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… oder einfach mal auf IneS hören (Teil 8)

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches
© Middel
An einem stinknormalen Tag wäre ihnen das wohl auch gelungen. Ich hätte klein beigegeben und sie hätten mir irgendwas „abziehen“ können. Beispielsweise meine Jacke, meine Turnschuhe oder meine Geldbörse. Nur war heute erstens kein stinknormaler Tag und zweitens wollte ich nicht, dass IneS andauernd Recht behielt. Und während die Typen mich immer noch als lebendige Flipperkugel missbrauchten, stieg in mir eine unbändige Wut hoch, die ich mir (ehrlich gesagt) gar nicht zugetraut hätte.

Von dem was dann folgte gibt es zwei Versionen. Mir gefällt ehrlich gesagt die erste besser. Und die geht wie folgt.
Nachdem ich mich noch ein bisschen schubsen ließ, wollte ich mich doch recht bald von den Gesellen verabschieden. Da dies auf die nette Tour („Ich hab eh nichts was ihr gebrauchen könnt ihr Penner, das sind Bücher!“) scheinbar nicht zu funktionieren schien, musste ich zu anderen Mitteln greifen. „Ihr wollt wohl mal so richtig eins auf die Fresse kriegen, was?“, fing ich so subtil an, dass es die drei Affen auch sofort begriffen. „Ich schlag euch so windelweich, dass eure Mutter euch nicht wieder erkennt.“ Oha, das Zauberwort! Sie schubsten nicht mehr. Einer hielt mich fest, während die zwei anderen Genies ihre Fäuste ballten und auf mich losstürmten.
Ich riss mich schlagartig los und ging mental in Kampfstellung. Wer schon einmal einen Steven Segal-Film gesehen hat, weiß ungefähr was nun folgte. Schieres dumpfes Anrennen von der einen Seite. Kluge, gezielte Schläge und Tritte von der Anderen. Fäuste flogen und trafen ihr Ziel. Tritte landeten in Gegenden, die von der Evolution eher zu friedlichen Zwecken erdacht worden waren. Das Ganze dauerte nicht mehr als zwanzig Sekunden.
Als ich dann so halb benommen am Boden lag, wurde mir eines klar: „Einen Segal hätte ich vielleicht noch geschafft, aber drei? “
Und die drei hatten anscheinend immer noch nicht genug Gesicht auf ihre Fäuste bekommen. Nun machten sie sich daran auf mich einzutreten. Jetzt gingen mir langsam aber sicher die Argumente aus. Es schien so, als bräuchten sie noch ein wenig gut durchgetretenes Hackfleisch für ihre Eigenkreation einer türkischen Pizza, als hinter ihnen plötzlich eine Stimme zu vernehmen war.
„Ey ihr drei Malucken, versucht es doch mal mit jemand Gleichstarkem!“
Irgendwoher kam mir diese Stimme bekannt vor. Verflucht bekannt. Doch mit dem Gesicht nach unten die Straße küssend und völlig benommen wollte mir in diesem Moment nicht einfallen woher. Es war eine weibliche Stimme, so viel konnte ich noch heraushören, während sich der Asphalt unter mir bewegte – oder mit mir? – zumindest drehte sich alles irgendwie.
Kurze Zeit später – ich hatte gerade mühevoll die Augen geöffnet und versucht mich aufzurichten – befand ich mich in der Fortsetzung des Segal-Streifens. Wieder flogen Extremitäten in ungeschützte Körperregionen und außer den dumpfen Geräuschen, die dabei entstanden, gab es nur noch meinen inneren Soundtrack, der stark einem Tinnitus glich.
Wenige Augenblicke später lagen drei vermöbelte Großmäuler in Fötus-Stellung am Boden und ich versuchte immer noch herauszufinden, wer denn die engelsgleiche Retterin gewesen war. Durch zugeschwollene Augen hindurch konnte ich sie nicht richtig erkennen, doch als sie sprach, wusste ich mit einem Mal genau, wer sie war.

„Habe ich dir nicht heute Morgen schon gesagt, dass du im Bett bleiben sollst, mein lieber Freund?“, fing sie an und ich wusste, dass ich im Begriff war, wahnsinnig zu werden. „Du hättest einfach mal auf mich hören sollen, dann wäre dir das Alles erspart geblieben. Aber nein, der feine Herr muss ja unbedingt beweisen, dass er auf sich selber aufpassen kann. Das war übrigens das letzte Mal, dass ich dir den Arsch gerettet habe. Nächstes Mal kannst du selber sehen, wie du aus dem Schlamassel wieder rauskommst. Also schön viel Scheiße fressen … oder einfach mal auf IneS hören!“

