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29 Seiten

Return to Home - Alles auf Anfang

Romane/Serien · Spannendes
© Alexander
~Eins~

Wann Sie kamen, war nirgends dokumentiert worden. Daher wusste niemand, wie lange die Besatzung dauerte. Tag für Tag. Monat um Monat. Jahre wurden zu Jahrzehnten. Daraus wurden Jahrhunderte. In denen Sie Sklaven der Besatzer waren.
Der Widerstand stellte keine Bedrohung für die Fremden aus dem Weltraum dar.
Sie waren den Einheimischen technisch um Jahrhunderte voraus. Flogen mit Raumschiffen durch das All, verfügten über Technologien die nicht in Reichweite derer waren denen der Planet gehörte.
Erst kursierte das Gerücht nur unter den Leibeigenen der Vasallen der Fremden. Doch es breitete sich schnell unter der Bevölkerung aus. Die Fremden waren in einen Krieg verwickelt, der sie mehr und mehr an den Rand der Niederlage brachte.
Eine neue Welle der Widerstandsbewegung entstand.
Die Fremden sahen darin trotz allem keine Bedrohung.
Trotz des zunehmenden Widerstands, wurden im Verlauf immer mehr Bodentruppen und Kriegsgerät vom Planeten abgezogen. Bis in der Nacht der Freiheit die Fremden den Planeten endgültig verließen.
Zurück blieb ein bis aufs Mark ausgebeuteter lebensfeindlicher Planet.
Trotz der Freude über die Freiheit wussten die einstigen Sklaven, dass sie unter den Gegebenheiten keine Zukunft hatten.
In einem unvorstellbaren Kraftakt, bei dem Sie alle erdenklichen Ressourcen zusammenführten, bauten die Gvaner 5 Generationen lang an der Epoh (= Hoffnung).
Einem Raumschiff mit Platz für 10.000 Leute.
In der Nacht der Freiheit startete das Raumschiff mit 8.000 Gvanern an Bord vom Planeten. Damit diejenigen an Bord andernorts ein neues Leben anfangen konnten. Und um eines Tages zurückzukehren.
Somit begann die Reise...

***

„Nicht so schnell, Junge.“, rief ihm ein Besatzungsmitglied hinterher, als er an dem Mann vorbeirannte.
Mist!! Er würde wieder zu spät zum Unterricht kommen.
Am’osh, 16 Jahre, hetzte durch die Eingeweide des Raumschiffs, das für die Leute an Bord zur Heimat geworden war. Eine trostlose zwar, aber immerhin eine Heimat. Zumindest meinte dies stets seine Großmutter, die ihn praktisch großgezogen hatte, nachdem seine Eltern bei der Rotfieberepidemie gestorben waren, die beinahe 15 Jahre auf dem Schiff wütete. Hunderte Gvaner aller Altersgruppen waren ihr zum Opfer gefallen.
Mit der Geschicklichkeit eines Tänzers umkurvte er 2 Techniker, die ein Kühlschrank großes Aggregat mit einem Hubwagen transportierten. Er grinste die verdutzten Männer an und… BUMM!! Den Jungen riss es von den Füßen. Er prallte hinterrücks auf den harten Boden.
Am’osh war gegen ein hängendes Deckenpanel gerannt, das eigentlich an der Decke hängen sollte.
Jetzt grinsten die verdutzten Männer.
Ein Mädchen kniete sich neben ihn. „Hey. Alles in Ordnung?“ Lucy ging in die gleiche Klasse wie Am’osh. Sie war klug und wunderschön zugleich. Ihre glänzenden braunen Augen ruhten mit besorgtem Blick auf ihm. „Ich sollte die Krankenstation benachrichtigen.“
Sein Körper schmerzte höllisch. „Nein.“, ächzte er schmerzverzerrt. Neben dem Ärger wegen dem zu spät kommen, konnte Am’osh den Hohn und Spott nicht gebrauchen, dass er gegen ein Deckenpanel gerannt war. „Es geht schon.“ Was ganz und gar nicht der Wahrheit entsprach. Jede Bewegung war die Hölle. Langsam rappelte er sich auf. Kaum auf den Beinen, drohten diese unter ihm wegzusacken. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich abstützen.
„Ich glaube wirklich du solltest auf die Krankenstation.“
„Ach“ –und machte eine abwertende Handbewegung. „ was. Ich bin wieder voll da. Nichts passiert.“
Zweifelnd schaute sie ihn an. „Wenn das so ist, sollten wir gehen. Andernfalls kommen wir zu spät.“ Lucy wandte sich zum Gehen, machte einen Schritt und RUMMS.
Hinter ihr war Am’osh bewusstlos zu Boden gesackt.

***

Niemand wollte länger als unbedingt nötig auf der Krankenstation verweilen. Da war der Junge Am’osh keine Ausnahme. Nur waren seine Beweggründe nicht unbedingt die Gleichen. Nicht nur dass er gegen das Deckenpanel gerannt war, als ob das nicht schon genug war, verlor er vor, eigentlich hinter Lucy das Bewusstsein.
Zum Glück verordnete der Arzt ihm strickte Bettruhe. Seine besorgte Großmutter wurde vom Arzt beruhigt. Bei ihrem Besuch erwähnte sich komischerweise nichts von dem wiederholten zu spät kommen. Andererseits war er ja nicht zu spät gekommen, sondern auf der Krankenstation gelandet. Eine Spitzfindigkeit, die ihn kaum vor dem Anschiss rettete.
Ein Gutes hatte der Unfall. Er verhinderte, dass er zu spät zum Unterricht kam.
Von den Schmerzen spürte Am’osh nichts mehr. Was zum Teil an den Medikamenten lag, die man ihm zur Schmerzlinderung verabreichte. Kein Wunder dass die Dinger auf dem Schwarzmarkt ein Vermögen Wert waren.
Er löffelte gedankenverloren sein Wackelpudding. Das Zeug schmeckte, im Gegensatz zum übrigen Essen, richtig gut.
„Am’osh.“
„Yep.“ Der Jungs sah auf.
Er stand kurz davor sich am Wackelpudding zu verschlucken.
Unerwarteter Besuch erschien an seinem Bett.
„Ich wollte nur mal sehen, wie es dir geht.“, sagte Lucy engelsgleich.
Sofort richtete er sich ein wenig auf. Immer schön bedacht, dass die Bettdecke an Ort und Stelle blieb. Ihm wäre beinahe der leere Puddingbecher aus der Hand geglitten. „Ähm.“ Ein wenig unbeholfen stellte er ihn auf das Tablett. „Mir geht’s gut.“, stammelte Am’osh.
Zögerlich kam Sie ein wenig näher. „Hier.“ Lucy reichte ihm ein Heft. „Das sind die Hausaufgaben von heute.“
„Danke.“ Etwas besseres fiel ihm in diesem Moment nicht ein.
„Ich geh dann mal.“ Und weg war Sie.
Mist!! Du Idiot!! Dummbeutel!! Beschimpfte er sich gedanklich selbst, als Lucy gegangen war. Wunderbar!! So scheiße der Tag angefangen hatte, so endete er auch. Verdammt!! Da besuchte ihn mal ein Mädchen und er stellte sich wie ein Bauerntrampel an. Jetzt hielt sie ihn nicht nur für einen Deppen, sondern für einen trotteligen Deppen.
Konnte es schlimmer kommen?

***

Ja. Viel Schlimmer.
Bloß war dies eine Antwort auf eine andere Frage, obgleich sie dem gleichen Wortlaut entsprach.
„Auf lange Sicht wird der Reaktorschaden das gesamte Schiff verseuchen.“, stellte der Chefingenieur der Epoh fest.
„Können Sie ihn nicht beheben?“, fragte ein Mitglied vom Schiffsrat.
„Das haben wir bereits.“, erwiderte der Gvaner ruppig. Schließlich saßen seine Männer und er nicht nur rum. „Der Reaktormantel ist spröde. Es ist nur eine Frage der Zeit bis sich die Sache wiederholt.“
„Bessern Sie ihn doch einfach aus.“, schlug ein anderes Schiffsratsmitglied lässig vor.
Politiker. Niemand brauche Sie und doch gab es Sie wie Sand am Meer. Sie drangen in jede gottverdammte Ritze und drangsalierten einen. Zum Glück hatte der Chefingenieur eine gute Selbstbeherrschung. Andernfalls hätte er wohl jemanden K.O. geschlagen. „Das würde bis zu einem Jahr dauern. Und wir müssten den Reaktor für die Dauer abschalten.“, erklärte er den Leuten knurrig. „Für diesen Zeitraum sind die Generatoren nicht ausgelegt. So einfach anhalten und parken können wir auch nicht.“ Als wenn Sie auf einer Vergnügungsfahrt wären.
„Doktor.“, bat der Vorsitzende vom Schiffsrat.
Der Chefarzt der Epoh räusperte sich. „Die Strahlungsintensität ist in den betroffenen Bereichen um 0 Komma 3 7 Punkte angestiegen. Was noch im Rahmen der Verträglichkeit liegt.“, teilte der Doktor den Frauen und Männern mit. „Ich rate jedoch die Bereiche vorsorglich zu schließen. Dadurch verhindern wir, dass die Strahlung herumgetragen wird.“
Der Captain des Raumträgers und der Vorsitzende nickten einstimmig.
Vom Kommandanten bekam der Erste Offizier den Befehl die betroffenen Bereiche zu evakuieren und zu schließen. Bis auf Lagerräume, viele davon Leer stehend, kleine Laboratorien und ungenutzte Werkstätten gab es dort keine schiffswichtigen Räumlichkeiten.
Allen wurde im Verlauf der Besprechung klar, dass dies kein einmaliges Ereignis war. Es konnte jederzeit wieder geschehen. Und niemand konnte sagen, wie schlimm es beim nächsten Mal werden würde. Der Reaktormantel konnte möglicherweise noch Jahre, Jahrzehnte oder Jahrhunderte halten. Was im Bereich des möglichen war. Jedoch kaum vorstellbar. Daher gab es nur eine Lösung um zu verhindern dass alles und jeder an Bord des Raumschiffs verstrahlt wurden.
Sie mussten einen Planeten finden. Vorzugsweise mit bewohnbaren Parametern.

