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Noch ne Sendung mit der Katz

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
© Andre
„Hallo!“ Auf der Mattscheibe erscheint das freundliche Gesicht Hänschens. Die Kamera fährt zurück, gibt den Blick auf seine ganze Gestalt frei. Hänschen trägt eine weiße Mütze und einen Umhang gleicher Farbe, und um seinen Hals baumelt ein großes goldenes Kreuz. Er wedelt mit einer Art Zepter in der rechten Hand in die Kamera. „Wollt ihr wissen, was das für Bekleidung ist? Die wird vom Papst getragen. Der wurde jetzt neu gewählt. Mehr darüber gleich in der Sendung mit der Katz.“
Die fröhliche Melodie erklingt, und die uns allen so vertraute Sprecherin verkündet: „Heute bei uns in der Katz: Wie funktioniert Politik beim Papst, beim Präsidenten jenseits des großen Teiches und bei Onkel Otto, was ihr mit eurem Sparbuch tun müsst, wenn Papa unter Hartz IV fällt, und wie er trotz Gesundheitsreform eine kostenlose Rückenschulung erhält, Käpt’n Kiffer und natürlich mit der Katz. Die Melodie klingt aus.

Schnitt. „Das ist der Vatikan in Rom.“ Es wird ein Platz eingeblendet und auf einen Redner gezoomt. „Das war der alte Papst...“, sagt der Sprecher. Im Hintergrund hört man ein paar Worte wie „gäsäääägnätttäss Ostärrrrfääääst“, „... und das ist der neue Papst.“ Es wird ein weißhaariger, gut abgestandener Achtundsiebziger gezeigt, der etwas energischer winkt, als sein Vorgänger. Der Sprecher setzt fort: „Das ist der Ratzi. Die Engländer nennen ihn schon Papa Ratzi. Die sind nicht ganz so gut auf ihn zu sprechen, denn er hat in seiner Kindheit ein seltsames Zucken im rechten Arm gehabt. Jedes Mal, wenn ein Soldat an ihm vorbeikam, musste er ihn hochreißen. Dabei soll er wohl „Heil“ gerufen haben. Wahrscheinlich war das auch der Grund, weshalb er Priester wurde, er wollte helfen und heilen. Aber davon haben die Engländer sowieso keine Ahnung, denn die haben ja die anglikanische Kirche mit der Queen an der Spitze. Da geben die Jungs vom Vatikan eine geschicktere Figur ab. Da braucht ihr nur mal in Muttis Zeitschriften blättern.
Soll ich euch mal erzählen, was der verstorbene Papst so alles geschafft hat? Da gab es doch im Mittelalter die Hexenverbrennungen. Da hat die Kirche einige große Fehler gemacht. Aber alle Päpste waren immer viel zu beschäftigt, so dass niemand die Zeit hatte, sich mal ordentlich bei der Bevölkerung zu entschuldigen. Aber der Johannespaul hat’s dann endlich nach mehreren Jahrhunderten geschafft. Und er schaute auch sorgsam nach seinen Untergebenen. Denen verbot er die Schwangerschaftsberatung. Die durften nämlich einen Beratungsschein ausstellen und damit konnten die Nochnichtmuttis ihren dicken Bauch wieder vom Onkel Doktor normal machen lassen. Jetzt gehen die runden Muttis woanders hin. Deswegen wehrte sich der Papst auch so gegen Kondome. Kennt ihr doch oder? Stellt euch vor: Ihr habt eine Banane, deren giftiges Fruchtfleisch unbedingt aus seiner Schale will. Da zieht ihr dann eine Plastiktüte drüber und dann kann nichts mehr spritzen. Die Soße kann nicht raus. Was aber passiert mit den armen Afrikanern und Südamerikanern? Bei denen wachsen gerade auch noch so viele Bananen. Daher sind sehr viele Menschen dort krank. Aber davon will der Papst nichts hören. Schade. Vielleicht macht der neue Papst ja ratziputz ein neues Gesetz, damit das nicht mehr passiert. Und vielleicht hilft er auch, dass euch Ministranten nicht immer so der Popo weh tut. Da könnte er doch ein paar Frauen als Priester einsetzen oder? Nach der Katz zeigen wir euch, wie der Schorsch Politik betreibt.

