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8 Seiten

Schwarze Schwäne - Weiße Schwäne, Teil 6 - FREUNDE -*-*- EIN UNMORALISCHES ANGEBOT

Romane/Serien · Nachdenkliches
Freund Ralf und ich machen einen Abstecher zu Nick's Café, es ist schön nah, ganz nett, gemütlich, und wir finden zum Glück zwei freie Barhocker an der Theke.
Irgendwann quatscht mich jemand von hinten an. Es handelt sich - oh Wunder - um einen alten Bekannten. Tommy heißt er. Er ist jetzt Besitzer einer ziemlich langweiligen Gaststätte, eine Mischung aus Dorfkneipe und Pommesbude ist das. Das Ding heißt ‚Haus Dobermann’. Aber Tommy will was draus machen, das erzählt er mir jedenfalls. Ich weiß nicht, was da draus zu machen ist, abreißen wäre die beste Möglichkeit, aber das will ich ihm nicht so direkt sagen.
„So so Tony“, sagt er dann, „du hast dich tatsächlich von Parker getrennt?“
Die Buschtrommeln haben die Nachricht also schon verkündet. Ich muss lachen. „Klar, das war doch lange schon überfällig.“
Tommy hat noch was anderes vor, will sich aber bei mir melden. Das finde ich sehr vielversprechend und gebe ihm meine Telefonnummer und Adresse. Hmmm ... Was mag wohl mit seiner Ehefrau sein? Haben die beiden sich auch getrennt? Ich werde es vielleicht erfahren.
„Woher kennst du ihn?“, fragt Ralf mich, als Tommy mit einem anderen Typen gegangen ist. Der kam mir auch irgendwie bekannt vor.
„Vor ein paar Jahren gab es diese Kneipe, wie hieß die noch? Ach ja, POP-UP. Tommy hat dort gekellnert und wohnte über der Kneipe. Und manchmal, wenn Feierabend war, haben wir uns oben in seiner Wohnung stundenlang unterhalten. Parker war ja nicht da. Der hat sich wohl mit anderen Frauen beschäftigt ...“ Ich mache eine Pause, und überlege, während Ralf mich interessiert anschaut. Nach einer Weile fahre ich fort: „Und ich hatte den Eindruck, Tommy mochte mich. Jedenfalls wollte er Parker was aufs Maul hauen - und mich nach Mallorca mitnehmen, um dort zu leben. Aber ich habe beides dankend abgelehnt. Dann hat ihn diese Zicke eingefangen und ihn geheiratet, obwohl er immer strikt gegen’s heiraten war.“
Ralf lächelt, er gönnt mir wohl das Vergnügen, alte Bekanntschaften neu aufleben zu lassen.
„Aber ich will ihn nur als Freund“, das muss ich jetzt sagen. Es stimmt, damals war es so und heute ist es nicht anders „Also lass uns einen trinken!“ Und das tun wir dann auch. Ralf ist mittlerweile mein bester Freund geworden. Er ist bekannt für das Aufspüren von guter Musik und versorgt mich mit bespielten Kassetten. Das ist gut, weil ich dann nicht die Platten kaufen muss. Und er mag Parker nicht. Das finde ich auch gut! Wir besuchen uns alle paar Tage gegenseitig, manchmal ist dann eine Frau bei ihm, aber nie die gleiche. Amüsant! Ralf hat Klempner gelernt, ist unglaublich wissbegierig, hat nach der Gesellenprüfung direkt seinen Meister gemacht - und jetzt holt er sein Abitur auf der Abendschule nach. Und er hat einen Computer - ganz was Neues. Eigentlich sieht er recht anziehend aus, sehnig muskulös, dunkle kurze wuschelige Haare - ich glaube, auf den stehen viele Frauen, aber auf mich hat er keine körperliche Anziehungskraft, ich bin nur gerne mit ihm zusammen.
