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2 Seiten

Über den kurzen Weg

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Tränen liefen über seine Wangen. Er lag auf dem Bett und weinte. Sein jämmerliches Erscheinungsbild war ihm unlängst selbst aufgefallen: lange ungepflegte Haare, die zudem einen schlechten Schnitt hatten, viele kleinen und große Pickel auf dem Gesicht und auf dem Rücken, unproportional lange Arme, einen dünnen untrainierten Körper und Haare auf den Zehen. Mit gelangweilter Traurigkeit stellte er fest das der ekelhafte Geruch in seiner Nase von ihm selbst kam. Er hatte sich seit letzter Woche nicht mehr rasiert, was trotz seinem zarten Alter von 16 Jahren schon stark auffiel. Alles in allem gesehen empfand er sich selber als ein Wrack eines Menschen.
Neben seinem Bett stand sein Schlagzeug. Er spielte seit nun fast acht Jahren, doch er wurde entgegen aller Logik nicht besser. Früher hatte er Fußball gespielt, als er jedoch merkte, wie schlecht er in diesem Sport war, entschloss er sich aufzuhören. Er war der reinste Theoretiker, der er nie sein wollte.
In der Schule war er nicht der Überflieger. Nicht mehr. Noch in der neunten Klasse war er der beste seinen Jahrgangs, doch jetzt, ein halbes Jahr später war er nicht einmal mehr unter den besten fünf Schülern seiner Klasse. Er hatte sich verliebt. Schon am Ende der neunten Klasse war sie in sein Blickfeld gerutscht. Doch er wusste, dass er nicht die geringste Chance hatte. Jedes mal wenn er sie ansah tat es ihm weh. Immer dann schien sich sein Magen zusammenzuziehen und er hatte ein komisches Gefühl im Bauch.
Viele Stunden hatte er nun schon damit verbracht einem schönen Leben hinterher zu weinen. Er war unzufrieden. Immer wieder machte er sich bewusst, dass er nichts konnte, dass er keine Chancen hatte jemals eine Freundin zu bekommen und dass sein Freundeskreis viel zu klein war um beliebt zu sein.
Schon wieder Hunger, stellte er mit erschrecken fest. Sein Hals tat ihm weh, was hauptsächlich daran lag, dass er soeben in sein Kissen geschrien hatte, so laut er konnte. Dadurch, so dachte er, könne er seine Sorgen, Gefühle und diese ganzen Unannehmlichkeiten einfach loswerden, doch dieser Weg war nicht sonderlich effektiv. Er stand auf, da ihm der Hunger keine Ruhe ließ. Zuerst erschienen kleine Punkte, welche sich über sein Blickfeld ausbreiteten und seine Sicht verdunkelten. Nach wenigen Sekunden wurde sein Blick wieder klar und das stechen verschwand aus seinem Kopf. Er quälte sich langsam aus seinem Kellerzimmer auf den Flur, um dann im Schleichtempo die 13 Stufen seiner Treppe zu überwinden.
In der Küche stellte er fest, dass sich sein Hunger nun in ein gemeines Stechgefühl verwandelte. Er riss den Kühlschrank auf um nach etwas essbarem zu suchen. Seine ausbeute war auf dem ersten Blick zufriedenstellend: drei Buletten, drei Stücken Grillfleisch, welche beim gestrigen Grillen übrig geblieben waren und ebenfalls drei Bratwürste. Im Rekordtempo deckte er den Tisch und legte seine Mahlzeit auf einen Teller. Ob sie nun warm war oder nicht, war ihm egal. Er begann zu essen, doch nicht lange und aus dem Essen wurde schlingen. Sein Bauch tat weh und er versuchte mit aller Gewalt und Willenskraft sein Essfluss zu verlangsamen, doch es ging nicht. Immer schneller schlang er alles in sich hinein was auf dem Tisch lag.
Als er fertig war liefen ihm wieder Tränen die Wangen entlang. Nun brauchte er nur noch warten. Eine Minute verging, dann noch eine, dann kam das Gefühl welches der Grund dafür war, warum er wartete. Es war eine Art drücken im Magen, als hätte ihm vor ein paar Minuten jemand genau an dieser Stelle einen Ellenbogen reingerammt. Er ging ins Badezimmer und wusch sich mit kaltem Wasser das Gesicht. Er atmete hörbar lauter als vorhin doch ihm war klar, dass er es nicht schaffen würde. Panik stieg erneut in ihm auf. Warum war es so schwer? Er hätte nur die Türklinke nach unten drücken, die Tür öffnen und hinaus gehen müssen. Stattdessen rückte seine Hand Richtung seines Halses. Sie Zitterte. Nun beute er seinen Kopf nach unten und legte seine Hand vor seinem Mund.
Es geht nicht! Ich kann es nicht! Ein letztes Mal versuchte er verzweifelt sich gegen diese Gefühle aufzulehnen, doch er scheiterte.
Im nächsten Moment lehnte er sich schon über die Toilette und steckte den Finger in den Hals. Eine einzige trostlose Sekunde würgte er, dann erbrach er sich zum dritten Mal an diesem Tag und niemand würde es erfahren.
 
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