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5 Seiten

Angst

Schauriges · Kurzgeschichten
Michael öffnete die Augen. Er fürchtete sich, aber vor wem? Eine Gänsehaut überzog ihn, er hatte Angst, Angst vor etwas, dass ihm nahe war. Angst vor etwas vertrautem, Angst vor ihm selbst, Angst von dem, was er tun könnte. Sein Schweiß lief ihm die Stirn hinunter. Er schaute Nach links. Jennifer. Seine Frau. Sie schlief so friedlich. Sie lebten jetzt seid nun mehr als zwei Monaten in ihrem neuen Haus. Alles war vollkommen.
Er starrte durch den Raum, seine Augen wanderten von links nach rechts. Er stand auf, doch wusste nicht, wohin er sollte. Die Schlafzimmertüre öffnete sich knarrend, Michael schaute nach rechts. Die öffnende Türe schrie, als wären die Seelen von zwanzig Menschen in ihr gefangen. Wenige Sekunden stach ein stechender Schmerz in seinen Ohren, bis Stille herrschte. Er schaute in den dunklen Flur, in die tiefe Dunkelheit, aussehend wie ein schwarzes Loch, hinter dem das Leben ein Ende nimmt. Michael schloss kurz die Augen und ließ die Stille im Raum auf sich einwirken. Als er langsam seine Augen öffnete, blickte er wieder in die Dunkelheit.
Er versuchte, über die jetzige Situation nachzudenken, doch sein Kopf schien blockiert. Er starrte weiter in das Meer aus schwarz und setzte einen Schritt in Richtung der offenen Türe. Er wusste nicht wieso, doch hatte das Gefühl, als wäre er in Gefahr, als würde etwas im Dunkeln lauern, das ihm das Leben kosten könnte. Er zitterte am ganzen Körper und setzte einen weiteren Schritt zur Türe. Michael drehte seinen Kopf und wollte Jennifer um Hilfe bitten, doch nachdem er ihren Namen gerufen hatte, drehte sie sich auf die andere Seite und schlief weiter.
Michael stieg Panik in den Kopf. Er war nur noch drei Schritte von der Dunkelheit entfernt.
Die Dunkelheit, in die Michael blickte, war bedrückend, sie machte ihm Angst. Bis jetzt schien das, was hinter der Türe lag, ein Meer aus schwarz zu sein, doch jetzt sah Mike die Umrisse eines Menschen in der Dunkelheit stehen. Doch das alles war absurd, wer sollte mitten in der Nacht bei ihm im Haus sein?
Er wurde gezwungen, einen weiteren Schritt nach vorne zu machen.
Ein leises Krächzen kam aus dem Raum, der sich hinter der Türe befand. Dieses fiese, bittere Geräusch ging durch Mark und Bein und erschreckte Michael, er riss die Augen weit auf und zappelte mit seinen Armen, als wolle er sich befreien, als würde ihn etwas festhalten und in die Dunkelheit ziehen wollen.
Er setzte einen weiteren Schritt nach vorne.
»Nein.«, sagte er, er schrie es fast raus. »Lass mich in Frieden.« Er blickte zurück, Jennifer saß in ihrem Bett und starrte ihn an. »Jennifer, hilf mir, bitte, ich… Ich weiß nicht, was los ist, Jennifer.« Jennifer blickte ihn an, unternahm jedoch nichts, um ihm zu helfen.
»Jennifer.«
Michael setzte den letzten Schritt nach vorne, und blickte nach vorne, in die Dunkelheit. Er hatte Angst, sein Puls schoss jetzt weiter in die Höhe. Diese unsichtbare Hand, die ihn zog, ließ ihn los. Er war frei, doch er rührte sich nicht.
Plötzlich kam eine große Hand aus der Dunkelheit, hielt Michael am Kragen und zog ihn zu sich in die tiefe Dunkelheit. Ein kurzer Schrei durchbrach die Nacht, die Türe knallte zu. Dann herrschte Stille.