-*-*-
Zwei Stunden später überlege ich zuhause, wen ich überhaupt noch kenne.
Rupert und Betty natürlich. Mit einem Paar zusammen finde ich es ziemlich frustrierend im Augenblick. Worüber zum Geier soll ich mich mit denen unterhalten? Über mein Liebesleben? Immerhin war ich zweimal mit Betty einkaufen. Habe wunderbare Stoffturnschuhe ergattert für sagenhafte fünf Mark.
Dann Alex und Sybille, das andere Paar. Sybille scheint etwas sauer auf mich zu sein, weil ich mich nicht entblöde, den guten Robert zu vernachlässigen. Unsere Allianz oder besser gesagt unser Pakt ist gebrochen. Sybille kann ich auf Dauer nur zufrieden stellen, wenn ich einen Kerl habe, der ihr passt. Also am besten den Kerl Robert, aber daran ist nicht zu denken, jedenfalls nicht von meiner Seite.
Christian Parker, meinen Exfreund. Warum? Weil Parker die besten Leute kennt, zum Beispiel Bruce, auf den ich scharf bin. Vielleicht kann ich bei ihm die Liebe finden. Er sieht so verdammt gut aus mit seiner stämmigen Erscheinung, und ich mag nun mal Männer, die stattlich sind.
Dann gibt es natürlich noch Robert, nein, nicht wirklich. Ich arbeite an der Trennung.
Katrin, eine Arbeitskollegin, die mittlerweile eine Freundin geworden ist. Wir telefonieren manchmal miteinander außerhalb der Firma.
Ach ja, Claudia, mit der ich meine zweite Wohnung teilte. Aber mit der kann ich sowieso nichts anfangen. Außerdem hat sie mit Madame zu tun, und das ist nicht gut.
Madame, die ich nicht als Freundin betrachte. Ich wette, sie wird mich bald aufspüren. Durch Claudia, denn die beiden kennen sich auch schon sehr lange. Oh je, ich stehe im Telefonbuch. Komisch, dass das Telefon nie klingelt ... Madame - ich nenne sie auch die Medusa - wittert Unglück bei Frauen meilenweit und eilt sofort herbei, um diese armen Wesen zu trösten. In Wirklichkeit will sie alle nur einfügen in ihr verqueres Universum und dort beherrschen. Nein danke, ich hoffe, ich werde von ihr verschont bleiben.
Susanne, die Exfreundin von Markus, das ist der ... Ach wen juckt's. Das Problem ist, ich kenne Susanne gar nicht richtig. Sie wohnt aber nur drei Häuserblocks von mir entfernt, und wenn ich verzweifelt genug bin, werde ich sie einfach besuchen. Ich brauche jetzt jemanden, am besten eine Frau, mit der ich mal ausgehen kann. Eine Frau, die mich sozusagen in die Szene einführt.
Fredo, ein alter Bekannter mit Liebeskummer, weil seine Freundin ihn verlassen hat.
Tommy? Na ja, mal gucken ... Wäre aber nett.

-*-*- EIN UNMORALISCHES ANGEBOT

Der April erscheint mir fürchterlich lang. Er ist aber noch lange nicht vorbei, und er birgt auch Überraschungen: Exfreund Christian Parker ruft mich mitten in der Nacht an, so um circa zwei Uhr.
„Was ist denn los?“, frage ich ziemlich entgeistert.
„Ich muss mit dir sprechen, Tony“, sagt Parker.
„Warum?“
„Kann ich bei dir vorbeikommen?“
„Was willst du denn?“
„Ich will nur mit dir sprechen.“
„Na gut ...“, sage ich im Halbschlaf und dusele wieder ein. Wache aber sofort wieder auf: Worüber zum Teufel will der mit mir sprechen? Ich hoffe, es ist nichts Ernstes.
