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9 Seiten

Mission Titanic - Kapitel 14

Romane/Serien · Fantastisches
Kapitel 14 – Déjà-vu

Drei Tage zuvor …

Mittwoch 10. April 1912, Southampton

Marko Rijken blickte auf seine Taschenuhr. Es war kurz nach zehn Uhr morgens. Der Motor seines reparierten Tin Lizzys tuckerte wieder, während er am Straßenrand gegenüber dem South Western Hotel parkte. Er lehnte seinen Arm lässig auf die Autotür, massierte sich nachdenklich die Stirn und starrte vor sich hin. Während er auf die TTA Zeitreisenden Mara und Jean Corbusier wartete, um sie hinunter zum Hafen zu chauffieren, dachte er krampfhaft nach wie es passieren konnte, dass das Bankkonto des Geheimdienstes plötzlich nicht mehr existierte. Irgendjemand hatte es einfach aufgelöst und sich daran bereichert.
Er war davon überzeugt, dass Ike die fünfeinhalb Milliarden Dollar ergaunert und das Bankkonto zugleich aufgelöst hatte, obwohl er es sich selbst nicht vorstellen konnte, wie er dies angestellt haben sollte. Falls Ike das Vermögen aber doch nicht veruntreut hatte, musste er damit zumindest verschwenderisch umgegangen sein. Wie dem auch sei. Das Konto existierte seit neun Tagen nicht mehr und der Geheimdienst in der Gegenwart hatte es bislang noch nicht bemerkt. Marko glaubte einfach nicht, so wie seine Kollegen es vermuteten, dass die Milliarden für andere Missionszwecke aufgebracht wurden. Aber vielmehr ärgerte sich Rijken über die Konventionalstrafe, diese ihm die Sicherheitszentrale verhängt hatte, weil er unerlaubt einen Kredit aufnehmen musste, um den geplatzten Kühler seines Automobils auszutauschen. Und am meisten ärgerte es ihn, weil er sich ziemlich sicher war, dass ausgerechnet Ike für seine Misere verantwortlich war.
Marko Rijken sah in den Rückspiegel und beobachtete, wie seine Gehilfen die Ladefläche eines Pferdegespanns mit dem Gepäck der Corbusiers beluden. Seine Schleuser Kollegen hasteten abwechselnd über die Straße in das Hotel hinein und schleppten weitere Koffer und Kisten hinaus. Aussteigen und ihnen freundlicherweise dabei behilflich zu sein, kam ihm weder in den Sinn, noch sah er sich ansatzweise dazu verpflichtet. Das sollen die Grünschnäbel gefälligst selber bewältigen, dachte er sich.
„Hey Marko, wie wäre es, wenn du uns mal beim Tragen hilfst?“, motzte ein Kollege schließlich schnaufend, wobei er seine Schirmmütze abnahm und sich den Schweiß von der Stirn wischte. „Die Snobs aus Niew Bruxelles erscheinen gleich.“
„Wie wäre es, wenn ihr beide eure Ärsche ein bisschen schneller bewegt? Dann seid ihr zwei Dummys auch nicht auf meine Hilfe angewiesen. Das ist schließlich euer Auftrag. Lehrjahre sind keine Herrenjahre! Ich habe einen wichtigeren Auftrag zu erfüllen“, konterte Marko.
Nochmals blickte Marko auf seine Taschenuhr. Er hatte noch etwas Zeit, bevor die Akademiker erscheinen würden, um zum Hafen chauffiert zu werden. Und weil der Kaffeedurst sich bei ihm bemerkbar machte, entschloss sich Marko, in das Café nebenan zu gehen. Zuvor schlenderte er aber nach hinten zum Fuhrwagen, schleimte sich ein und pumpte seine Kameraden um etwas Geld an. Schließlich hatte er keinen einzigen Penny einstecken und war absolut blank. Sie gaben ihm etwas Kleingeld. Zwar sichtlich widerwillig, aber dennoch gaben die Neulinge ihm etwas.

