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3 Seiten

Trödlerware

Fantastisches · Kurzgeschichten
Aischa schaute ihre Herrin belustigt an und fragte: „Was glaubt ihr Prinzessin, was ich heute im Pfandhaus in den Kolonnaden von Sultanstadt erstanden habe?“
„Wahrscheinlich wieder irgend einen nutzlosen Trödel, von dem du glaubst, dass er von Wert ist!“ Das sollte etwas abwertend klingen, da Shakira wusste, dass ihre Amme, wenn sie einmal unter den gläsernen Kuppeln der Einkaufsoase zwischen den zahlreichen Göttern des Handels unterwegs war, leicht dem Kaufrausch anheimfiel.
„Ob der Gegenstand Wert besitzt, werdet ihr erfahren, wenn ich euch sage, was es ist und was es mit dem Vorbesitzer auf sich hat!“
„Ach, Aischa, im Rätsel erfinden, warst du schon immer genial, eine richtige Meisterin! Nun sag schon, worum es sich handelt, ehe deine Prinzessin vor Neugierde platzt!“
„Nun gut“, Aischa legte eine spannungsgeladene Pause ein und schaute Shakira erwartungsvoll an, „der Vorbesitzer ist kein anderer als der Schah von Persien und das Objekt der Begierde heißt: Wunderlampe!“
„Wunderlampe? Etwa, Aladins Wunderlampe? Die Wunderlampe, die unseren glücklosen Schah von Persien nicht mehr geholfen hat, mir hingegen mit diesem Dienst, der keiner war, indirekt half?“
„Ja, genau die ist es!“
„Also Aischa, ich bitte dich, eine Wunderlampe, die keine Wunder mehr tut, hat doch nun wirklich keinen Wert mehr, selbst, wenn der Vorbesitzer der Kaiser von China hieße!“
„Ihr habt ja recht Prinzessin Shakira, aber ich habe sie zu einem wahren Dumpingpreis erstanden und mir dabei gedacht: Jetzt nimmst du zu dem Schnäppchen noch ein wenig Lampenöl mit, feines Putzmittel, wer weiß, vielleicht ist der Geist ja noch drin, ich meine, in der Lampe, man kennt sich ja mit so was nicht unbedingt aus! Da darf man eigentlich nichts unversucht lassen… Und so habe ich sie in den Palast getragen und sie erst einmal nicht mehr angerührt. Wenn ich ehrlich sein soll, so habe ich es mir nicht getraut, irgendwie Hand an die Lampe zu legen…!“
„Nun glaubst du, dass die Prinzessin mehr Mut als du besitzt!“
„Vielleicht könnten wir gemeinsam…?“
„Los, hol sie schon her!“, rief Shakira, nun auch von der Abenteuerlust gepackt, die Lampe einmal auszuprobieren. Aischa flitzte los und erschien kurze Zeit später wieder, mit einem alten rostigen Gegenstand in der Hand.
„Ah, da ist ja das alte Wundermonster!“, Shakira kicherte wie ein kleines Mädchen, doch ihre Augen schauten neugierig auf das ominöse Teil, das vormals Aladins Wunderlampe gewesen sein soll:
„Nun, die Lampenform stimmt schon mit herkömmlichen und handelsüblichen Öllampen überein. Der glatte Fuß, der gewölbte Bauch, der sorgsam geformte Haltegriff und der Luntenschnabel vornedran!“, sinnierte Shakira und drehte das abstoßende Etwas in ihren Händen:
„Dass du das zum Dumpingpreis bekommen hast, wundert mich nicht! Nach dem Aussehen hätte der Verkäufer beim Erwerb dieser Lampe noch ein paar Sultanos drauflegen müssen!“ Sie schmunzelte und schaute Aischa herausfordernd an:
„Schließlich kannte der Händler auch nicht die Geschichte dieser Lampe, wer weiß, da hätte er sich wahrscheinlich selbst von ihrer Wunderfähigkeit überzeugt und sie gar für sich behalten!“
„Stimmt!“, lachte Shakira lauthals, „ich habe doch auch nur einen kleinen Spaß gemacht! Doch, wie mag’s nun weitergehen? Hast du vielleicht eine Ahnung?“
Aischa überlegte und schaute Shakira belustigt an:
„Ja, das ist eine gute Frage! Ich denke, wir sollten erst einmal etwas gegen eure Eselsohren unternehmen. Sie stehen euch zwar nicht so schlecht, ich meine, sie verleihen euch so eine gewisse animalische Note, die schon etwas für sich hat, aber immerhin sie sollten doch, wie ich glaube, wirklich wieder verschwinden!“
Shakiras Augen funkelten, natürlich nur im Spaß, kampfeslustig:
„So, so animalische Note! Ich werde dir gleich helfen, du freches Persönchen! Nun sag schon, was schlägst du vor?“
„Ich würde sagen, wir füllen erst einmal etwas Öl in die Lampe, putzen sie und zünden sie an, dann werden wir ja sehen, was passiert!“
Gesagt, getan! Als Aischa, nach großer Mühe und aufgescheuerten Fingern, sämtliche Roststellen von der Oberfläche der Lampe entfernt hatte, nahm sie einen Kienspan und zündete sie an. Die Lampe leuchte in einem angenehmen gelben Licht, doch so sehr sich die Frauen auch anstrengten und die Lampe anstarrten, mehr geschah nicht und auch nach längerer Zeit, geschah einfach nichts:
„So eine doofe Lampe“, entfuhr es der Prinzessin, „da gibt man sich alle Mühe, putzt, tut und macht und nichts geschieht!“ Aischa räusperte sich, doch die Prinzessin beachtete es nicht weiter und fuhr in ihrem Redefluss fort: „Also, wenn du mich fragst, ich wundere mich nicht, dass sich hier nichts wundert. Vielleicht hat dir der Händler eine Fälschung verkauft, man weiß ja, wie es die Halsabschneider heutzutage so treiben!“
„Oder der Geist ist wirklich aus der Flasche ausgewandert! Wer weiß, wo der steckt?“ erwiderte Aischa etwas pikiert und angesäuert, „vielleicht braucht es auch einen Zauberspruch, um den Geist wachzurütteln?“
„Hör mir bloß mit Zaubersprüchen auf. Ich wollte einmal heimlich den Computer vom Großwesir knacken. Weißt du, woran ich gescheitert bin?“
„Am Zauberspruch?“
„Quatsch, Zauberspruch! Am Passwort! Das blöde Passwort hat mich einfach nicht in seine geheimen Dateien gelassen! Also blas der Lampe das Licht aus, wenn Du meine Dienste nochmals brauchst, bin ich in der Bibliothek beim Schmökern zu finden!“
Höchst unzufrieden mit der Wendung der Dinge, blies Aischa das Feuer aus, berührte noch einmal zufällig die Lampe und erschrak plötzlich über eine mächtig laute und tief grollende Stimme:
„Sagt mal, habt ihr sie noch alle, wollt ihr mich hier in diesem stinkenden Öl ersaufen lassen!“
 
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Kommentare  

Solch eine Bedienstete möchte ich auch haben, die mir einen Geist verschafft. Toll, nun hat Shakira eine große Macht zur Verfügung und jetzt erklärt sich vielleicht auch so manches, was zuvor mit Mukhtar passiert ist. Da kann man wirklich gespannt sein, was noch passiert.

Else08 (20.04.2012)

Da hat ja Aischa ein recht gutes Schnäppchen im Kaufhaus gemacht. Drollig, der Geist aus der Wunderlampe.

Gerald W. (18.04.2012)

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