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15 Seiten

Der verfluchte Bahnhof

Schauriges · Kurzgeschichten · Herbst/Halloween
© Erik Hart
Es waren ein paar schöne Tage im Spätherbst, als Niklas sich entschloss, zusammen mit seinem Freund Jochen und dessen Schulkameradin Theresa in den Wäldern der Umgebung Schnitzeljagd zu spielen. Es waren gerade Herbstferien, so dass sie genug Zeit hatten, ihre ganzen Tage mit Spielen zu verbringen. Und so rief Niklas seine Bekannten an und verabredete sich nach dem Mittagessen am Anfang des Waldweges.

Sie hatten alle ein paar Butterbrote eingepackt und kauften sich am Kiosk noch ein paar Süßigkeiten. Frau Striegler, die ältere Verkäuferin, wünschte ihnen noch einen schönen Tag. Auf dem Weg zum Wald kamen sie am Seniorenheim des Ortes vorbei und sahen die Bewohner, von denen sie einige gut kannten: Frau Bergheim, eine freundliche, ältere Dame, die den Kindern gern aus ihrem Leben erzählte, dann die immer miesepetrige Frau Moravia, die sich über die lärmenden Kinder zu beschweren pflegte. Und dann war da noch der Herr Großmeyer, der ebenfalls unfreundlich, aber viel strenger und härter in seiner Art war als Frau Moravia, und über den die Leute erzählten, dass er einst ein ganz wichtiger Mann in der Stadt war. Mit über 90 war er einer der ältesten Bewohner des Heims. Niklas sah die alten Leute und winkte in ihre Richtung, doch er ging schnell weiter, denn in der Ferne sah er schon Jochen und Theresa warten.

Schnell begrüßten sie sich, dann besprachen sie, wie sie ihr Spiel spielen wollten: Jochen sollte auf der Flucht sein, Niklas und Theresa ihn jagen. Jochen würde unterwegs Markierungen hinterlassen: Pfeile aus Ästen, oder mit Kreide angemalt. Die Handys wollten sie aus dem Spiel lassen und nur im Notfall benutzen. Niklas und Theresa würden Jochen nach zehn Minuten zu folgen beginnen. Für den späteren Abend war ein Wetterumschwung angesagt, und so wollten sie sich den schönen Tag nicht verderben lassen. Also hofften sie, dass sie rechtzeitig vor Beginn der Dunkelheit fertig sein würden.

Nach der kurzen Besprechung rannte Jochen los und war bald zwischen den gelb verfärbten Buchen verschwunden, durch die der Waldweg den Berg hinauf führte. „Ob er es in zehn Minuten bis zur alten Bahnstrecke schafft“, dachte Theresa laut nach.

Doch die Zeit verging schneller, als Niklas und Theresa erwartet hatten, und so waren sie bald im Wald, um Jochen zu verfolgen. Mehrere, in Pfeilform gelegte Äste wiesen den Weg immer weiter den Waldweg hinauf. Dann kamen sie zur alten Bahnstrecke, und ein Astpfeil zeigte genau zwischen den rostigen Schienen, die den Waldweg kreuzten, nach rechts. Die Bahnstrecke war schon seit über 30 Jahren still gelegt, so dass noch nie ein Kind dieser Zeit hier einen Zug hat fahren sehen. Das Holz der Schwellen war vermodert, der Schotter unter Laubschichten kaum noch zu erkennen, und auf den Gleisen wuchsen überall Bäume, die mittlerweile eine stattliche Größe erreicht hatten. Niklas und Theresa wussten, dass es etwas mehr als einen Kilometer von hier eine Verzweigung der Gleise und einen verfallenen, alten Bahnhof gab. Früher wurden dort Güter aus und zu den Industrien der Umgebung verladen, doch von denen gab es nicht mehr viele, und was noch transportiert werden musste, wurde mit Lastwagen herum gefahren.

Die beiden Kinder folgten den Schienen ein Stück, bis sie einen weiteren Pfeil fanden, der seitlich die Böschung hinauf zeigte. Die Richtung wies in einen dunklen Wald aus Eichen und Buchen, wesentlich düsterer als die lichten Birken, die auf dem Bahngleis wuchsen. Niklas beugte sich kurz zu Boden, und als er dabei das rostige Metall der Schienen berührte, um sich darauf abzustützen, geschah etwas Merkwürdiges: Seine Hand kribbelte unangenehm, gerade so, als ob die Schienen unter Strom stünden. Als er nach vorn blickte, sah er das Gleis ohne Bäume da liegen, die Schottersteine unbedeckt und nur etwas dreckig, und die Schienen waren blank, als ob dort ständig Züge führen. Erstaunt und erschreckt richtete er sich auf – und sah wieder die rostigen, vom Wald überwucherten Schienen. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, stieg er die Böschung hinauf und nahm Theresa bei der Hand, denn es war steil und schwer zu laufen.