Trotz der frischen Temperatur an diesem Frühlingsmorgen, saßen einige Damen und Herren draußen vor dem Straßencafé an den Tischen. Servierdamen mit schwarzen Kleidern, mit weißen Schürzen und Hauben bekleidet, bedienten die Herrschaften. Ein Zeitungsjunge lief umher und hielte die Southampton Daily News Zeitung in die Höhe. „Extrablatt! Extrablatt! Neues von der Titanic!“, rief der Bursche. Marko kaufte eine Zeitung, bezahlte den Jungen und tätschelte ihm lächelnd auf seine Schirmmütze.
„Mal sehen, wie ich diesen originalen Wisch am Checkpoint vorbei schmuggeln kann“, nuschelte er vor sich hin, nachdem er die Zeitung unter seinen Arm klemmte. „Irgendein behämmerter Sammler wird mir dafür bestimmt ein kleines Vermögen zahlen.“
Es schellte, als Marko die Tür des Straßencafés öffnete. Er zupfte seine Krawatte zurecht und räusperte sich.
„Guten Morgen, Sir. Ich hätte gerne einen Kaffee, aber zum Mitnehmen, bitte“, bestellte Marko etwas müde wirkend, trommelte dabei seine Finger leicht auf die verglaste Theke und beobachtete durch das Ladenfenster den Eingang der Hotellobby. Ständig tuckerten Automobile vorbei; manchmal galoppierte ein Kutschengespann die Hauptstraße entlang.
Köstliche Torten, Kuchen und Sahnehütchen mit Kirschen bestückt waren in der Glasvitrine ausgestellt. Der Konditor blickte ihn misstrauisch an, zumal er einen fremdartigen Akzent in seiner Aussprache heraushörte. Ein Engländer war dieser Herr offensichtlich nicht. Einer dieser hochnäsigen Amerikaner, die meinen, sich alles erlauben zu dürfen, sicher auch nicht, dafür sprach er seiner Meinung nach zu deutlich. Dieser Herr könnte eventuell ein Deutscher sein oder vielleicht gar ein Holländer?, vermutete der Konditor. – Was meint er bloß damit, zum Mitnehmen? Will der etwa mein Geschirr als Souvenir behalten? Der tickt wohl nicht richtig – fuhr es durch seine Gedanken.
Der Konditor verschränkte seine Arme hinter dem Rücken und blickte Marko mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er grummelte etwas, wobei sich sein elegant gezwirbelter Schnauzbart verzierte. Der Konditor entgegnete ihm schließlich mit britischem Humor, diesen ein Ausländer nicht auf Anhieb nachvollziehen konnte.
„Mit oder ohne Untertasse, Sir?“
Marko schaute ihn perplex an.
„Wie, was … mit oder ohne Untertasse? Ich will einen stinknormalen Kaffee zum Mitnehmen haben, Mister Meisterbäcker!“, konterte Rijken schlecht gelaunt.
„Möchte der Herr seinen Kaffee vielleicht gerne eingepackt haben, möglichst mit einer Schleife umbunden? Soll Ihre Tasse Kaffee etwa ein Ostergeschenk werden, Mister? Oder ist dies doch eher ein verspäteter Aprilscherz?“, hakte der Konditor freundlich lächelnd nach.
Rijken runzelte verwundert die Stirn. Zum einen, weil er dem Konditormeister momentan nicht folgen konnte, und zum anderen, weil ihm plötzlich das eigenartige Gefühl überkam, diese Situation schon einmal erlebt zu haben. Marko schnaufte einmal genervt auf.
„Ich habe einen einfachen Kaffee To-Go bestellt, Mister Tortenmacher. Gibt’s da etwa ein Problem?“, fragte er sichtlich genervt.
„To … Go?“, hakte der Konditor verwundert nach. „Hören Sie, Sir. Wo auch immer Sie herkommen, mag das Mitnehmen der Kaffeetassen im Preis eines Getränks inklusiv vielleicht üblich sein, jedoch befinden Sie sich zurzeit in England. Hier wird der Kaffee oder Tee immer noch im Laden getrunken, nachdem man bezahlt hat. Dann verschwindet man wieder, und daran wird sich auch in Zukunft niemals etwas ändern“, wies er ihn geheuchelt freundlich zurecht.