Wenig später kriecht er zu mir ins Bett. Von wegen nur mit mir sprechen ... Die Wohnungsschlüssel hat er also immer noch und macht auch Gebrauch davon. Das gefällt mir nicht. Das muss sich ändern. Aber was ist nun los mit ihm? Aha, er hat Anpassungsschwierigkeiten.
„Es ist alles so fremd in der neuen Wohnung“, jammert er.
„Du wirst dich schon dran gewöhnen“, versuche ich ihn zu trösten. „In neuen Wohnungen ist doch immer alles fremd. Aber nur am Anfang.“
„Ich weiß nicht ...“
„Du kannst jetzt auf keinen Fall einen Rückzieher machen.“
„Nein, mache ich nicht. Aber es ist alles so ungewohnt.“
Ich tröste ihn so gut ich kann - und wenn ich will, dann kann ich ganz schön gut sein. Einen flüchtigen Augenblick denke ich an Robert und an seinen Verdacht, ich würde es mit meinem Exfreund Parker treiben. Robert hatte recht, sein Verdacht war nur ein wenig in der Zeit verschoben. Und ich tue es auch nicht aus Vergnügen, sondern ich genieße es, dass Parker es genießt, mit mir zu schlafen. Andererseits muss ich vorsichtig sein. Es darf nicht soooo gut sein, dass er wieder in Liebe zu mir entbrennt, und ich weiß, dass ich ihn dazu bringen könnte, aber ich will das nicht, ich will nur diesen billigen Triumph einer Nacht, diesen Triumph über seine neue Frau.
Hasse ich mich dafür? Nee! Verachtung ist das bessere Wort. Stimmt, ich verachte mich, aber das juckt mich nicht besonders, hab ja nie viel von mir gehalten.
Als Parker um sechs Uhr morgens immer noch keine Anstalten macht, zu gehen, wird mir die Sache etwas unheimlich, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man es als Frau gerade noch tolerieren kann, wenn der Mann bis kurz vor sechs Uhr morgens dem sogenannten Ehebett fernbleibt - es sei denn, der Mann hätte eine wirklich plausible Entschuldigung dafür. Da fällt mir jetzt gerade keine ein.
Doch: Pokern oder ein anderes Glücksspiel ginge zur Not. Kann aber auch sein, dass Parker mich damals schon verarscht hat. Verdammt! Der hat mich verarscht!
„Wäre es nicht an der Zeit, nach Hause zu gehen“, sage ich und hoffe, dass meine Stimme aufmunternd klingt.
Doch er will einfach nicht gehen. „Conny hat nichts dagegen“, sagt er.
Conny hat nichts dagegen? Was zum Henker ist Conny für eine Frau? So was Liebes und so was Verständnisvolles? Ist ja echt zum Kotzen. Warte mal ein Jahr ab, liebe Cornelia ... Aber wen juckt’s? Mich nicht. Parker ist nicht mehr mein Problem, sondern jetzt deins. Viel Spaß wünsche ich dir mit ihm!
Dann muss ich überlegen: Es war gar kein Triumph über die neue Frau, die ist nämlich clever, sie lässt ihm Freiheiten. Das würde ich so nie tun.
„Du musst aber jetzt gehen!“ Allmählich werde ich sauer.
Und dann macht dieser Sack mir doch tatsächlich einen seltsamen Vorschlag. Was zum Geier denkt er sich dabei? Ich bin schließlich keine Nutte! Oder doch?
Parker bietet mir tatsächlich an, mich monatlich zu unterstützen, wenn er dafür ab und zu bei mir vorbeikommen könnte, in Wirklichkeit meint er natürlich nette Nachmittage im Bett mit mir. Ich bin sprachlos.
Ich glaube es nicht! Ist zwar sehr schmeichelhaft, aber wer soll das bezahlen? Er hat ja immer schon finanzielle Probleme gehabt ... Vielleicht wenn Cornelia wieder arbeitet, sie ist OP-Schwester und würde jederzeit einen Job kriegen. Haha, sie lässt ihm ja Freiheiten und sollte die dann auch bezahlen ...
