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fahrschulgeschichten, the last ;-)

Romane/Serien · Aktuelles und Alltägliches
Fahrschulgeschichten

Die Prüfung, 20. September 2001
Wir schauen beide gen Himmel. Nein, es wird nicht aufhören zu regnen. Bernd hilft mir in die Regenkombi. Komisch gedrückte Stimmung herrscht. "Vielleicht ist der Prüfer wegen des Regens gnädig und macht nicht so lange" hofft Bernd. Er schiebt meine Maschine aus der Garage und ich lasse das still geschehen. Fühle mich gar nicht wohl ...


Bernd sagt, wir fahren noch eine kleine Übungsrunde, damit ich locker werde. Die gesamte Fahrschulzeit über hat er immer wieder bemängelt, dass ich die ersten fünf Minuten auf der Maschine so aufgeregt und zappelig bin. Heute ist das noch viel schlimmer als sonst. Also machen wir uns auf den Weg zu dem bekannten Industriegebiet.

Mittendrin ...
Noch mal den Slalom, noch mal Bremsen, keine Angst vor dem Regen haben. Es läuft gut. Ich bremse hervorragend und auch den Slalom überstehe ich bestens. "Prima" ruft Bernd mir zu, "wir haben noch Zeit, wir fahren auf der anderen Seite zum Lockerwerden noch mal." Okay, ich wende und fahre zur anderen Seite. Blöder Regen. So viele unsinnige Sachen werden erfunden, z. B. Eierschalensollbruchstellenverursacher (kein Scherz!), aber einen Scheibenwischer für Helmvisiere gibt es nicht.
"Siehst du den parkenden LKW?" Doofe Frage, wie soll man denn einen LKW übersehen? Ich nicke. "Gut, auf dessen Höhe fängst du mit den Übungen an. Und achte auf meine Worte!" Hey Bernd, das hab ich doch immer gemacht, auf deine Worte geachtet. Naja, fast immer. Ich fahre los, und er befiehlt "stop and go", er befiehlt "ausweichen", er befiehlt "langsamer Slalom", "schneller Slalom", "bremsen"..............
"So, nun komm wieder her" ruft Bernd mir ins Ohr. Ich wende und fahre die Straße rauf.

Oh, neben Bernd steht ein Mann. Ob das der Prüfer ist? Nun geht es los? Mein Herz klopft, die Aufregung steigt. Hoffentlich baue ich jetzt keinen Mist. Hoffentlich klappt jetzt alles noch mal so gut, wie gerade eben. Ich halte neben den beiden an, Maschine aus, Visier hoch. Der Mann streckt mir die Hand entgegen und sagt:
"Hallo, wir wollen also durch den Regen fahren? Der erste Teil war doch schon Klasse, haben Sie toll gemacht!" Kein Mensch kann sich vorstellen, welch zentnerschwere Last in diesem Moment von meinem Herzen fällt!!! Bernd, du lieber, lieber Bernd, du Schlingel, hast mich überlistet. Ich danke, danke, danke dir. Und so schaue ich ihn jetzt auch an. Er lächelt nur verschmitzt und zwinkert mit dem Auge.

Am verregnetsten Tag des gesamten Jahres 2001 fahre ich über Autobahn, über Land, durch die Stadt, Einbahnstraßen, abknickende Vorfahrtstraßen, und wieder Autobahn, und wieder über Land. Keine Sekunde kürzt der Prüfer die Fahrt ab, trotz strömenden Regens. Und kein Lob oder Tadel erreichen mich durch den Knopf im Ohr, nur kurze Anweisungen.

Auf dem Rückweg leuchtet meine Tankanzeige auf. Ich gebe Bernd Zeichen, doch er schüttelt mit dem Kopf und sagt, wir tanken später, der Sprit reicht noch. Mich irritiert das Licht aber. Was passiert, wenn plötzlich kein Benzin mehr da ist? Falle ich dann um?


