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2 Seiten

Sag es

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
© naseweis
Immer und immer wieder drängte sie ihn: " Sag es."

Ihr Gesichtsausdruck war voller Erwarten, ihre Augen weit geöffnet, die zarte geschwungenen Augenbrauen leicht nach oben gezogen, unruhig schlugen ihre Lider. Ihren hübschen Mund - hauchzarter Lipgloss liess ihn verführerisch im Schein der Tischlampe glitzern - hatte sie zu einem sturen Schmollmund verzogen.
Sie war eine Frau, die alles kriegen konnte, was sie wollte: Geld, Karriere, Sex, Männer. Einzig und allein durch ihre Art. Sie verstand es, ihre Reize gekonnt einzusetzen - ihren makellosen Körper, ihre langen Beine, ihr wunderschönes, weiches, dunkelbraunes Haar.
Sie konnte jeden Mann betören und bei jedem versuchte sie es immer wieder.
Sie setzte ihr kokettes Lächeln auf, warf ihre langen Haare mit einer reizvollen Geste in den Nacken, um den Blick auf ihren Hals zu lenken, setzte ihren Schmollmund auf und nahm den Mann mit ihren Blicken gefangen.
Ihre Augen waren durchzogen von einem dunklen Braunton. Viele schrieben ihr aufgrund dieser dunklen Tigeraugen Arroganz und Gefühlskälte zu. Das störte sie wenig, sie betonte sie gerade noch durch schwarzen Eyeliner, der ihre Augen noch mächtiger und kälter erschienen liess.

"Sag es", flüsterte sie wiederum.

Alles was sie wollte, war geliebt zu werden. Innige Vertrautheit spüren und die Leidenschaft, die ständig in ihr brodelte, sanft gezähmt von der Liebe, wieder entfachen zu können. Nie zuvor hatte sie Liebe gespürt, Liebe empfangen, noch nie wurde sie geliebt - von einem Mann. So inbrünstig, dass er alles für sie tun würde, dass allein ihre Anwesenheit ihm alles bedeutete. Sie wollte doch nur geliebt werden. Die Worte hören, die für sie so wichtig waren. Sie liebte ihn über alles. Er war der Mann, den sie sich ihn ihren innersten Träumen ausgemalt hatte. Er war ihr Traummann schlechthin. Nie hätte sie gedacht, dass solche Träume war werden, bis René in ihr Leben trat und ihr endlich das lang ersehnte Gefühl vermittelte, liebenswert zu sein.
Er war einfühlsam und zärtlich zu ihr. Er verstand es, sie im richtigen Moment in den Arm zu nehmen. Seine warmen, starken Arme, deren Adern leicht hervortraten, was sie so hocherotisch fand, gaben ihr Rückhalt und Kraft. Er war bemüht, ihre tiefsten und innersten Wünsche und Sehnsüchte zu erforschen. Stundenlang redeten sie miteinander, und diese meist nächtlichen Gespräche lösten Faszination in ihr aus. Genauso wie sie ihn und seine liebevolle Art zu Sprechen bewunderte, so liebte sie ihn.

Sie wollte es aus seinem Munde hören. Seine tiefe, männlich erotische, sie einnehmende Stimme sollte diese Worte sprechen, die für sie die einzige Bestätigung waren, dass er sie auch liebte.
Soviel Bedeutung lag für sie in diesen Worten, dass sie immer heftiger und eigenwilliger wurde, bis er es endlich sagte:



"Ich liebe dich."



Doch da bedeutete es plötzlich nichts mehr.
 
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Kommentare  

Die Geschichte gefällt mir. Es fallen mir jetzt drei Zitate dazu ein, die ich jetzt einfach mal hinschreibe.

Über Liebe zu sprechen ist, als wollte man einen Witz erklären. Die Pointe geht dadurch verloren. Paul Watzlawick

Es würde mir nicht im Traum einfallen, einem Klub beizutreten, der bereit wäre, jemanden wie mich als Mitglied aufzunehmen. Groucho Marx

Die Liebe besteht zu drei Viertel aus Neugier. Giacomo Casanova

Irgendwie ist das alles in deinem Text. Und schön geschrieben ist er auch...


zirrip-zirrip (15.01.2005)

Die magischen Worte hast in eine schöne Geschichte eigearbeitet. Liest sich sehr gut.

 (29.10.2004)

Find ich eine fantastische Story. Du hast auch einen tollen Schreibstyl. Einzig wo ich etwas aufpassen würde, ist, dass du es mit den Beschreibungen nicht übertreibst. Sie sind sehr schön, aber pass auf, dass du sie nicht beliebig einsetzt. trotzdem volle punktzahl
gruss pascal


pascal gut (23.05.2004)

Die Geschichte find ich gut, warum sie die Worte hören möchte ist auch sehr eindeutig und nachvollziehbar beschrieben, auch warum sie sie unbedingt von dem Mann hören möchte. Nur fehlt mir da noch, warum die Worte gerade bei ihr, in diesem Moment an Bedeutung verlieren.

Freiheit (21.05.2004)

Eine kleine Geschichte über die menschliche Natur, denn das Verhalten der Protagonistin findet sich nicht nur in Gefühlsdingen wieder.
Wir Menschen denken ständig über das nach, was wir NICHT haben, anstatt uns an dem zu freuen, was wir haben. Ständig grübeln wir über das Vergangene nach oder versuchen, die Zukunft minutiös zu planen und zu kontrollieren. Nie sind wir in der Gegenwart zu Hause. Wir haben oft einen Bissen im Mund, einen auf der Gabel, und - anstatt ihn zu genießen - schielen wir bereits nach dem nächsten. Das Gras ist immer auf der anderen Seite grüner, die Kirschen des Nachbarn schmackhafter, weil sie nicht unsere sind. Oft legen wir uns krumm für ein einziges Ziel um nach dem Erreichen zu erkennen, dass es uns nichts mehr bedeutet, dass es doch nicht das ist, was wir haben wollten. Deshalb stimmt es auch, wenn der Volksmund behauptet, dass die Vorfreude oft das Schönste am Erreichen eines Zieles sei.
Schön in eine Geschichte gepackt, was mich aber stört ist die Hoffnungslosigkeit, die nach dem Leben übrig bleibt. Ein fatalistisches "So bin ich eben" der Protagonistin, vielleicht gepaart mit ein wenig Selbstmitleid zu erwarten? Keine Lösungsansätze oder auch die Erkenntnis "es liegt an mir, ich suche nicht Zuneigung, sondern nur den Kick, ich bin nie in einen Menschen, sondern immer nur ins Verliebtsein verliebt". Keine Lösungsansätze, wo die Protagonistin ansetzen könnte, an sich zu arbeiten.
4 Punkte


Heike Sanda (27.06.2002)

Ich hatte mir schon gedacht, dass es diese Worte sein könnten, auf die diese Frau wartet. Doch wie schnell sie dann an Bedeutung verlieren können, dass verstehe ich nicht ganz.


Marco Frohberger (16.10.2001)

Gefällt mir! Da ist was wahres dran!

esmias (23.05.2001)

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