurde sie wach, weil ihr Zimmer in ein warmes Rot getaucht war und eine angenehme Wärme sie umfing. Eine junge Magd stand vor ihrem Kamin und fachte das Feuer noch etwas mehr an. Sie schien vollkommen konzentriert zu sein und summte eine leise Melodie. Lea setzte sich auf, das Bett knarrte und just in diesem Moment schreckte das Mädchen herum. Entsetzt blickte die Magd Lea an und schien irgendwie vollkommen eingeschüchtert in sich zusammen zu sacken. Lea versuchte ihr ein warmes lächeln zu schenken, doch die offensichtliche Einschüchterung dieses jungen Mädchens, machte es ihr nicht leicht.
„Hallo“, meinte sie somit im angestrengt ruhigen Ton und rutschte auf die Kante ihres Bettes:
„Ich bin Leathendra Br“, Lea stockte mit einem Mal und verbesserte sich hastig:“ Stuart.“
„Ich weiß Mylady“, begann das Mädchen mit einer piepsigen Stimme, ohne sie auch nur einmal ansehen zu können:“ Mein Name ist Pfio, und nur für Euch zuständig.“
„Das ist aber sehr freundlich von dir Pfio.“
Meinte Lea überrascht und lächelte sie erneut freundlich an, doch Pfio meinte, ohne anscheinend zu wissen, wie es sich vielleicht anhörte oder verstanden werden könnte:“ Ein Befehl des Lairds, Mylady.“
Lea seufzte leise und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, während sie meinte:“ Ich würde gerne baden, Pfio.“
„Natürlich Mylady, die Reise war sicherlich einer nicht Dame würdig, ich kümmere mich sofort darum.“
Einer Dame nicht würdig? Wahrscheinlich hatte der Laird ihr auch aufgetragen, sie nicht wie eine Aussätzige zu behandeln und sie wie sie Pfio einschätzte, machte sie alles was ihr Laird von ihr verlangte, selbst wenn es sich um eine Engländerin handelte. Lea nickte stumm, in der Hoffnung, sie würde das gleich veranlassen und das tat sie dann auch. Und schon war Lea wieder alleine.
Einige Bedienstete schafften nach kurzer Zeit eine schwere gusseiserne Wanne in ihr Zimmer und füllten diese nach und nach mit heißem Wasser auf. Bis auf Pfio, die ihr beim Auskleiden und Waschen helfen wollte, verließen dann alle wieder ihre Räumlichkeit, doch nicht, ohne sie wie eine seltsame Kuriosität zu betrachten. Lea versuchte so zu tun, als würde ihr dies nicht auffallen, doch sie spürte ihre Blicke auf jeden Millimeter ihres Körpers und irgendwie fühlte sie sich hier ausgeliefert, was sie bei den MacKneeles so nie empfunden hatte.
Warum war das so? Warum war es ihr hier so wichtig, was man von ihr dachte, wie man sie ansah? Vielleicht weil sie nicht die sein durfte, die sie war? Vielleicht weil sie nicht wusste wohin ihr Leben sich bewegte? Sie wusste es einfach nicht, egal wie sehr sie sich auch anstrengte, nichts kam ihr so Logisch vor, dass es ihr als Erklärung genügen würde.
Noch bevor sie sich entkleiden konnte, um ein unglaublich benötigtes und wohltuendes Bad zu genießen, klopfte es an ihrer Tür und Lea hielt schwer seufzend in ihrer Bewegung inne. Zuerst kam niemand, man überließ sie einfach sich selbst und nun kam einer nach dem anderen und sie fand einfach keine Ruhe, um endlich einmal etwas entspannen zu können.
Einer der Bediensteten, der die Wanne getragen hatte, kam zurück und sagte etwas zögerlich: „Mylady, der … der Laird wünscht, dass ihr jetzt mit ihm und seinen Männer speist.“
„Jetzt?“
Fragte Lea schockiert noch einmal nach und blickte sehnsüchtig zur dampfenden Wanne hinter sich. Sie war so schmutzig, sie stank und all ihre Gelenke schmerzten durch die Kälte und dem harten Sattel.
Er nickte schüchtern auf ihre Frage hin, den Blick auf den Boden geheftet.
„Sag ihm bitte, dass ich bade, müde bin und eigentlich auch gar keinen Hunger habe. Ich bin einfach nur erschöpft und will nun meine Ruhe.“
Er wurde schlagartig bleich und meinte verlegen:“ Aber Mylady, er wünscht es.“
„Und ich sage nein, soll doch seine Cait mit ihm speisen und jetzt raus hier.“
Lea war wütend und es wurde nicht besser, als er zögerte und sie schockiert anstarrte. Sie widersprach einfach seinem Laird, wusste sie denn nicht, dass man ihn besser nicht reizte? Nein woher auch, dachte er, sie war eine unwissenden Sasunnach, wahrscheinlich vom Leben verwöhnt und würde ihn noch schnell genug kennen lernen.
Als Lea noch einmal zu ihm hin blickte, stand er noch immer da.
„Was ist, worauf wartest du? Ich werde meine Meinung nicht ändern, geh und sag es ihm.“
Verwundert nickte er und verschwand auf einmal ganz schnell.
„Oh … Mylady“, sagte Pfio schüchtern, mal wieder auf den Boden starrend:“ Das wird dem Laird ganz und gar nicht gefallen.“
Hastig half sie ihr beim Auskleiden, weil Lea schon längst begann und Lea meinte, während sie seufzend in die Wanne stieg:“ Er wird sich daran gewöhnen müssen.“
Gerade als Lea sich hinlegte, und das warme und nach Rosen duftende Wasser ihren Körper umspielte, sprang die Tür auf und schlug laut gegen die dahinter liegende Wand. Das Holz hätte eigentlich zerspringen müssen, doch es hielt dieser Wut stand. Pfio stellte sich geistesgegenwärtig vor die Wanne, um dem Laird die Sicht zu nehmen und rief vollkommen erschrocken aus:“ Laird, die Lady ist nicht angekleidet.“
Lea rutschte erschrocken etwas tiefer in die Wanne und spähte über deren Rand. Und das was sie sah, gefiel ihr ganz und gar nicht. Denn der eingeschüchterten Magd, stand der äußerst wütenden MacNamara gegenüber und scharrte fast mit seinen Füßen. Schnell zog sie ein Handtuch, das auf einem Stuhl neben der Wanne lag über sich.
MacNamara schaute mit solch einer Leichtigkeit über Pfio hinweg, das Lea froh war, sich etwas bedecken zu können, auch wenn es offensichtlich nicht viel brachte. Sein Blick brannte auf ihr und schien sie in Stücke reißen zu wollen. Es erinnerte sie an ihr erstes Zusammentreffen, wie er ihr mit Folter drohte und sie sich kühn zu ihm über den Tisch gebeugt hatte um ihm Kontra zu geben. Unweigerlich musste sie schmunzeln.
„Verschwinde!“ schrie MacNamara Pfio an, die fast vor Schrecken zusammenklappte, aber dann sofort davon rannte. Laut knallte er die Tür hinter der verängstigenden Magd zu und näherte sich dann langsam der badenden Lea. Er blickte starr in ihr Gesicht, während er versuchte krampfhaft ihren Körper zu meiden und sich erhoffte Angst in ihrer Mimik zu erkennen. Doch das Einzige, was er sah, war ein freundliches und warmes Lächeln. Lea hatte eine Augenbraue in die Höhe gezogen und schien sein Handeln offensichtlich nicht ganz nachvollziehen zu können.
„Was wollt Ihr von mir, MacNamara … und warum stört Ihr mein verdientes Bad? Dies gehört sich nicht, um Himmels willen, ich bin nackt.“ wollte sie wohlig seufzend von ihm wissen und machte es sich wieder etwas bequem.
Aufgebracht lief er auf und ab, seine Augen krampfhaft von ihr abgewandt und musste sich zusammenreißen, sie nicht anzuschreien, während er ihr, in seinen Augen unnötigerweise, seine Wut erklärte:“ Ich habe schlichtweg von Euch verlangt, dass Ihr mit mir und meinen Männern speist.“
„Und da haben wir mein Problem“, begann Lea sachlich:“ Ihr habt verlangt! Ich bin nicht Euer Hund, dem man einfach Befehle erteilen kann“
Abrupt blieb er stehen und sein Blick blieb auf ihrem nackten Knie hängen, das etwas aus dem Wasser reichte. Das Feuer des Kamins spiegelte sich in den Tropfen auf ihrer Haut und es war für ihn so, als wäre sie über und über mit Edelsteinen bedeckt.
„Gott verdammt, starrt nicht so. Seht gefälligst weg!“,fuhr sie ihn verwirrt an und zog es unter das Handtuch.
Es bedeckte zwar ihre Nacktheit, aber umschmeichelte unglaublich aufregend ihre weiblichen Reize, denn es klebte an ihrem Körper wie eine zweite Haut. Ob sie sich dessen bewusst war, dachte er, und ein undefinierbares Grinsen zeichnete sich auf seinen Lippen ab? Sie hatte wirklich einen atemberaubenden Köper, vollendete Kurven und eine Haut so rein ...
„Ich starre so viel ich will, Ihr seid schließlich meine Verlobte.“ meinte er gelassen aussehend und verschränkte überheblich seine Arme vor der Brust.
Lea richtete sich abrupt etwas auf, das Tuch fest an sich gedrückt und starrte ihn überaus wütend an. Er sah unbeschreiblich gut aus, wie er da so stand und sie versuchte aus der Fassung zu bringen, stellte sie für sich erschrocken fest. Seine Haare schienen etwas geschnitten zu sein er hatte sich frisch rasiert und wahrscheinlich auch gebadet und das brachte sie schnell wieder zum eigentlichen Thema zurück.
