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9 Seiten

Lichtnetz (Part 7)

Romane/Serien · Fantastisches
© Metevelis
„Seine Königliche Hoheit Prinz Alessandro von Caylan und seine Königliche Hoheit Kronprinz Eric von Altane.“ Die Worte fielen bleischwer in den Raum. Eric sah Sandro, nein, Alessandro entgeistert an. Bis eine rasiermesserscharfe Stimme die Stille durchschnitt.
„So, mein Sohn. Du bist zurückgekehrt. Doch wo hast du deine Schwester gelassen? Deine Schwester, meine Erbin, die du beschützen solltest?! Na? Hast du keine Antwort für mich? Und wen hast du mir denn statt dessen mitgebracht?“ Sandro ging schnell vor, bis zu den untersten Stufen vor dem Thron und kniete nieder. Seine rechte Hand lag an der Brust und die linke presste er an den Boden, gleich neben seinen Knöchel. Eric tat es ihm eilig nach. Dann stand Sandro auf. Eric wagte einen vorsichtigen Blick auf die Königin. Es verschlug ihm den Atem.

Auf dem Thron sah er eine Frau, die Lyssas Gesichtszüge trug, nur waren diese von größerer Reife. So würde Lyssa in etwa zwanzig Jahren aussehen. Auf den roten Locken, die frei ihre Schultern umflossen, trug sie die aus Gold und Silber verwobene Blätterkrone. Sie strahlte eine Würde und Weisheit aus, die unglaublich war. Ihre grünen Augen sahen ihn scharf an. Nein, Lyssa war zwar temperantvoll, aber diese Frau war wie ein Vulkan. Allein dieser Blick schien ihn zu verbrennen. Ihm wurde unbehaglich.

Dann sprach Sandro. „Eure Majestät, Mutter, mein Begleiter ist Kronprinz Eric….“ Sie unterbrach ihn ungeduldig. „Ich weiß, wer das ist. Ich habe schließlich Ohren. Mich würde mehr interessieren, warum er bei dir ist und nicht Alyssia?! Nun, Sandro, sag mir, wo meine einzige Erbin abgeblieben ist? Ich hoffe für dich, sie ist nicht weit hinter dir, mein Junge.“ Ihre Augen loderten vor Zorn.

Eric verstand nun, weshalb Sandro so mürrisch und unglücklich gewesen war. Die Beschreibung die er ihm damals im Wald geliefert hatte, traf nicht einmal annähernd zu. Diese Frau kochte vor Wut und es bedurfte nicht viel, um sie zum Explodieren zu bringen.

Sandro sah todunglücklich aus. „Mutter, das ist eine lange Geschichte, möchtest du sie nicht lieber in deinen Privatgemächern hören?“ Die Königin sah sehr, sehr zornig aus und beugte sich nun mit glänzenden Augen vor. „Nein, die Kurzfassung. Die Details kannst du mir später erzählen.“ Sandro nickte und holte tief Luft.

„Also, Lyssa fand Eric verletzt und holte mich um ihn zu heilen. Kurze Zeit später fanden ihn die Männer, die ihn verletzt hatten. Wir kämpften mit ihnen und überwältigten sie. Aber ein Mann konnte Lyssa gefangen nehmen und wir sind ihm dann in sein Lager gefolgt. Dort überwältigten wir die Männer und fanden Lyssa. Aber sie war mit einer Kette an einen der Männer gefesselt und wir konnten sie in der kurzen Zeit nicht befreien. Also nahmen wir den Mann auch mit. Als wir rasteten, zerschlugen wir die Kette. Doch in der Nacht wurde Lyssa zu dem Mann, er heißt Marc, gezerrt. Was wir nicht wussten, war, dass die Kette magisch versiegelt wurde. Also konnten wir nichts weiter tun. Wir waren gerade wieder am Einschlafen, als wir Lyssa so komisch lachen hörten. Als wir zu den beiden kamen, wand sich dieser Marc gerade in Todesqualen unter ihren Händen. Sie schimmerte, Mutter, sie schimmerte in Regenbogenfarben. Eric erklärte mir, dass ein Gott ihren Geist besessen hatte. Sie wurde kurz darauf bewusstlos. Wir haben den Mann wieder belebt, am nächsten Morgen, konnte der sich an keine Einzelheiten aus der näheren Vergangenheit erinnern. Wir sind also weiter geritten, soweit wie möglich weg, von den Männern die Eric verfolgt haben, da haben wir hinter uns Galopp gehört. Wir sind in den Wald geritten, in der Hoffnung, sie würden uns nicht finden. Je mehr wir ins Unterholz ritten, umso schläfriger wurden wir und irgendwann müssen wir von den Pferden gefallen sein. Als wir wieder aufwachten, waren wir von Ealfin umgeben. Ja, Mutter, wirklich. Sie brachten uns zu ihren Anführern, die uns sagten, dass ihre Tochter in Altane von dem Usurpator fest gehalten wird. Sie gaben uns eine Eskorte mit ihren besten Leuten mit, die uns helfen sollten, Eric's Erbe zu gewinnen. Wir machten also in dieser Schenke Halt und da waren zwei Frauen. Sheja’ne. Scheinbar sprachen sie Lyssa an und überredeten sie, mit ihnen mitzukommen. Das tat sie auch. Sie hat uns einen Brief hinterlassen, in dem stand, dass es ihr Wille ist und dass sie glücklich ist. Ich habe den Brief dabei, falls du ihn lesen möchtest. Ich wollte hinterher, aber Eric meinte, wenn es ihr Wille ist, sollten wir sie ziehen lassen. Und Mutter du weißt, dass man Lyssa von nichts abhalten kann, dass sie wirklich will. Wir sind direkt hierher gekommen, damit ich dir davon berichten kann.“
Er endete ein wenig atemlos. Mit einem zutiefst unglücklichen Blick sah er zur Königin auf. „Es tut mir leid, Mutter, dass ich sie nicht besser beschützt habe.“