***

Da er sich langweilte, begann Am’osh die Hausaufgaben zu machen.
Sie waren keine besondere Herausforderung für ihn. Andererseits war er so beschäftigt.
Nicht für lange, wodurch er wieder ins Grübeln kam.
Er war nicht gerade auf den Kopf gefallen. Wie manch anderer aus seiner Klasse. Am’osh war lieber für sich. Wodurch er keine Freunde hatte. Jedenfalls in seinem Alter. Einen Freund hatte er. Bloß war er bereits 57 Jahre. Ein stattliches Alter für einen Bewohner des Raumschiffs.
Theo war ein Sonderling. Ein Einsiedler. Er lebte weites gehend abgeschottet vom Alltagsleben. Irgendwie mochte Am’osh den knochigen, alten und schroffen Mann. Obwohl Sie keine 2 Worte miteinander gesprochen hatten.
Er war einst Professor in der Astronomie, lehrte an der Hochschule. Eines Tages zog sich Theo vollkommen zurückzog, schottete sich ab und wollte fortan mit niemanden etwas zu tun haben.
Bis er vor einigen Wochen Am’osh über den Weg lief. Eher über den Haufen, aber mit solchen Spitzfindigkeiten sollte man sich nicht aufhalten. Eigentlich wollte der Junge sich ein ruhiges Plätzchen in einem der weites gehend ungenutzten Bereiche des Raumschiffs suchen, um seinem Radioteleskop den letzten Schliff zugeben und zu starten. Dabei begegnete der dem knochigen Theo, der ihn anraunte.
Am’osh kümmerte sich darum nicht. Stattdessen fand er den perfekten Ort für sein Projekt. Er werkelte noch Tage daran rum, nahm Feineinstellungen vor und machte Testläufe. Vor lauter Arbeiten vergas der Junge die Zeit.
Und zu später Stunde wurde es in diesem Teils des Schiffs ziemlich unheimlich, ja schon gespenstisch. Zu allem Überfluss verlief Am’osh sich, stand kurz davor die Schiffssicherheit um Hilfe anzuflehen, als er in die Werkstatt von Theo stolperte. Sprichwörtlich.
Was er da zu Gesicht bekam, ließ ihn staunend starren. Dagegen wirkte sein Radioteleskop winzig, geradezu mickrig.
Der Mann hatte sich seine eigene Langstreckensensorphalanx gebaut. Zusammengeschustert traf es zwar eher, aber das spielte keine Rolle. Das Ding wirkte nicht nur gewaltig, sondern war es auch. Es gab bloß einen Haken. Sie funktionierte nicht.
Wieso sonst sollte Theo es teilweise auseinandergebaut haben.
Neugierig wagte Am’osh einen nährenden Blick.
Die Langstreckensensorphalanx war einfach unglaublich.
Seine Begeisterung fand ein jähes erschreckendes Ende, als der Erbauer zurückkehrte.
Am’osh rannte vor Angst davon.
Wie durch ein Wunder fand er dann doch nach Hause.
Am nächsten Tag kehrte er zu seinem Versteck zurück, setzte die Arbeit fort. Die kommenden Tage hatte er stets das Gefühl beobachtet zu werden.
Mit dem Gedanken schlief Am’osh ein.
________________________________________

~Zwei~

Da er die nächsten Tage vom Unterricht befreit war, beschloss er die Freie Zeit zu nutzen um an seinem Projekt zu arbeiten. Die Sterne und die gewaltigen Möglichkeiten auf intelligentes Leben zustoßen, faszinierten ihn schon als Kind. Die Besatzer ihrer einstigen Heimat kamen aus den Tiefen des Weltraums. Den Überlieferungen nach waren Sie nicht die Einzigen, deren Welt von ihnen besetzt wurde. Wo diese Welten lagen blieb ungeklärt. Ebenso wohin Sie verschwunden waren.
Auch nach ihrem 186 jährigen währenden Flugs durch die Sterne.
Sie waren auf keine Raumzivilisation oder derartige Spuren/Signale gestoßen. Die Planeten der Sterne besaßen überdies keine Voraussetzungen für Leben. Daher flog man immer weiter.
Inzwischen schon in der 3. Generation.
Es sah auch nicht danach aus das sich in absehbarer Zeit etwas daran änderte. Trotzdem verlor man nicht die Hoffnung. Etwas anderes blieb ihnen wohl auch kaum übrig. Sie mussten einen Planeten finden, auf dem Sie eine neue Zivilisation gründen konnten. Andernfalls wären die Mühen ihrer Väter, Mütter, Brüder und Schwestern umsonst gewesen, die Ihnen diese Chance ermöglichten.
Das waren Sie ihnen schuldig. Der Bau der Epoh verschlang ein Großteil der noch vorhanden Ressourcen.
Er schaltete das Radioteleskop an, kontrollierte die Einstellungen und startete es.
Dass er nicht sofort einen Volltreffer landete, war ihm von vorne rein klar. So blauäugig war Am’osh nicht. Auch nicht das nach 1 Stunde nichts weiter aufgezeichnet wurde als die Hintergrundstrahlung der Sterne. Oder 5, 10 Stunden. Ob er überhaupt je etwas auffangen würde, war zweifelhaft. Schließlich hatte der Weltraum gigantische Ausmaße. Doch davon ließ er sich von seinem Vorhaben nicht abbringen.
Am’osh aß sein Essenspaket, schaute die Daten durch, verfeinerte die Einstellungen ein weiteres Mal. Er war darauf eingestellt den Großteil seiner Zeit hier zu verbringen.
Aus Stunden wurden Tage, woraus Wochen wurden.
Selbst Zuhause konnte er sich davon nicht lossagen. Auch nicht, als er wieder zur Schule musste. Eine lästige Pflicht. Sein, wieso schon karges Sozialleben kam, völlig zum Erliegen. Gleichzeitig versuchte er das Labor, die Werkstatt, von Professor Theo ausfindig zu machen. Jedes Mal, wenn er dachte, er sei richtig, war er doch falsch.
Das war eine Sackgasse. Was ihn ein wenig frustrierte.
Eine Fehlermeldung ließ ihn gleich nach der Schule zu seinem Versteck gehen. Inzwischen ließ Am’osh das Radioteleskop Rund-um-die-Uhr laufen. Was die Datenmenge anwachsen ließ. Er wollte einfach nichts unversucht lassen.
Immerhin konnten Sie nicht ewig auf diesem Pott bleiben. Vor allem nicht nach den neusten technischen Problemen beim Reaktor. Gerüchten zur Folge war es nur eine Frage der Zeit, bis es zu einem Totalausfall kam. Man hatte die Sperrzone wegen zu hoher Strahlungswerte um 2 Decks erweitert. Ebenfalls eine Frage der Zeit war es bis bewohnte Bereiche betroffen wurden. Äußern dazu tat sich kaum jemand von offizieller Seite. Dort hieß es nur man habe alles unter Kontrolle.
Was nichts zu heißen hatte.
Ohne weiter darüber nachzudenken, begann Am’osh festzustellen wo der Fehler bei seinem Radioteleskop lag.

***

Einer der Servomotoren für die waagerechte Teleskopsteuerung hatte sich festgefahren. Er nahm sein Werkzeuggürtel zur Hand und machte sich daran die Verkleidung abzuschrauben, um an den entsprechenden Servomotor zu gelangen.
„Interessant.“
Vor Schreck hätte der Junge den Schraubendreher fallen gelassen. Zum Glück hatte er kein schwaches Herz, andernfalls wäre er jetzt wohl Hocker gefallen. Am’osh war überrascht Lucy zusehen. Sie stand im Raum, der ihm als Versteck/Labor für sein Projekt diente. „Hast du mich verfolgt?“ Was für einen Grund sie wohl dafür hatte ihm nachzuspionieren? Immerhin war man nicht besonders befreundet. Schulkameraden, ja. Mehr aber nicht.
„Ich …“ Sie zögerte, vermied kurzweilig Augenkontakt. „Ich wollte nur mal sehen, wie es dir geht.“, erklärte Lucy schüchtern. Warum?, fragte sich Am’osh. Hatte er einen solchen bleibenden Eindruck hinterlassen!! „Du bist gerade los, da bin ich dir nachgegangen.“ Sie schaute an ihm vorbei zum Radioteleskop. „Hast du das gebaut?“
Herrgott, es gab Schlimmeres als von einem Mädchen wie Lucy verfolgt zu werden, entschied er. So zuckte er innerlich mit den Schultern, nickte ihr zu und setzte seine Reparaturarbeit fort. Was die Gvanerin zum Anlass nahm näher zu kommen. „Ja.“
Die Verkleidung war abmontiert. Er begann die Kabelstränge beiseite zu schieben, abzuklemmen und rauszunehmen, um ans Board für die Steuerung zu gelangen, wo die Servomotoren lagen.
Eine der Diode zur Funktionsanzeige blinkte orange.
Am’osh zog den beschädigten Servomotor von der Platine und begutachtete ihn.
Eins der Richtungslager war gebrochen. Wodurch sich der Servomotor fest fuhr. Und das Teleskop blieb in der Ausrichtungsstellung. Sobald das Lager ausgewechselt war, konnte er eine Steuerungskalibrierung vornehmen. Keine große Sache.
„Woher hast du die Teile?“, fragte Lucy neugierig.
„Schrottplatz.“
„Was bezweckst du mit dem Radioteleskop?“
Man musste kein Genie sein, um die Funktionalität des Geräts zu erraten. Dennoch war Am’osh überrascht, dass jemand wie Lucy wusste, was das für Gerät war. Zumal es nicht wie ein gängiges Teleskop, wie im Observatorium, aussah. „Ich suche die Sterne nach Radiosignalen ab.“
Lucy blieb stehen, schaute ihn an. „Du suchst Aliens?“
Leichte Verärgerung kam auf. Ohne ihr eine Antwort zugeben, machte er sich wieder an die Reparatur. Was wusste Sie schon? Wenn Sie unbedingt ihr Leben auf diesem Kahn verbringen wollte, soll Sie doch.
„Tut mir leid. Ich hab es nicht so gemeint.“, entschuldigte Sie sich. „Ich bin nur überrascht“ Am’osh blickte auf. „dass du dich für Astronomie interessierst.“, erklärte Lucy. „Oder überhaupt für Wissenschaft.“
Er dachte einen Moment darüber nach.
Auch wenn Sie nicht wirklich kannte, konnte er ihr ihre Einschätzung nicht verübeln. In der Schule gehörte er nicht gerade zu denen die sich hervortaten. Vermutlich hielt Sie ihn für einen Mitläufer. Was Am’osh auch nicht störte. Ihm war es sogar egal. „Ich bin eher praxisorientiert.“ Die Theorie war nicht sein Ding.
Ein Lächeln erschien. „Kann ich verstehen.“
Und das von jemanden die zu den Leistungsschülern zählte. Vermutlich hatte er ein ebenso falsches Bild von ihr, wie Sie von ihm.
Von einem anderen kaputten Servomotor baute Am’osh das Richtungslager aus. Alle defekten Teile bewahrte er auf. Als Ersatzteilspender. Die Suche nach einem passenden Ersatzteil konnte sehr zeitraubend sein.
Er baute den Servomotor wieder zusammen, steckte ihn auf die Platine zurück. Die Funktionsdiode blinkte kurz Orange auf und wechselte dann zu grün. Am’osh begann mit dem Rückbau. Dann ließ er eine Systemdiagnose durchlaufen. Keine weitere Fehlermeldung erschien.
Doch kaum war die Systemdiagnose abgeschlossen, ertönte ein Signalton.
Erst hielt er es für eine nachfolgende Fehlermeldung.
Die Anzeige belehrte ihn eines Besseren.