„Verfallt Ihr jetzt in einem Wahn“, wollte sie sichtlich erschrocken aussehend wissen:“ Ich bin nicht Eure Verlobte, dies ist nur eine Tarnung, die Ihr mir auferlegt habt, mehr nicht. Vergesst das bloß nicht, MacNamara!“
Schockiert sah sie zu, wie er einen Sessel, der vor dem flackernden Kamin stand, umdrehte und etwas näher rückte. Langsam ließ er sich darin nieder und machte es sich bequem. Seine Arme wieder vor der Brust verschränkt, erklärte er ihr gnadenlos triumphierend:“ Nun, alle glauben es hier, also müssen wir das Bild doch wahren … Liebste.“
„So … müssen wir das?“
Wollte Lea skeptisch flüsternd wissen und er nickte überzeugt.
„Dann gehört es wohl auch zu meinen Aufgaben, meiner ehrvollen Pflicht als Eure Verlobte, Eure Geliebte davon zu jagen … Liebster?“
Flötete sie Heuchlerich hervor und klimperte übertrieben mit ihren langen dunklen Wimpern. Doch MacNamara zuckte nur mit seinen Schultern und meinte gleichgültig aussehend:“ Wenn Ihr dies für notwendig erachtet, werde ich Euch nicht davon abbringen.“
Lea runzelte überrascht ihre Stirn, denn diese Antwort hatte sie jetzt wirklich nicht erwartet.
„Aber …“, sie war sichtlich schockiert:“ Aber liebt Ihr diese Frau denn nicht?“
„Wenn ich das täte, dann hätte ich sie doch schon längst geheiratet, oder meint Ihr nicht?“
Antwortete er prompt und leicht gereizt klingend. Lea lehnte sich wieder zurück und versuchte ihm gleichgültig zu antworten:“ Was weiß ich schon? Ich kenne Eure Gefühle nicht und daher weiß ich auch nicht, wie Ihr diese äußert. Und dazu kenne ich Euren Charakter noch viel weniger, um zu wissen, dass Ihr mit einer Frau ausdauernd Euer Lager teilt, für die Ihr rein gar nichts empfindet. Und das Schlimmste an dieser Sache ist wohl“, Lea blickte ihm tief in die Augen, ihre Stirn sacht in bedenkliche Falten gelegt:“ Das sie Euch anscheinend sehr mag und mehr von Euch erhofft, als Eure Liebeleien im Bett.“
Gemächlich beugte er sich etwas nach vorne und fragte neugierig:“ Und das habt Ihr alles in der einen Minute erkannt, in denen Ihr Cait gegenüberstandet?“
„Eine Gabe von mir und all den anderen Frauen auf dieser Welt, Laird MacNamara! Ich konnte es in ihren brennenden Augen sehen … Oh diese Frau war unbeschreiblich wütend und zutiefst verletzt und ich rate Euch an, solche Gefühle niemals zu unterschätzen, oder einfach so abzutun.“
Ohne auf ihn zu achten oder auch nur zu versuchen seinen seltsamen Blick auf ihre Worte hin deuten zu wollen, tauchte sie unter und durchnässte somit ihr gesamtes leicht verfilztes Haar. Er machte sie unbeschreiblich nervös, das kannte sie nicht, es war ihr vollkommen neu. Sie musste unbedingt auf andere Gedanken kommen, einfach nicht mehr an ihn denken.
„Wie lange wollt Ihr noch dort drin bleiben, wir haben Gäste?“
Fragte er ungeduldig als sie wieder aufgetaucht war und Lea erklärte ihm, nachdem sie sich gemächlich das Wasser aus dem Gesicht gerieben hatte:“ Hm … das ist einfach, nämlich so lange Ihr hier seid, werde ich den Teufel tun und dieses göttliche Bad verlassen, auch wenn ich Euch damit enttäuschen mag“, kühn schielte sie zu ihm herüber:“ Und Ihr habt mir meine Hilfe davon gejagt und so wie sie aussah, als Ihr sie angeschrien habt, glaube ich kaum, dass sie es jemals wagen wird, dieses Zimmer zu betreten, ohne Euch um Erlaubnis zu bitten.“
„Und was heißt das nun für mich?“
Er rutschte ungeduldig im Sessel umher. Verflucht, dachte er, sie raubt mir den Verstand. Ihre nur leicht bedeckte Nacktheit, die sie zu seiner Überraschung kaum störte, ihr zart geschnittenes, anmutig wirkendes Gesicht, das durch die nassen glatten Haare noch schöner zur Geltung kam und ihre Augen, die im Schein des Feuers aussahen, als wären sie aus leuchtendem Bernstein, schienen ihr nicht Bewusst zu sein und schon gar nicht, wie er auf sie reagierte. Er wollte sie, sein ganzer Körper verzehrte sich nach ihr! Bei Gott, sie machte ihn schier wahnsinnig, er war so verletzlich, wenn er in ihrer Nähe war und verhielt sich wahrlich wie ein einfältiger Idiot.
„Das heißt, dass Ihr auf mich warten müsst, Seamas MacNamara“, antwortete sie ihm und riss ihn aus seinen verwirrenden Gedanken:“ Auch wenn das für Euch eine vollkommen neue Erfahrung sein mag.“
Ihre funkelnden und schelmisch grinsenden Augen durchdrangen ihn. Einen Moment hielt er diesen stand, er wollte sie unbedingt küssen, jetzt sofort.
Lea sah, wie etwas seltsames in seinen Augen funkelte und er ihren Blick nicht los ließ. Doch da erhob er sich auf einmal unvermittelt und ging, die Tür laut hinter sich zu knallend.
Erleichtert sackte sie wieder zurück und atmete tief aus. Sie hatte sich etwas mulmig gefühlt, auch wenn sie es nicht zeigte, hatte sie in diesen Minuten Besorgnis verspürt er würde diese Situation nutzen und sich ihrer bemächtigen. Sie erkannte seinen Blick, sie erkannte die Lust darin und den Kampf mit sich selbst und der Zurückhaltung. Und ihr wurde auf einmal erschreckend bewusst, dass sie sich wahrscheinlich dem gar nicht verwehrt hätte.
Sie wurde leichtsinnig, bei Gott, was geschah nur mit ihr, wenn er in ihrer Nähe war? Sie wollte sich mit ihm streiten, ihm seine Grenzen aufzeigen und doch wollte sie auch, dass er sie öfter so ansah wie gerade eben. Zum ersten Mal in ihrem Leben, wollte sie tatsächlich begehrt werden. Sie wollte sich so geben, dass er sie begehren musste. Himmel, schoss es in ihre Gedanken, sie verhielt sich wie eine Hure … wahrscheinlich das, was auch Cait tat, um sich seiner zu bemächtigen.
Nach einem Augenblick des Schreckens, der verwirrten Gedanken, begann sie sich zögerlich zu waschen. Auch wenn sie nicht wollte, sie musste an diesem Fest teilnehmen, schließlich mussten sie die Fassade aufrecht erhalten, ging es doch um Jasons Tot und so viele Lebenden.
Eine Stunde brauchte ihr Haar, bis es endlich am Feuer getrocknet war. Es rollte sich zu zarten Locken auf und sie ließ es offen, nur die Seiten nahm sie etwas nach hinten und befestigte diese an ihrem Hinterkopf mit einer dunkel goldenen Spange, die ihr vor Jahren einmal ihre Mutter geschenkt hatte. Man hatte ihr ein dunkelbraunes, mit goldenen Ornamenten besticktes Kleid gebracht. Es war schön, passte wie angegossen und Lea fragte sich, woher er es nur hatte.
Es war nicht sehr offenherzig und das war auch gut so, denn wer sollte sie hier beschützen, wenn selbst der Laird ein Auge auf sie geworfen hatte?
Es war nicht der Ort und schon gar nicht die Zeit für Liebeleien, auch wenn sie sich immer mehr von ihm angezogen fühlte und sich immer mehr nach seiner Wärme sehnte.

Sie hörte selbst auf ihrem Zimmer, dass man nach dem Essen den seltenen Wein ausgiebig fließen lies und die Stimmung mit jeder vergangenen Minute ausgelassener wurde. Noch einmal strich sie den Stoff ihres Kleides glatt und wollte schon nach draußen gehen, als Pfio wieder das Zimmer betrat. Zögerlich und leicht verängstigt.
„Der …“, stotterte sie verlegen:“ Der Laird möchte, das Ihr den Plaid von seiner Familie tragt, wegen der Gäste die eingetroffen sind.“
„Wer ist denn gekommen?“
Sie konnte nur schwer ihre Verunsicherung verbergen, doch Pfio schien dies nicht wahr zu nehmen, sie war anscheinend selbst zu sehr mit ihrer Schüchternheit und Ängstlichkeit beschäftigt.
„Die Familie des Clans der Blair. Sie stehen gut mit uns und wollen dem Laird ihre Ehre erweisen, indem sie ihm zu seiner Rückkehr begrüßen.“
Lea nickte, innerlich erleichtert und ließ sich den Plaid anlegen.
„Ich danke dir“, sagte sie und wollte gehen, doch die piepsige Stimme der kleinen Magd hielt sie noch einmal zurück.
„Mylady?“
Lea sah sie an und bemerkte schnell, dass dieses kleine schüchterne Ding ihr etwas sagen wollte, sich aber nicht so richtig traute, also half sie ihr:“ Pfio, was ist? Du kannst mir wirklich alles sagen. Jedes Wort, das in diesen vier Wänden gesprochen wird, wird diese auch nicht verlassen, das verspreche ich dir.“
Endlich blickte sie auf und Lea sah zum ersten Mal wie blau ihre Augen doch waren.