Königin Serena sah ein wenig amüsiert aus. „Soso, Ealfin. Bist du sicher, dass du mir keine Märchen aufbindest?“ Sandro wirkte bestürzt. „Nein, Mutter, natürlich nicht. Sie sind alle in der Schenke „Der Königin Frieden“. Ich kann sie herbringen, wenn du das wünscht.“ Sie winkte mit ihrer schlanken Hand ab. „Nicht nötig, ich weiß, dass Ealfin existieren. Du hast sie also gehen lassen. Obwohl du weißt, das sie meine einzige Erbin ist, die Kronprinzessin von Caylan. Obwohl du weißt, dass es einen Bürgerkrieg gibt, wenn ich sterbe und keine Erbin habe.“ Sie stand auf. Ihre Augen flammten wieder. Sandro wich einen Schritt zurück. Ihre Stimme klang wieder so scharf wie eine Klinge.

Sandro sah aus, als hätte er sich am liebsten irgendwo verkrochen. Eric war froh, dass sie ihre Aufmerksamkeit noch nicht ihm zugewandt hatte. „Es tut mir leid, Mutter. Ich nehme jede Strafe an, die du für mich bestimmst.“ Königin Serena nickte, scheinbar gedankenverloren. Dann funkelten ihre Augen Sandro an.

„Das werde ich, mein Sohn, das werde ich. So, und nun zu dir, Prinz Eric. Von welchem Usurpator sprach mein Sohn da eben? Ich hoffe, du kannst mir erklären, weshalb du meine Kinder in diese Sache hinein gezogen hast.“ Eric schluckte vernehmlich. Dann sprach er. „Ich…meine Königin…ich hatte nicht vor, sie in meinen Kampf zu verwickeln. Aber…es ließ sich nicht vermeiden. Ich meine…wenn Lyssa mich nicht gefunden hätte, wäre ich gestorben. Wenn nicht an den inneren Verletzungen, dann wäre ich verblutet. Ich wollte sie so schnell wie möglich wieder verlassen. Aber…die Umstände ließen es nicht zu. Hätte ich gewusst, wer sie waren, hätte ich mich heimlich davongeschlichen.“ Die Königin beugte sich mit glühenden Augen vor und unterbrach ihn.

„Sie haben es dir nicht gesagt? Das sagt mir, dass meine leidenschaftliche kleine Tochter und mein sonst so besonnener Sohn vorhatten, dich zu begleiten. Und dass wahrscheinlich, ohne mir ein einziges Wort zu sagen.“ Sie schnalzte mit der Zunge. „Das gefällt mir nicht. Nein, ganz und gar nicht. Was hattet ihr vor, Sandro?“ Sie sprach mit gefährlich leiser Stimme. Sandro wurde bleich. Man konnte plötzlich die feinen blauen Äderchen unter seiner Haut erkennen. „Mutter, es tut mir leid. Ich…ich…“ Er verstummte. Er konnte nichts sagen, ohne seine Schwester auch noch richtig mit hinein zu reiten. Eric sprang für ihn in die Bresche. "Es ist meine Schuld. Ich hätte niemanden darin verwickeln sollen, selbst in dem Glauben, sie seien Landadlige. Dies ist allein mein Kampf. Vergebt mir, Majestät.“ Die Königin ließ sich langsam in ihren Thron zurücksinken. Mit den Fingern fuhr sie über die Blätter, die die Armlehnen ihres Thrones schmückten. Lange Zeit sagte sie nichts.