Das Ende
Wir erreichen die Zulassungsstelle, Ende der Fahrt. Der Prüfer steigt aus dem Auto und kommt auf mich zu. Ich sitze noch auf dem Motorrad, Helm auf, abwartend. Herzklopfen. "Nun steigen Sie mal ab. Und den Helm bitte runter, ich muss doch sehen, ob Sie das auch sind." Er dreht sich um und flüchtet vor dem Regen ins Haus. Bernd und ich hinterher. Ich versuche, einen lächelnden Blick von Bernd zu erhaschen, doch er verzieht keine Mine und sagt kein Wort. Mir wird ganz mulmig zumute. Habe ich was falsch gemacht? Ein Stopschild übersehen? Jemandem die Vorfahrt genommen?
Klatschnass stehe ich nun neben dem Prüfer, der mir streng in die Augen schaut. "Sie haben also tatsächlich einen Autoführerschein?" will er wissen. Ich nicke. "Na, den zeigen Sie mir mal." fordert er mich auf. Mit regenkalten Fingern krame ich zitternd den alten grauen Führerschein aus der Tasche und reiche ihn weiter. Was ist denn bloss los? Warum sagt keiner ein nettes Wort? Was ist passiert?
"Junge Frau" sagt der Prüfer todernst, "diesen Führerschein werde ich wohl behalten müssen!" Hat mir da gerade jemand den Boden unter den Füßen weggezogen? Ich bekomme bestimmt gleich einen Herzinfarkt, ganz bestimmt. Kann man einen Autoführerschein verlieren, wenn man bei der Prüfung mit Mopped schlimme Fehler gemacht hat? Mein hilfesuchender Blick zu Bernd erreicht diesen nicht, weil er sich genau in dem Moment von mir wegdreht. Hey, sagt was, helft mir.....

"Okay," nun lächelt der strenge Herr Prüfer und seine Stimme klingt erstaunlich angenehm, "dafür bekommen Sie dann einen anderen." Grinsend überreicht er mir den neuen Führerschein in Scheckkartenformat, auf den er handschriftlich das Datum eingetragen hat: 20.09.01. Ich wache langsam aus einem bösen Alptraum auf und verabschiede mich von dem Kloß im Hals. Bernd umarmt mich und grinst:
BESTANDEN!!!

Der Abschied
"Und nun?" fragt Bernd, nachdem wir uns von dem Prüfer verabschiedet haben. "Ich muss tanken, Sprit alle." "Okay, dann los zur Tankstelle". Wie gewohnt fahre ich vor, wie gewohnt fährt Bernd hinter mir her. Wie gewohnt tanke ich selbst, wie gewohnt geht Bernd zur Kasse. Da fällt mir ein, Moment, ich habe doch bestanden. Ich muss mein Benzin jetzt selbst zahlen. Schnell steige ich von der Maschine und renne hinter Bernd her. Er hat schon bezahlt. "Lass uns noch einen Kaffee trinken" lädt er mich ein. Ja, gern. Bestimmt 30 Minuten vergehen, mit lockerem Klönschnack, der absolut nichts mit Fahrschule oder Motorrad zu tun hat. Dann sage ich ihm, dass ich nun mal los will. Komische Stimmung. "Wo willst du denn hin?" Komische Frage. Nach Hause. Die nassen Klamotten ausziehen und der Welt mitteilen, dass ich bestanden habe.
Bernd holt meinen Rucksack aus seinem Auto, hilft mir die Regenkombi zu verschließen, hilft mir den Rucksack aufzuziehen. Da sitze ich auf meinem Motorrad, ohne Knopf im Ohr, Bernd steht neben mir und wir schauen uns irgendwie hilflos an. Komische Stimmung, komische Situation. Er zupft noch mal am Kragen der Regenkombi. "Hey", ganz cool will er klingen, tut er aber nicht, "und du fährst ordentlich, hörst du! Pass auf dich auf, halt den Kopf oben, okay! Und denk an den Schulterblick, hörst du." Ja Bernd, ich werde dran denken.......

Komisches Gefühl, ich bin glücklich und traurig.................und fahre ohne Knopf im Ohr einem neuen Leben entgegen.
 
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Kommentare  

Natürlich hast du Recht, aber du arbeitest ja praktisch die ganze Geschichte auf diese Prüfung hin (Spannung steigt immer weiter) und dann... ist es halt einfach nur nass. Hm, vielleicht soll das so sein, oder es war wirklich so – wie du schon sagtest – aber ich hab ja geschrieben, dass es meine ganz persönliche und extrem subjektive Meinung ist, und die sagt nun eben, dass etwas Spannung gefehlt hat. Weil die Spannung bei meiner Prüfung so extrem war, dass mein Fahrlehrer meine Finger danach wohl mit nem Brecheisen lösen musste.

Freiheit (09.12.2004)

hmmm, aber wie soll ich da mehr spannung reinbringen, wenn einfach nicht mehr spannung war? es war einfach nur naß, und schrecklich lange zeit naß. und da es sich hier um einen tatsachenbericht handelt, habe ich auch keine spannung "erfunden". ist das okay für dich???

nachtigall94 (08.12.2004)

Schade, der Führerscheinprüfung hatte es - meiner Meinung nach - etwas an Spannung gefehlt, das hättest du ruhig ausbauen können.

Was ich gut fand, war der traurige Abschied, den Stoff konntest du gut vermitteln. 4P.


Freiheit (04.12.2004)

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