„Ihr seid ganz anders, als die Geschichten, die man sich über Engländer so erzählt.“
Lea musste über diese kindlich wirkende Feststellung schmunzeln, unterdrückte aber ihre Belustigung gekonnt und sagte ernst:“ Nun, leider stimmen viele dieser Geschichten, doch lebten hier einst einmal enge Verwandte von mir und seit kurzer Zeit habe auch ich Freunde in Schottland gefunden und so bin ich nicht so überschüttet von Vorurteilen … oder sagen wir es einmal so, mir wurde die Gelegenheit gegeben mich zu revidieren.“
Pfio lächelte sie süß an und gestand ihr endlich, was ihr auf dem Herzen lag:“ Ich dachte nur, Ihr solltet wissen, dass … dass Cait an der linken Seite des Lairds sitzt und für Euch die rechte vorgesehen ist.“
Was hatte sie da gerade gesagt? Sie konnte sich nur verhört haben? Das konnte nicht wahr sein? Wollte er sie etwas verhöhnen und öffentlich demütigen? Oder war er einfach nur äußerst dumm?
„Er will, dass sie und ich gemeinsam neben ihm sitzen?“
Lea klang atemlos und Pfio nickte scheu. Sie war sich anscheinend bewusst, dass dies Probleme nach sich ziehen würde. Welche Frau, die auch nur etwas Würde besaß, würde sich das gefallen lassen?
Oh, was war sie nun wütend und verletzt zugleich, dieser Mann hatte wirklich keine Ahnung von der Gefühlswelt der Frauen. Und er hatte überhaupt keine Ahnung von ihr. Wie sollte er auch, schließlich kannte er einzig und allein den Namen von ihr.
Die Magd beobachtete neugierig wie sie einmal tief durchatmete, kurz ihre Augen schloss und auf einmal liebevoll lächelte, als gäbe es dieses Problem gar nicht.
Pfio war verwirrt, ein seltsames Verhalten legte diese englische Lady an den Tag.
„Nun kleine Pfio“, begann sie mit samtweicher Stimme:“ Dann werde ich das Erziehungsspiel des Lairds einmal gekonnt durchkreuzen. Er will mich wohl eifersüchtig machen, mir meine Ignoranz gegenüber dem Problem Namens Cait nehmen. Doch das werde ich geschickt zu vereiteln wissen. Komm!“
Pfio verstand kein Wort, folgte ihr aber neugierig.
Lea trat nach draußen auf die hölzerne Balustrade und blickte hinab in die gut gefüllte Halle. Sie sah sofort Cait, die wirklich neben MacNamara saß und mit ihm redete, dabei berührte sie immer wieder seinen Arm und er wehrte sich dieser berechneten Liebkosung nicht.
Auf einmal wurde Lea bewusst, dass sie noch immer Wut verspürte und sich etwas schmerzhaft in ihrem Innern zusammenzog. Sie verlor ihre sonst so beharrliche Kontrolle.
Bei allem was ihr heilig war, war sie etwa tatsächlich eifersüchtig? Mochte sie ihn wahrhaftig doch um einiges mehr, als sie sich eingestehen konnte - und wollte?
Nein … das durfte einfach nicht passieren! Das war einfach nicht wahr! Ihre Gefühlswelt war einfach vollkommen ins Wanken geraten und wahrscheinlich würde sie sich jetzt von jedem angezogen fühlen, der versuchte ihr zu helfen, um die zu schützen, die ihr etwas bedeuteten.
Schnell schob sie diesen absurden Gedanken wieder von sich und redete sich geschickt ein, dass sie sich nur von ihm erniedrigt fühlte. Er führte sie als seine Verlobte vor und sie saß neben seiner Geliebten. Auch wenn alles nicht echt war, war es doch demütigend.
Tyra hatte Recht mit ihren Ängsten, die sie damals herabspielte und belächelte, man könnte sie verletzen. Doch so leicht würde sie es ihm nicht machen, denn er unterschätzte ihren englische Stolz, ihre weibliche Würde und ihren ausgeprägten Mut sich ihm entgegen zu stellen.
Lea straffte ihre Schultern und schritt erhaben wie eine Königin nach unten, mit einem weichmütigen Lächeln auf ihren Lippen. Pfio folgte ihr dicht, sich immer wieder besorgt umblickend, denn sie hatte keine Ahnung was die Lady vorhatte.
Schnell waren alle Augen auf sie gerichtet. Jeder einzelne im Raum, selbst die Frauen, bewunderten offenkundig ihre Schönheit und ihre Anmut. Es wurde seltsam still im Saal, doch Lea überging dies gekonnt. Sie tat einfach so, als würde ihr diese, für sie doch sehr unangenehme Aufmerksamkeit, nicht auffallen. Ahnte Lea ja nicht, weshalb man sie so offenkundig anstarrte. Sie dachte, es wäre wegen ihrer Herkunft und ihrem baldigen Platz in diesem Clan.
MacNamara begriff schnell, wem die Aufmerksamkeit seiner Gäste gehörte und als er sie sah spürte er, dass sein Atem auf einmal schwer ging und sich ein Schauer über seinen gesamten Körper zog, der schmerzlicher nicht hätte sein können. Sie sah so unbeschreiblich schön aus, so unnahbar und doch so unglaublich lieblich. Ihr Haar glänzte, wie schon lange nicht mehr, im Schein der Fackeln, ihre Körperhaltung war offen und sie trug ihr Haupt erhaben hoch.
Fast schon vor stolz überquellend, da man ja annahm sie wäre die seine, erhob er sich um ihr ihren Platz an seiner Seite zu weisen. Doch Lea blieb stehen und blickte ihn kurz unterkühlt an, gleichmütig sah sie dann zu Cait und lächelte ihr wissend aussehend zu, was diese vollkommen sichtbar verunsicherte. Dann sah sie wieder in sein Gesicht und ihr Lächeln erstarb augenblicklich. Übermütig zog sie eine Augenbraue hoch und wirkte mit einem mal wieder kühl und distanziert auf ihn.
Anstatt nun zu ihm zu gehen, und wie es sich gehörte neben ihrem Verlobten Platz zu nehmen, wandte sie sich ab und ging arglos auf Niall und Connor zu, die in ihrer Nähe standen. Sofort veränderte sich Leas Gesicht wieder und sie strahlte beide freudig an. Gekonnt verwickelte sie die Krieger in ein argloses Gespräch.
„Setz dich, alter Freund.“
Kenneth beruhigende Stimme kam zur rechten Zeit, denn er stand kurz vor einem gewaltigen Wutausbruch. Nur langsam ließ er sich auf seinen Stuhl zurück sacken und blickte zu seiner rechten, wo nun sein alter Freund saß. MacNamaras Hände umklammerten verkrampft die Lehnen seines Stuhls.
„Sie ignoriert mich und fordert mich öffentlich vor allen Anwesenden heraus.“
Fauchte MacNamara ihm leise zu und sein Freund erklärte ihm unumgänglich ehrlich:“ Und du demütigst sie öffentlich!“
Dabei blickte er offensichtlich auf Cait, die von ihrem Gespräch nichts mitbekam, weil sie gerade mit einer anderen jungen Frau sprach.
MacNamara rieb sich über seinen Mund und schaute zur anderen Seite des Raums, zu Lea, die sich angeregt unterhielt, ihn wissentlich nicht beachtend. Aber dennoch stellte er erneut unumwunden fest, das sie wunderschön aus sah, so natürlich anmutig, fast wie eine Traumgestalt. Er wollte sie riechen, spüren und in ihre Augen blicken, während ihre Stimme auf ihn einprasselte.
„Bei Gott, dieses Weib raubt mir noch den Verstand.“
MacNamara streifte mit seiner rechten Hand durch sein dunkles Haar und konnte seine Verbitterung kaum verbergen. Kenneth musste lachen und sagte:“ Oh ja, aber sie tut dies äußerst geschickt.“
Auf einmal legte er die Hand auf Seamas Schulter, drückte einmal fest zu und ermahnte ihn eindringlich:“ Ich glaube nicht, dass du bei ihr so an die Sache heran gehen kannst wie bei allen anderen, sie ist deiner gewachsen. Entledige dich endlich alter Dinge und gestehe ihr offen deine Gefühle. Ändere ihr Schicksal, eirate sie und werde glücklich mit ihr!“
„Wen soll er heiraten?“
Cait wandte sich den Beiden lächelnd zu, als hätte sie nur auf dieses Stichwort gewartet.
„Nicht dich!“
Meinte Kenneth kühl und nahm einen großen Schluck Wein aus seinem Kelch. Er mochte dieses Weibsbild nicht, sie war nicht ohne, berechnend, hinterlistig und immer nur auf ihr eigenes Wohl bedacht. Er war sich sicher, dass sie auch über Leichen gehen würde, um das zu erreichen, was sie unbedingt wollte und sie wollte die Frau des Lairds werden.
„Seid nicht immer so kaltschnäuzig mein lieber Kenneth.“
Fest umpackte sie den Arm ihres Lairds und drückte ihren vollen Busen eigennützig an ihn. Doch dieser blickte fast schon gequält zu seinem alten Freund und atmete schwer einmal durch.
„Seamas“, säuselte sie übertrieben gekränkt:“ Sag doch auch einmal etwas. Er ist wohl dein Freund, doch dies …“
„Sei still“, fauchte MacNamara sie plötzlich an und überrascht lehnte sie sich etwas zurück. Noch nie zuvor hatte er Partei ergriffen, er hielt sich stets aus ihren kleinen Kriegen heraus.