Schnitt. Ein fetter roter Kater sitzt vor dem Fressnapf und knabbert ein Stück Trockenfutter. Der Zuschauer sieht hinter ihm eine Flagge mit 49 Sternen. Der Kater schluckt den Brocken, und dieser wandert wie ein Höcker am Rücken entlang zum Darmausgang. Den verlässt das Dreckie mit 2000 km/h und donnert auf die Flagge. Der 50gste Stern leuchtet auf.

Schnitt. Es wird eine große rote Nase eingeblendet, in der ein Mittelfinger bohrt. Die Kamera fährt zurück und gibt das Gesicht eines Rhesusäffchens frei. Der Beobachtete erkennt die Kamera, zieht den Finger raus und lächelt verlegen. „Das ist der Schorsch. Schorsch regiert in einem großen Land. Er kämpft für die Freiheit.“ Ein kleiner Ort in der Nähe von Kuba mit ein paar orangefarbig gekleideten und gefesselten Kapuzenmännern wird eingeblendet. „Daran glaubt er auch. Genauso, wie er an Gott glaubt.“ Schorsch wird mit dem verstorbenen Papst gezeigt. „Manchmal muss der Schorsch auch für die Freiheit anderer kämpfen. Deswegen isser auch in den Irak einmarschiert. Er musste dafür sorgen, dass dort Demokratie und vor allem Ordnung herrscht.“ Zwei aufeinanderfolgende Szenen zeigen zum einen die Sicherung der Ölquellen durch Streitkräfte, zum anderen die Plünderungen in öffentlichen irakischen Gebäuden, welche gelangweilt von GI’s beobachtet werden. Der Sprecher fährt fort: „Das musste der Schorsch machen. Die bösen Iraker hatten ja auch Massenvernichtungswaffen.“ Es wird ein Satellitenfoto eingeblendet, auf dem in schwarzweiß eine Faust zu sehen ist, bei der lediglich der Mittelfinger abgespreizt wird. Scharfe Beobachter würden sogar einen Popel erkennen. „Und weil der Schorsch so weitsichtig ist, hat er bereits vor dem Einmarsch Aufträge für den Wiederaufbau an seine Landsleute vergeben. Das ging ja auch nicht anders. Das durften ja alles auch nur waschechte Demokraten sein. Die hat dann sein Stellvertreter Dickie ausgewählt. Sind gut, die Leute jenseits vom großen Teich! Die denken sofort an den Wiederaufbau, wenn die was kaputt machen, nicht?“ Ein Räuspern und ein Tuscheln sind im Hintergrund zu hören. Dann meldet sich der Sprecher: „Das waren ja gar keine Massenvernichtungswaffen auf dem Foto. Macht nichts. Dafür braucht der Schorsch jetzt nicht mehr in der Nase nach Öl zu bohren.“ Schorsch wird eingeblendet, als er gerade den Popel Richtung Kamera schnippt. „Gut gemacht Schorsch. Es lebe die Demokratie.“

Schnitt. Ein großer fetter Kater frisst an einem Grasbüschel herum. Dann läuft er zum Katzensand, setzt sich so hinein, dass sein Kopf aber noch herausragt. Der Schwanz reckt sich in die Höhe, die Kiefer klappen auseinander, und er reihert das gefressene Gras vor die Schüssel.