Das Wasser wurde ausgeschaltet, ein letzter Tropfen fiel ins Becken, bevor wieder Stille herrschte.
Michael hatte sich mit kaltem Wasser das Gesicht gewaschen und sah sich im Spiegel an. Seine Augen waren blutunterlaufen, seine Haare zerzauselt und sein Gesicht in Falten. Man konnte sagen, dass man ihm ansah, dass er gerade aus dem Bett gestiegen war.
Nachdem Michael sich sein Gesicht abgetrocknet hatte, starrte er erneut in den Spiegel. Er dachte über seinem Traum, seinem merkwürdigen, düsteren und angsteinflößendem Traum nach. Was sollte dieser Traum bedeuten, war es einfach nur ein dummer Traum, oder steckte da etwas hinter? Zwar glaubte Michael nicht an so was, aber er hatte auch nie einen solchen wirren und intensiven Traum gehabt, der ihm wirklich Angst machte.
Mittlerweile stand Michael schon seit fast fünf Minuten vor dem Spiegel und starrte immer noch sein Spiegelbild an. Die Falten verschwanden, die Augen bekamen ihre normale Farbe wieder. Er ging sich durch die Haare, drehte sich zur Seite, schaltete das Licht aus und ging aus dem Badezimmer. Auf dem Weg zurück ins Schlafzimmer schauderte es Michael. Vor wenigen Minuten träumte er von einer Gestalt, die in diesem Raum auf ihn wartete um ihn umzubringen, jetzt schlenderte er ohne darüber nachzudenken hindurch. Klar war das nur ein Traum, doch etwas beunruhigte ihn das schon.
Nachdem er wieder im Schlafzimmer war, schloss er die Türe hinter sich zu und ging zum Bett.
Bevor sich Michael zu ihr ins Bett legte, schaute er ein letztes Mal durch den Raum. Er deckte sich bis zum Kinn zu, dachte noch kurz nach, doch nach zwei Minuten war er wieder eingeschlafen.
Im Raum herrschte Stille.
Draußen stürmte es. In der Ferne war ein leises Donnern zu hören, ein Blitz durchzerrte den dunklen Himmel. Er begann zu regnen, das Gewitter zog näher, der Wind schrie.