„Er hat doch recht“, sagte MacNamara gezwungen leise:“ Dich werde ich nicht heiraten.“
„So, meinst du …?“
Caits Augen sprühten nur so vor Wut und ihr Gesicht verzog sich zu einem hässlichen und verbitterten Abklatsch von ihrem eigentlichem Aussehen.
„Aber diese kleine englische Schlampe scheint keinerlei Interesse an dir gefunden zu haben.“
Für sie völlig unerwartet packte er auf einmal ihre Handgelenke, löste ihren mitterlweile viel zu festen Griff von seinem Arm und hielt sie unnachgiebig fest. Mit schmerzverzogenem Gesicht sah sie ihn erschrocken an. MacNamaras Ausdruck war unbeschreiblich wütend, so hatte sie ihn persönlich noch nie erlebt. Seine Stimme hielt er nur noch schwer im Zaum, als er zu ihr sagte:“ Sie ist auch nicht freiwillig hier, Cait, ich habe sie gesehen, gewollt und mir genommen. Es ist nur natürlich, dass sie hier nicht im Freudentaumel herum springt. Also … ich warne dich, rede nie wieder so abwertend von meiner Verlobten, sonst Gnade dir Gott...! Haben wir uns da verstanden?“
Abrupt ließ er sie los, bevor er ihr noch befahl:“ Und jetzt verschwinde, ich will dich hier nicht mehr sehen! Geh nach Hause … deine Zeit hier ist endgültig vorüber!“
Hasserfüllt blickte sie zu Lea, die gerade lachte, weil anscheinend Adair, der sich nun auch zu ihr gesellt hatte, einen Scherz gemacht hatte. Sie sah wie die Menschen auf sie reagierten, das sie offen und freundlich auf sie zugingen, trotz ihrer Herkunft. Was ihr selbst, einer Schottin, nie gelang.
Ihren unbändigen Zorn nur schwer im Griff haltend, erhob sie sich, beugte sich aber noch einmal zu ihm herab und flüsterte MacNamara ins Ohr:“ Ich werde gehen, doch du wirst zu mir zurückkommen, spätestens dann, wenn sie dich nicht ran lässt. Dann wirst du betteln, dass ich dich wieder in mein Bett lasse.“
Er würdigte sie keines Blickes, als sie das sagte, und so verschwand sie auch schnell durch eine kleine Seitentür.
MacNamara erhob sich nach einem kurzen Moment und Kenneth fragte besorgt:“ Wo willst du hin?“
„Zu meiner Zukünftigen, ich will ein oder zwei Wörtchen mit ihr wechseln.“
„Aber behalte bitte die Ruhe, alter Freund.“
„Das tue ich doch immer oder siehst du das anders?“
Kenneth belächelte seine hart ausgesprochenen Worte schelmisch und lehnte sich Kopfschüttelnd zurück, während er wieder an seinem Kelch nippte.
Er trat durch die Halle und musste hier und da stehen bleiben und sich gezwungenermaßen unterhalten. Sie beglückwünschten ihn zu seinem guten Fang und manch einer fragte ihn auch, wo er sie gefunden hätte und er antwortete ehrlich, denn sie wussten, dass er niemals englischen Boden betreten würde:“ In Schottland.“
Sie sahen ihn dann überrascht an, trauten sich aber nicht noch weiter nachzufragen. So breiteten sich schnell Spekulationen darüber aus, was eine Engländerin auf schottischem Boden verloren hatte. Es schien eine schiere Ewigkeit zu dauern, bis er endlich, von Lea unbemerkt, hinter ihr stand.
Craig räusperte sich und machte Lea darauf aufmerksam, dass sich wohl jemand hinter ihr befand. Freundlich wandte sie sich um und als sie den Laird erkannte, meinte sie plump:“ Oh, Ihr seid es“, dann drehte sie ihm wieder ihren Rücken zu. Niall wurde mulmig zumute als er den herrischen Blick seines Lairds sah und sagte zögerlich zu ihr:“ Bitte entschuldigt uns, aber … aber ich glaube, wir …wir werden an anderer Stelle gebraucht.“
Sie wusste, weshalb sie alle auf einmal so davon stürmen wollten und nickte ihnen enttäuscht zu. Sie konnte ihre Flucht wohl nicht verhindern.
„Ich will mit Euch reden, Leathendra!“
Sein Tonfall war mal wieder nicht bittend und es wurde ihr augenblicklich bewusst, dass sie es irgendwie schon gar nicht mehr störte. Leichtfertig sah sie über ihre Schulter und sagte:“ Redet doch mit Cait, sie hat sicherlich ein offenes Ohr für Euer Anliegen und wenn nicht, dann kann sie es gut heucheln.“
Sie hoffte ihn mit diesen Worten gereizt zu haben und konnte sich ein siegreiches Schmunzeln nicht verkneifen. Doch er funkelte sie streng an, packte sie ungefragt an der Hand und zog sie hinter sich her, quer durch den Saal. Sie wehrte sich nicht, denn sie wollte kein unnötiges Aufsehen erregen, doch es fiel ihr schwer seinen großen Schritten zu folgen.
Er zog sie in einen nahe gelegenen Raum und drückte sie kraftvoll gegen die zuvor laut verschlossene Tür. Seine Arme stemmte er rechts und links neben ihrem Kopf gegen das Holz und er sah ihr ärgerlich in die Augen.
„Was sollte das?“
Wollte er erzwungen ruhig wissen.
„Was sollte was?“
Sie stellte sich mit Absicht dumm, doch er ließ sich nicht darauf ein.
„Ihr hättet zu mir kommen müssen, Euch an meiner Seite nieder lassen sollen und den Abend mit mir verbringen, bei ein oder zwei Kelchen guten Wein. Wir müssen doch den Schein wahren!“
Gelassen, als würde ihr diese ausweglose Situation nichts ausmachen, lehnte sie ihren Hinterkopf zurück an das harte Holz und blickte ihn müde an. Doch Ihre Knie zitterten, ihre Hände waren feucht, dennoch sie definierte ihr tun mit ruhiger Stimme:“ Nun, ich hatte keine Lust neben Euch Platz zu nehmen, während Eure Geliebte daneben sitzt. Das war mir etwas zu … zu makaber.“
„Mein Gott, seid Ihr etwa eifersüchtig?“
Fragte er gedehnt und schien zu triumphieren, doch Lea wollte ihm dieses Gefühl schnell wieder nehmen, als sie etwas übertrieben aufgebracht erklärte:“ Bei leibe nein, doch ist es überaus demütigend, meint Ihr nicht auch? Ich meine, ich soll Eure Verlobte sein und die postiert man nun mal nicht neben seiner Geliebten.“
MacNamara lachte leise seinen Kopf leicht schüttelnd und blickte ihr wieder tief in die Augen. Gemächlich kam er immer näher und Lea drückte sich immer fester gegen das Holz, in der unmöglichen Hoffnung, es könne sie verschlingen und vor dem bewahren, was wohl gleich unweigerlich geschehen würde.
„Ihr seht heute Abend wirklich wunderschön aus.“
Murmelte er angetan in ihr Ohr, um das Thema zu wechseln und ihr war so, als würde er an ihrem Haar riechen. Nur mühsam konnte sie verhindern, dass ihr Körper erschauerte, als sein warmer Atem ihre Haut kitzelte. Oh, was duftete er heute so unbeschreiblich gut …
„Und um das zu Stande zu bringen“, entgegnete sie mit kämpferischer Gelassenheit, nachdem sie einmal schwer geschluckt hatte, um den eventuellen rauen Tatsch aus ihrer Stimme zu spülen:“ Muss ein Mann nun mal lernen zu warten.“
Und wieder schmälerte sie sein Lob und veranlasste ihn dazu erneut den Kopf zu schütteln.
„Lea“, seine Stimme wurde so seltsam weich:“Warum seid Ihr nur immer so kühl und distanziert?“
„Bin ich das?“
Sie war tatsächlich verwirrt. Noch nie hatte irgendjemand sie als kühl oder gar distanziert beschrieben. Sie dachte immer ein liebevoller Mensch zu sein, aufgeschlossen und herzlich. So etwas zu hören zu bekommen verunsicherte sie sichtlich, es beleidigte sie fast ein wenig.
MacNamara nickte auf ihre bestürzte Frage hin und ein verwegenes Schmunzeln lag auf seinen Lippen.
„Nun … vielleicht hat es den Anschein, da mein Leben gerade etwas durcheinander ist.“
Versuchte sie seine seltsame und auch etwas kränkende Frage zu erklären und unterstützte ihre Worte selbst mit einem überzeugten Nicken. Sie war beileibe nicht kühl und schon gar nicht distanziert. Sie war offen, freundlich und bereit sich immer wieder neuen Menschen zu stellen. Wie konnte er so etwas nur von ihr annehmen? Nur weil sie sich ihm nicht an den Hals warf? Weil sie ihm gegenüber einen kühlen Kopf bewahrte, was ihm anscheinend nicht so gut gelang.
„Seid Ihr Euch denn wirklich nicht im geringsten bewusst darüber, dass Ihr mir Tag täglich den Verstand ein wenig mehr raubt.“
Flüsterte er ihr entgegen und Lea sah ihn absolut entsetzt an. So meinte sie aufrichtig, anscheinend nicht wirklich verstehend, was er mit seinen Worten eigentlich meinte:“ Oh … das tut mir leid, so etwas wollte ich nicht. Ich werde mich bessern, versuchen Euch nicht mehr so zu reizen, das verspreche ich Euch.“
Ein leises Lachen folgte mal wieder auf ihre Worte hin und er meinte ehrlich:“ Ich bin mir absolut sicher, das Ihr dies nicht wolltet … leider.“
Lea legte ihren Kopf etwas schief und musterte sein Gesicht ausgiebig, es war dem ihrem sehr nah und so fiel es ihr ausgesprochen schwer zu verstehen was er meinte. Sie konnte kaum klar denken.