***

Captain Rhòan lehnte sich in seinen verschließenden Stuhl zurück. „Ein 16 jähriger Junge findet mit einem selbst gebauten Radioteleskop ein Wurmloch, dass die Astronomie Abteilung nicht gefunden hat.“, fasste der Raumkommandant der Epoh zusammen.
„Bei allem Respekt, Captain.“, warf der Leiter der Astronomie ein. „Der Junge hatte Glück.“
„Das Glück des Tüchtigen.“, meinte hingegen die Erste Offizierin des Raumträgers.
Der Wissenschaftler funkelte die Gvanerin verärgert über ihre Äußerung an.
Bevor es wieder zu einem Wortgefecht kam, das zu einem Streitgespräch mutierte, schritt Rhòan ein. „Spielt keine Rolle.“ Punkt aus. „Können wir es nutzen?“, richtete der Captain an den Wissenschaftler und seinen Chefingenieur.
„Der bisherigen Auswertung nach sehe ich keine Gefahr, wenn wir das Wurmloch nutzen.“, antwortete Jàris, der Chefingenieur. „Wir haben die Auswertung aber noch nicht abgeschlossen.“, fügte er an.
„Wie lange braucht ihr dafür?“, fragte Rhòan seinen langjährigen Chefingenieur.
Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Die Daten sehen vielversprechend aus.“
„Ein Wurmloch“, warf der Leiter der Astronomie ein. „ist ein unerforschtes Phänomen, Captain. Ganz gleich wie vielversprechend die Daten auch aussehen, es besteht ein unkalkuliertes Risiko wenn wir es nutzen.“
„Haben Sie eine Alternative?“
Schweigend sahen Sie sich an.
„Keiner der Sterne, die in unserer unmittelbaren Reichweite liegen, besitzt Planeten mit bewohnbare Parameter. Also bleibt uns wohl keine andere Wahl. Die Alternative sieht nicht viel rosiger aus.“, sagte Rhòan. Eine mehr als verständliche Argumentation.
Die er auch Stunden später dem zusammengekommenen Schiffsrat mitteilte.

***

Das ausgerechnet Am’osh ein Wurmloch fand damit hatte er am allerwenigsten gerechnet, als er mit dem Bau des Radioteleskops begann. Das er überhaupt was bedeutsames fand, hielt er insgeheim für unwahrscheinlich. Ein Glückstreffer sagte man. Zurecht. Er konnte es den Leuten nicht mal verübeln.
Trotzdem war er darauf stolz wie Oscar.
Gleichzeitig wurde dadurch eine Diskussion losgetreten, bei der es um die Nutzung der Sensoren bzw. der Astronomie ging. Freie Wissenschaftler und jene die sich dafür hielten, plädierten durch sein Tun für Nutzzeit. Was der Leiter der Astronomie strikt ablehnte. Im Wissenschaftsausschuss wurde darüber diskutiert.
Mit, welchem Ergebnis blieb abzuwarten.
Glücklicherweise ging der ganze Trubel um die Entdeckung des Wurmlochs an Am’osh vorbei. Lucy besuchte ihn jetzt öfters. Zusammen suchten Sie die Sterne ab, unterhielten sich über mögliche außerirdische Zivilisationen und natürlich über das Wurmloch.
An Bord der Epoh war das Thema überhaupt. Zumal sich die Frage stellte, ob es nutzen sollte. Schließlich war dieser Teil der Galaxie totes Land. Und der Raumträger war nicht dafür konzipiert gewesen ewig umherzufliegen. Die Ressourcen, trotz aller Wiederaufbereitung und dem Recycling waren knapp. Hinzu kam dass die Personenanzahl an Bord der Epoh in kleinen Schritten wuchs. Was bereits vor Jahren zum Erlass einer Ein-Kind-Doktrin führte.
Umkehren und zurückfliegen stand nicht zur Debatte.
Seinen Gedanken hinterher hinkend schaute Am’osh zu Lucy. Sie strahlte wie eine Supernova, nur weitweniger tödlich. Er konnte (und hatte) Sie stundenlang angesehen. Einfach so. Nun da Sie seine Nähe suchte, kam er sich weniger schäbig vor.
„Was ist?“ Ihre Frage riss ihn aus seiner Lethargie.
„Ähm.“ Am liebsten wäre er vor Scham im Boden versunken. Wie sollte er sich da raus reden!! „Nichts.“ Wunderbar, etwas Besseres fiel ihm nicht ein.
„Und warum starrst du mich an?“, hackte Lucy unwissend unnachgiebig nach.
Verdammt!! „Ich starre nicht.“, verteidigte er sich trotzig. Oh und wie.
„Und ob du mich angestarrt hast.“ Sie ließ nicht locker.
Bevor Am’osh zu einer widerborstigen Erwiderung ansetzen konnte räusperte sich jemand.
Sie schauten zum Verursacher.
Im Raum stand Professor Theo.

***

Der Gvaner mit dem alterszerfurchten Gesicht, den wachen und steinernen Augen hatte Jahre lang gut in der Isolation gelebt. Bis zu jenem Tag, als ihm dieser Bursche über den Weg lief. Sofort hatte Theo etwas in seinen Augen gesehen, was er in dieser Intensität noch nicht sah. Eine unvorstellbare Kraft das unmögliche möglich zusammen gepaart mit einem schieren Durst nach Wissen.
Neugierig erkundigte er sich über den Jungen. In der Schule war er nicht gerade ein Ass. Im Gegensatz zu dem Mädchen, das seit einiger Zeit nicht mehr von seiner Seite wich. Trotzdem gelang es ihm ein Radioteleskop zu bauen. Ohne Vorkenntnisse. Ausschließlich mit Teilen vom Schrott. Bemerkenswert, wenn man den Erfolg bedachte, den der Junge vor kurzer Zeit erzielte.
Sicherlich war ihm das Glück holt gewesen, als er das Wurmloch fand. Doch die Astronomie war eine Glückssache bei der enormen Menge an Sternen. Viele wissenschaftliche Errungenschaften fußten auf vorangegangene Glückstreffer. Auch wenn das niemand wahr haben wollte.
Vor allem nicht jemand wie der amtierende Leiter der Astronomie.
Sein eigenes Projekt, die Langstreckensensorphalanx, steckte fest. Jahrzehnte des Tüftelns, Bauens und Zusammensuchens hatten seit Wochen ihr Ende gefunden. Alles, was er versuchte scheiterte. Theo war trotz allem nicht gewillt das Projekt aufzugeben. Es steckte einfach zu viel Schweiß, Blut und Tränen drin.
Aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl der Junge konnte ihm beim Finden der Lösung behilflich sein. Darum beobachtete Theo ihn. Und aus diesem Grund suchte er den Jungen auf.
Er brauchte dessen Hilfe.
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~Drei~