Im Wald zeichnete sich am Boden ein Pfad ab, ein Trampelpfad, oder von Tieren, und die Kinder folgten ihm. Bald fanden sie weitere Pfeile und gingen nun durch einen lichteren Eichenwald. Am Boden sahen sie mehrere große Fliegenpilze, die ihnen bis zu den Knien reichten und deren Hüte größer als ihre ausgespreizten Hände waren. Niklas sagte zu Theresa, dass er gerne auch nach Pilzen zum Essen schauen würde. Ein Stück weiter nahm er dann einen von mehreren olivgrünen Pilzen, die unter einer Eiche wuchsen, an sich. Er zeigte das Gewächs, das am Stiel einen Hautring und unten einen dicken Knubbel hatte, Theresa. „Soll lecker schmecken, aber man isst ihn nur einmal“, antwortete die. „Ein Knollenblätterpilz. Ein kleines Stück davon, und man wandert ins Jenseits.“ Niklas und Theresa kamen ein wenig miteinander ins Gespräch, so dass sie fast vergaßen, dass sie ja Jochen jagen und sich dafür beeilen mussten. Da sagte Theresa plötzlich, dass sie froh sei, nicht mehr auf den Eisenbahnschienen laufen zu müssen. „Ich bekam da auf ein Mal so … Angst...“ „Wovor, dass du stolperst, oder dass ein Zug kommt“, fragte Niklas, doch er merkte, dass es nicht das war, was sie meinte. „Nein, nicht Angst vor irgendwas bestimmtem, sondern einfach nur ganz schlimme Angst … Todesangst!“ Sie fuhr fort: „Es war so, als sei da irgendwas gar nicht in Ordnung.“ Niklas wollte nicht direkt sagen, was ihm passiert war, und so sahen sie vor sich den nächsten Pfeil nach rechts. Doch schon ein kurzes Stück weiter fanden sie einen weiteren Pfeil, der genau in die Richtung zeigte, aus der sie gekommen waren. Und als sie zurück gingen, fanden sie am vorherigen Pfeil noch einen weiteren, dicken Kreidepfeil, nach rechts zeigend an einen Baum gemalt, genau auf der Seite, die man beim ersten Kommen nicht sah. „Mist, der Kerl ärgert uns, wir müssen uns beeilen, dass wir ihn kriegen, rief Niklas zu Theresa.

Zur gleichen Zeit war Jochen schon im sumpfigen Tal angekommen, durch das ein kleiner Fluss verlief. Er musste bis zu einer kleinen, asphaltierten Straße gehen, die den Fluss auf einer niedrigen Brücke kreuzte. „Gut, dass die Pissblumen schon alle kaputt sind“, ging es ihm durch den Kopf, als er an die mannshohen Stauden dachte, die sich hier in den letzten Jahren so verbreitet hatten, aus deren rosa Blüten explodierende Samenschoten wurden, und die dem Flusstal im Spätsommer den Geruch eines Abwasserkanals verliehen. Gerade hatte er einen dicken Kreidepfeil auf die Straße gemalt und die Brücke gut zur Hälfte überquert, als aus der Ferne ein grelles Pfeifen ertönte. Dazu gab es fauchende Geräusche: „Zsch, zsch, zsch!“, offenbar die Geräusche einer alten Dampflokomotive. Jochen sah in die Richtung, aus der die Geräusche kamen, doch da war nur die alte Eisenbahnbrücke, wo auf den Schienen die Bäume wuchsen und wo seit Jahrzehnten kein Zug mehr gefahren war.

Niklas und Theresa eilten über den Waldpfad und mussten aufpassen, nicht über Baumwurzeln zu stolpern, als sie durch die Bäume die Pfeife und die Zischgeräusche einer Dampflok hörten. „Was ist denn das?“ rief Niklas, „hier gibt es doch gar keine Museumseisenbahn!“ Doch Theresa legte mehr Wert darauf, endlich Jochen habhaft zu werden. Folglich hasteten sie weiter durch den Wald, doch sie dachten an die Geschichten ihrer Eltern und der Seniorenheimbewohner. Vor allem Frau Bergheim hatte immer viele Dinge erzählt, die sie immer für Hirngespinste gehalten hatten.

Einst war sie mit einem Streckenwärter der Bahn verheiratet, der an der nunmehr stillgelegten Strecke gearbeitet hatte. „Mit dem Bahnhof da oben ist was nicht in Ordnung“, hatte sie des Öfteren zu den Kindern gesagt. Ihr Mann hatte mehrfach berichtet, dass auf dem Gelände des Bahnhofs abends manchmal absonderliche Geräusche ertönten: Schreiende Frauen, weinende Kinder, dazu barsch gebrüllte Befehle und, manchmal, Schüsse. Auch dann, wenn die Gebäude verschlossen waren und sich außer ihm niemand mehr dort aufhielt. Doch auch die Arbeiter und das übrige Bahnpersonal bekamen merkwürdige Dinge mit, die im Laufe der Jahre sogar noch zunahmen: Schreien, Klopfen, zerspringende Gläser. Anfangs machte man sich über den Poltergeist, von dem gesprochen wurde, lustig, doch dann wurde es zur Belastung, musste man doch immer mehr Schäden auf nachvollziehbare Art erklären.