Schnitt. Ein grauhaariger ausgemergelter Alter in feinem Anzug wird eingeblendet. „Das ist der Otto Chili. Der hatte Feuer im Arsch. Jetzt geht ihm derselbe nur noch auf Grundeis. Er war mal ein linker Rechtsanwalt und ist jetzt ein rechter Innenminister. Früher hat er Anarchisten verteidigt, die böse waren. Fragt mal euren Vater, falls Mutti ihn noch nicht rausgeschmissen hat. Der kennt sicher noch die Plakate, welche in Postämtern und vielen anderen öffentlichen Stellen ausgehangen haben. Jetzt aber ist der Otto alt. Und fühlt sich unsicher. Da hat er jetzt eine Strategie entwickelt: Alle müssen jetzt ein Wattestäbchen anlutschen, wenn sie falsch geparkt oder einen Kaugummi gestohlen haben. Meldet dann ein Supermarktbesitzer, dass ein unbekannter Räuber seine Frau im eigenen Geschäft vergewaltigt und anschließend ein Kaugummi gestohlen hat, wird sofort die Gendatei aller Kaugummiräuber durchgeguckt, und potzblitz muss der Räuber wegen dem Kaugummi ins Gefängnis. Toll, nicht? Wenn ihr euren ersten Personalausweis bekommt, dann wird auch euer Fingerabdruck drin abgebildet sein. Das schützt uns alle vor Terroristen. Und damit das alles noch besser klappt, werden jetzt überall Kameras an öffentlichen Stellen angebracht, damit verdächtig aussehende Leute sofort erkannt und von der Polizei verhört werden können, zum Beispiel, wenn euer Vater nach fünf erfolglosen Jahren Hartz IV in seinem verdreckten Parka nebst Aktentasche mit Bewerbungsunterlagen 10 Minuten vor einer Zeitarbeitsfirma auf und ab geht und sich nicht hineintraut. Und wenn Mutti mal wieder mit ihrem Liebhaber telefoniert, dürfen die Polizisten das mithören. Ja, so ist das, wenn man alt wird. Armer Otto...“

Schnitt. Eine schwarzweiße Katze steht miauend mit hocherhobenem Schwanz in der Gegend herum. Ein fetter rotweißer Kater kommt, schnüffelt an ihrem Hinterteil, schwingt sich auf die Katze drauf und beginnt zu stoßen. Beim Orgasmus fängt er an zu fauchen, und die Katze platzt.

Schnitt. Ein Mittvierziger brütet über Formularen. Die Kamera zoomt heran. Es handelt sich um einen Antrag auf Arbeitslosengeld II. „Na? Hat Papa immer noch keinen Job? Dann müsst ihr jetzt handeln, wenn ihr euer gespartes Geld nicht dem Staat schenken wollt.“ Im eingeblendeten Zeichentrick stürzt sich ein kreisender Pleitegeier auf einen kleinen Jungen, der seine Sparbörse in der Hand hält, schnappt sie ihm weg und verschwindet mit gleichmäßigen Schwüngen seiner Flügel in der Abendsonne. Der Sprecher fährt fort: „Ist ja eigentlich richtig, was Mama euch gesagt hat. Ihr sollt sparen. Aber in solch einer Situation? Also, lasst uns mal überlegen: Da war doch dieses Mountainbike, das euch so gut gefallen hat. Eure Spielkonsole ist ziemlich hinüber, und eine frisch aufgeladene Handykarte wäre auch mal wieder nötig. Da war doch noch das tolle Bild der Blonden mit den schönen großen Möp..., hm, dafür seid ihr noch zu jung, aber die neuen Sportschuhe von...
Das dürften doch Anregungen genug sein, oder? Ach so. Bevor ich es vergesse: Papa kann jetzt zumindest vorübergehend mal wieder was tun. In den neuen Bundesländern werden Spargelstecher gesucht. Er hat was im Kreuz? Macht nichts, die Bundesagentur wird ihm sicherlich eine Rückenschulung bezahlen. Dann kann er sich schmerzfrei beim Stechen bücken oder wenn ihm das Arbeitsamt, Tschuldigung, die Bundesagentur für Arbeit, mal wieder in den Arsch treten will.“

Schnitt. Ein fetter rotweißer Kater steht über einem Aluschälchen und kackt hinein. Nach verrichtetem Geschäft dreht er sich um, klappt den Deckel zu und hält die Packung in die Kamera. Jetzt ist auch der Schriftzug zu erkennen: Schlemmerfilet, Nettoeinwaage 300 Gramm.