Marko kniff die Lippen zusammen und nickte stetig. Er hatte vergessen, dass die Marktlücke Drive-in noch gar nicht erfunden wurde und es „To-Go“ noch gar nicht gab. Schließlich wurde er gar nicht für das Zwanzigste Jahrhundert ausgebildet.
Rijken rückte seinen hellen Hut etwas zurück und kratzte sich die Stirn.
„Okay. Na schön. Dann geben Sie mir eben auf die Schnelle einen Espresso. Aber pronto, wenn ich bitten darf. Ich habe wenig Zeit.“
Der Konditor kniff seine Augen und blickte ihn dabei scharf an.
„Einen Espresso?“, fragte er verwundert. „Sehe ich etwa wie ein Italiener aus? Wie wäre es mit einem Ouzo oder einer chinesischen Haifischflossensuppe To-Go, Sir? Wünscht der Herr vielleicht eine Schweinehaxe mit Sauerkraut oder lieber ein argentinisches Rumpsteak? Englisch gebraten, selbstverständlich.“
Marko Rijken stutzte, verzog aber sogleich genervt seinen Mund und marschierte gefrustet zur Tür. Die Lust auf eine gemütliche Tasse Kaffee war ihm gründlich vergangen. Doch plötzlich blieb er stehen und drehte sich um.
„Sagen Sie mal, kennen wir uns nicht? Das Problem mit dem Kaffee hatten wir doch schon einmal ausdiskutiert. Oder etwa nicht?“
Der Konditor zog seine Augenbrauen zusammen und musterte ihn.
„Nein, mein Herr. Ich sehe Sie heute zum ersten Mal und wissen Sie was?“, fragte er grinsend. „So soll es auch bleiben. Auf Nimmerwiedersehen, Mister To-Go.“
„Scheiß Akteure“, murmelte Marko vor sich hin und schaute aus dem Ladenfenster.
Plötzlich erblickte er einen feschen jungen Mann, bekleidet mit einem hellgrauen Mantel, wie er zwischen seinem Automobil und einer Pferdekutsche über die Straße huschte. Einen Augenblick erstarrte Marko, als hätte er gerade einen Geist gesehen.
„Sieh an, sieh an, sieh an … Wen haben wir denn da?“
Vor seinen Augen spazierte doch leibhaftig Ike van Broek einfach über die Straße. Er schritt schnurstracks zum gegenüberliegenden South Western Hotel. Rijken schmetterte die Zeitung auf die verglaste Theke.
„Na warte nur, Bursche. Dich schnapp ich mir jetzt“, brummelte er vor sich hin, stürmte sofort aus dem Café hinaus und rannte Ike hinterher.

Autoreifen quietschten, weil Ike rücksichtslos über die befahrene Straße marschierte und die Autos mit vorgehaltener Hand vor deren klobigen Kühlergrill zum Anhalten zwang. Als er beinahe die Straßenmitte erreicht hatte, bekam ihn Marko an seiner Schulter zu fassen und riss ihn grob herum.
„Hab ich dich endlich, Freundchen. Was fällt dir eigentlich ein, unser Bankkonto einfach zu plündern?“, schnauzte er ihn sogleich keuchend an.
„Rijken? Was machst du denn hier?“, fragte Ike überrascht, setzte seinen Fußmarsch aber einfach fort. Marko hielt verbissen Schritt, so einfach wollte er ihn nicht davon kommen lassen, obwohl zahlreiche Autofahrer energisch hupten.
„Was zum Geier treibst du eigentlich hier? Du solltest doch in Irland sein“, fuhr ihn Marko Rijken verwundert an.