Am’osh war überrascht ihn zu sehen.
Seit dem unfreiwilligen Zusammenstoß hatte er den Mann nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Jetzt stand er erneut in dessen Werkstatt/Labor, wo die Langstreckensensorphalanx thronte und sein Radioteleskop geradezu winzig erscheinen ließ. Alleine die Bauphase musste Monate, wenn nicht Jahre gedauert haben. Zumal der Professor alleine daran arbeitete. Tag ein, Tag aus. Wahrscheinlich hielt es ihn davon in seiner Isolation verrückt zu werden.
Lucy schien das nicht so zu sehen. Sie wich Am’osh nicht von der Seite, seit der Professor bei ihm aufgetaucht war. An die Nähe konnte er sich gewöhnen. Wie oft hatte er davon geträumt sie praktisch im Arm zu halten.
Die Phalanx aus der Nähe zusehen war faszinierend. Und wartete mit der einen oder anderen Überraschung auf. „Sie haben ein Biogaskraftwerk?“ Eine externe Energiequelle machte andererseits Sinn. Das Energienetz der Epoh war veraltet und neigte zu ausfällen. Daher stellte zum Betrieb einer Langstreckensensorphalanx ein Biogaskraftwerk eine echte Alternative dar. Hinzu verwendete der Professor alte Energiespeicher und Brennstoffzellen zur Energiespeicherung. Der Kreislauf stellte ein eigenes Energienetz dar.
Für ein derartiges Projekt war dies auch nötig. Gezwungenermaßen.
Die Primär- und Sekundärelektronik baute der Professor entweder selbst, kaufte sie oder fand sie auf dem Schrottplatz. Letzteres galt auch für die übrigen Bauteile. Vieles musste instand gesetzt oder repariert werden. Der Schrott war für Leute wie den Professor und Am’osh eine wahre Fundgrube mit einem faden Beigeschmack, den Sie in Kauf nahmen und mussten. Zwangsläufig.
Teile vom Schrott oder diejenigen die man selbst baute hatten alle eine gemeinsame Komponente. Sie waren bereits gebraucht. Mehr oder weniger. Außerdem spielte die Kompatibilität eine entscheidende Rolle. Dafür ging die meiste Zeit drauf. Bei so was musste alles zusammenpassen. Entsprechende Veränderungen und Einstellungen wurden vorgenommen. Damit gewährleistet wurde, dass alles passte. Langwierig und zumeist knifflig.
Auf dem Raumträger wurde wahrlich alles wiederverwendet. Was den begrenzten Ressourcen an Bord geschuldet war.
Dadurch war man Einschränkungen unterworfen, die es einem nicht einfach machten. Unter den gegebenen Umständen war der Bau der Langstreckensensorphalanx ein wahres Meisterstück. Nun musste Sie nur noch funktionieren.
Die optischen Verbindungen sahen gut aus. Ebenso die Kabelstränge, Platinen und der zentrale Knoten. Woran es also lag, dass die Phalanx nicht funktionierte, blieb erstmal ein Rätsel. Es zu lösen bedurfte Zeit. Viel Zeit.

***

Aus Tagen wurden Wochen in denen Am’osh gemeinsam mit Lucy an seiner Seite und dem Professor nichts unversucht ließen die Phalanx aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwecken. Dabei machten Sie lediglich winzige Fortschritte. Bis man an einen Punkt kam, wo sie hilf- und ideenlos davor standen und einfach nicht mehr weiter wussten. Ihnen gelang es einfach nicht den Fehler zu finden, der die Phalanx daran hinderte dass zu tun, wofür sie gebaut wurde.
Doch irgendwo musste der Fehler sein, den Sie trotz aller Versuche und Bemühungen nicht aufspüren konnten. Die Konstruktion war solide. Daran schien es nicht zu liegen. Die Energieversorgung war ebenso sichergestellt. Das Energienetz sowie deren Speicher funktionierten. Die Anordnung der diversen Bauteile, Systeme, Energieleitungen, Sensoren, Platinen, der Elektronik und den Verbindungen hatte seine Richtigkeit.
Am’osh schlug sich seit Tagen die Nächte um die Ohren, studierte die Konstruktions- und Schaltpläne der Phalanx, machte sich zu allem Notizen. Erstellte Simulationen, nahmen diverse Einstellungen vor, änderte die Parameter und den Verlauf. Keiner der dadurch entstanden Fehler war der nach dem Sie suchten.
Müde und ausgelaugt döste der Junge in seinem Zimmer vor sich hin.
Wenn der Professor nicht in der Lage war, den Fehler zu finden, wieso glaubte er könne es!! Über welche außergewöhnlichen Qualifikationen verfügte er schon!! Er hatte ein Radioteleskop gebaut. Nicht mehr. Trotzdem ließ ihn die Phalanx nicht in Ruhe. Er träumte schon davon.
Wie die Langstreckensensoren in die Ferne blickten, Sternensysteme und deren Planeten auf den Bildschirmen anzeigte, Datenströme der atmosphärischen Zusammensetzung, Analysen über die Bewohnbarkeit eines jeden gefundenen Planeten. Die Datenmenge war gewaltig. Im nächsten Traum schaute Am’osh in den Himmel. Sonnig und wolkenlos. Er atmete ein. Bevor er sich bewusst wurde, wie die Luft roch, schmeckte, wachte er auf.
Ab und an fragte Am’osh sich wie die Luft auf einem/dem Planeten roch. Planetenluft kannte er nicht. Wie alle Bord des Raumträgers war er Raumschiffkind. Sie kannten nur die Luft der Lebenserhaltung mit ihren unzähligen Filterstufen.
Eines Morgens, nach einer langen Nacht, schweiften seine Gedanken verloren umher. Scheinbar ziellos. Er konnte sich auf keine Sache konzentrieren. Was Am’osh auf die Müdigkeit schob. Und das war er tatsächlich. In wenigen Wochen fing die Schule wieder an. Noch immer hatte er sich nicht für die Leistungskurse eingeschrieben.
Gedankenverloren und erschöpft stocherte er in dem unappetitlichen Brei herum. Irgendwann döste er unvermittelt ein. Einer der Träume erschien ihm. Er saß vor einem der Bildschirme die in das Kontrollpult der Phalanx eingelassen waren. Allerhand Datenströme wurden angezeigt. Neben ihm saß Lucy. Sie strahlte, lächelte engelsgleich und sah einfach nur wunderschön aus. Ihre klaren Augen waren wiederum auf dem Bildschirm vor ihr gerichtet.
Erst da bemerkte er es.
Ihr Bildschirm war dunkel. Obgleich die Statusanzeige grün leuchtete. Eigentlich hätte der Schirm etwas anzeigen müssen. Egal was.
Dann wurde Am’osh angerempelt, schreckte auf und war für einen Bruchteil verwirrt.
„Alles in Ordnung?“, fragte ihn Lucy, die sich ihm gegenüber hinsetzte. Dem Typen, der ihn anrempelte, warf sie einen bösen Blick zu.
Er war hellwach, konnte sich an jede Einzelheit des Traums erinnern. Andernfalls wäre ihm die Lösung entgangen. Schlagartig ließ Am’osh alles Stehen und Liegen und eilte aus der Kantine.

***

An ihrer verzwickten Lage hatte sich seit dem Durchflug des Wurmlochs nichts geändert. Sie verfügten nach 3 Wochen wieder über die Antrieb- und Sensorkontrolle. Beim Durchflug hatten dichte Impulsblitze den Raumträger getroffen. Was zu etlichen Schäden führte. Welche man in der Zwischenzeit behoben hatte.
Im Gegensatz zu den Strahlenwerten.
Die nahmen langsam, unaufhaltsam aber unvermindert zu. Alle Versuche den Reaktormantel abzudichten brachten keine Besserung. Die Strahlungsintensität in den, wieso schon betroffenen Bereichen war auf 0 Komma 6 9 Punkte gestiegen. Auch in weiteren Bereichen stiegen die Werte.
Eine Strahlenverseuchung ließ sich nicht mehr aufhalten.
Bis der Gefährdungswert erreicht wurde vergingen einige Monate wenn nicht Jahre.
Rhòan kannte die Situation besser als sonst jemand. Der Schiffsrat war gespalten über die Frage ob und in welchem Umfang man die Leute unterrichtete. Die Einen wollten es verheimlichen, die Anderen umfassend veröffentlichen und der Rest stand irgendwo dazwischen. Früher oder später würden die Leute Eins und Eins zusammenzählen. Aus der Unruhe würde Panik werden, da sich die Epoh zu einem Grab wandelte. Sie hatten aber keine Alternative. Abgesehen vom Wurmloch, gab es hier nichts, wo Sie hin konnten.
Das Wurmloch war möglicherweise ihre einzige Hoffnung auf ein besseres Umfeld. Wo Sie einen Planeten fanden, auf dem Sie sich niederlassen konnten, bevor zu spät war. Daran klammerte sich Rhòan zugegebener Maßen. Etwas anderes blieb ihnen auch nicht.
Er erhob sich von der Gebetsbank, schaute zur Göttertafel, wo die Konterfeis der Gottheiten ihrer einstigen Heimatwelt zusehen waren. Möge das Himmelreich mit Ihnen sein. Dabei war er alles andere als ein religiöser Mann.
Plötzlich schrillte der markerschütternd ABC-Alarm durch den Raumträger.
Ihm gefror schlagartig das Blut.

***

Der Schrecken über den ABC-Alarm vor einigen Tag war noch spürbar.
Zwar versicherte der Schiffsrat unverdrossen, das zu keiner Zeit keine ernsthafte Gefährdung für das Schiff bestand, aber dafür kamen immer wieder beunruhigende Gerüchte auf. Angeblich sei der Reaktormantel geborsten. Was zu einer erhöhten Verstrahlung im Reaktorkontrollraum und den umgebenen Decks und Sektionen führte.
Einer aus der Wachmannschaft, die während dem Unglück im Kontrollraum Dienst hatte, war inzwischen gestorben. Die 3 übrigen Männer befanden sich auf der Isolierstation der Krankenstation. Nur ihrem Zutun hatte man es zu verdanken das es zu keiner Katastrophe gekommen war. Dafür wiederum hatten sich die 4 geopfert.
Verschwörungstheorien machten die Runde.
Am’osh wusste nicht so recht was er glauben sollte.
Der Vorfall zeigte jedoch deutlich wie wichtig es war die Langstreckensensorphalanx zum Laufen zu bringen. Was inzwischen kein Problem mehr war. Den Fehler hatten Sie bereits vor Tagen beseitigt.
Schuld war ein Kurzschluss eines Bildschirms. Was wiederum zu einem Systemabsturz führte, sobald es sich warmlief. Man hatte gleich alle Bildschirme ausgetauscht und neu verdrahtet. Um zu verhindern das ein Kurzschluss das System grillte.
Vor 2 Monaten war die Epoh durch das Wurmloch geflogen. Ein ziemlich unruhiger Flug, wie Am’osh fand. Zu der Zeit herrschte an Bord eine Ausgangssperre. Welche man nach der Rückkehr in den Normalraum aufhob.
Seit dem lief die Phalanx ununterbrochen.
Und lieferte eine Fülle an Sensordaten.