Das ist alles so pervers irgendwie! Ich lehne natürlich ab. Er soll mir nur meinen geliebten Karmann übern TÜV bringen und dafür sorgen, dass er anständig anspringt wie ein normales Auto. Dafür erlasse ich ihm seine Schulden.
Trotzdem kommt Parker öfter bei mir vorbei – aber ich mache es natürlich umsonst. So zum Abgewöhnen. Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei denke. Es ist doch alles vorbei, aber dennoch gibt es da einen Draht zu längst vergangenen Zeiten. Kann es sein, dass ich einsam bin und mich an die Vergangenheit klammere? Ja, könnte möglich sein. Aber ich komm damit klar! Die Nachmittage mit Parker sind zwar ein Bindeglied zu alten Zeiten, aber ich sollte nicht süchtig danach werden - und bis jetzt funktioniert es ganz gut. Aber warum lasse ich mich überhaupt darauf ein? Das ist doch irrational!
Mein Hirn sagt folgendes: ‚Könnte es sein, dass du selber mal die sogenannte Ehebrecherin darstellen willst? Eine Rolle, die dir bisher nicht bekannt war. Das findest du zwar nicht gut, aber irgendwie faszinierend, es gibt dir neue Einblicke in dich selber, und diese Einblicke sind nicht angenehm. Du fängst an, dich zu verabscheuen und wartest auf einen passenden Moment, um endgültig mit Parker Schluss zu machen.’ Irgendwie hat Hirn recht.
Und der erste passende Moment kommt: Eines Tages will Parker mir seine neue Wohnung zeigen, wir fahren mit seinem Taxi dorthin. Conny soll nicht zu Hause sein. Wir stehen schon vor der Wohnungstür, als ich Stimmen von drinnen höre, es ist jemand da und mich erfasst ein gewaltiger Schrecken.
Parker meint zwar, Conny hätte nichts dagegen, wenn er mir die gemeinsame Wohnung zeigt, aber diesmal habe ICH etwas dagegen, denn jetzt komme ich mir wirklich vor wie das Flittchen eines verheirateten Mannes. Vollkommen ungewohnt ist das - und nicht sehr angenehm.
Ich stürme die Treppen hinunter. Parker folgt mir und bringt mich nach Hause, aber ab da ist unser Verhältnis merklich abgekühlt.
-*-*-
Ich bin jetzt reif genug für Susanne. Schon am nächsten Tag besuche ich sie.
Susanne ist allein. Zum Glück erkennt sie mich sofort.
„Ich war an diesem Wochenende in Paris“, erzählt sie. „Mit einem Freund ...“
Aha, mit einem Freund ... Ihre Stimme klingt so geheimnisvoll. Was Festes vielleicht?
„Wir sind mit dem Zug hingefahren“, erzählt sie weiter. „Ohgottohgott, ist Paris teuer, dabei habe ich wirklich nur Café Crème getrunken und ein Croissant gegessen. Im Centre Pompidou waren wir auch. Ist echt toll da ...“ Susanne lässt die französischen Worte genüsslich auf ihrer Zunge zergehen.
Oh je, hoffentlich ist sie keine Museumsgängerin, die von einem Museum ins nächste laufen will. Nicht, dass ich was gegen Museen hätte, aber nur in Museen ... Nein danke!
„Zurück bin ich alleine gefahren“, geht es weiter. „Der Typ ist dageblieben. Mein Gott, ich bin total fertig.“
Also doch nichts Festes? Ich bin verwirrt. Susanne wirkt so zufrieden in ihrer bescheidenen Wohnung, als hätte sie es überhaupt nicht nötig, irgendwelche dubiosen Diskos oder Kneipen zu besuchen. Vielleicht hat das mit ihr überhaupt keinen Sinn. Vielleicht muss ich alles alleine machen...