Eric wurde nervös. Außerdem tat sein Knie weh, weil er seit dem Hereinkommen nicht gebeten wurde, aus seiner knienden Stellung aufzustehen. Schließlich sah die Königin auf. Um ihre Mundwinkel spielte ein Lächeln. Sie sah ihm sein Unbehagen deutlich an. „Steht auf, Prinz Eric. Da ihr meine Frage nach dem Usurpator noch immer nicht hinreichend beantwortet habt, halte ich es für besser, die weiteren Details in einem Raum zu besprechen, der etwas behaglicher ist. Haaron!“

Der Haushofmeister trat ein. Ein etwas ängstlicher Ausdruck lag auf seinem Gesicht. „Majestät…Königliche Hoheiten?“ Die Königin stand auf und strich ihr Gewand aus blauer Seide glatt. Die darauf gestickten winzigen, weißen und blassblauen Blüten erinnerten Eric an Caitlin. Oftmals bestand ihr einziger Schmuck, aus in ihre Haare geflochtene Blumen in genau diesen Farben. Dann vergaß er jeden Gedanken an Caitlin, denn die Königin stieg die Stufen von ihrem Thron herunter und unterbrach ihn damit. „Lass mein Speisezimmer vorbereiten und lass uns Essen bringen. Wir haben viel zu bereden.“

*****

Es war dunkel hier und stickig. Die Fackeln an den Wänden vergrößerten die Hitze in dem ohnehin kleinen Raum beträchtlich. Er sah den Mann vor ihm an, den er einst Bruder genannt hatte. „Was willst du“, krächzte er. Der Angesprochene sah ihn nur ausdruckslos an. Er war in schimmernden, dunkelroten Brokat gekleidet. Er hätte darin normalerweise schwitzen müssen, aber auf seiner Stirn zeigte sich kein einziger Schweißtropfen. Er wirkte so kühl, als wäre er aus Eis gemacht. „Was willst du“, fragte er noch einmal. Auf dem Gesicht seines Peinigers erschien ein raubtierhaftes Lächeln.

„Deine Anerkennung. Nicht mehr und nicht weniger.“ Der Mann, der ausgemergelt in den Ketten hing, lachte. Oder zumindest versuchte er es. Es kam nicht mehr als ein weiteres Krächzen hinaus. „Gib mir Wasser. Du kannst mich nicht verdursten lassen. Du brauchst mich noch. Wenn ich tot bin, bekommst du deine Anerkennung nicht mehr.“ Sein Bruder zuckte zusammen. „Wasser!“, bellte er über die Schulter zu dem Folterknecht. Er wandte sich wieder seinem Bruder zu, der wie ein Gespenst seiner selbst aussah. Er lächelte. „Gib sie mir. Du weißt, dass es nur noch eine Formalität ist. Wenn du dich wieder weigerst, wartet das Eisen auf dich.“ Sein Blick, wie auch der seines Bruders wanderte zu den rotglühenden Kohlebecken. Kurze Zeit später erschütterten gequälte Schreie das Gewölbe.

*****

Die beiden Sheja’ne und Lyssa waren bereits heute morgen über den Pass geritten und lagerten für ihre Mittagspause in einem wunderschönen kleinen Tal. Lyssa hatte unterwegs ein Rebhuhn erlegt und das briet, mit den von Mairi gesammelten Kräutern gefüllt über dem Feuer. Fleischsaft tropfte zischend ins Feuer. Ein angenehmer Geruch zog über ihr Lager. Ihr Magen rumorte bereits wieder. Mairi war bereits wieder unterwegs, um Kräuter für ihre Mutter zu besorgen. „Immer wenn ich in diesem Tal vorbeikomme, muss ich ihr Fieberwurzel mitbringen. Es bei den Händlern zu kaufen, ist teuer und hier wächst es in Massen. Was liegt also näher?“ Deya war auch losgegangen, um in dem kleinen See ein Bad zu nehmen. Lyssa hatte sie zuerst ungläubig angestarrt, als sie das verkündet hatte. „Aber es muss doch eiskalt sein!“

Deya hatte nur gegrinst.. „Ja, das ist es. Aber es gibt nichts besseres, um dich wieder fit zu machen. Außerdem ist es wunderbar erfrischend. Du solltest es auch mal probieren.“ Lyssa hatte den Kopf geschüttelt. „Nein, danke. So sehr ich auch ein Bad herbeisehnen mag, so nötig erscheint es mir nun auch wieder nicht.“ Deya hatte gelacht und war dann in Richtung See entschwunden.