***

Was auch der Grund war, wieso er zusammen mit Lucy und Professor Theo vor dem Schreibtisch von Captain Rhòan stand. Unschlüssig und unglaublich Nervös schielte auf die 2.
Lucy war ebenso nervlich angespannt wie er. Der Professor hingegen fühlte sich einfach nur unwohl. Was eher daran lag, da er seine Isolation verlassen hatte. Trotzdem war der Mann der Fels, hielt den Blicken unbeirrt stand. Vor allem denen vom Leiter der Astronomie.
„Konnten Sie das verifizieren?“, fragte der Captain genau jenen Mann.
„Nein.“, grummelte dieser. „Unsere Sensoren verfügen nicht über eine derartige Leitungsfähigkeit.“ Ein unfreiwilliges Zugeständnis. Was seinen Ärger nur noch anstachelte.
Hätte der Kerl zur Kommandobesatzung gehört, hätte Rhòan ihn spätestens jetzt seines Kommandos enthoben. Statt nachzubohren und ihn bloßzustellen, beließ er es dabei. Er schaute den Jungen, das Mädchen und den Mann an. Die 3 hatten etwas geschafft was den klügsten Köpfen im Wissenschaftsstab nicht gelang. Was sagte das über den Wissenschaftsstab aus? „Sie haben doch sicherlich nichts dagegen wenn meine Leute die Sache über die Phalanx überprüfen?“
Der Jungs schüttelte den Kopf. „Nein. Natürlich nicht.“, stammelte er eingeschüchtert.
Mit einem Schmunzeln lehnte sich Rhòan zurück. „Das ist die zweite bedeutsame Entdeckung zu der du“, richtete er an den Jungen. Am’osh wollte was sagen. Doch der Schiffskommandant kam ihm lächelnd zuvor. „ihr“, korrigierte er sich. „innerhalb kürzester Zeit beigetragen habt.
Ich bin beeindruckt.“ Ein kurzer diebischer Seitenblick zum Leiter der Astronomie. Die Spitze konnte er sich dann doch nicht verkneifen. „Ich bin gespannt, was als Nächstes kommt.“ Und das meinte Rhòan ernst.
Die Langstreckensensoren hatten in einem Sternensystem Signalquellen aufgespürt, die auf eine fortschrittliche Zivilisation schließen ließen.
Durch die Entdeckung gab es wieder Hoffnung.
Die Frage, die er sich gedanklich stellte war, ob der Reaktormantel solange hält?
Er musste es einfach.
________________________________________

~Vier~

Sie hatte die aufgestaute Arbeit abgearbeitet. Dadurch wiederum hatte Sie nicht wirklich was zu tun. Woraufhin Anja Mattos gähnte. Was in der Nachtschicht durchaus Mal passieren konnte. Glückerweise hatte sie nur noch einen Tag vor ihrem Urlaub vor sich. Den wollte Anja am Strand der Westküste verbringen. Entspannen, Sonne tanken, Schwimmen und einfach die Seele baumeln lassen. Darauf freute sich die junge Frau am meisten. Sie überlegte sogar einen Surfkurs zu belegen.
Doch erstmal hieß die Schicht überstehen.
Aus diesem Grund schlenderte Anja zur Kaffeemaschine, stellte sie auf einen doppelten Espresso ein, nahm sich aus dem Kühlschrank einen ihrer Joghurts heraus, aus der Besteckschublade einen kleinen Löffel. Der doppele Espresso war fertig, nahm die Tasse, kehrte an ihren Arbeitsplatz zurück, öffnete den Joghurtbecher, rührte ihn um damit sich Joghurt und Honig miteinander verschmolzen. Sie begann ihren Joghurt zu essen. Zwischendurch nahm immer wieder einen Schluck vom Espresso.
3 Stunden zeigte der Chronometer noch bis zur Ablösung durch die Frühschicht an.
Ein kurzer Blick auf die Monitore ihres Arbeitsplatzes.
Auf dem mittigen Monitor waren die Standorte der orbitalen Satelliten und stationären Sensorplattformen verzeichnet. Spinnennetzartig angeordnet lagen sie im Sternensystem. Somit erreichte man die bestmögliche Abdeckung.
Anja wollte sich in der Küche einen Obstteller machen, als just ein Warnton ertönte, der sie inne lassen hielt. Sie schaute auf den mittigen Monitor, betrachte die Meldung, kräuselte verwundert die Stirn und machte eine Eingabe.
Ohne groß zu überlegen gab Sie eine Rufnummer in das festinstallierte InterCom ein. Beinahe 1 Minute lang brauchte derjenige um den Anruf entgegenzunehmen. Der kleine Bildschirm flackerte auf.
Ein zerknittertes Schlaftrunkendes Gesicht erschien. „Jaaa.“
„Sky 4 hat ein sich uns nährendes Objekt ausgemacht.“, meldete Sie gewissenhaft.
„Und?“, hackte ihr Chef im Halbschlaf nach.
„Es verfügt über eine künstliche Energiesignatur“ Was noch nicht alles war. „ und hat vor 27 Stunden den Kurs geändert.“ Der Mann war augenblicklich hellwach, weil das nur eins bedeuten konnte.

***

Kaum war es verifiziert und bestätigt erhielt es einen Dringlichkeitsvermerk. Das Objekt wurde Rund-um-die-Uhr beobachtet. Die reinkommenden Daten wurden sofort analysiert, ausgewertet, entsprechend zugeordnet und den stetig aktualisierten Statusbericht eingefügt.
All der Aufwand lag darin begründet dass man kein zweites Alpha Centauri wollte. Entsprechende Maßnahmen und Vorkehrungen wurden getroffen.
Doch schnell war selbst einem Laien klar, dass es sich bei dem Objekt nicht um ein Schiff der Außerirdischen von Alpha Centauri handelte, die einst die Erste Kolonie der Menschheit außerhalb ihres Sonnensystems angriffen. Die Überlebenden verließen den Planeten, flogen aber nicht nach Hause zur Erde, da man befürchtete die Fremden hatten Kurs auf sie gesetzt. Stattdessen schickten sie das Raumschiff auf eine Fahrt, die sie in eine andere, weit entfernte Galaxie brachte, wo man schließlich einen Planeten fand, wo man sich niederließ und von vorne anfing.
Nicht ganz musste sich Paul Schneider eingestehen. Sie besaßen bereits ein technologisches Standbein durch, dass man nutzte, sich heimisch einzurichten. Er schaute auf die wachsende Hauptstadt der neuen Welt, auf die einst Menschen, der Neuss II landeten. Innerhalb kürzester Zeit hatten die Menschen überall auf dem Planeten Siedlungen gegründet, die zu Gemeinden verschmolzen, zu Dörfer, Kleinstädten, Städten und Metropolen wuchsen.
Ohne die Technologie wäre ihnen dies niemals in so einer kurzen Zeitspanne gelungen. Andererseits besaßen die Menschen der Neuss II keine Eile. Terra wurde zu ihrer neuen Heimat. Die Alte hingegen wurde nicht vergessen. Dort lagen die Wurzlen der Menschheit.
Paul war Kind Terra’s, wie jeder der Anwesenden und sonstigen Bewohner des Planeten.
Vor 266 Jahren landeten die Menschen der Neuss II hier, gründete die Erste Siedlung aus der später die Hauptstadt wurde, die den Namen Vega Stadt trug. Benannt nach Catherine Vega, der ersten Präsidentin von Terra I.
Im Präsidentenflur hing ein Porträtgemälde von ihr. Wie von jedem Präsidenten der ihr seit dem nachfolgte. Eines Tages würde auch eins von ihm dort hängen. Was eine unglaubliche Ehre darstellte. Jedes mal wenn den Flur entlang schritt, blieb ehrfurchtsvoll vor Catherine Vega stehen. Genau wie vor dem Denkmal der Neuss II, das er stets offiziell zum Gründungstag besuchte. Wie Tausende andere Menschen auch.
Präsident Schneider schaute die Anwesenden nacheinander an. Seit das Sky-Netzwerk das Objekt in den Weiten des Weltraums aufspürte, herrschte eine gewisse Aufruhe. Noch immer konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob das Raumschiff zu den Fremden gehörte oder eben nicht. Die Militärs hingegen schienen die Ruhe wegzuhaben. Sie vertrauten auf ihr Rüstzeug. Woran sicherlich nichts falsch war. Es beruhigte ihn ja selbst, dass man nicht wehrlos war. Nur, ob es reichte, ein zweites Alpha Centauri zu verhindern blieb abzuwarten.
„Mr Präsident.“, sagte eine schlanke, drahtige Frau in einem biederen Hosenanzug. Ihr Name war Belinha Torres. Sie leitete die Beobachtungsgruppe, die auf das Objekt angesetzt worden war. „Wir gehen inzwischen davon aus, dass es sich bei dem Objekt um kein Raumschiff der Fremden handelt.“
Bei manchem Militär blitzte kurzzeitig Enttäuschung auf.
„Wieso?“, hackte der Stabschef des Präsidenten nach. Bruno Cissè war ein schwarzer Hüne, kräftig und einschüchternd zugleich. Zumindest für jene, die ihn nicht kannten.
„Zum einen durch die aufgefangenen Energiewerte.“, erwiderte Belinha selbstbewusst. Sie ließ sich nicht so schnell einschüchtern. Man sagte ihr Nerven aus Stahl nach. „Zum anderen durch die Antriebsgeschwindigkeit.“ Sie wandte sich dem Präsidenten zu. „Es fliegt mit Unterlichtgeschwindigkeit. Von den Fremden wissen wir das Sie Hyperraumantriebe haben.“ Ein kurzer bissiger Blick zum Stabschef. „Das ist hier nicht der Fall. Hinzu kommt dass die Energiewerte auf einen Fusionsreaktor der Klasse 2 schließen lassen. Also nicht gerade fortschrittlich.“ Letzteres war unterschwellig an Bruno gerichtet.
Paul schaute zum Generalstabchef, seinem Obersten Militärberater im Raum. Matzui nickte knapp. Er blickte die Leiterin der Beobachtungsgruppe an. Da war noch was. Sie zögerte jedoch damit rauszurücken. „Sonst noch was, Ms Torres?“
„Beim letzten Datenupdate haben wir eine Schwankung der Energiewerte festgestellt.“
„Und?“
„Sie sind gefallen.“ Paul hob unverständlich eine Augenbraue. „Wir haben Grund zur Annahme das man an Bord des Raumschiffs Probleme mit Fusionsreaktor hat.“
„Welcher Art von Problemen?“, wollte Tina Blanc wissen. Sie war die Nationale Sicherheitsberaterin des Präsidenten.
„Das können wir im Moment nicht sagen. Durch den zugrunde liegenden Daten glauben wir dass es sich um einen Reaktorschaden handelt. Wie schwer lässt sich erst sagen, wenn die Aufklärungsdrohne in Reichweite ist.“ Um ein besseres Bild von dem Objekt zu bekommen, hatte Paul den Einsatz von Aufklärungsdrohnen genehmigt. In Reichweite kam die Drohne in gut 1er Woche. Bis dahin versorgte das Sky-Netzwerk Sie mit Daten über das unbekannte Raumschiff.