Jennifer schaute auf ihren Radiowecker. Es war kurz vor drei. Draußen donnerte es, kurz darauf wurde der Raum durch einen Blitz erhellt. Jennifer hatte schon seit ihrer Kindheit Angst vor Gewittern, doch jetzt war es noch zu früh, um Panik zu bekommen. Das Gewitter war noch weit entfernt.
Jennifer musste auf Toilette. Sie stand auf, ging ins Badezimmer, zwei Minuten später kam sie wieder hinaus. Plötzlich hämmerte ein lauter Donnerschlag über ihrem Haus. Sie duckte sich, ihr Herz schlug heftiger als je zuvor. Sie hockte zwei Meter vor ihrer geöffneten Schlafzimmertüre, doch sie konnte sich nicht bewegen. Zwar war sie im Haus sicher, doch sie hatte Panik, sie hatte keine Kontroller mehr über ihren Körper. Ein Blitz erhellte das Schlafzimmer und einen Teil des langen Flures. Jennifer starrte in einen Spiegel, knapp fünf Meter vor ihr. Sie sah, wie erbärmlich sie aussah, hockend und fast weinend im Flur.
Der Flur wurde wieder dunkel.
Doch wenige Sekunden später zerriss ein weiterer Blitz den Himmel. Jennifer schaute wieder in den Spiegel. Sie hockte immer noch im Flur, doch da war noch etwas. Im Hinterem Teil des Flures. Doch es war zu dunkel, dass sie erkennen konnte, was sie noch sah.
Es wurde wieder dunkel. Jennifer nahm all ihren Mut zusammen, um aufzustehen. Sie schaffte es nur mühsam. Im selben Augenblick, indem sie aufrecht stand, Donnerte er ein weiteres Mal, einen Bruchteil einer Sekunde darauf blitzte es erneut. Jennifer schrie leise, als sie das Spiegelbild sah. Michael stand hinter ihr. »Mein Gott, hast du mich erschreckt!«
Er gab keine Antwort.
»Michael?«
Wieder keine Antwort. Jennifer drehte sich schnell um, doch hinter stand niemand. Eine Gänsehaut überzog ihren Körper. Hatte sie sich das gerade nur eingebildet, oder… oder… oder was?
Jennifer hatte Angst, sich umzudrehen, Angst vor dem, was sie sehen könnte, doch sie tat es. Erneut schrie sie, diesmal lauter. Michael, oder was das auch immer war, starrte sie aus dem Spiegel an, kam immer und immer näher. Er, es hob die rechte Hand, ging immer weiter. Jennifer schrie. Was ging hier nur vor?
Michaels Hand kam aus dem Spiegel, Jennifer ging einen Schritt zurück. Michael grinste, inzwischen war sein ganzer Arm zum Vorschein gekommen. Jennifer schrie, ging einen weiteren Schritt zurück. Erst trat Michaels Kopf auf dem Spiegel hervor, dann sein rechtes Bein. Wenige Sekunden später war er draußen.
Jennifer rannte los, stürmte die Treppe runter, wollte dem Albtraum entfliehen. Michael folgte ihr.
Jennifer rannte in die Küche, nahm ein Messer aus dem Messerblock und blieb stehen. »Wer bist du?«, schrie sie durch den Raum.
»Wer ich bin, willst du wissen?« Michael grinste. »Schau mir doch ins Gesicht. Du weißt ganz genau, wer ich bin!«
»Was passiert hier nur?« Jennifer hielt das Messer fest umklammert.
Michael trat einen Schritt auf sie zu. Jennifer rannte auf ihn zu, dass Messer auf ihn gerichtet. Michael hob die Hand, als wolle er sich schützen, doch Jennifer verfehlte ihn. Sie rannte in das Wohnzimmer.
»Was machst du?«
Jennifer stand in der rechten Ecke des Raumes, Michael stand ihr gegenüber, acht Meter entfernt. »Was ist denn los, Jennifer, wir können doch darüber reden.«
»Nein.«, schrie sie. »Wer bist du?«
»Dein Mann!« Michael grinste.
»Du bist nicht mein Mann!« Jennifer schrie und stürmte mit dem Messer auf Michaels anderes Ich gerichtet auf ihn zu und rammte ihm das Messer in den Magen
Michael fiel zu Boden. Er blutete stark, doch er grinste immer noch.
Jennifer zog das Messer aus seinem Körper und stach erneut zu, wieder und wieder. Dann setzte sie sich neben ihn, starrte seine Leiche an und wartete, bis die Dämmerung einbrach.



»Was ist denn hier passiert?«, fragte Michelle Becker, eine Frau aus der Nachbarschaft.
»Ich habe in der Nacht Schreie gehört, anfangs habe ich gedacht, das käme vom Gewitter, doch nachher waren die Schrei immer deutlicher zu hören.« Julia Braun, eine ältere Frau aus der Nachbarschaft starrte auf das Polizeiauto, indem Jennifer saß.
»Was ist denn hier passiert?«
»Sie…« Julia Braun zeigte auf Jennifer. »Sie hat ihren Mann umgebracht. Sie muss ihn wohl im Schlaf überrascht haben und mit einem Messer erstochen haben.«
»Das ist ja schrecklich.«
Zwei Polizisten stiegen in den Dienstwagen und fuhren los. Jennifer blickte ein letztes Mal auf ihr Haus, bevor sie um die Ecke fuhren.
 
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Kommentare  

Hi Sven...
Deine 2. Geschichte, die ich von dir lese, finde ich sogar noch besser. Sie ist Spannend und unheimlich, auch wenn man die Geschichte noch etwas hätte ausbauen können...
Trotzdem ein sehr gut, weil ich finde, dass du die Geschichte sehr gut geschrieben hast!

Alles jute! =)


Jenny (02.11.2005)

Hi Sven,
habe deine Geschichte aufmerksam gelesen und war etwas vom Ende verwirrt. Ich finde es nämlich unlogisch, dass die Frau am Ende der Geschichte, wo die noch schlaftrunkend aus dem Bett kommt, einfach so ihren Mann ersticht , nur weil sie ihren Mann aus dem Spiegel steigt. Sie wird es zwar für "verrückt" halten, aber nicht direkt auf ihren Mann einstechen... Deswegen gibt es für diese Story 4 Punkte, da diese ansonsten total gut ist...


Hermann Steilen (31.10.2005)

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