So saß Lyssa alleine am Feuer und hatte Zeit, sich Gedanken zu machen. Zum ersten Mal dachte sie auch an ihre Mutter und natürlich auch an ihren Bruder. Sie verzog das Gesicht. Es war nicht gerade sehr fair von ihr gewesen, ihrem Bruder die Aufgabe aufzuhalsen, ihrer Mutter Bescheid zu geben. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie sie reagieren würde. Da kam ihr eine Idee. Sie musste ihrer Mutter einen Brief schreiben und ihr ihre Entscheidung erklären. Das würde nicht leicht werden, ihre Mutter würde ihre Gründe nicht verstehen, aber einen anderen Weg sah sie nicht. Sie holte Papier und Stift und saß da. Die richtigen Worte wollten ihr nicht einfallen. Wie sollte sie ihrer Mutter begreiflich machen, dass es wichtig war, was sie da tat?

*****

Die Königin zerknüllte eine Serviette in den Händen. Auf dem Tisch vor ihnen lagen die Überreste ihres leichten Mahls. Der Haushofmeister hatte ihnen Fleischpasteten, einen Käseteller und Apfelwein gebracht. Nun sah sie die beiden jungen Männer, von denen einer ihr Sohn und der andere der Kronprinz von Altane war, zornig an. „Das ist ungeheuerlich. Demael…ist ein Freund von mir. Ich muss ihm helfen.“ Das kurze Zögern in ihrer Stimme war kaum merkbar, aber Eric fiel es doch auf. Er warf einen Seitenblick auf Sandro. Der hatte es nicht einmal bemerkt.

„Werdet ihr mir also helfen? Ich hatte vor, Söldner zu dingen.“ Serena sah ihn nachdenklich an. „Ja, ich werde dir Männer mitgeben, aber deine Idee mit den Söldnern ist eine gute Idee. Ich kann dir nicht genug Männer für diesen Kampf mitgeben, an meiner Grenze zu Lindani gibt es Unruhen. Deshalb habe ich heute diese Delegation empfangen. Ich muss einiges wieder gutmachen, weil ich die Gesandten ohne weitere Erklärung weg geschickt habe. Aber ich werde sehen, was sich machen lässt. Zuerst lasse ich nach euren Männern schicken. Sie werden natürlich im Palast untergebracht.“ Sie drehte sich um und rief nach einem Pagen, der Haaron ihre Anweisung bringen würde. Sie wandte sich wieder Eric zu.

„Welche Söldner hattest du im Sinn?“ Eric war erleichtert. Er würde also nicht nur mit etwa fünfzig Ealfin in diesen Kampf ziehen. „Ich dachte an Fenris san Doj und seine Truppe. Er soll die besten Männer haben. Die weitere Auswahl der Männer möchte ich ihm überlassen. Er kennt sich in seinem Gewerbe am besten aus.“ Serena nickte zustimmend. „Da hast du recht. Fenris ist der Beste. Aber du weißt, das es eine gewisse Zeitlang benötigen wird, um einen Plan aufzustellen. Du wirst nicht in einer Woche losziehen können. Nicht einmal in einem Monat. Es muss alles durchdacht werden. Ich habe nicht vor, einen meiner Männer in einen unnötigen Tod zu schicken. Und ganz gewiss nicht meinen Sohn.“ Sandro fuhr auf. „Du erlaubst es mir?“ Er schien fassungslos. Seine Mutter lächelte. „Du hast ihm dein Wort gegeben. Es gefällt mir nicht, dich in Gefahr zu bringen, aber unsere Familie steht zu ihrem Wort.“