„Er hängt immer noch an der Nadel“, mit diesen Worten reißt Susanne mich aus meinen Betrachtungen. Was? Wen meint sie? Ich habe keine Ahnung und schaue sie fragend an.
„Es war Markus, den kennst du doch, ein Ex von mir.“
Sie redet tatsächlich über Markus. In der Zeche Bo habe ich nicht bemerkt, dass er heroinsüchtig ist. Keine Spur. Kann man das so gut verbergen? Er hat einen Job, sieht blendend aus und macht auf keinen Fall den Eindruck eines Heroinsüchtigen.
„Alle paar Monate legt er sich ins Krankenhaus zum Entgiften.“
„Er wirkt aber eigentlich so stark“, gebe ich zu bedenken. Das stimmt. Markus ist ein unglaublich männlicher Typ: Stahlharter Körper, Adlernase, scharfe Gesichtszüge und Robert De Niro-Fan.
„Er verhielt sich immer ein bisschen zu männlich, das Dreckschwein. Zu stark ...“, sagt Susanne.
Daraufhin schweigen wir vielsagend. Weil ich das Gefühl habe, dass der Besuch hier im Augenblick nicht viel bringt, stehe ich langsam auf.
„Hast du vielleicht Lust“, frage ich Susanne an der Tür, „mal bei mir vorbeizukommen? Ich wohn ja direkt nebenan in der Dürerstraße zehn. Parker und Lundberg steht noch auf dem Türschild, aber der Parker wohnt nicht mehr da.“
„Warum steht der Parker dann noch auf dem Türschild?“
Gute Frage ... „Ich weiß nicht, vielleicht, weil ich zu faul war, ein neues zu machen?“ Das stimmt, ich war wirklich zu faul dazu, habe im Moment andere Sorgen.
Susanne verspricht, vorbeizukommen. Ich glaube eigentlich nicht daran. Sie macht so einen zufriedenen Eindruck, als ob sie es gar nicht nötig hätte, ihre Wohnung jemals zu verlassen. Außer um mal kurz nach Paris zu fahren mit einem Exfreund, der außerdem noch heroinsüchtig ist.
Sie hatte es aber doch nötig. Zwei Tage später am Mittwochnachmittag steht sie vor meiner Tür. Ich freue mich echt, weil sie so prompt gekommen ist.
Sie betrachtet interessiert meine Science Fiktion Sammlung, steht aber mehr auf Fantasy.
Die Bilder, die bis vor kurzem hier hingen, hat Parker natürlich mitgenommen. Auf die leeren Stellen an der Wand habe ich Fotos von mir geheftet, die besten natürlich. Sie sind zwar nicht besonders groß und auch nur schwarzweiß, wirken aber irgendwie künstlerisch. Auf dem einen sehe ich aus wie die junge Glenda Jackson, oh oh, die ist mittlerweile fast schon fünfzig, aber sie hat die gleiche Nase, den gleichen Mund und ähnliche Augen wie ich. Auch wenn sie brünett ist und braune Augen hat. Dann ein paar Fotos vom Nürburgring, die Parker gemacht hat. Die sind auch nicht schlecht. Robert zeigte sich sehr interessiert. Das letzte Foto zeigt Sybille und mich, wir kamen gerade vom Schwimmen. Man sieht zwei blonde Mädchen, die auf einem Sofa sitzen und Cola trinken. Beide sind recht nett anzusehen. Und in diesem heißen Sommer habe ich dann Robert kennengelernt. Robert ist ganz wild auf dieses Foto. Ha, aber er kriegt es nicht! Hinterher zeigt er es noch überall rum und erzählt: „Mit beiden habe ich geschlafen!“ Könnte ich mir gut vorstellen, dass er das tut. Und deswegen kriegt er überhaupt kein Foto von mir! Oder doch? Irgendwie habe ich Mitleid mit ihm, er braucht mehr Selbstbewusstsein. Vielleicht sollte ich ihm eine Kopie von dem Bild schenken. Damit könnte er seine zukünftigen Frauen ein bisschen eifersüchtig machen. Wow, das ist eine gute Idee, und so selbstlos. Muss in mich hineinlachen.