***

Mit einer gewissen Spannung erwarteten die Frauen und Männer im Raumfahrtzentrum die Ankunft der unbemannten Drohne. Ob diejenigen auf dem Raumschiff sie sehen konnte, ließ sich bisher nicht feststellen. Es gab Impulsabstrahlungen die auf Langstreckensensoren schließen ließen. Bestätigt war es nicht. Ein weiterer Aspekt für den Drohneneinsatz.
„Die Aufklärungsdrohne ist in Reichweite zum unbekannten Raumschiff.“, informierte Abraham Scholes seine Chefin. Belinha nickte dem rothaarigen Mann zu. „Radar- und Sensorabtastung wird initialisiert.“ Soweit so gut. All das geschah mit einer Verzögerung von 9 Stunden. Was soviel hieß, wie warten. Erst in 9 Stunden würden sie die Radar- und Sensordaten der Drohne erhalten.
Nichtsdestotrotz ging die Arbeit der Beobachtungsgruppe weiter. Die Warterei kompensierten Sie mit den Daten, die man vom Sky-Netzwerk erhielt. Neue Erkenntnisse hatte man bisher nicht gewonnen, dafür wurden einige Thesen gestützt oder über den Haufen geworfen. Je nachdem aus welchem Blickwinkel man es betrachtete, stellte Belinha zynisch fest.
Bisher konnten sie nicht ausschließen dass die Außerirdischen an Bord ihnen feindlich gesinnt waren. Was den Militärs in die Hände spielte. Obwohl das Raumschiff gute 7 Monate entfernt war und somit keine ernsthafte Bedrohung darstellte. Was nicht ist, kann ja noch werden, war deren Tenor. In gewisser Weise konnte sie recht haben, das konnte niemand ausschließen. Ernsthaft in Betracht zog es Belinha nicht.
Alles ließ bisher darauf schließen, dass es sich um veraltete Raumtechnik handelte, die dem Betrieb des Raumschiffs zugrunde lag. Demzufolge war es für ihre fortschrittliche Wehrtechnologie kein Gegner. Eher ein schlechter Sparringspartner.
Schein und Wirklichkeit waren 2 verschiedene Dinge.
Quälend langsam kroch der 9-Stunden-Countdown dahin, den der Chronometer seit der Initialisierung anzeigte.
Um sich abzulenken, erledigte Belinha den Papierkram, ging die Prognosen, Berechnungen und Berichte ihrer Leute durch. Bearbeitete die unzähligen Anfragen, lehnte Dutzende ab, bewilligte gerade Mal eine Handvoll. Irgendwann knurrte ihr Magen. Also beschloss sie in die Kantine zu gehen um was zu Essen. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, wie spät es war.
In der Kantine angekommen, bestellte Sie eins zur Auswahl stehenden Essen, überlegte, ob sie einen Nachtisch wählen sollte, verwarf den Gedanken, gab ihre Getränkewahl auf und ging zur Ausgabe, wo Sie ihr Essen in Empfang nahm. Dann begab Belinha sich an einen der freien Tische, setzte sich und begann mehr im Essen rumzustochern statt es wie es ihr Magen forderte zu essen.
„Ist es so schlecht?“
Sie schaute auf. Ihr Gegenüber stand ein Mann Mitte 30 in einer adretten olivgrüne Uniform der Streitkräfte. Seine Gesichtszüge waren weich. Die Augen leuchteten feurig. Er sah keineswegs schlecht aus. Trotzdem war Belinha über seine Anwesenheit verwundert. Nicht weil er ein Soldat war, im Raumfahrtzentrum dienten einige Mitglieder der Streitkräfte, sondern viel darüber, dass er ihr unbekannt war. Ein neues Gesicht. Was sofort ihr Misstrauen weckte. „Wie bitte?“
„Das Essen, Ma’am. Sie stochern mehr drin rum, als es zu verspeisen.“
„Beobachten Sie mich, Lieutenant?“
Er schmunzelte leicht, schaute kurz nach unten. „Wir sagen dazu Aufklärung.“ Die Witzelei fiel nicht auf fruchtbaren Boden.
„Mir fällt noch eine Umschreibung ein, Lieutenant.“, erwiderte Belinha grimmig. „Stalking. Und das ist, soweit ich weiß, immer noch eine Straftat.“
Er bemühte sich sichtlich ein Grinsen zu verbergen.
Sie wiederum fand das alles andere als witzig. Bevor Belinha ihn zurechtweisen konnte, klingelte ihr InterCom. „Ja.“, meldete sie sich gereizt.
„Der Erste Datensatz der Drohne ist eingetroffen.“, sagte Abraham.
Was!! Jetzt schon!! Sie schaute auf die Uhr. Der 9-Stunden-Countdown war vorüber. Sie war verblüfft, wie rasend schnell die Zeit vergangen war. „Ich bin unterwegs. Torres Ende.“ Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, stand Sie auf und ging.
Trotz dieser unmissverständlichen Abfuhr lächelte der Lieutenant spitzbübisch.

***

Die reinkommenden Datensätze waren zwar alle 9-Stunden alt, aber dafür verfügten Sie jetzt über einen permanenten Datenstrom. Ohne Pause strömten neue Daten herein, die nach und nach gesichtet, analysiert und eingeordnet wurden.
Unter dem ersten Datensatz befand sich auch eine Sensorabtastung des Raumschiffs. Daraus erstellte sich das erste Sensorbild. Genau das schwebte jetzt als 3D-Projektion im Büro des Präsidenten.
Nach dem Belinha ihre Ausführungen beendete, wandte sich Paul dem Generalstabchef zu. „Wie lautet die Einschätzung des Generalstabs, Admiral?“ Er wollte, ja musste, beide Seiten hören. Es gab kein Rosa, Weiß oder Schwarz bei der Sache.
„Mr Präsident.“ Der Admiral hatte schroffe Gesichtszüge. An seinen Schläfen war er bereits ergraut. „Zu diesem Zweck möchte ich Ihnen, Lieutenant Greenberg-O’Brien vorstellen.“ Wie aus dem Nichts tauchte der Mann aus dem Pulk der Militärs auf. Belinha traute ihren Augen nicht. „Er ist einer der Besten Analytiker vom Nachrichtendienst der Streitkräfte.“
„Lieutenant.“
„Mr Präsident.“ Alexander Greenberg-O’Brien verkniff sich ein diebisches Lächeln, als er kurz zu Belinha Torres schaute. Er trat selbstbewusst und ohne jede Hemmung vor. Die Augen der Anwesenden waren auf ihn gerichtet. „Ich teile die Einschätzung von Ms Torres.“ Über die Aussage war die Leiter der Beobachtungsgruppe verwundert. „Nichts deutet daraufhin dass das Raumschiff über ein umfangreiches Waffenarsenal verfügt. Die Schiffswerte lassen mehr auf einen personenbezogenen Raumfrachter schließen, als auf ein Kriegs- oder Kampfschiff.“ Niemand bei den Militärs erhob irgendwelche Einwände.
„Wie sollten sich die Streitkräfte verhalten, Lieutenant?“, wollte Bruno Cissè wissen.
Er schaute den Hünen locker und ungezwungen an. „Im Hintergrund, Sir.“ Auch dahin gehend schienen sich die Militärs einig zu sein. „Aber allzeit bereit.“, fügte er das Motto vom Marine Corp an. Manch ein Militär in der Runde verzog amüsiert die Mundwinkel. Nicht so Belinha Torres.
„Wenn das so ist“, fuhr der Präsident heiter fort. „können wir ja versuchen mit ihnen in Kontakt zutreten.“ Er blickte zu Belinha. „Sie sind jetzt am Zug, Ms Torres.“
Die Zusammenkunft endete nach ihrer Darlegung der Kontaktaufnahme mit den Außerirdischen. Der Präsident segnete sie ab.
Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, ging Belinha Torres den Flur entlang, schritt um die Ecke und verschwand.
Jemand gesellte sich zu Alexander. „Das ist Sie also?“, hackte die Frau nach. Sie trug ebenfalls die olivgrüne Uniform vom Terra Marine Corp. Maria Petkovic hatte rabenschwarze Locken und ein feines glattes Gesicht.
„Yep.“
Sie klopfte ihm auf die Schulter. „Dann solltest du beim nächsten Mal besser eine Panzerweste tragen.“

***

Kaum im Raumfahrtzentrum angekommen begann Belinha mit der Ausarbeitung der Kontaktaufnahme. Da man davon ausgehen konnte, dass die Außerirdischen nicht die Sprache der Menschen sprachen, musste man den Ersten Kontakt so einfach wie möglich gestalten. Dahin gehend nutzten Sie die universelle Sprache der Mathematik. Überall im Universum war 1 Mal 1 gleich 1. Die Formelsprache war unterschiedlich, nicht aber die Grundlagen.
Sie mussten also versuchen irgendwie auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.
Nicht gerade einfach, wenn man keine Referenzpunkte hatte. Die Zuversicht das es ihnen trotzdem gelang war groß. Es würde mit Sicherheit zu Anlaufschwierigkeiten und Missverständnissen bei der Verständigung kommen. Das ließ sich nun mal nicht vermeiden.
„Ähm, Boss.“, sprach Hakan Yildirim sie an. Der schlaksige Kerl gehörte zu ihrem Team.
Belinha schaute weiterhin auf den Monitor. „Ja.“
„Da will dich jemand sprechen.“ Sie ignorierte ihn nicht, obgleich sie auf den Monitor schaute, wo die überarbeiteten Basiscodes zusehen waren. „2 Militärs.“, sagte er kleinlaut. Den zurzeit war ihre Chefin nicht gut auf die Streitkräfte zu sprechen. Mit einem Blitzen in den Augen blickte sie ihn dann doch an. „Sie warten in deinem Büro.“ Und schwubbs verschwand er an seinen Arbeitsplatz.
„Schreib die verschlüsselten Sequenzen um.“, richtete Belinha grimmig an Abraham Scholes. „Die Basiscodes müssen offen sein.“ Sie ging in Richtung ihres Büros. „Damit Sie sie gegebenenfalls umschreiben können.“ Keiner ihrer Leute wollte mit den Leuten vom Militär tauschen.