Theresa erzählte von dem Morgen, von dem ihr Frau Bergheim erzählt hatte, am 1. November, zu Allerheiligen vor nunmehr 32 Jahren. Ihr Mann war an dem Morgen am Bahnhof gewesen und hatte bemerkt, dass nicht nur mehrere Gläser zersprungen und Gegenstände verrückt worden waren, sondern auch, dass sämtliche Uhren am Bahnhof um 21:13 Uhr stehen geblieben waren. Weil er schon genug Probleme hatte, schrieb er ins Protokoll, es sei ein Stromausfall gewesen, und es fragte auch niemand nach. Dabei waren neben den Bahnhofsuhren auch die batteriebetriebene Küchenuhr und die abgelegte, mechanische Armbanduhr eines Arbeiters um die gleiche Zeit stehen geblieben. Es war manchmal schwierig, aus Frau Bergheim diese Geschichten vollständig heraus zu kriegen, denn sobald Herr Großmeyer etwas davon mitbekam, fuhr er sie an, sie solle den Kindern keinen Unsinn erzählen.

„Das mit den Uhren im Bahnhof hat mir mein Vater auch mal erzählt“, antwortete nun Niklas, „aber er glaubte selbst, dass die Geschichte nur Unsinn sei.“ „Eine frühere Bekannte meiner Mutter, eine örtliche Hobby-Geschichtsforscherin, hatte einmal recherchiert, dass es am alten Bahnhof einst Deportationen gegeben habe. Die Regierung hat da Menschen, die sie nicht mochte, in Zügen weg geschafft und dann lange eingesperrt oder … zum größten Teil wohl … umgebracht.“ Niklas hatte Theresas Ausführung zugehört, und diese Deportationen waren auch in der Schule angesprochen worden. „Wie, bei uns hat es das auch gegeben?“ fragte er etwas ungläubig. „Natürlich“, entgegnete Theresa, „überall … Überall! Und unser Bahnhof war so abgelegen, dass man da nicht viel Aufwand brauchte, um es zu verheimlichen.“ „Und, hat diese Frau noch mehr heraus gefunden?“, fragte Niklas nun. „Sie hat weiter gesucht, aber plötzlich machte man ihr größte Probleme, wenn sie im Stadtarchiv suchen wollte. Das kleine Café ihrer Eltern wurde nun ständig von irgendwelchen Behördenmitarbeitern heimgesucht, die stets angebliche Unregelmäßigkeiten entdeckten, irgendwelche Strafen verhängten oder den Laden gleich für eine Weile dicht machten. Und einer derjenigen, die am lautesten getobt hatten, war der Großmeyer, der jetzt im Altenheim sitzt. Wollte verhindern, dass die Stadt in den Schmutz gezogen wurde oder als Stadt mit dem Spukbahnhof durch die Presse ging... denn einige Journalisten hatten vom Klatsch um den alten Bahnhof bereits Lunte gerochen.“ Theresa gab eine Unmenge an Wissen zum Besten. „Nun, die Bekannte ist nach einiger Zeit mit ihren Eltern weit weg gezogen, die Bahnstrecke und der Bahnhof wurden still gelegt, und so interessierte sich kaum noch jemand für die Geschehnisse. Rund um den Bahnhof gab es immer wieder … merkwürdige Vorkommnisse …, aber wer beschäftigt sich schon ernsthaft mit so etwas?“

Theresa und Niklas waren eine lange Zeit gelaufen und erreichten so die Straße und Brücke, auf der Jochen den Fluss überquert hatte. Die Sonne näherte sich dem Horizont, als sie Jochen immer näher kamen. Und während sie den Pfeilmarkierungen im Wald folgten, merkten sie nicht, dass sich der Horizont mit dunklen Wolken zuzuziehen begann. Endlich stießen die beiden auf einen Pfeil, der auf keinen erkennbaren Weg mehr verwies, Jochen war also vermutlich in der Nähe. Niklas schaltete sein Handy ein und wollte gerade per Funkortung andere Geräte in der Umgebung anzeigen lassen, als Theresa ihn zurück hielt: „Hey, nicht mogeln!“ Doch schon bald stellte sich heraus, dass Jochen sein Handy abgestellt hatte und sie deswegen sogar an dem hohlen Baum, in dem er sich versteckt hatte, vorbei gelaufen waren. Lachend begrüßten sie sich, nachdem sie sich gefunden hatten, und traten den Heimweg an.