„Habt Ihr eine Vorstellung davon, was ich jetzt von Euch will? Was ich von Euch möchte, seit dem ich Euch das erste Mal gesehen habe?“
Eine tiefe Furche bildete sich auf ihrer sonst so glatten Stirn.
„Mich Foltern?“
Sie wollte mit ihrem trockenen Humor die Ernsthaftigkeit in dieser unausweichlichen Situation vertreiben. Doch er schüttelte nur belustigt seinen Kopf und meinte gelassen:“ Ich gebe zu, dieser Gedanke wird von Minute zu Minute reizvoller und ich kann mich nur schwer gegen diesen Drang sträuben, doch nein …,“ er seufzte leise:“ Das ist es leider nicht.“
Und so blickte Lea herab auf sein Kinn und log zögerlich, mit ungewohnt dünner Stimme: „Ich … ich denke nicht, das ich es weiß, wenn es nicht die von Euch allseits beliebte Folter ist.“

Natürlich wusste sie was er wollte, es wäre ja nicht das erste Mal das er es einforderte und sie war kein dummes einfältiges kleines Kind mehr, doch er sollte ja nicht glauben, dass seine Unverschämtheit und seine Arroganz bei ihr fruchten würde.
Zärtlich berührte seine Hand ihr Kinn und er hob es ohne größere Schwierigkeiten ein wenig an. Liebevoll betrachteten seine Augen ausgiebig ihr atemberaubend schönes Gesicht.
„Ich will, dass Ihr mich endlich küsst!“
Hauchte er ihr nach einem Augenblick entgegen und bestürzt sah sie ihn über seine offene Ehrlichkeit hin an und meinte nur kurz:“ Oh … das“, und nachdem sie sich wieder gefangen hatte, fragte sie kühl:“ Aber wer oder was sagt Euch, dass ich das möchte?“
„Nichts und niemand, und deshalb verspüre ich ein seltsames und mir bisher fremdes Bedauern“, auf einmal begannen seine Augen seltsam zu funkeln:“ Doch Ihr habt einen Charakterzug von mir schon erkannt und ihn einmal genannt, Lea, ich nehme mir immer das was ich will und nur zu Eurer Information, diesmal bin ich unbewaffnet.“
„Ihr werdet doch nicht …“, fuhr sie erschrocken auf, doch schon streiften seine Lippen ihre Wange herab und ihre Worte erstarrten, wie ihr Atem.
Zärtlich küsste er die Mulde zwischen ihrem Mund und ihrem Kinn und wanderte liebevoll ihre Wange wieder hinauf. Lea hielt noch immer den Atem an, sie konnte sich nicht rühren, so etwas hatte sie noch nie verspürt. Es war tatsächlich atemberaubend, wunderschön, brachte ihr Haut zum brennen, ihr Herz zum Rasen und ihren Bauch zum kribbeln.
MacNamara küsste sinnlich die Stelle unterhalb ihres Ohres, wanderte ihren Kiefer entlang und hielt dicht neben ihren Lippen wieder inne. Er sah, dass sie ihre Augen geschlossen hatte und blickte auf ihren anmutigen Mund, der ganz leicht geöffnet war. Ihr Atem ging schwer und es war ihm, dass auch sie nun bereit war ihn endlich zu küssen. Dann auf einmal tat er es einfach, er küsste ihre zarten Lippen und nahm sich somit etwas, wovon er schon so lange geträumt hatte.
Es war intensiver, ergreifender, als er es sich jemals hätte ausmalen können. Sie beflügelte ihn, befreite ihn auf ihre Weise und er nahm es von ihr. War sich aber nicht bewusst, ob es ihr genauso oder vielleicht nur ähnlich erging.
Leas Knie gaben nun vollends ihren Dienst auf und sie wäre beinahe in sich zusammen gesackt, doch MacNamara hielt sie mit Leichtigkeit fest und drückte sie ergriffen an sich. Ihr weicher und in seinen Händen biegsamer Körper schmiegte sich an den seinen. Er spürte ihre Wärme und sanft streichelte er über ihren leicht nach hinten gebeugten Rücken.
Nichts hatte Lea mehr unter Kontrolle, nichts oblag mehr ihrem Willen und das gefiel ihr seltsamerweise. Noch niemals hatte sie sich so ausgeliefert, so besiegt gefühlt, aber dennoch war es so, als hätte sie Gewonnen und nicht er. Es war ein warmes, überwältigendes Gefühl in ihrem Innern, es wuchs uns wuchs und wuchs ...
Ein leiser, atemberaubender Seufzer entrann ihrer Kehle und das brachte sein Herz zum Rasen und sein Verlangen nach ihr stieg stetig. Noch enger zog er sie an sich heran und ihre Füße hingen für einen kurzen Moment in der Luft, für sie war es, als würde sie schweben.
Nach einem schier unwiderstehlichen Augenblick, ließ er sie wieder herab und löste sich schweren Herzens von ihr.
Atemlos stand Lea nun wieder an die Tür gelehnt, blickte ihn entsetzt an und die Fingerspitzen ihrer rechten Hand berührten sacht ihre noch immer glühenden Lippen. Nach kurzem zögern erkundigte sie sich mit leiser rauer Stimme, scheuem Blick und geröteten Wangen:“ Warum habt Ihr das getan?“
Sie kehrte in die kalte Realität zurück und wusste, dass dies ein großer Fehler war. Ein Fehler der sie viel kosten könnte, der niemals ausgelöscht werden würde und der das Verhältnis zu ihnen nun so zuspitzte, dass beide bei ihrer Aufgabe wahrscheinlich keinen kühlen Kopf mehr bewahren konnten.
Seine Augen blickten warm auf ihr Gesicht herab, anscheinend sah er diesen Fehler nicht, denn ein zufriedenes Lächeln umspielte seinen Mund.
„Die Frage müsste doch wohl eher lauten, warum sträubtet Ihr Euch so lange dagegen?“
Er stemmte wieder seine Arme neben ihren Kopf gegen das Holz. Einen ausgedehnte Atemzug lang beobachtete sie ihn mit ihren fesselnden Augen, bevor sie ihm ärgerlich antwortete, um ihm wieder auf den Boden der Tatsachen zurück zu holen:“ Ich bin anständig erzogen worden, Laird MacNamara, und wahrhaftig zweifellos nicht dazu bestimmt Eure neue Geliebte zu sein, nur weil Ihr der anderen überdrüssig geworden seid.“
Da war sie wieder, sie hatte sich unglaublich schnell von ihm erholt und war wieder in der Lage klar zu denken und ihre Meinung deutlich und unmissverständlich darzulegen. Ein Lächeln umspielte seine grauen Augen und er äußerte gelassen, einmal kurz mit seinen Schultern zuckend:“ Aber dafür schien es Euch doch äußerst gut gefallen zu haben.“
Ein wundersamer tiefer Atemzug durchzog noch einmal ihren Brustkorb und sie gestand ihm die Wahrheit an diesen Worten zu, wenn auch leicht errötend und widerwillig, aber nicht ohne seine Worte vorher kurz abzuwiegen:“ Nun ja … wir alle werden im Leben einmal schwach, aber das geschieht auch nur um diese liderliche Schwäche auszumerzen. Denn man kann nur etwas erfolgreich bekämpfen, wenn man es auch kennt.“
Er musste fast schon lachen, so sachlich klang ihre Erklärung.
„Das heißt, Ihr wollt mich nie wieder küssen?“
Skeptisch sah sie ihn an, war dieses ernsthaftes Entsetzen oder spielte er nur mit ihr? Jedoch Lea antwortete ihm gelassen, mit den Schultern zuckend:“ Wenn es sich vermeiden lässt, dann wohl eher nicht, nein.“
Sein tiefes, grollendes Lachen machte sie wieder etwas wütender. Lea schob ihn kraftvoll von sich und ordnete mit leuchtenden Wangen ihre leicht verknitterte Kleidung und versuchte auch den Plaid wieder etwas in Ordnung zu bringen.
„Ich freue mich durchaus immer wieder aufs Neue, das ich Euch wirklich zu belustigen scheine, doch ist dies mein voller Ernst. Ihr hattet mich in einem schwachen Moment erwischt, mehr nicht. Geht zu Cait wenn Euch danach gelüstet, wir haben kein echtes Bündnis miteinander, also ist es mir egal.“
Sie riss die Tür auf und stürmte hinaus.

******************************************************

Kapitel 14
„Nur Narren wollen Gefallen,
der Starke will seine Gedanken geltend machen“
Heinrich Heine

------------------------------------------------------

Als auch er, nach einigen Minuten, in denen er sich wieder sammeln musste, aus dem Zimmer trat, stand Lea bei Kenneth, Adair und Brian und unterhielt sich mit ihnen, einen Kelch in der Hand haltend. Sie wirkte auf ihn, als wäre nichts geschehen. Einen Moment blieb er in der Tür stehen, lehnte gelassen am Rahmen und beobachtete sie. Sie unterhielt sich angeregt mit seinen Männern und ihr Lachen ließ ihn erschauern. Sie war unglaublich wunderschön wie sie so dastand, so unwissend, so unberührt, klein und zierlich, aber ganz und gar nicht zerbrechlich wirkend.
