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Visionen - Abschnitt 6 C – Mondschein

Romane/Serien · Nachdenkliches · Experimentelles
© Vitacia
„Verdammt... Hey! Was tun sie da?“
Die beiden Männer drehten sich um und Dan sah das Schwarz der Masken. Wolken schoben sich vor den Vollmond. Der eine packte den anderen an der Schulter, drehte sich um und riss seinen Komplizen mit.
„Stehen bleiben! Bleiben sie stehen!“
Dan rannte los. Er versuchte die am Boden kauernde Frau zu ignorieren und heftete sich an die Flüchtigen. Mit einem Handgriff aktivierte er das Funkgerät an seiner linken Brust. „Wir haben einen 3-7! Sofortiger Alarm und Abriegelung!“
Schrilles Klingeln ertönte und an den Ausgängen schalteten sich rote Warnblinkanlagen ein. Dan fing an zu schnaufen, legte an Tempo zu und zog seine Handfeuerwaffe aus dem Halfter. Das schwere Tor begann sich mit Höllenlärm zu schließen, doch die beiden rannten, als ginge es um ihr Leben. Ihr Tempo ließ Dan zu drastischeren Maßnahmen greifen; er bremste, warf sich auf den Rücken, rollte weiter und fand niedergekniet seinen Halt wieder.
„Drei Sekunden...“ murmelte er und legte an.
Der Schuss durchzog die Nacht und überdeckte für einen Moment das Rattern des Tores. Blut spritzte und einer der Flüchtigen ging zu Boden. Vor Schmerz krümmte er sich und hielt mit beiden Händen seinen Unterschenkel fest. Der Zweite war verwirrt, er drehte sich um, sprang zur Seite, blickte um sich. Dan zielte bereits auf ihn.
Dann tat er etwas, dass er nicht hätte tun sollen. Seine rechte Hand wanderte langsam in seine Jackentasche.
„Drehen sie sich um und heben sie langsam ihre Hände!“
Doch er tat es nicht. Seine Hand schien etwas gepackt zu haben.
„Drehen sie sich mit dem Rücken zu mir! Sofort! Sie sind gestellt!“
Die Hand wanderte langsam nach draußen.
„Dies ist meine letzte Warnung! Sie haben keine Chance! Ergeben sie sich freiwillig!“
Dieser Tag würde irgendwann in seinem Leben kommen. Dan hatte es immer geahnt, doch er hat diesen Gedanken immer und immer wieder verdrängt. Der Tag, an dem das eigene Überleben vom Tod eines anderen abhängt. „Ich werde niemals für das Gesetz töten. Ich werde niemals zum Schutze dritter töten. Ich werde niemals über das Leben eines Menschen richten. Ich bin kein Kreuzträger.“ Seine Worte waren deutlich. Jeder seiner Kollegen verstand, was er damit sagen wollte. Doch eine Frage stellten sie ihm nie. „Würdest du für dein Überleben töten?“
Die erste hastige Bewegung vollführte der Maskierte. Dan schloss die Augen und presste seinen Zeigefinger mit ganzer Kraft gegen den Abzug. Der Rückstoß war härter als sonst. Der Schuss lauter als sonst. Er bildete sich den Geschmack von Eisen auf seiner Zunge ein. Seine Lungen fühlten sich an, als würden sie sich mit Blut füllen. Die Beine versagten, wurden gefühllos, er drohte zusammenzubrechen.
Langsam legte er die Waffe zu Boden, stützte sich mit seiner rechten Hand auf den Asphalt und hielt sich mit der linken die Stirn. Dann wurde ihm schlecht. Flau im Magen.
„Was hast du getan, Dan...“ Dans Gesicht schmerzte, verzog sich, Tränen bildeten sich. Von Stille eingeschlossen, fing er an zu weinen. Er weinte und vergaß. Die Frau. Den verstummten Alarm. Den verwundeten Maskierten. Er vergoss Tränen wegen eines verschwendeten Lebens. Das Leben desjenigen, dessen Herz er mit einem Stahlgeschoss zerstörte.
Als die Wolken weiter zogen, fiel Mondschein auf den Parkplatz. Dan blickte auf den regungslosen Körper. Die Hände von sich gestreckt. Die war eine leer, die andere klammerte sich an einen Datenträger mit einigen krakeligen Blockbuchstaben.
„Letzter Wille“
 
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Kommentare  

Oh, Gott, hochdramatisch. Toll geschrieben.

Petra (10.02.2011)

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