Umso größer war ihr Entsetzen, als sie am Flussufer den Himmel sahen und damit eine dicke, dunkelgraue Wolkenfront, die sich langsam, aber stetig über sie zog und aus der es von Ferne schon bedrohlich donnerte. Schnell bemerkten sie, dass die Eisenbahnbrücke mit den stillgelegten Schienen ihnen viel näher war als die Straßenbrücke, über die sie gekommen waren. „Der Weg über die Schienen und am alten Bahnhof vorbei ist der kürzeste zurück, und wenn wir es nicht schaffen, kommen wir vielleicht im alten Bahnhof vor dem Wetter unter“, meinte Jochen. Wohl war ihnen allen dabei nicht zumute doch ein trockenes Heimkommen lag ihnen näher als Spukgeschichten. Sie hatten die Eisenbahnbrücke schon zu zwei Dritteln überquert, als sie etwas bemerkten, was sie ihre Entscheidung bereuen ließ und was sie, hätten sie es früher bemerkt, eher den langen Umweg und dicke Regenschauer hätte hinnehmen lassen.

Niklas bemerkte es als erster: Oben auf den Schienen war der grobe Rost zu gelbbraunem Staub zermahlen, und in der Mitte beider Schienen war ein Streifen blanken Metalls zu erkennen, der sich über die gesamte, sichtbare Länge der Schienen hinzog. „Hier muss ein Zug gekommen sein, der die Schienen so blank gefahren hat!“ rief er aus. Doch die Bahnstrecke war nach wie vor mit Bäumen, teilweise Gestrüpp, überwachsen. Aber selbst da, wo dichtes Brombeergestrüpp ohne sichtbar durchtrennte oder geknickte Ranken lag, hatten die Schienen darunter in der Mitte einen glänzenden Mittelsteg. „Wie kann das sein?“, fragte Niklas, und Theresa sagte nur: „Lass uns schnell von der Brücke runter kommen!“

Drüben, nur einige hundert Meter entfernt, lag der alte Bahnhof. Auf dem Weg fragte Niklas: „Ob das der Zug von eben war, der die Schienen blank gefahren hat?“ „Wie?“, antwortete Jochen, „hast du auch einen Zug gehört?“ „Was, du auch?“, entgegnete ihm Niklas, „was hast du denn gehört?“ „Keinen normalen Zug, sondern einen mit einer alten Dampflok, wie man sie nur noch in Filmen oder im Eisenbahnmuseum sieht. So mit einer hohen Pfeife und Tuff Tuff Tuff!“ „Das haben wir auch gehört“, sagte jetzt Theresa. „Es klang so, als ob er hier über die Brücke gefahren wäre, aber ich habe nichts gesehen“ erklärte Jochen.

Mittlerweile standen die dunklen Wolken über ihren Köpfen, und es blitzte und donnerte bedrohlich in ihnen. In einiger Entfernung konnten sie jetzt Weichen, verrottete Bahnsteige und ein verfallenes Gebäude ausmachen. „Wir schaffen es nicht mehr nach Hause, lass uns sehen, ob wir uns am Bahnhof unterstellen können!“ rief Theresa. Niklas stolperte, musste sich auf den Schienen abstützen, und da hatte er wieder dieses elektrische Kribbeln in der Hand. Theresa sah, wie er bleich wurde und entsetzt in Richtung Bahnhof starrte. „Was ist?“ rief sie und zog ihn an der Hand weiter. „Erzähl ich dir gleich!“ antwortete er, denn mittlerweile fielen die ersten Regentropfen, und Windböen fegten durch die Baumwipfel, so dass die Luft mit fliegenden Blättern erfüllt war. Es war nur noch Dämmerlicht, das der schwindende Tag und die dicken Wolken durchließen, damit die Kinder das Gebäude erkennen konnten. Doch alle Türen und Fenster waren verschlossen und mit Brettern vernagelt, mehrere dreckige und verblichene Schilder warnten: „Betreten verboten!“ Der Sturm begann, den Regen um den Bahnhof zu wehen, so dass auch die Vordächer keinen Schutz mehr boten. Da endlich fanden sie am großen Holztor an der Laderampe einige lockere Bretter, die sie abziehen konnten, um sich in das Gebäude zu zwängen.

Drinnen war es fast dunkel, nur wenig Licht drang durch Ritzen zwischen den Dachziegeln und die vernagelten Fenster in den Raum. Sie versuchten, mit ihren Handys etwas Licht zu machen, aber das reichte gerade, um die Umgebung direkt vor sich zu sehen. Theresa kramte in ihrer Jackentasche, und als Einzige hatte sie eine kleine Taschenlampe dabei. Sie suchte die Umgebung mit dem Lichtstrahl ab. Es war ein Lagerraum, der Boden bestand aus nacktem Beton, die Wände waren eine Mischung aus Holzfachwerk und Mauern, wo zwischen den verputzten Steinen lange Balken bis zum Boden durchgingen. Das Dachgebälk und die darauf liegenden Dachziegel waren oben sichtbar. Der Sturm war inzwischen so stark, dass er heulte, und der Regen prasselte auf das Dach.

„Wir müssen zuhause anrufen“, rief Jochen und begann, auf sein Handy zu tippen. Er hielt es ans Ohr, und nach kurzer Zeit rief er: „Hallo Mama, alles ist o.k., wir sind im alten...“ „Piep Piep Piep“, war aus dem Apparat zu hören. „Mist, der Empfang ist weg!“ schimpfte Jochen und versuchte es noch einmal. Auch Niklas und Theresa versuchten, zuhause anzurufen, aber sie hatten alle kein Netz. Auch der Versuch, Textnachrichten zu senden, endete mit Fehlermeldungen.