„Irland? Wieso Irland? Was redest du für einen Unsinn! Was soll ich denn da? Du kommst mir sehr ungelegen, also verschwinde. Lass mich in Ruhe!“
Aber sogleich griff sich Ike an die Stirn, weil er sich plötzlich an irgendetwas erinnerte. Eher gesagt, glaubte er für einen kurzen Moment, sich an irgendetwas erinnert zu haben. Für einen Augenblick waren wie fotografische Bilder von grünen Hügeln und einem Haus in sein Gedächtnis erschienen, diese ihm kurz sehr vertraut vorkamen. Und für einen ganz kurzen Augenblick erschien ihm gedanklich eine junge rothaarige Frau, mit einem geflochtenen Zopf, die ihn liebevoll anlächelte. Aber sogleich verschwanden diese Phantomerinnerungen wieder aus seinem Gedächtnis. Er dachte nicht weiter darüber nach, sondern marschierte schnurstracks weiter über die Straße. Schließlich stand ihm ein äußerst wichtiger Sonderauftrag bevor, wobei er sein Leben riskieren musste. Ike war innerlich äußerst angespannt und dachte nur noch an seinen Sonderauftrag, Schiffsoffizier William Murdoch vor einem Mordanschlag zu beschützen. Aber äußerlich wirkte er gelassen und vermochte seinen innerlichen Stress professionell zu verbergen.
Wegen diesen beiden Männern, die ungeachtet eine verkehrsreiche Hauptstraße blindlings überquerten, wurden weitere Automobile dazu gezwungen, abrupte Vollbremsungen hinzulegen. Wutschnaubend drückten die Fahrer auf die Hupen, fluchten und fuchtelten ihnen zornig ihre Fäuste entgegen. „Seid ihr etwa lebensmüde? Runter von der Straße, ihr Armleuchter!“, brüllten sie.
Ike und Marko jedoch blieben mitten auf der Straße stehen und diskutierten.
„Dir habe ich eine Konventionalstrafe von 80.000 Euro zu verdanken, van Broek. Was sagst du dazu?“
„Keine Ahnung, was du meinst. Geh mir aus dem Weg, ich habe zu tun. Mir steht ein äußerst wichtiger Auftrag bevor!“, zischte Ike und ging weiter.
Marko Rijken aber blieb beharrlich an seinen Fersen und penetrierte ihn weiter.
„Das könnte dir so passen. Spiel jetzt bloß nicht den Unwissenden. Nur weil dir eine Mission zugeteilt wurde, brauchst du trotz alledem nicht zu denken, die Welt dreht sich nur noch um dich und könntest über das Bankkonto nach Belieben verfügen. Es ist godverdomme ein Gemeinschaftskonto, an dem sich auch andere Schleuser hin und wieder bedienen müssen!“, motzte Marko.
Als Ike fast den Gehweg betrat, blieb er stehen, drehte sich ihm entgegen und runzelte die Stirn.
„Ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst. Weder wurde mir eine Mission anvertraut, noch weiß ich etwas von einem gemeinsamen Bankkonto. Und in Irland war ich noch nie in meinem Leben gewesen.“
Nach dieser Aussage blickte Ike seinen Rivalen kurz verdutzt an, weil er erneut eine Landschaft gedanklich vor sich sah, die ihm zwar sehr bekannt vorkam, dieses kurze Hirngespinst aber trotzdem nicht zuordnen konnte. Dann sprach er weiter:
„Ich erledige gerade lediglich einen Sonderauftrag für Thomas und Henry, mehr nicht. Würdest du mich also bitte in Ruhe lassen, Marko?! Hau endlich ab!“
Marko Rijken packte ihn wütend am Kragen seines Überziehers, ließ ihn aber von seiner eigenen Unbeherrschtheit erschrocken sogleich wieder los, und strich ihm gekünstelt lächelnd mit seinen Handrückenflächen über die Schultern, so, als wenn er ihn vom Staub säuberte. Marko öffnete leicht seinen Mund, starrte ihn dabei scharf an und hielt einen Augenblick inne, bevor er ihn mit einem zynischen Unterton aufklärte. Er stutzte kurz, denn irgendwie kam diese Situation ihm ebenfalls bekannt vor.
„Der Kühler meines Tin Lizzys ist mir gestern geplatzt und ich brauchte unbedingt ein neues Ersatzteil. Als ich das Bankinstitut aufsuchte, um ein wenig Bargeld abzuheben, sagte man mir allerdings: Tut uns leid Mister Rijken, aber empty, nada, niente, finito. Verdomme! Also war ich gezwungen einen Kredit von fünfunddreißig Pfund aufzunehmen und das, ohne eine Genehmigung von der Sicherheitszentrale. Gestern zog nämlich eine Schlechtwetterfront über Südengland und hatte deshalb keine Funkverbindung.“
Ike lachte kurz schadenfreudig laut auf und zuckte sogleich mit den Schultern.