Ich führe Susanne ein bisschen in meiner Wohnung herum. Die gefällt ihr nicht übel, vor allem der Garten mit der Terrasse. Terrasse ist eigentlich übertrieben. Es handelt sich nur um eine mit Platten belegte Fläche, die in ein Blumenbeet übergeht, und das Blumenbeet geht dann in den Rasen über. Der Rasen wächst allerdings recht spärlich, vielleicht sollte ich ein bisschen nachsähen, muss Ralf mal fragen, wann und wie das geht.
Susanne ist erst zweiundzwanzig, aber an Erfahrung - vor allem mit Männern - mir weit an Jahren überlegen.
Es klingelt an der Haustür, hoffentlich ist es nicht Parker.
Es ist Sybille. Na klar, wochenlang lässt sich keiner blicken, und dann, wenn mich ausnahmsweise jemand besucht, dann stehen sie alle auf der Matte.
Sybille und Susanne können sich auf Anhieb nicht ausstehen. Sybille ist der gutbürgerliche Typ und Susanne der total ausgeflippte, vor allem arbeitsmäßig. Sybille ist eine echte Karrierefrau, und Susanne hat keine Lust zum Arbeiten, weil sie sich dann total eingeengt fühlen würde. Und über Kunst haben sie auch die unterschiedlichsten Ansichten. Susanne vertritt eine solch abstrakte verrückte Meinung, dass sich Sybille persönlich beleidigt fühlt und sich daraufhin sehr schnell verabschiedet. Hmmm ... wenn man Bilder aus Styroporflocken macht - ist ja nicht schlecht im Prinzip - aber was Sybille da produziert hat, ist nicht sehr interessant oder besser gesagt, wie das Werk eines sechsjährigen Kindes.
Ich erzähle Susanne von Parkers Angebot, mich finanziell zu unterstützen.
Susanne ist kein bisschen entsetzt deswegen. Sie hat zu all ihren Exfreunden ein gutes Verhältnis, kommt blendend damit klar, deswegen hat sie auch nie Leerlauf in ihren Beziehungen. Und sie lässt sich auch gerne von ihren Exfreunden einladen, und schlafen tut sie auch mit ihnen. Beneidenswert! Ich könnte das nicht. Für mich ist eine Sache aus, wenn sie aus ist. Und dann will ich auch keine lauwarme Freundschaft mit meinem Exlover pflegen. Oh oh, tue ich das nicht gerade? Das muss aufhören! Obwohl es keine Freundschaft ist, sondern nur noch Sex. Egal, es muss ganz aufhören, das mit Parker!
„Ich komme jetzt öfter vorbei“, zwitschert Susanne beim Abschied. Diesmal habe ich überhaupt keine Zweifel, dass sie vorbeikommen wird. „Du kannst kommen, so oft du willst.“ Das meine ich wirklich ernst. Sie ist eine bezaubernde Person, ein bisschen kleiner als ich, mit zarten Gesichtszügen und großen braunen Augen. Ihr Haar trägt sie recht kurz, es ist hellbraun. Die Figur ist knabenhaft. Susanne ist spontan und wirklich witzig. Und lebt vom Sozialamt. Sie ist einfach zu kreativ, um arbeiten zu können. Na gut, und wenn schon ...
 
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Kommentare  

Ich finde es gut, dass sich die Ich-Erzählerin am Ende dazu durchringt, nichts mehr mit ihrem Ex anzufangen. Ihr inneres Hin und Her, nachdem er wieder bei ihr aufgetaucht war, hast du gut beschrieben.

Frank Bao Carter (30.05.2021)

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