„Ich sehe nach, ob wir nach Hause gehen können“, schlug Niklas vor. Er lieh sich Theresas Taschenlampe, zwängte sich durch die offenen Bretter und lief durch Sturm und Regen vom Gebäude weg. Schnell begann die Nässe, durch seine dünne Jacke zu dringen, und eisige Kälte kroch über seine Haut. Da fegte eine Sturmböe durch die Bäume, und ein dicker, abgestorbener Ast, den der Wind abgerissen hatte, schlug gut zehn Meter vor ihm mit lautem Krachen auf den Boden. Schnell rannte er zum Bahnhofsgebäude zurück.

„Wir können nicht weg, dieses Wetter würde uns umbringen!“ rief er in die Runde. „Sag mal“, fragte Theresa, während sie ihn ernst anblickte, „was war da eigentlich gerade auf der Brücke los, als du gestolpert bist? Du sahst aus, als sei dir der Teufel persönlich erschienen!“ „Das glaubst du nicht“, antwortete Niklas. „Ganz komisch, aber wenn du es wissen willst.“ Er erinnerte sich an das, was Theresa gesagt hatte, nachdem sie das erste Mal über die Schienen gewandert waren. „Also, als ich die Schienen angefasst hatte, sah die Bahnstrecke auf ein Mal ganz normal aus, wie eine, wo immer noch Züge fahren. Und der Bahnhof hier, den konnte ich auch sehen: Nicht zugewachsen und verfallen, sondern wie einen gewöhnlichen Bahnhof. Und auf den Gleisen standen einige Güterwagen. Und...“ er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr, „da waren Menschen auf dem Bahnsteig, und es sah aus, als würden sie von Leuten in Uniform, Polizisten oder Soldaten, bewacht. Und, Theresa, als wir eben, ich meine vorher, zum ersten Mal über die Schienen gegangen waren, hatte ich etwas ganz ähnliches. Da habe ich aber nur die leeren Schienen gesehen, ohne Bäume und blank gefahren.“

Alle drei Kinder konnten von sich behaupten, dass sie sich in dem alten Gebäude überhaupt nicht wohl fühlten. Irgend etwas gab diesem alten Bauwerk, wie auch den Bahnanlagen draußen, eine Atmosphäre von Angst und Tod. „Sag mal, Theresa“, fragte Niklas weiter, „wann war denn das mit diesen Deportationen? Nach dem, was unser Lehrer erzählt hat, muss es so ungefähr 70 Jahre her sein. Weißt du noch die Tage?“ „Diese Bekannte hatte heraus gefunden, dass alle Deportationen am 31. Oktober spät nachmittags statt gefunden hatten.“ „Das ist ja heute!““, warf Jochen ein. „Und der gleiche Tag, an dem die Uhren hier alle stehen geblieben sind!“ ergänzte Niklas, der Theresas Erzählung noch gut im Kopf hatte. „Verdammt, dass wir hier nicht weg kommen! Dieses Wetter würde uns alle umbringen! Draußen heulte der Wind und prasselte der Regen lauter als zuvor. „Dass Gespenster jemanden umgebracht hätten, habe ich noch nie gehört.“ Erneut versuchten sie, mit ihren Handys zu telefonieren, aber es kam keine Verbindung zustande. „Kann es nicht sein, dass einfach unsere Fantasie mit uns durchgeht?“ gab Jochen zu bedenken. „Überall stehen jetzt die Kürbislaternen herum, und die kleinen Kinder laufen mit Gruselkostümen durch die Gegend“ Doch sie hatten alle schon zu viel bemerkt, um an eine Täuschung oder einen Scherz zu glauben. Das Wetter ließ ihnen keine andere Wahl, als in der Dunkelheit abzuwarten.

Zum Glück waren Sturm und Regen so laut, dass sie nicht vor Knistern oder Knacken in dem Gebäude erschraken. Doch sie erzählten sich die verschiedenen Geschichten, die sie über den alten Bahnhof gehört hatten, die Spukgeschichten von Frau Bergheim ebenso, wie den Bericht von Jochens Vater, der als Jugendlicher mit ein paar Freunden dort eine wilde Party feiern wollte, aber schnell wieder von da verschwand, weil einfach keine rechte Partystimmung aufkommen wollte.