***

Ungestüm platzte Belinha in ihr eigenes Büro, wo tatsächlich 2 Leute von den Streitkräften auf sie warteten. Beide trugen die bekannte olivgrüne Uniform der Marines. Und mit dem Mann hatte sie bereits Bekanntschaft gemacht. Die Frau hingegen war ihr fremd. Sie blieb einen Moment stehen, fixierte Lieutenant Greenberg-O`Brien. Man sah ihr die unterschwellige Verärgerung an. „Sie wollen mich sprechen, Lieutenant.“, entgegnete Belinha forsch. Es wartete noch eine Menge Arbeit auf Sie. Sich mit den beiden Militärs rumzuschlagen stand nicht auf ihrer Agenda. Jedenfalls noch nicht.
„Lieutenant Petkovic und meine Wenigkeit wurden als Verbindungsleute eingesetzt.“
Ruckartig schnellte der Kopf rum. Sie wollte sich gerade in ihren Stuhl setzen. Stattdessen blieb Belinha danebenstehen. „Von wem?“, wollte die Leiterin der Beobachtungsgruppe düster wissen.
Er trat vor, reichte ihr ein Com-Pad.
Mit einer Berührung des Touchschirms schaltete Sie es ein.
„Vom Präsidenten.“, antwortete er just als das Präsidenten-Logo auf dem Schirm erschien.
________________________________________

~Fünf~

Das Sie sich beim Büro des Präsidenten rückversicherte konnte man ihr nicht verübeln. Ebenso wenig ihre fehlende Begeisterung, als Belinha die Einsetzung 2er Militärs als Verbindungsleute bei der Sache bestätigt bekam. Sie war stinksauer. Verständlich. Niemand mochte es, wenn man jemanden aufs Auge gedrückt bekam. Zivile Wissenschaftler umso mehr, wenn es sich bei denjenigen auch noch um Militärs handelte. Anders herum war es nicht anders.
Als der Com-Schirm vor ihr erlosch, der aufgestaute Ärger weites gehend verpufft war, schaute Belinha die beiden Marines an. Während der Rückversicherung hatte Sie sie nicht rausgeschickt. Sie konnten ruhig hören, was sie von der Sache hielt. „Fein.“ Ruckartig stand sie auf, funkelte ihn mehr an als Maria. „Stehen Sie mir und meinen Leuten nicht im Weg.“ Mit diesen harschen unmissverständlichen Worten verließ sie ihr Büro.
„Lief doch gar nicht so schlecht!“
Sie rollte mit den Augen, schüttelte leicht den Kopf. Maria blickte ihn an, wie es nur Frauen konnten. „Hätte Sie einen Pulser zur Hand gehabt, hätte sie dich gnadenlos abgeknallt.“
Er schmunzelte über den Kommentar. „Zu viel Papierkram.“, entgegnete Alexander locker.
„Nicht wenn es wie Selbstmord aussieht.“
Wohl wahr. Aus dem Schmunzeln wurde ein Grinsen.

***

Sie duldete sie, mehr auch nicht. Die Leiterin der Beobachtungsgruppe verlor kein Wort über ihr Tun. Sie von ihr ignoriert. Ausnahmslos. Keine gute Basis für eine Zusammenarbeit. Andererseits konnte es sein das er an der fehlenden Basis eine Mitschuld trug. Dessen war sich Alexander durchaus bewusst.
„Sie implementieren einen offenen Basiscode.“, stellte Maria fest. Sie stand hinter dem jungen rothaarigen Mann.
Abraham Scholes schaute sie über seine Schulter hinweg an. „Damit die Außerirdischen ihn bearbeiten können. Dadurch haben wir eine Kommunikationsbasis.“
„Sie können uns aber auch einen Trojaner, Wurm oder eine Hydra anhängen!“
Er blickte von ihr zu dem Mann hinter ihr.
Seine Sitznachbarin, Rene Hass, grunzte abwertend. „Wieso sollten Sie das tun?“, wollte sie erzürnt wissen.
„Um unsere Verteidigungsanlagen auszuspähen oder zu sabotieren.“, erwiderte Alexander keinesfalls feindselig.
„Das ist so typisch“, giftete Rene zurück. „für die Streitkräfte. Diese Leute stellen keine Bedrohung für uns da. Wieso also sollten Sie uns einen Trojaner, Wurm oder eine Hydra anhängen? Welchen Vorteil würden Sie daraus gewinnen?“
Solche Leute waren ihm ein Groll. Sie sahen die Welt durch eine rosarote Brille. Doch so war die Welt und die Galaxie nicht. Das zeigte doch die Vergangenheit nur zu deutlich. In den Weiten der Galaxie lauerten Gefahren. Aus diesem Grund mussten sie vorbereitet sein. Für diesen Zweck waren die Streitkräfte dar. Um zu verhindern, dass die Gefahr, so gering Sie erschien, zu keiner ernsthaften Bedrohung wurde. „Sie sagen es. Gewinnen.“, gab Alexander bissig zurück.
„Hier geht es nicht ums Gewinnen oder Verlieren.“, konterte die Frau biestig. Bevor sie fortfahren konnte, ergriff er das Wort.
„Und ob, Ms Hass. Es geht einzig und allein ums Gewinnen oder verlieren. Und ich habe nicht die Absicht auf der Verliererseite zu stehen.“
„Ich sagte doch Sie sollen uns nicht im Weg stehen.“, schnauzte ihn Belinha an.
Er wandte sich ihr zu. „Ich habe lediglich mit ihren Leuten das Für und Wieder eines offenen Basiscodes diskutiert.“ Ihre Augen blitzten wie ein feuerndes Impulsgeschütz auf. „Etwas derartiges gefährdet die Nationale Sicherheit.“
Belinha seufzte böse. „Wie sollten wir ihrer Meinung nach vorgehen?“
Alexander und Maria schauten einander an. „Hinter den Kulissen wartet man nur darauf, dass die Nationale Sicherheit gefährdet ist, um einzugreifen und das Heft in die Hand zunehmen.“, teilte er ihr mit. Verblüfft schaute Sie ihn. Damit hatte Belinha alles andere als gerechnet. Ihre Mitarbeiter schauten nicht weniger überrascht drein. „Sofern die Absichten der Aliens friedlich bleiben ist dem Präsidenten an keiner militärischen Intervention jedweder Art gelegen.“
„Unterstehen Sie nicht dem Kommando vom Generalstabschef?“
„Nein. Nicht mehr.“ Maria nickte Belinha zur Bestätigung zu. „Wir stehen jetzt unter dem direkten Befehl des Präsidenten.“
Auch das überraschte sie. Diese Art von politischen Ränkespielchen waren ihr zuwider. Bei dieser Sache ließen sie sich kaum vermeiden. Sie hätte sich viel früher damit auseinandersetzen müssen. „Ohne den offenen Basiscode wird es erheblich schwieriger mit den Außerirdischen zu kommunizieren.“
Alexander nickte verständnisvoll. „Wie sieht ihr Sicherheitskonzept für den Eventualfall aus?“
Inzwischen kam Belinha zu dem Schluss, dass die Lieutenant’s nicht hier waren um ihnen Steine in den Weg zulegen. Das hatten bereits andere getan. Nein, sie sollten ihnen helfen diese zu umgehen. Sie nickte Abraham zu. Er erläuterte nach einem räuspern das Sicherheitskonzept.

***

„Was für Informationen übermitteln Sie den Außerirdischen?“, hackte Tina Blanc nach.
Belinha schaute die Nationale Sicherheitsberaterin des Präsidenten an. „Grundlegende mathematische Formeln. Um eine Kommunikationsbasis zu bekommen. Und Teile unseres Allgemeinwissens.“, antwortete Sie ruhig. „Dazu haben wir den Basiscode offen gestaltet. Damit es den Außerirdischen möglich ist Ihre Mitteilungen an uns auf Grundlage des Basiscode’s zu verfassen.“ Belinha wandte sich an den Präsidenten. „Mathematik ist die einzig universelle Sprache in der Galaxie, Mr Präsident. Einzig und allein die Formelsprache ist unterschiedlich. Um dahin gehend auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, bedarf es einen offenen Basiscode, den man leicht umschreiben kann, um ihn an die jeweilige Sprache anzupassen.“
Ein Restrisiko blieb. Dagegen konnte man nichts machen. Absolute Sicherheit gab es nicht.
Das Sicherheitskonzept erschien ihm schlüssig und ausreichend. Paul warf einen Blick auf den Abschnitt mit dem Allgemeinwissen. Auch darin befand sich nichts Wesentliches. Belinha Torres und ihr Team hatten sich wahrlich bemüht alles Aspekte zu berücksichtigen. Unter Mithilfe von Lieutenant Greenberg-O’Brien und Lieutenant Petkovic. „Stellen wir den Ersten Kontakt her.“