*****

Der blonde Riese sah sich in der Schenke um. „Wo steckt denn nun euer Anführer? Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.“ Er ließ sich auf einem Stuhl nieder. Dieser ächzte unter seinem Gewicht. „Wirt! Bring mir Wein und dein bestes Essen. Meine Gastgeber werden bezahlen.“ Er grinste den jungen Kerl an, der ihn hergebracht hatte. Marc knirschte mit den Zähnen. Dieser Kerl war unverschämt. Aber Eric wollte ihn haben. Er musterte den Söldner. Er war noch keine dreißig Jahre alt, aber seine Unterarme waren bereits von Narben gezeichnet. Unter dem lohfarbenen Schopf steckte ein Gesicht, das wundersamer Weise nur eine einzige, kleine Narbe aufwies. Es war ein sichelförmiger Schnitt genau neben dem Ohr. „Ich sehe, Junge, du bewunderst meine Narbe. Tja, wäre ich nicht ausgewichen wäre, hätte ich jetzt nur noch ein Ohr.“

Er lächelte und entblößte dabei seine weißen Zähne. Marc juckte es in den Händen. Er mochte diesen Kerl nicht. Plötzlich zogen sich Fenris’ dunkelblaue Augen zusammen. „Du magst mich nicht. Stimmt doch, Junge?“ Marc ballte die Fäuste. „NENNT – MICH – NICHT – JUNGE!“ Er wirbelte herum und ging in den Hinterraum, der gleichzeitig eine Bibliothek war. Soll sich doch Revyn um ihn kümmern. Ich tue es gewiss nicht!

Er setzte sich in den breiten Ohrensessel und schlug ruhelos mit den Fingern auf die Lehne. Dann stand er auf und lief in den Raum auf und ab. Dann trat er zum Bücherregal. Vielleicht würde ihn das Lesen von seinem Ärger ablenken. Der Wirt hatte scheinbar im Laufe der Jahre einige Bücher angesammelt. Seine Augen flogen über die Buchrücken. Er nahm ein Buch aus dem Regal. Der Titel lautete: „Die Geschichte von Caylans Königinnen“. Kann ja nicht schlecht sein, sich über die anderen Länder etwas besser zu informieren. Besser als diesem unverschämten Kerl Gesellschaft zu leisten. Er schlug das abgegriffene Buch auf der ersten Seite auf und vertiefte sich in die Geschichte.

Revyn sah dem Söldner dabei zu, wie er auf ihre Kosten ein gutes – und teures – Mahl verschlang. Dieser Mann besaß eine lose Zunge und hatte bereits Marc in die Flucht geschlagen. Er hätte ihn hinaus geworfen, aber die Menschen wollten ihn unbedingt haben. Also musste dieser Mann, abgesehen von seinem frechen Mundwerk, auch noch andere Fähigkeiten besitzen. In diesem Moment trat ein Soldat durch die Tür, der in das Rot und Silber der Königlichen Garde gekleidet war. Er sah sich nach dem Wirt um. Dieser trat zu ihm. Eine kurze Zeit lang tuschelten die beiden. Der Wirt warf ihnen einen Blick zu. Dann beendeten sie das Gespräch. Der Soldat kam an ihren Tisch.

„Ihr gehört zu den Ealfin?“ Revyn sah zuerst an sich herunter und dann blickte er den Mann spöttisch an. „Offensichtlich.“ Der Soldat errötete, dann räusperte er sich und richtete sich zur vollen Größe auf. „Ihr sollt auf Befehl der Königin in den Palast gebracht werden.“ Fenris sah von seinem Mahl auf. „So. Habe ich mich etwa mit Verbrechern eingelassen?“ Der Soldat schüttelte den Kopf. „Es ist eine Einladung.“ Fenris lächelte. „Wenn das so ist, komme ich natürlich mit. Ich muss sowieso noch mit eurem Anführer reden.“ Revyn stand auf um die anderen aus der Gruppe zu holen. „Esst euer Mahl fertig, Fenris, wir werden gleich aufbrechen.“

*****

Lyssa wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sie verfluchte sich für ihre Entscheidung, Deyas Angebot gestern nicht angenommen zu haben. Der See mochte ja eiskalt gewesen sein, aber sie wäre wenigstens sauber. Ihre Kleidung klebte ihr am verschwitzten Körper. Sie sehnte sich nach nichts mehr als einem schönen, langen Bad. Sie zupfte an ihrem Seidenhemd und verzog das Gesicht. Der Geruch ihres eigenen Schweisses stieg ihr in die Nase. Nicht gerade sehr angenehm.