Es waren schon einige Stunden vergangen, das Wetter war immer noch nicht besser geworden, und die Handys verweigerten immer noch ihren Dienst. Da schien durch das Fenster am Bahnsteig auf einmal Licht. Jochen und Theresa gingen zum Fenster um zu schauen, dabei war von draußen Stimmengewirr und das Zischen von Dampf zu hören. Jochen und Theresa sahen durch eine Lücke zwischen den Brettern am Fenster. Durch das schmutzige Glas schien Scheinwerferlicht, und die Kinder sahen auf einen von den Scheinwerfern hell erleuchteten Bahnsteig voller Menschen, die Schienen glänzten im Licht der Strahler. Es standen mehrere Güterwaggons dort, und vorne stand eine Lokomotive, aus der Dampf zischte. Rasch blickten Jochen und Niklas wieder durch die losen Bretter der großen Eingangstür und sahen dort Bäume und einen leeren Bahnsteig, soweit man in der Dunkelheit überhaupt etwas erkennen konnte. Die Stimmen kamen von verschiedenen Menschen, Männern, Frauen und Kindern. Durch das Fensterglas konnte man sie über den Bahnsteig laufen sehen. Dann wurden in rauhem Ton Befehle gebrüllt: „Hier rein!“, „Macht schon!“ und „Schneller!“. Jetzt sahen sie auch die Männer, welche die Befehle gaben: in dunklen Uniformen, mit Schirmmützen und bewaffnet. Sie scheuchten die Menschen in die Güterwaggons.

Plötzlich rannte ein kleines Mädchen von vielleicht acht Jahren schreiend los und in das Bahnhofsgebäude hinein. Es lief einfach durch das geschlossene Tor hindurch und kam als fahlgrün leuchtendes Schemen in den Innenraum, wo jetzt die Kinder waren. Entsetzt blickten sie ihm hinterher. Seine Mutter, eine stämmige Frau, kam dazu gerannt, ebenso einer der Bewacher. Jochen hatte geistesgegenwärtig die Videokamera seines Handys eingeschaltet und auf die Szene gerichtet. Aus dem Hintergrund war ein Schreien zu hören: „Großmeyer, pass auf, dass sie nicht abhauen!“ Und die Kinder sahen: obwohl der Mann, der als uniformiertes Schemen in den Raum kam, jung war, hatte er doch die gleichen Gesichtszüge und die gleiche Narbe auf der linken Wange wie der alte Großmeyer im Seniorenheim. Das kleine Mädchen rannte zur Tür auf der Rückseite des Raums, als der uniformierte Mann seine Pistole zog und auf sie richtete. „Nein!“ kreischte die geisterhafte Mutter, doch er schoss. Der erste Schuss ließ grünliche Funken und Staubwolken aus der Mauer spritzen, der zweite traf das Mädchen in die Brust. Doch man konnte sehen, wie hinten die Kugel heraus kam und in einen senkrechten Holzständer neben der Tür einschlug. Trotz der geisterhaft grünen Farbe der Schemen war das an die Wand gespritzte Blut als hellrotes Leuchten zu sehen. Das Mädchen sank zusammen, und seine Mutter stürzte sich kreischend auf den Mann, der drei Mal auf sie schoss. Sie riss ihn zu Boden, ehe sie liegen blieb.

Der Mann, einen absolut eiskalten Blick im Gesicht, richtete sich auf, wischte sich den Staub von der Uniform, dann richtete er die Pistole direkt auf den Kopf der Frau und schoss hinein. Er ging zu dem am Boden liegenden Mädchen und schoss ihr ebenfalls direkt in den Kopf. Dann ging das Gespenst durch die geschlossene Tür nach draußen, das Mädchen und seine Mutter leuchteten immer schwächer und verschwanden schließlich.

Erstarrt hatten die Kinder das Geschehen beobachtet. Der Raum war wieder dunkel, bis Jochen sein Handydisplay aufleuchten ließ. Alle sahen die in großen Ziffern angezeigte Zeit: 21:14 Uhr. Vor genau einer Minute hatte sich das grauenhafte Geschehen erneut gejährt. „Dieser Großmeyer war unangenehm, aber dass er so böse war, hätte ich nicht gedacht“, warf Niklas in die Runde. Theresa leuchtete mit ihrer Taschenlampe an die Stellen, wo soeben die Kugeln durch die Geister in die Wände geschlagen waren. Und tatsächlich: In dem Holzbalken war an der Stelle ein aufgesplittertes Loch, und in der Mauer waren Vertiefungen, offenbar Löcher, die nachher zugespachtelt worden waren. Gerade wollten die Kinder darüber sprechen, da kam von draußen wieder das Scheinwerferlicht durch das Fenster, und man hörte den Dampf zischen.

Zwei Geister kamen herein, diesmal mit Bahnuniform, wobei die eine offensichtlich Arbeitskleidung und total mit Kohlestaub verdreckt war, wie auch Gesicht und Hände des Mannes. „Was wollen die denn auf der Lok, dass sie uns weg schicken?“ fragte letzterer. Jochen und Niklas schauten im engen Winkel durch das Fenster zur Lokomotive und sahen, wie die Wachleute zwei Bündel, ein kleines und ein großes, schweres, in den Führerstand hievten. Eine Weile waren sie schon auf der Lok zugange, dann fluchten sie laut und holten die Bündel wieder heraus. Die Stimmen der vielen Menschen ertönten nur noch gedämpft aus dem Inneren der Waggons, und so hörte man die Wachleute den Lokführer und den Heizer zurück rufen. „Wieder so eine Fahrt, von der keiner zurück kommt“, sagte der Lokführer zum Heizer im Gehen, dann verließen die Geister den Raum. Die Kinder beobachteten weiter durch das Fenster, wie der Zug anfuhr, mit den gleichen Geräuschen, die sie heute beim Spiel gehört hatten.