***

Die Botschaft wurde über einen abgeschotteten Server an eine Kommunikationsplattform geschickt, wo man lediglich einen Frequenzkanal eingerichtet hatte. Dort blieb Sie erstmal. In der Zwischenzeit brachte eine Trägerrakete einen Kommunikationssatelliten in unmittelbarer Nähe zu dem Raumträger. Sobald der Satellit abgesetzt war, nahm die Trägerrakete Kurs auf die Sonne, um dort zu verglühen. Eine Trägerrakete mehr oder weniger spielte keine Rolle.
Erhielt die Kommunikationsplattform das Bereitschaftssignal vom Satelliten sendete man ihm die Botschaft zu, die dann an die Außerirdischen weitergeleitet wurde, wenn der Satellit in Reichweite war. Über ihn sollten die Leute an Bord des Raumschiffs ihre Botschaft zurückschicken. Welche dann an die Kommunikationsplattform ging, von wo Sie an den Server auf Terra I weitergeleitet wurde.
Vom Abschicken der Botschaft bis hin zur Antwort vergingen an die 20 Stunden.
In der Zeit herrschte auf beiden Seiten Ungewissheit.
Keiner ahnte im Mindesten, was sich aus dem Ersten Kontakt entwickelte, welchen Lauf all das nahm.
In der Kommunikationszentrale vom Raumfahrtzentrum wartete man gespannt auf die Ankunft der Botschaft, die vor gut 5 Stunden vom Raumschiff an den Satelliten gesendet wurde und seither zu ihnen unterwegs was. Jeden Moment würde sie den Server erreichen.
In den meisten Köpfen rauchte es. Fragen über Fragen.
Da erging es Präsident Schneider nicht anders. Er hoffte das Beste, befürchtete aber das Schlimmste. Was man ihm nicht zum Vorwurf machen konnte. In gewisser Weise stimmte es ja auch, bloß nicht so wie er es sich ausmalte.
Dann ertönte an einem Arbeitsplatz von Belinha Torres Mitarbeitern die Melodie einer erhaltenden Nachricht. Für einen Moment hielten Dutzende Personen die Luft an. Niemand sagte etwas. Abgesehen von Geräuschen der Technik herrschte Stille unter den fast 100 Frauen und Männern in der Kommunikationszentrale.
Abraham Scholes schaute erst seine Chefin, dann den Präsidenten an. Dieser nickte ihm schweigend zu. Woraufhin er auf die Botschaft zugriff.
Alle schauten zum Hauptschirm, eine große LCD-Leinwand.
Auf dem Schirm erschienen die ersten Datenzeilen der Antwort.
Die Befürchtungen hatten sich nicht bewahrheitet,
Dafür aber eine Gemeinsamkeit.
Wie einst die Menschen der Neuss II waren die Außerirdischen auf dem Raumträger Flüchtlinge. Sie hatten ihre einstige Heimat verlassen um in den Weiten des Weltraums einen Neuanfang zu starten.
„Herzlichen Glückwunsch, Ms Torres.“, richtete der Präsident an die Leiterin der Beobachtungsgruppe. „Sie haben soeben den Ersten Kontakt zu einer außerirdischen Zivilisation hergestellt.“ Ein müdes und abgespanntes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Dann wandte sich der Präsident an Bruno Cissè, seinem Stabschef. „Es wird Zeit für eine Rede an die Nation.“ Der Hüne nickte nur. Paul widmete sich wieder Belinha. Er reichte ihr die Hand. „Gute Arbeit.“ Es kam zu einem Händedruck. „Ich erwarte als allererstes einen Einschätzungsbericht.“, sagte Paul mit gespielter strenge.
„Natürlich, Mr Präsident.“
Er lächelte erleichtert. Hätte Paul gewusst was nachfolgte hätte er wohl nicht gelächelt. So wie jeder Anwesende.

***

Im weiteren Verlauf der Kommunikation stellte sich die Situation an Bord nämlich prekärer heraus als von Ihnen angenommen.
„Der Reaktorschaden ist schwerwiegender als wir vermutet haben.“, teilte ihm Lieutenant Greenberg-O’Brien Tage später mit. „Der Reaktormantel ist spröde. Alle Versuche der Gvaner ihn abzudichten sind nur von kurzer Dauer. Er müsste von Grund auf erneuert werden. Dazu fehlen ihnen die Mittel und Gegebenheiten.“ Ein Blick zu Maria, die jetzt übernahm.
„Es steht zu Befürchten, Mr Präsident, dass das gesamte Raumschiff verstrahlt wird.“
„Mein Gott.“, kommentierte jemand der Anwesenden.
Dem konnte niemand widersprechen. „Wann?“
Lieutenant Petkovic zuckte unwissend mit den Schultern. „Je länger Sie unterwegs sind. Es ist nur eine Frage der Zeit, Mr Präsident.“
„Wieviele Gvaner leben auf dem Raumschiff?“, fragte Bruno trocken.
„Den Informationen nach“, übernahm Belinha die Beantwortung. „wurde es für 10.000 konzipiert und 8.000 wurden an Bord genommen. Der letzten Zählung nach liegt die tatsächliche Zahl inzwischen bei etwa 14.000 Leuten.“
Schweigen setzte ein. Auch wenn der Raumträger wie ein Koloss wirkte, herrschte auf einem solchen Schiff ein notorischer Platzmangel. Ganz zu schweigen von der Versorgung. Unter anderem war das Raumschiff nicht für eine solange Reise ausgelegt. Zumindest der Reaktor nicht. Doch welche Alternative hatten die Gvaner damals gehabt? Mit dem Bau des Raumträgers konnten sie wenigstens einige ihrer Leute retten. Dem Anschein nach. Die Wahrheit war eine andere.
Sie hatten die Pflicht den Gvanern zu helfen, wo sie nur konnten. „Was für Optionen haben wir?“ Paul war nicht gewillt tatenlos zusehen. Niemand in seinem großen Arbeitszimmer war das.
„Wir könnten ein Team hinschicken dass den Reaktor abdichtet und die Verstrahlung eindämmt. Doch diese Hilfsmaßnahme wäre nur provisorisch. Man müsste den Reaktormantel komplett erneuern. Was im offenen Raum nicht zu bewerkstelligen ist.“, teilte ihm der Direktor vom Baumamt mit.
„Eine Alternative wäre Siedlung Eins auf Terra II.“, sagte Lieutenant Greenberg-O’Brien. Diverse Augen richteten sich auf ihn. „Sie steht kurz vor der Fertigstellung. Bietet genug Platz.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wir müssten die eine oder andere Anpassung vornehmen, aber für die Gvaner wäre sie das Gelobte Land.“
Mit Siedlung Eins wollte man beginnen den Zwillingsplaneten zu kolonisieren. In einem Jahr so die Planungen sollte das Erste Siedlungsschiff aufbrechen. Weitere Siedlungen und Siedlertransporte waren geplant. Schritt für Schritt wollten die Menschen auf Terra II heimisch werden.
Paul hatte schon selbst darüber nachgedacht. Warum eigentlich nicht? Terra I war bei Weitem nicht überbevölkert. An Ressourcen mangelte es ihnen ebenso wenig. Auf Terra II gab es alles, um zu überleben. Und mit ein wenig Hilfestellung konnte der Planet die neue Heimat der Gvaner werden. Die Idee war ohne Zweifel machbar. Doch das konnte er nicht entscheiden. Ganz egal ob Präsident oder nicht. „Es wäre unverantwortlich von uns die Gvaner auf einem verstrahlten Raumschiff ihrem Schicksal zu überlassen.“, sagte er überzeugt. „Terra II bietet ihnen die Möglichkeit einer neuen Heimat. Wie Terra I für die Menschen an Bord der Neuss II. Wir teilen dasselbe Schicksal.
Ich werde einen Bürgerentscheid einleiten.“, beschloss Präsident Paul Schneider. Die Menschen sollten entscheiden ob man Terra II den Gvanern überließ, um ihnen die Möglichkeit einer neuen Heimat zugeben.

***

Was Sie 10 Tage später auch taten.
3 Stunden nach Ablauf der Stimmabgabe wurde die Erste amtliche Hochrechnung veröffentlicht. Nur wenige Minuten zuvor hatte ein Bote dem Präsidenten das Ergebnis vom Auszählungskomitee gebracht.
97 % der stimmberechtigten Bevölkerung hatten sich dafür ausgesprochen. 1 Komma 7 dagegen. Und 1 Komma 3 der Stimmen waren ungültig. Demzufolge gab es keinerlei Zweifel.
Keine Stunde später unterzeichnete Präsident Schneider den Operationsbefehl für die Operation: Gelobtes Land. Darin wurden alle Vorbereitungen für die Ankunft der Gvaner eingeleitet. In enger Abstimmung mit ihnen.
7 Monate später schwenkte die Epoh in die Umlaufbahn von Terra II. Kurz darauf starteten die Ersten Beiboote. Unten angekommen wurden Sie von Ärzten in Empfang genommen. Die ersten gemeinsamen Schritte waren zögerlich. Auf beiden Seiten legten sich schnell die Vorbehalte.
Ein Jahr nach der Ankunft auf Terra II, der in Gvan umbenannt wurde, wurde das letzte Gebäude von Siedlung 1 abgerissen. Inzwischen hatten sich die Gvaner andernorts niedergelassen. Hinzu galt Siedlung 1 nur als Übergangslösung. Wenige Tage danach fand in einer Raumwerft die Demontage der Epoh statt. Damit schlossen die Gvaner mit der alten Ära ab.
Dafür begann eine Neue.
Auf den Tag genau, 50 Jahre später unterzeichneten der gvanische Kanzler und der terranische Präsident die Gründungsurkunde der Vereinte Terra-Gvan Union. Am Ende der 3 jährigen Übergangsphase fanden die Ersten Präsidentschaftswahlen statt.
Die Vereinte Terra-Gvan Union wurde zu einer tragenden Säule in ihrem Teil der Galaxie. Nichts und niemand konnte das Bündnis entzweien. An Versuchen hatte es im Verlauf der Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte und Jahrtausende nicht gemangelt.
Auch nicht als eines Tages das Alpha-Protokoll in Kraft gesetzt wurde.
________________________________________

-Ende-
© by Alexander Döbber
 
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