Mairi und Deya sahen aus, als ob die Hitze sie nicht berührte. Sie waren wahrscheinlich daran gewöhnt, da sie die meiste Zeit in der Wüste lebten. Sie fragte sich, ob sie sich jemals daran gewöhnen würde. In Caylan war es niemals richtig heiß. Warm ja, aber vom Meer her wehte immer ein kühler, erfrischender Wind. Sie seufzte. Dann sah sie, wie Deya und Mairi ihre Pferde zügelten. Sie wirkten angespannt. Auf der Strasse vor ihnen war eine riesige Staubwolke. Das musste eine größere Reitertruppe sein. Sie ritten auf sie zu. Langsam schälten sich aus der Wolke Gestalten.

Deya und Mairi ritten an den Straßenrand, die Hand an den Waffen. Lyssa war beunruhigt. Deya sprach sie an, ohne sich nach ihr umzusehen. „Lyssa, komm her. Und halte deine Armbrust bereit.“ Lyssa sah sie verwirrt an. „Was ist los? Weshalb seid ihr angriffsbereit?“ Deya sprach weiterhin nach vorne. Ihr Gesicht wirkte verkniffen. „Wir reiten durch das Gebiet eines äußerst fremdenfeindlichen Lord. Das könnten seine Männer sein. Oder es sind Banditen.“ Die Gruppe näherte sich. Der Anführer zügelte sein Pferd.

Er nahm langsam den Helm ab. Darunter kam das Gesicht eines älteren Mannes zum Vorschein. Seine Haare waren bereits ergraut und in seinen dunklen Augen stand Fassungslosigkeit. Deya erbleichte und schwankte plötzlich im Sattel. „Lhienne? Du…du lebst?“ Ihre Hand krampfte sich um ihren Dolch. Leise grollte Donner über ihnen.
 
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Kommentare  

Hmm...ein Kochbuch auf Webstories? Eigentlich heißt es ja nicht Mampfstories! Aber bei deinen Schilderungen läuft einem ja das Wasser im Mund zusammen und der Geifer die Lefzten runter.
*lach*
Bei mir wirkt das vor allem, weil ich als Camper und Mitglied in einem Westernverein oft "mitten im Wald" improvisieren muss und gerade wenn man so richtig Hunger hat, solche einfachen Futters am besten schmecken...
*ggg*
Doch!
Mach doch das Metevelis-Lichtnetz-Kochbuch!
*lol*
Und wenn du es nicht hier veröffentlichen möchtest, schreib doch unter jeden Lichtnetz-Teil in Klammern: Das zum Roman gehörende Kochbuch kann bei mir per Email geordert werden.


Stefan Steinmetz (11.05.2003)

Tja, Stefan. Das ist doch mal so ein richtiger Drachen, findest du nicht? Das war übrigens wieder so eine Traumsequenz, die ich eingebaut habe. So und nicht anders hätte die Königin sein dürfen.
Aber langsam glaube ich, ich schreib mal sowas wie ein Kochbuch für dich. Ich kann dich förmlich mit knurrendem Magen vorm Pc sehen. *gg*


Evi (die Autorin) (09.05.2003)

Vielen Dank, Lies! Das macht mich ja richtig stolz, das ich abonniert wurde. :-) Und natürlich, das ich jemanden, der eher weniger Fantasy liest, dafür begeistern konnte. Wieder mal ein kleiner Schub fürs Ego. ;-)

Evi (die Autorin) (09.05.2003)

Wieso schimpft die Königin so garstig mit Sandro? Der Arme kann doch nichts dafür, dass Lyssa abgehauen ist! Wie gemein!
Aber das Kleid der Königin fand ich schön. Weiß und blaßblau sind nämlich meine Lieblingsblumenfarben.


Lottchen (08.05.2003)

Junge, Junge! Die hat es aber in sich, die Königin. Da verblasst jede Schwiegermutter zu einem unscheinbaren Schemen . . . ;-)
Die Szene im Folterkeller weckt natürlich Neugier und man will wissen, was dort abgeht.
Und dann gibts mal wieder feines Happa-Happa (Kräuterrebhuhn *schleck* Da soll einem mal nicht das Wasser im Mund zusammen laufen!)
Schluss wieder perfekt gestaltet.
Einfach eine schöne Geschichte.


Stefan Steinmetz (08.05.2003)

Fantastisches von Metevelis ist abonniert, obwohl das nicht mein bevorzugtes Genre ist.
Aber diese Geschichte sich aufbauen und entwickeln zu sehen hat ausnahmsweise Spaß gemacht.
Zumindest hat sie dazu geführt, dass ich alle Folgen konsumiert habe.
Gut gemacht.

Gruss Lies


Lies (08.05.2003)

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