Kaum hatte sich der Zug entfernt, hörten sie auf der Rückseite des Gebäudes ein Geräusch von Schaufeln, auf den Boden geworfener Erde, sowie Keuchen und Stöhnen. Sie mussten erst ein Brett vom Fenster los brechen, um zu sehen, was draußen vor sich ging. Direkt gegenüber dem Fenster, ein Stückchen im Wald, hoben die Uniformierten ein Loch aus, dann legten sie das große und das kleine Bündel hinein und schaufelten es wieder zu. Dann verschwanden auf einmal die Uniformierten, das Scheinwerferlicht im anderen Fenster ebenso, und nur noch Sturm und Regen machten laute Geräusche. Theresa leuchtete kurz aus dem Fenster und sah nur den dunklen, verrotteten Bahnsteig und die wuchernden Bäume.

Als erster versuchte Jochen, seine Eltern mit dem Handy zu erreichen, und als die Verbindung funktionierte, riefen auch die anderen zu Hause an. Natürlich machten sich die Eltern große Sorgen und schimpften, aber letztlich war es ihnen doch lieber, dass die Kinder die Nacht im Bahnhof blieben, als dass sie sich bei dem Wetter nach Hause durchschlugen.

Sie wachten alle mit Gliederschmerzen auf, denn der kahle Betonboden war kein guter Schlafplatz. Das Wetter war nass und kalt, und der Wald war kahl, weil der Sturm die Blätter herunter gefegt hatte. Auf dem Bahnhofsgelände keine Andeutung mehr von fahrenden Zügen oder Menschen, die verladen wurden. Die Kinder sahen sich noch einmal die Stelle an, wo sie in der Nacht die Wachleute hatten graben sehen, aber davon gab es keine Spur. Aber das Loch in dem Holzbalken und die zugespachtelten Löcher in der Mauer gab es immer noch. Eine Enttäuschung war das Handyvideo von Jochen: außer Dunkelheit war nichts zu sehen und außer Regen und Sturm nichts zu hören. Dann gingen sie zurück zur Stadt.

„Wer soll uns das glauben?“, fragte Niklas. „Glaubt ihr, die Polizei jagt Gespenstergeschichten hinterher?“ „Wir müssten zumindest die Leichen finden, wo sie verbuddelt sind“, entgegnete Jochen. Etwas später kamen sie am Friedhof vorbei. Viele Leute liefen zu Allerheiligen darüber, und überall leuchteten Grablichter. Da sahen sie aus der Entfernung die alte Frau Bergheim im Rollator vor einem Grab stehen. Sie gingen zu ihr hin und erzählten ihr alles, was sie erlebt hatten. „Also doch Großmeyer! Ich hab es gewusst, dass der Kerl Dreck am Stecken hat“, sagte sie zu den Kindern. „Aber es konnte ihm niemand etwas.“ „War er denn damals sehr für die Regierung?“, fragte Theresa? „An sich war ihm die Regierung egal, es ging ihm nur darum, an Macht zu kommen, damit er andere Menschen gängeln konnte. Wenn die Regierung von ihm für einen Posten verlangt hätte zu sagen, dass die Sonne grün und das Gras knallrot ist, dann hätte er sich mit inbrünstiger Überzeugung hingestellt und eben diese Dinge behauptet. Und denkt dran, er war nicht der einzige!“ „Aber vielleicht können wir es ihm nachweisen. Wir wissen ja, wo die Leichen sind.“ sagte jetzt Niklas. Da fiel Frau Bergheim noch etwas anderes ein: „Der hat nach der Pensionierung seine Dienstwaffe gekauft und privat behalten. Wahrscheinlich ist sie noch bei seinem Sohn im Waffenschrank!“ „Wenn die Kugeln noch in den Wänden stecken, kann man vielleicht beweisen, dass sie aus der Pistole kommen“, sagte jetzt Jochen. „Aber so lange wir keine Leichen haben, wird uns ohnehin niemand glauben, also müssen wir sie erst finden.“, wandte jetzt wieder Niklas ein. Sie verabschiedeten sich von Frau Bergheim und gingen nach Hause.

Zu Hause setzte es eine gehörige Portion Ärger, und das Vorhaben, nach den Leichen zu graben, wurde dadurch erschwert, dass Jochen und Niklas beide Hausarrest bekamen. „Dieses neumodische Halloween verdirbt noch unsere Kinder“, hatte der Vater von Jochen gerufen, „solche Horrorgeschichten können wir uns sparen!“ Also musste Theresa am Nachmittag allein mit einer Schaufel zurück zum alten Bahnhof gehen und mühsam graben, wo sie in der Nacht die Geister der Wachleute graben gesehen hatte. Doch schon bald stieß sie im Boden auf Stoffreste und Knochen. Es war also keine reine Fantasie! Noch direkt auf dem Rückweg legte sie die Schaufel vor der Polizeiwache ab, ging mit Erde und Matsch beschmiert hinein und erstattete Anzeige. Der Polizist blickte ungläubig, aber sie berichtete jedes wichtige Detail: die Knochen in der Erde, die Kugeln in der Wand, und zuletzt die Dienstwaffe des Herrn Großmeyer. Nur von Spuk und Gespenstern erzählte sie nichts.