„Tja, war wohl nicht dein Tag gewesen, Rijken. Pech gehabt.“
Ikes Zeit drängte und es waren nur noch wenige Schritte bis in die Lobby des South Western Hotels. Ike wandte sich von ihm wortlos ab, daraufhin zerrte ihn Marko Rijken erneut zurück, packte ihn abermals wütend am Kragen, zog ihn nahe an sich heran, bis sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten und rüttelte ihn energisch.
„Wichser!“, fauchte er zornig. „Du schuldest mir achtzigtausend Riesen und die hol ich mir von dir zurück, van Broek. Egal wie. Das garantiere ich dir, wenn nötig verklage ich dich! Meine Rechtsanwälte werden dich fertig machen und dir gewaltig den Arsch aufreißen! Verlass dich drauf!“
Ike blickte mit hochgezogenen Augenbrauen abwechselnd demonstrativ auf seine geballten Fäuste, die seinen Mantelkragen unsanft umklammerten, aber Marko starrte ihn nur perplex an.
„Hey, sag mal, hatten wir das nicht schon mal? Kommt dir diese Situation nicht irgendwie bekannt vor? Hier stimmt doch irgendwas nicht“, sagte Marko verwundert und ließ ihn los.
Als weitere Autohupen energisch tuteten, weil beide Männer erneut wie angewurzelt mitten auf der Hauptverkehrsstraße standen, stieß Ike ihn einfach von sich weg.
„Nein Rijken, nur mit dir stimmt irgendwas nicht. Hör zu, seit der Uni mögen wir uns zwar nicht sonderlich, aber ich schwöre dir Kumpel, ich habe keinen blassen Schimmer, wovon du redest. Ich weiß nichts von alledem, was du mir vorwirfst. Und in Irland war ich noch nie in meinem Leben gewesen. Also, verpiss dich endlich!“
Ike überquerte die Straße und als er den Fußgängerweg betrat, zerrte Marko Rijken erneut an seiner Schulter und redete wieder auf ihn ein.
„Ike, ich glaube, dass irgendeine Mission gescheitert und restartet wurde, was mit uns beiden zu tun hat. Ich erlebe gerade ein Déjà-vu vom Allerfeinsten. Gib doch jetzt endlich zu, dass dir unsere Begegnung gerade ebenfalls bekannt vorkommt! Ich bin doch nicht verrückt!“
Obwohl Ike kurzzeitig ebenso glaubte, dieses Streitgespräch mitten auf der Straße mit Marko Rijken schon einmal geführt zu haben, bestätigte er es nicht. Er war momentan viel zu angespannt und auf seinen bevorstehenden Auftrag völlig konzentriert, um nur einen Gedanken an irgendwelche Hirngespinste zu verschwenden.
„Scheiße, Marko. Du scheinst wirklich ein ernsthaftes Problem zu haben. Geh mal zum Nerven-Doc. Der muss unbedingt deine Festplatte neuformatieren, damit du wieder einigermaßen normal wirst. “, entgegnete ihm Ike frech grinsend.

Plötzlich wurde Marko Rijken von zwei uniformierten Bobbys an den Armen gepackt und abrupt verhaftet. Zuerst guckte er leicht verdutzt, ließ sich aber ohne Gegenwehr abführen, als sie ihm eine Karte vor die Nase hielten. Zornig schaute er Ike hinterher, während die angeblichen Polizisten ihn abführten.
Marko Rijken war erstaunt, als er sein persönliches Passwort auf dem Kärtchen las. Erklimme den Kilimandscharo, stand darauf geschrieben. Dies bedeutete, dass ihm augenblicklich jegliche weitere Handlungen vorerst entzogen wurden und er den Befehlen des Vermittlers bedingungslos unterworfen war. Solche Passwörter waren für die Sicherheit der Zeitreisen unabdinglich und wurden von einsatzbereiten Agenten nur im äußersten Notfall übermittelt. Meistens dann, wenn ein Zeitparadox sich anbahnte. Ein Zeitparadox, so wurde vermutet, könnte eine Supernova auslösen und eventuell sogar das komplette Universum auslöschen. Oder zumindest nur die Erde. Es würde wieder alles von Anfang an beginnen und die Dinosaurier würden wieder die Erde beherrschen.