Wieder lachte sie und strich sich, unwissend über die Auswirkung ihrer Geste, eine ihrer Locken über die Schulter zurück. Dabei sah sie über diese und erblickte ihn, einen Moment trafen sich ihr Blicke, doch schnell sah sie wieder von ihm fort. MacNamara gesellte sich zu ihnen, er wollte unbedingt bei ihr sein und stand nun so dicht neben Lea, dass sein Arm den ihren berührte. Seine Augen glitten zärtlich über sie und auch sie sah ihn kurz verlegen an. Kenneth nahm es wahr und schmunzelte zufrieden, er ahnte was geschehen sein musste und erfreute sich an diesem Fortschritt.
„Wer ist diese Familie, die auch hier ist?“
Wollte Lea wissen und Brian erklärte ihr:“ Es sind unsere Nachbarn, eine verarmte Familie, wir halfen ihnen, als sie kurz davor standen alles zu verlieren und so schlossen sie sich uns an.“
„Also gehören sie zu diesem Clan?“
„Nein“, begann Kenneth:“ Sie haben ihren eigenen Clan, doch werden sie uns immer zur Seite stehen wenn es einmal Probleme geben sollte, sie haben einen Eid darauf geschworen...“
„Und wir bilden ihre Soldaten aus.“
Warf Adair noch mit ein.
„Warum habt ihr keine Mauer, warum keinen Schutzwall?“
Schnell wechselte Lea das Thema und wollte eine Antwort auf eine Frage, die sie seit ihrer Ankunft beschäftigte.
„Diese Burg wurde nicht erbaut um Kriege vom Land her abzuweisen, sie steht, um uns vor kriegerischen Schiffen zu schützen.“
Sagte MacNamara und strich einmal zärtlich, von allen anderen unbemerkt, über ihren Arm. Schüchtern blickte sie zu ihm auf und fragte nervös weiter:“ Vor Schiffen?“
„Ja, Schiffe.“
Er konnte sich seine Belustigung über die Verlegenheit, die seine Berührung bei ihr auf einmal auslöste kaum verkneifen und fuhr somit mit einem Lächeln auf seinen Lippen fort: „Die Wikinger, und von Zeit zu Zeit auch die Normannen, nahmen diese Bucht oft, um unbemerkt an Land gehen zu können, sie reicht sehr weit ins Landesinnere und ist vom Meer aus leicht zu befahren.“
„Die Wikinger? Normannen? Himmel, wann legten sie zuletzt hier an?“
„Keine Angst Lady Leathendra“, erklärte ihr Adair heldenhaft:“ Das ist schon Jahre her.“
Lea musste sich ein erschrockenes zusammenzucken verkneifen, als sie auf einmal eine Hand auf ihrem Rücken spürte. Diese wanderte nach oben unter ihr Haar und streichelte zärtlich ihr Genick. Ein wohltuender Schauer überkam sie.
Verwundert blickte sie zu MacNamara auf, der schien sie aber zu ignorieren, doch das was er tat, hatte in seiner Haltung etwas erschreckend Selbstverständliches. Dachte er nun, nachdem er sich einen Kuss gestohlen hatte, dass er sie besitzen könnte? Sie zu seiner neuen Mätresse machen zu können? Glaubte er wirklich, dass sie so einfach zu haben war? Hoffte er, dass sie sich jetzt, in ihrer schier ausweglosen Situation, einem Abenteuer hingeben würde? Nein, das wollte sie keineswegs! Sie wollte weder auf das Bett reduziert werden, noch abenteuerlustig sein. Sie wollte sie selbst bleiben, auch wenn er sie immer mehr faszinierte, ihr Herz laut schlug und er wirklich mit jeder Minute immer besser aussah. Und dann dieser Kuss … schon allein der Gedanke daran, brachte ihr Herz in Aufruhr. Doch sie musste einen klaren Kopf bewahren und durfte sich keinen Fantasien hingeben. Dazu war wirklich nicht die Zeit.
Fast unmerklich trat sie einen Schritt beiseite und entzog sich seiner Liebkosung, auch wenn es ihr wirklich schwer viel. Sofort spürte sie seine verwunderten Augen auf sich gerichtet, doch nun ignorierte sie diese.
„Kenneth, warum seid Ihr nicht verheiratet?“
Mit dieser Frage überspielte sie mit Leichtigkeit seine fragenden Augen und brachte damit nun auch noch seinen treusten Freund aus der Fassung. Dieser kratzte sich verlegen am Kopf und schien über diese, anscheinend selten gestellte Frage, ernsthaft nachzudenken, nachdem sein erster Schrecken verraucht war. Lea nahm geduldig wartend einen großen Schluck aus ihrem Kelch.
„Ja Kenneth, warum nicht?“
Hakte MacNamara belustigt nach und erntete einen nervösen Blick von ihm, während die anderen sich nur krampfhaft zurückhalten konnten, um nicht laut los zu lachen.
„Nehmt Euren Laird nicht so ernst“, sagte Lea wirsch während sie den Laird belehrend anschielte und berührte kurz zur Bestätigung Kenneths Arm:“ Aber meine Frage schon. Ihr seid ein gutaussehender junger Mann und wie mir scheint auch nicht ungebildet. Seid wohl ein ehrenhafter Krieger und habt eine gute Position inne, das müsste doch Frauen in Scharen nach sich ziehen.“
Kenneth beschloss, sich an seinem alten Freund für seine sichtbare Belustigung über diese Frage zu rächen und sagte:“ Weil sie alle vor MacNamara flüchten und da ich immer an seiner Seite bin, versteht sich das von selbst.“
Ihr Lachen, das hell durch die Halle flog, hauchte wieder einmal einen Schauer über MacNamaras Rücken und er blickte sie sehnsüchtig an. Er wollte sie auf der Stelle wieder küssen. Sie ungefragt an sich ziehen, ihren seltenen Duft riechen, noch einmal ihre zarte Haut spüren und von ihren Lippen kosten, doch er hielt sich kämpferisch zurück. Aber es war ihm, als müsste er sein letztes bisschen Selbstbeherrschung dafür opfern.
Wieder nahm sie einen großen Schluck und er beugte sich zu ihr herab. Eine Strähne ihres samtweichen Haares kitzelte an seiner Nase während er in ihr Ohr flüsterte:“ Ihr habt heute noch nicht viel gegessen, also trinkt besser nicht so gedankenverloren, sonst geht es Euch morgen mit Sicherheit nicht gut.“
Ihre Hand, die sich nun beruhigend auf seinen Arm legte war warm und tat ihm in der Tiefe seiner kalten Seele gut. Ihre Augen, in denen es gerade funkelte, als wären kleine Edelsteine in ihnen, ruhten sanft in den seinen. Ein mildes Lächeln durchzog seinen Mund und er wartete geduldig auf ihre Worte. Erneut beugte er sich wieder etwas zu ihr herab, damit sie flüstern konnte.
„Wenn ich heute Abend nicht etwas trinke, dann schlafe ich hier und jetzt ein, ich bin wirklich unbeschreiblich erschöpft von der Reise. Aber keine Angst, ich denke, ich kenne meine Grenzen.“
Er bedauerte es sofort als sie ihre Hand wieder fort nahm und hätte sie am liebsten gepackt und wieder an dem Platz postiert, der nun der ihre war.
„Ich werde Euch morgen daran erinnern.“
„Oh, das müsst Ihr nicht tun, MacNamara, aber danke für Eure Sorge.“
Wieder nahm sie einen großen Schluck und lehrte damit ihren Kelch, aber nicht ohne ihn noch einmal provozierend anzusehen.
Wie sind denn Eure Geschwister, sind sie genauso wie Ihr?“
Kenneth gab ihr direkt einen neuen Kelch, als er diese Frage stellte, denn er war aufmerksam und auf ihr Wohl bedacht. Er wollte, das sie die Reise vergaß und das was auf sie wartete. Er wollte ihr einen netten Abend schenken, auch wenn sein alter Freund ihn mit einem Blick strafte, der nicht mahnender hätte sein können. Lea nahm ihn jedoch überaus dankbar entgegen und meinte etwas überrascht von dieser Fragte:“ Zu dem Bedauern meines Vaters und meiner Mutter leider nicht. Wir sind alle so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Weshalb?“
Auf einmal ging ihr ein Licht auf und noch bevor er ihr antworten konnte fragte sie verblüfft:“ Oh Himmel, glaubt Ihr vielleicht in meiner Familie die Frau fürs Leben finden zu können?“
Sie hatte ihn erwischt und er blickte beschämt zu Boden, verlegen kratzte er sich an seinem Kopf.
„Nun …“, begann er ungewohnt scheu:“ Wenn sie nur einen Bruchteil Eures Wesens hätte, dann wäre doch jeder Mann verzaubert. Man … nun ja, man gewinnt an Lebensqualität wenn Ihr in der Nähe seid.“
Er sah nicht hin, aber er glaubte MacNamaras fast explodierende Eifersucht, die ihn an seinem Genick packte und durch die Halle schleuderte, spüren zu können Doch konnte er Lea auch nicht belügen, sie war einfach zu zauberhaft und so anders als die Frauen, denen er bisher begegnet war.