Ob sie dann noch was gesagt hat, weiß ich nicht, denn es wurde mal wieder schwarz um mich herum. Aufgewacht bin ich dann im St. Marien-Krankenhaus und war sehr verwundert, wer an meinem Bett saß. Martin, der mich mit seinem typischen „ist-mir-auch-schon-passiert“-Grinsen empfing und Maria! Sie hielt meine Hand und schenkte mir das strahlendste Lächeln, das ich je gesehen hatte. „Weißt du“, flüsterte sie leise in mein Ohr, „eigentlich mache ich mir gar nichts aus The Gossip.“ Meine Verwunderung konnte nicht größer sein. „Aber“, fuhr sie fort, „aus dir schon!“ Ihre Worte ließen mich alle Schmerzen vergessen und als ihre Lippen dann ganz sacht die meinen berührten, war der ganze Ärger, die Qual und überhaupt alles um mich herum vergessen. Es gab nur noch das Jetzt und Hier. Maria und mich … und Martin! „Ey Alter, ich wollt dir doch noch erzählen, wie ich in deine Bade …“ „Martin?“ „Ja?“ „Halt’s Maul!“ Maria und ich grinsten uns an und machten direkt da weiter, wo Martin uns unterbrochen hatte. Es war einfach perfekt.
Zu Perfekt! Konnte das denn wirklich wahr sein? Schlagartig wurde mir klar, dass das hier nicht echt war. Denn wie so oft im Leben ist die zweite Version einer Geschichte, die ohne Happyend, die wahrscheinlichere.

In dieser zweiten Version schubsten mich die drei Vollhonks auch munter umher, was ich mir nicht länger bieten lassen wollte. Was folgte war der erste Segal-Film und ich lag am Boden. Leider schien er kein Kassenschlager gewesen zu sein, denn die Fortsetzung ließ auf sich warten, während ich munter weiter malträtiert wurde. Wenn nicht zufällig ein Bus gekommen wäre, der die Drei dazu veranlasste doch lieber das Weite zu suchen, dann wären meine Lichter eventuell für immer ausgegangen. Freundlicherweise rief der Busfahrer sofort den Notarzt, der mich dann auch abholte und ins nächstgelegene Hospital brachte.
„Ob ich Anzeige erstatten möchte? Nein, eigentlich nicht.“ Den Beamten schien das zu reichen und sie ließen mich in Ruhe. Gott sei dank hatte ich – zumindest für den Moment – das Krankenzimmer für mich alleine. Eigentlich ein Wunder. Aber da klopfte es auch schon an der Zimmertür und ich begann mich selbst dafür zu hassen, immer wieder auf diese kurzzeitigen positiven Aussetzer des Schicksals zu vertrauen. „Ja?“ brachte ich nur hervor und dann für die nächsten gefühlten Stunden gar nichts mehr. „Hallo“, sagte eine wunderbar vertraute, schüchterne Stimme und es war NICHT IneS. „Darf ich hereinkommen?“ Ich nickte. Maria setzte sich zu mir aufs Bett und ich hoffte inständig, dass es keine dritte Version der Geschichte gibt.

„Ich arbeite hier.“ Die denkbar einfachste Erklärung für ihr Auftauchen. „Ich wollte eigentlich grad los, als ich zufällig sah, wie sie dich hier reingeschoben haben. Na ja, da dachte ich mir ich schau mal vorbei.“ „Magst du The Gossip nicht?“ „Doch, wieso?“ „Ach, war nur ne Frage.“ Und dann wusste ich was zu tun ist. „Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch zur Halle.“ „Meinst du, das wäre eine schlaue Idee?“ „Vielleicht nicht, aber es ist die beste, die ich heute hatte.“ Stille.
Plötzlich fing Maria an zu glucksen und auch ich kicherte und mit einem Mal mussten wir beide hemmungslos lachen.

ENDE
 
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Kommentare  

Oh,oh, hätte er das mit dem "auf die Fresse kriegen" mal nur nicht zu den Dreien gesagt. Aber es war ja auch nicht zum Aushalten mit diesen ewigen Meckereien von IneS. Nun liegt er im Krankenhaus. Gott sei Dank wird er getröstet und braucht hoffentlich keine IneS mehr, hehe! Auch ich habe das alles sehr gerne gelesen.

doska (25.05.2010)

Armes Kerlchen. Tja, hätte er mal auf IneS gehört, aber immerhin wollte sie sich tatkräftig zeigen- zumindest im Traum. Besonders nett ist ja IneS nicht, daher bin ich recht froh, dass er sie gegen Maria getauscht hat. *Grins* Ein schöner lebhafter Schluss. Danke für diese Schmunzelstory, dass wir sie alle lesen durften.

Jochen (24.05.2010)

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