Die Agenten, die als englische Bobbys getarnt waren, mussten Marko nicht nur unbedingt von Ike fernhalten, weil dieser einen äußerst wichtigen Auftrag erledigen musste, sondern zudem, weil sie Marko eine Mission zuteilen mussten: Die Mission Titanic.
„Egal, welche Angelegenheit Sie mit Schleuser van Broek zurzeit klären wollen, haben Sie zu unterlassen! Er ist der falsche Ike. Dieser ist völlig unwissend, denn seine Belfast Mission steht ihm noch bevor. Können Sie mir folgen, Schleuser Rijken?“, fragte ihn der als Bobby gekleidete Agent.
Marko Rijken blickte Ike immer noch wutschnaubend hinterher und beobachtete, wie er die Hotellobby betrat. Marko nickte.
„Habe schon verstanden“, antwortete er zerknirscht. „Dies sieht van Broek wirklich ähnlich und bringt sein schäbiges Verhaltensmuster direkt auf den Punkt. Noch bevor Ike seine Arbeit überhaupt angefangen hat, hat er bereits seine eigenen Leute in die Scheiße geritten. Was für eine einzigartige Leistung, welch großartiger Schleuser er doch ist“, lästerte er.
Nachdem es den Agenten gelungen war, den aufgebrachten Marko Rijken wieder zu besänftigen, erteilten sie ihm einen neuen Auftrag. Sie übergaben ihm ein Ticket Zweite-Klasse für die Jungfernfahrt mit der Titanic.
„Sie bringen wie geplant die zeitreisenden TTA Kunden zum Hafen. Danach begeben Sie sich selbst an Bord. Bleiben Sie unbedingt unauffällig, Schleuser Rijken. Es wird Ihnen noch ein weiterer Agent zugewiesen, der Ihnen bei dieser Mission behilflich sein wird. Achten Sie aber unbedingt darauf, dass die TTA-Klienten Sie nicht entdecken!“
Der Bobby packte Marko an die Schulter und schaute ihn an, als würde er ihn hypnotisieren wollen.
„Sie bleiben in Ihrer Kabine und lassen sich nicht eher blicken, bis Ihnen weitere Befehle erteilt werden. Hiermit erkläre ich Sie offiziell zum Einsatzleiter der Mission Titanic!“
Marko lächelte und wankte mit dem Zeigefinger, während er unauffällig abgeführt wurde.
„Ja, ja, ja. Diesen ganzen Quatsch habe ich, glaube ich, schon mal gehört. Mal unter uns. Ist die Mission Titanic gescheitert und dies hier ist jetzt ein Restart?“, fragte er unsicher, woraufhin die Bobbys aber nur ahnungslos mit der Schulter zuckten und ihm ein silbernes Etui überreichten. Als Marko es öffnete, blickte er auf eine strahlend weiße Perle, die im roten Samt eingebettet war.
„Nein, uns ist kein Restart bekannt, Schleuser Rijken. Hüten Sie diesen Gegenstand bei ihrem Leben! Sie werden darüber genauere Instruktionen per Downloads erhalten, sobald Sie sich auf hoher See befinden. Gutes Gelingen, Marko“, verabschiedeten sich die verkleideten Polizisten.
Marko schnaufte abfällig.
„Danke für eure hilfreiche Info. Jetzt bin ich wesentlich schlauer als vorher“, entgegnete er ihnen zynisch.
Dann schlenderte er zurück zu seinem Tin Lizzy – die TTA Zeitreisenden müssten nun mittlerweile bereit sein, um zum Hafen chauffiert zu werden. Andächtig betrachtete er die weiße Perle, die augenscheinlich wie eine wertvolle Muschelperle aussah.
„Was bist du für ein Ding? Wofür bist du zu gebrauchen? Weshalb soll ich dich mit meinem Leben beschützen? Na ja, ein Download wird es mir bald verraten“, sprach Marko vor sich hin, klappte den Sprungdeckel zu und verstaute das silberne Etui in seiner Jackettasche.
 
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