„Oh“, Lea wurde etwas rot und nippte verlegen wieder am Wein, bevor sie weiter sprach:“ Ihr seid zu gütig und übertreibt maßlos, Kenneth. Und leider muss ich Euch wohl enttäuschen, wenn dies Eure Ansicht von mir ist, denn meine ältere Schwester Gloria, ist schon verheiratet, wenn ich auch zugeben muss mit einem wahrhaftigen Idioten“, sie machte eine kurze Pause, denn alle lachten:“ Und meine jüngere Schwester Sybille ist um einiges zu jung. Um die Wahrheit zu sagen, die ältere besitzt keinen Charakter und bei der jüngeren weiß ich noch nicht, wie sich dieser noch entwickelt.“
„Schade“, warf er wirklich betrübt ein, doch Lea versuchte ihn aufzuheitern, in dem sie sagte:
„Nun, aber wenn Ihr warten wollt …. Ich bin mir Sicher, dass meine kleine Schwester, wenn man Ihr früh genug das Leben erklärt, eine wundervolle Persönlichkeit abgeben wird. Doch müsstet Ihr sehr geduldig sein.“
„Wie sieht sie denn aus?“
Wollte Adair wissen. Lea konnte diese Frage nicht ganz einordnen und musterte ihn ein Augenblick. Dann schmunzelte sie etwas verunsichert, antwortete aber:“ Wir sehen uns alle überhaupt nicht ähnlich. Meine ältere Schwester kommt wohl mehr nach meiner Großmutter, mein Bruder sieht aus wie mein Großvater, meine kleine Schwester ist das Abbild meiner Mutter, die noch immer eine wunderschöne Frau ist“, fügte sie hastig noch hinzu, mit einen Seitenblick auf Kenneth:“ Und ich bin eine Mischung aus meiner Mutter und meinem Vater, zumindest wurde mir das immer wieder gesagt.“
Lea nahm einen weiteren Schluck. Der Wein war süß und sie musste sich eingestehen, das MacNamara wohl recht behalten würde und sie morgen Kopfschmerzen haben würde. Aber was sollte es, sie war jung, weit, weit weg von zu Hause und es plagten sie Sorgen, die man ihr von außen nicht ansah. Also kurz gesagt, es war ihr völlig egal wie schlecht es ihr morgen ging, es war ihr egal ob es sich gehörte oder nicht, es war ihr alles egal, so lange es ihr in diesem Moment einfach nur gut ging. Sie wollte vergessen, für eine Nacht einfach nur vergessen, nicht nachdenken, noch nicht einmal über ihren Vater. Sie wollte in dieser Nacht einmal nicht träumen und vor Angst aufwachen, und so nahm sie wieder einen großen Schluck. Langsam spürte sie, wie alles an ihr leicht wurde und jede ihrer Bewegungen nur langsam in ihr Bewusstsein eindrangen. Die Bilder vor ihren Augen folgten ihrem Kopf nur zögerlich und ihr wurde angenehm warm und das wirklich überall. Sie hätte sich ausziehen können, wenn sie jetzt alleine wäre, denn sie hatte das Gefühl in dem Kleid und dem Plaid, der aus dicker Wolle bestand, zerschmelzen zu können.
MacNamara sah ihre glasigen Augen und erkannte ihre entspannte Körperhaltung. Ein Strahlen huschte über sein ganzes Gesicht, es gefiel ihm zu sehen mit welcher Leichtigkeit sie ihren Schwips hinnahm.
„MacNamara“, sprach ihn ein älterer Mann an und riss ihn somit aus seinen Gedanken. Freundlich wandte er sich diesem zu und sagte:“ William, ich dachte schon du seist nicht mit deinen Männern gekommen, wie geht es dir?“
Kurz umarmten sich die beiden Männer wie uralte Freunde und klopften sich fest auf ihre Rücken.
„Aye, ich kam gerade erst an und ja mir geht es … und wie mir scheint, dir auch.“
Er zeigte auf Lea, die sich ihnen gerade zuwendete. MacNamara legte einen Arm um ihre Schulter und drückte sie fest an seine Seite. Lea versuchte nicht allzu gequält zu lächeln, als er sagte:“ Meine Verlobte, Leathendra Stuart“, und drückte sie zur Verstärkung seiner Worte, noch einmal stärker an sich.
„Lea, das ist William Blair, wir sprachen vor wenigen Augenblicken von seiner Familie.“
„Es ist mir eine Freude!“
Sagte er ernst und verbeugte sich tief vor ihr. Dabei ließ er sie nicht aus den Augen. Er betrachtete sie so ausgiebig wie ein Stück Fleisch, von dem er abwog, ob man es wirklich essen sollte, oder für einen besonderen Zweck aufbewahren könnte. Ihr blieb dies nicht unbemerkt und so sagte sie etwas schnippisch:“ Es wird mir bestimmt auch bald eine Freude sein, wenn ich Euch besser kenne, doch das muss leider warten, denn ich befand mich gerade auf dem Weg zu Pfio.“
Sie verabschiedete sich förmlich und lief angestrengt konzentriert, um nicht zu straucheln, zu der kleinen Mag, die an einer Tür stand.
„Oh MacNamara, sie besitzt eine flinke Zunge, aber ich muss auch gestehen, dass mir ihre Schönheit nicht verborgen blieb und ihr ist wohl mein Blick aufgefallen.“
„Deshalb ihre Worte und ihr schnelles und unhöfliches Verschwinden.“
Bemerkte MacNamara und verschränkte seine Arme vor der Brust. Schnell baute er sich zu seiner kompletten Größe vor ihm auf, bevor er mit tiefer Stimme weiter sprach:“ Sie gehört mir, William! Sie ist mir anverlobt, wenn auch nicht ganz freiwillig, darf doch kein anderer seine Augen so gierig auf sie richten wie du es gerade tatest!“
William Blair nickte ernst und entschuldigte sich beschämt drein blickend:“ Verzeih, aber das könnte schwierig werden, wenn du dir nur einmal betrachtest wie alle, selbst deine eigenen Männer, sie anstarren.“
MacNamaras Augen schweiften direkt durch den Raum und er stellte fest, dass wirklich alle Männer sich in ihre Richtung gedreht hatten und das jetzt, wo sie mit Pfio lachte, alle für einen flüchtigen Augenblick schwiegen. Es war ihm zuvor nicht aufgefallen, denn er hatte nicht geglaubt, dass sie den Besitz ihres Lairds so wenig respektieren.
„E it ilt boireannach (Sie ist mein Weib)“
Brüllte er auf einmal, für alle unerwartet so laut durch die Halle, dass alle für einen kurzen Augenblick verstummten. Lea zuckte unglaublich erschrocken zusammen und auch Pfio zog ihren Kopf ein, als würde gleich etwas geflogen kommen. Lea verstand ihn ja und war über seine herrischen Besitzansprüche so schockiert, dass sie ihm am liebsten hier und jetzt die Meinung gesagt hätte. Doch dann wüsste er, dass sie ihn verstand und ihre seltsame Tarnung wäre damit dann auch dahin. Etwas beschämt blickte sie sich um, doch keiner schaute sie nun mehr an, wie auch bei diesem Befehl und der Klarstellung ihres Stellenwertes.
„Du scheinst sehr besitzergreifend zu sein, was dieses Weib angeht, so kenne ich dich gar nicht.“
Riss ihn Blair wieder aus seinen wirren Gedanken und MacNamara sah mürrisch auf ihn herab, denn er war etwas kleiner als er selbst. Seine Haltung nicht verändernd, meinte er knapp:“ Tja, Dinge ändern sich ab und zu.“
Und als er diese Worte aussprach, wurde ihm schmerzlich bewusst, dass es wirklich so war. Er änderte sich tatsächlich und der Grund war eine Frau … eine Engländerin. Verlegen über diese Erkenntnis kratzte er sich an seinem Kopf. Blair versuchte ihn zu beruhigen, als er ihm erzählte:“ Als ich meine Jane traf, Gott sei ihrer Seele gnädig, da war ich im ersten Moment ein Idiot, arrogant und besserwisserisch, im Glauben alles besitzen zu können wonach mir der Wunsch steht. Doch nur nach wenigen Stunden hatte ich das Gefühl klein zu sein, ein niemand, zu nichts nutze und hässlich wie die Nacht. Sie verbesserte mich in einem Moment und ignorierte mich in einem anderen. Sie machte sich manchmal sogar über mich lustig und das selbst vor meinen Männern. Sie war die erste Frau die es schaffte mich zurecht zu rücken. Ich liebte sie vom ersten Augenblick an, Seamas, ich liebe sie noch immer. Sie war das Beste, was mir wiederfahren ist“, er schwärmte richtig, doch auf einmal lachte er kurz auf und fuhr wehmütig fort:“ Doch der Weg dorthin war schmerzhaft und langwierig, denn eigentlich wollte sie von mir wirklich nichts wissen. Ich musste kämpfen, sie davon überzeugen, dass ich das Beste bin, was ihr je passiert ist und passieren wird. Mein Gott hatte dieses Weib einen Dickkopf …“
MacNamara lachte verhalten, irgendwoher kannte er das.


Nach Stunden des ausgelassenen Feierns, leerte sich der Saal endlich und erst jetzt, nach dieser langen Zeit, sah er Lea wieder. Sie stand an eine Wand gelehnt, noch immer einen Kelch in ihren Händen und unterhielt sich mit Pfio und Bessy, einer weiteren Magd, die einen Weinkrug in ihren Händen hielt. Es erfreute ihn, dass selbst die niederste Magd anscheinend Gefallen an dieser Engländerin gefunden hatte.
„Kenneth“, wandte er sich seinem Freund zu:“ Ich bringe Lea ins Bett, bevor sie noch umfällt.“
Dieser folgte seinem Blick und sah, dass es aussah als würde nur die Wand sie daran hintern umzufallen und so meinte er belehrend:“ Gut, aber bleib anständig.“
MacNamara verdrehte seine Augen, nickte aber gehorsam und ging zu ihr hinüber. Als sie ihn sah, lächelte sie herzlich und als die beiden Mägde ihn erblickten, knicksten sie und verschwanden augenblicklich etwas hecktisch wirkend.
Leas Gesicht war leicht gerötet und sie schwankte etwas an der steinernen Wand entlang. Schnell war er dicht bei ihr und packte sie um ihre Hüfte.