Schnitt. Eine alte Schlossruine wird gezeigt und eine fröhliche Melodie erklingt. Der Kameraschwenk fokussiert Käpt’n Kiffer, einen zahnlosen Alten, welcher an einer Riiiieeeesentüte bastelt. Im Hintergrund ertönt Stimmengemurmel, welches immer lauter wird. Kiffers drei Enkel, rot grün und schwarz, treten rechts ins Bild, während der Alte seinen Joint anzündet. Rot hält ihm einen Lolli hin. „Lutsch mal bitte dran, Opi. Dann werden wir feststellen, an welchem Lolli du, und an welchem wir geleckt haben.“ Rot hält drei weitere, scheinbar benutzte Lutscher in die Luft. Käpt’n Kiffer nimmt einen tiiiiiefen Zug von seiner Tüte. „Und wie macht ihr das?“ Schwarz hält ihm einen Karton hin mit der Aufschrift „Der Gendetektiv“ und antwortet: „Mittels unseres neuen Bioanalysekastens sind wir in der Lage, anhand von Speichelproben festzustellen, wer an was geleckt hat.“ Käpt’n Kiffer beißt so fest in seinen Joint, dass der vordere Teil abfällt. „So’n Mist“, brummt er, hebt den Rest auf, nimmt einen letzten kräftigen Zug und schnippt die Kippe in den Teich, knapp am Kopf einer Ente vorbei. „Aber Opi, was ist denn los?“, fragt sein grüner Enkel. Der Alte hebt seinen Kopf. „Jedes Mal, wenn ich an etwas lecken soll, muss ich zubeißen. Alle Lollis, die mir meine Mama gekauft hat, habe ich nicht gelutscht, sondern sofort zerbissen. Das hat mich mal in Teufelskirche, ähm nein, in Teufelsküche gebracht. Ich war damals Helfer in der Bärenglaubensgemeinde. Ich schlug die Bücher auf und sorgte für Ordnung. Eines Tages kam der Bärenpriester und sagte zu mir: Das machst du aber gut. Zur Belohnung will ich dir einen Lolli zukommen lassen. Da zog er doch tatsächlich seine Hose runter und bat mich mit freundlichem Lächeln mal eine andere Art von Lutscher zu probieren. Der sah ziemlich komisch aus. Ich habe mir nichts dabei gedacht und sofort zugebissen. Da hat der Bärenpriester geschrieen und ich habe das Abgebissene ausgespuckt und bin weggelaufen. Später kam dann ein Polizist zu uns und bat um eine Speichelprobe. Natürlich hat er das abgebissene Teil auch dabei gehabt und die Speichelproben an Ort und Stelle verglichen. Da war ich überführt. Meine Mama hat mir den Allerwertesten versohlt und mir geraten, ich solle doch gefälligst nur an solchen Lollis lutschen, an denen kein Priester dranhängt.“ „Und was wurde aus dem Priester?“ „Nun, dem haben sie den Lolli wieder angenäht. Ein paar Tage später verschwand er auf Nimmerwiedersehen in ein fernes Entwicklungsland. Ich hörte, wie meine Mama das meinem Vater erzählte. Der sagte darauf nur noch: Da hat der Priester ja Glück gehabt. Die haben da alle so schlechte Zähne, da kann ihm keiner mehr was abbeißen...“

Abspann, Endmelodie.
 
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Kommentare  

sorry aber ich find es einfach nur krank... also ich mein, du hast recht, aber wie du das aufgezogen hast könnte das wirklich samstags gegen 4 uhr nachts auf super rtl oder so laufen... das ist nicht witzig, das ist auch nicht mehr satirisch, das ist krank! auch wenn du vermutlich genau das meinst, ich hätte das nie fertig gelesen wenn ich nicht so müde und unaufnahmefähig wäre...
keine bewertung


darkangel (01.02.2007)

Hallo Lena! Vielen Dank nochmal für Deine Kritik. Habe den "Schnitt" jetzt eingearbeitet. War ne gute Idee!

Andre (13.05.2005)

Ziemlich krass, aber auch (oder gerade deshalb) sehr sehr lustig! Am besten gefällt mir die Papst-Episode.
Einziger Vorschlag: Ich würde "Schnitt" schreiben statt "Umblendung".
4 Punkte.


Lena N. (12.05.2005)

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