Und schon am nächsten Morgen wurden Niklas und Jochen von der Polizei zuhause abgeholt und mussten berichten, was sie wussten. Männer in weißen Schutzanzügen durchsuchten den alten Bahnhof, gruben die sterblichen Überreste der Frau und ihrer Tochter aus und verpackten sie sorgfältig in Transportbehältern, um sie ins Labor zu schicken. Der alte Herr Großmeyer wurde in Untersuchungshaft genommen.

Einige Wochen später mussten alle beim Haftrichter erscheinen, um festzustellen, ob Großmeyer bis zu seinem endgültigen Urteil im Gefängnis bleiben musste. Kaum hatte die Verhandlung begonnen, begann er schon zu schimpfen: „Die Bergheim hat den Kindern eine ihrer Horrorgeschichten zu Halloween erzählt, und dafür soll ich jetzt ins Gefängnis, oder wie?“ „Sie wissen genau so wie ich, dass es damals noch kein Halloween in Deutschland gab! Für diesen Horror sind allein Sie verantwortlich!“ antwortete Frau Bergheim. Gespenster waren in der Verhandlung kein Thema, aber es wurden die Ergebnisse der Labore vorgetragen: Die Kugeln in den Wänden stammten eindeutig aus Großmeyers Waffe, und es konnten auch Blutreste an den Wänden den Leichen zugeordnet werden. Die Leichen waren zwar völlig verwest, aber man konnte an ihnen die Einschüsse feststellen, außerdem Brandspuren an den Knochen der kleinen Leiche. „Sie müssen erst versucht haben, das kleine Mädchen zu verbrennen“, sagte einer der Beamten. „In der Lokomotive“, rief Jochen in den Raum. „Woher weißt du denn das?“ fragte Großmeyer erstaunt. „Haben ihm die Gespenster gesagt“, flüsterte einer der Polizisten zu seinem Kollegen und grinste. Denn Jochen hatte bei der Vernehmung von dem Spuk auf dem Bahnhof erzählt, und die Polizisten hatten ihn daraufhin nicht mehr ernst genommen, aber dennoch alles protokolliert.

Wie auch immer, die Beweise, die es gab, sollten völlig ausreichen, um Großmeyer zu verurteilen, und so konnte auch kein Klatsch über Gespenster verhindern, dass er weiterhin im Gefängnis blieb. Der alte Bahnhof lag weiterhin ruhig im Wald, und die Bäume wuchsen langsam darüber. „Glaubt ihr, dass es da jetzt nicht mehr spukt?“ fragte Niklas Jochen und Theresa einige Wochen später. „Das waren zwei Menschen, die an dem Tag da umgebracht wurden. Aber insgesamt waren es 78 aus der ganzen Stadt, die an dem Tag deportiert wurden, und alle anderen wurden später umgebracht. Das ist mittlerweile belegt“, sagte Theresa. „Da sollte es ja noch viel mehr Gespenster geben, zumindest anderswo“, antwortete Niklas, „und vielleicht findet man ja sogar die Schuldigen. Vielleicht sollten viel mehr Menschen zu Gespenstern werden, wenn solche Sachen passieren!“

Der alte Großmeyer wurde tatsächlich als Mörder verurteilt, aber lange saß er nicht mehr im Gefängnis. Kein Jahr nach seiner Festnahme starb er. Früher hatte man erwartet, dass er ein prächtiges Grab auf dem Friedhof bekäme und Abgeordnete der Stadt ihm Blumen und Kränze hinlegen würden. Jetzt hatte er zwar immer noch einen teuren Grabstein und ein Grab, auf dem die dafür bezahlten Friedhofsgärtner ihre Pflicht taten. Aber Blumengestecke oder Grablichter wurden dort nicht mehr abgestellt. Passanten spuckten im Vorbeigehen auf das Grab, und von Zeit zu Zeit hob ein Hund sein Bein daran.
 
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Kommentare  

Gruselig und lehrreich zugleich. Hier vermittelst du mit deiner fantastischen Story der Jugend auch gleich mal einen Einblick in unsere - leider so traurige - Vergangenheit.

doska (03.11.2011)

Sehr gelungen. Toller Schreibstil und spannend bis zuletzt. Das Ende habe ich dem alten Großmeyer richtig gegönnt.

Gerald W. (02.11.2011)

Eine schöne sehr spannde Geistergeschichte, die nicht nur Kinder mitreißt, auch Erwachsene dieses Abenteuer miterleben lässt. Ich war mit Begeisterung dabei.

Dieter Halle (01.11.2011)

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