„Warum verschreckt Ihr die Mägde immer so, Ihr seid doch gar nicht so böse, oder etwa doch?“
Ihre Stimme klang etwas höher als sonst und sie nuschelte ein wenig unverständlich.
„Das sind Gerüchte, Lea“, erklärte er ihr flüsternd, dicht vor ihrem Gesicht:“ Die man besser nicht aus der Welt schafft, so verlieren sie wenigstens nicht den Respekt vor ihrem Herrn.“
„Respekt“, es fiel ihr schwer in seine Augen zu blicken, denn er schwankte so seltsam:“ Sie haben …Herr Gott … sie haben Angst ... Oh bitte, bleibt doch einmal für einen augenblicklang ruhig stehen.“
Er lachte und hielt sie noch etwas fester, denn beinahe wäre sie ihm entglitten.
„Uh … nicht so stürmisch, Seamas“, kicherte sie verlegen:“ Wir fallen auf.“
Er mochte es, wenn sie ihn bei seinem Vornamen nannte, es klang in seinen Ohren wie eine kleine Liebkosung.
„Nein meine Liebe“, hauchte er belustigt in ihr duftendes Haar hinein:“ Nicht wir … Ihr fallt auf.“
Über seine Worte hin kicherte sie erneut beschämt wie ein kleines Mädchen und legte sich einen Zeigefinger auf ihre verführerischen Lippen um ihm zu erklären:“ Pssst, sonst glaubt noch jemand das ich betrunken bin.“
„Und das seid Ihr etwa nicht?“
Wollte er schmunzelnd wissen, tief in ihre Augen blickend. Lea erklärte ihm so sachlich wie möglich, viel zu stark gestikulierend:“ Bei leibe nein, Laird, Sir … oder wie auch immer man Euch hier nennt“, sie drückte sich etwas von ihm und wollte ihm zeigen, das sie noch gerade stehen konnte und fuhr lehrhaft klingend fort:“ Das ist ein Spiel, so nehmen die Leute keine Rücksicht auf mich und man erfährt Dinge, die man so vielleicht nicht zu hören bekommt.“
„So“, begann er neugierig, eine Augenbraue in die Höhe gezogen:“ Und was habt Ihr denn so Geheimnisvolles erfahren?“
„Nun, einiges und … auch nicht immer nur nettes, Laird Seamas MacNamara.“
Erklärte sie ihm ernst und sah, dass er skeptisch drein schaute. Leicht schwankend beugte sie sich wackelig etwas mehr zu ihm nach vorne, denn sie musste flüstern:“ Zum Beispiel, das der Koch sich überarbeitet fühlt und sich eine kompetente Hilfe wünscht oder, das die Mägde sich manchmal eine Danke von Euch erhoffen oder etwas mehr Respekt über ihre Leistungen, oder das die Männer das Training in der frühen Kälte hassen, oder …“
Lea erzählte und erzählte und er war wirklich überrascht, was sie doch alles aufgeschnappt hatte und das in so kurzer Zeit. Sie schien ein sehr aufmerksamer Mensch zu sein und vertrauenswürdig noch dazu.
Nach einer Weile hatte sie nun endlich zu Ende gesprochen, richtete sich wieder auf und begutachtete ausgiebig sein hübsches Gesicht. Ohne dass sie es wollte, oder groß darüber nachgedacht hatte, streichelte sie mit ihren Daumen für einen viel zu kurzen Moment zärtlich über sein Kinn und er wünschte sich insgeheim, dass sie es noch einmal tun würde, doch sein Wunsch wurde nicht erfüllt. Erschrocken über ihr unüberlegtes Tun, zog sie auf einmal ihre Hand weg und versteckte sie auf ihrem Rücken. Skeptisch begutachtete sie ihn und war sich nicht sicher, was sie von seinem Gesichtsausdruck halten sollte.
„Was?“
Wollte er neugierig wissen und sah sie erwartungsvoll an. Er sah wie sie einen Moment abwog, ob sie es erzählen sollte und erklärte ihm auf einmal etwas überheblich:“ Und, dass Ihr Cait wohl doch sehr zugeneigt ward und man sich nicht erklären kann, dass ihr eine fremde Frau … und dazu noch eine englische Frau in Euer Haus bringt und diese ihr vorzieht. Jeder glaubte, dass Ihr sie einmal heiraten würdet, so lange wie dieses Verhältnis nun schon anhält.“
Sie war verwundert, als ein Lächeln sich auf seinem Gesicht abbildete und nun beugte er sich wieder etwas zu ihr herunter.
„Natürlich stand ich ihr nicht abgeneigt gegenüber, Lea, sie ist eine begehrenswerte Frau. Sie gab mir das, was ich als Mann ab und an brauchte und sie hatte dadurch einige Vergünstigungen in diesem Haus“, er war ihrem Gesicht ganz nah, und nur einen Atemzug davon entfernt, sie noch einmal zu küssen:“ Aber mehr wäre nie daraus geworden, denn wir passen einfach nur in einer einzigen Sache ganz gut zusammen. Ich lache über keinen ihrer Witze, ich kann mit ihr nicht reden und ich kann ihr schon gar nicht zuhören … Sie rührt mich einfach nicht.“
Entsetzt über diese ehrlichen und doch sehr persönlichen Worte, ermahnte Lea ihn barsch: „Laird Seamas MacNamara, ich will keine Details über Euer Zusammensein mit dieser Frau, um Himmels willen, das ist ja widerlich.“
Endlich hatte er sie einmal an einen Punkt gebracht, an dem sie wirklich peinlich berührt wirkte, ohne sie zu küssen oder beim Baden zu beobachten, auch wenn der Alkohol viel dazu beitrug.
„Es tut mir leid wenn ich Euch damit in Verlegenheit gebracht habe.“
Log er genüsslich grinsend und erboste sie damit nur noch mehr:“ Dazu gebraucht es mehr als Eure Bettlappalien mit dieser schändlichen Frau.“
In dieser Sekunde, während sie ihn belehrte, wirkte sie, als hätte sie keinen Tropfen getrunken. Doch nur für eine lächerliche Sekunde, denn auf einmal wankte sie wieder schleppend und ihre glasigen Augen funkelten ihn fern ab der Realität an.
Zärtlich strich er eine Strähne ihres Haares aus ihrem Gesicht und zog sie fest an sich. MacNamara beugte sich noch etwas mehr zu ihr herab und wollte sie endlich noch einmal küssen, noch einmal diese warmen und zarten Lippen spüren. Doch er bemerkte die Blicke der restlichen Gäste und so schob er sie schweren Herzens nach einigen Sekunden wieder etwas mehr von sich und meinte einfach nur:“ Kommt, ich bringe Euch zu Bett.“
„Aber in mein Bett“, ermahnte sie ihn mit erhobenem Zeigefinger und er nickte belustigt.
„Ja natürlich … in Euer Bett.“
Lea gestattete es ihm und als er sie von der Wand wegführte schwankte sie erneut bedächtig und er hielt sie wieder etwas näher bei sich, an seiner Seite. Fest umklammerte sie mit ihre Hand den Plaid vor seiner Brust und kicherte heiter auf.
„Bei Gott Seamas“, da war er wieder, sein Name:“ Ich war noch nie betrunken, es ist lustig, aber es gefällt mir nicht.“
Welch eine Aussage und das brachte ihn wiederrum zum Lachen, was erneut neugierige Blicke nach sich zog. Doch langsam war es ihm egal, schließlich waren sie in den Augen der anderen verlobt und da darf man dem anderen in der Öffentlichkeit seine Zuneigung zeigen.
Kenneth beobachtete die beiden schon eine Weile und Adair stellte sich neben ihn. Er klopfte ihm auf die Schulter und meinte:“ Sieh dir das an, ein völlig anderer Mensch. Er lacht ständig, ich habe ihn zuvor noch nie lachen gesehen.“
Kenneth widersprach dem mit trauriger Stimme:“ Doch, früher als wir noch Kinder waren und unbeschwert, da lachte er den lieben langen Tag und hatte nur Dummheiten im Kopf. Diese Frau holt das aus ihm heraus, was er sich seit dem Tod seines Vaters verwehrte und das wird endlich einmal Zeit.“
 
Wenn du registriert und angemeldet bist und selbst eine Story veröffentlicht hast, kannst du die Stories bewerten, oder Kommentieren. Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diese Story kommentieren.
Weitere Aktionen
Wenn du registriert und angemeldet bist, kannst du diesen Autoren abonnieren (zu deinen Favouriten hinzufügen) und / oder per Email weiterempfehlen.
Ausdrucken
Kommentare  

Hui, das knistert ja diesmal ganz besonders zwischen den Beiden. Und einen Kuss hat er sich von ihr geholt. Doch Lea ist vorsichtig, denn sie will nicht leicht zu bekommen sein. Obwohl die Bediensteten und Freunde MacNamara fürchten, scheinen sie ihn im Grunde ihres Herzen doch zu mögen und ihn zu verstehen. Das merkt man ganz besonders bei Kenneth und wohl auch bei Adair. Ein schönes romantisches Kapitel.

Petra (21.07.2010)

Login
Username: 
Passwort:   
 
Permanent 
Registrieren · Passwort anfordern
Mehr vom Autor
Ein schmaler Grad - Inhaltsangabe  
Vergeltung - Inhaltsangabe  
Vergeltung Kapitel 9 (Historisch)  
Vergeltung Kapitel 7+8 (Historisch)  
Vergeltung Kapitel 6 (Historisch)  
Empfehlungen
Andere Leser dieser Story haben auch folgende gelesen:
---
Das Kleingedruckte | Kontakt © 2000-2006 www.webstories.eu
www.gratis-besucherzaehler.de

Counter Web De