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2 Seiten

Der neue PC

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten
© Waldkind
Ich mag ihn,
er gehört mir.
Er füht sich frisch an unter meinen Händen.
Die nagelneue von Weichmachern durchtränkte Oberfläche
wird mich in Zukunft wohl sehr lange begleiten.
Dafür, dass er das tut, habe ich eine Garantieverlängerung für 4 Jahre abgeschlossen.
Er kann jetzt herunterfallen, oder ich werfe ihn vor Zorn aus dem Fenster, gar kein Problem.
Nicht der Zeitwert, sonder der Anschaffungswert wird mir ersetzt.
Ein Traum, hoffentlich brauche ich sie niemals,
diese bei Schadensfall sicher sowieso nicht einspringende Versicherung unter den Garatiescheinen.
Bis ich diesen hochtechnisierten Kasten an meine Vorstellungen angepsst hatte,
vergingen ein Tag, eine Nacht und noch ein halber Tag.
Es liegt nicht in meinem Interesse, ihn zu ersetzten.

Das ist nun das Erste, was ich in diese neuen Tasten tippe.
Einen Text über ihn selbst.
Dieses Monstrum für dessen Recovery Disc, die aus irgendwelchen Gründen nicht mehr einfach beigepackt ist, ich einen Rohling von mehr als einem Gigabyte benötigen werde.
Whatzefuuuuck?
Wenn er mir verreckt in der Zeit,
die ich benötige, mir diese Disc zu kaufen, ist dann alles verloren?
Oder nimmt es mir nur die Möglichkeit selbst Herrin der Lage zu werden?
Wenn ich so darüber nachdenke, frage ich mich, wo bitte ist da die Eigenverantwortug geblieben?
Und zwar die von mir...denn ich, ich habe nicht das Fünkchen einer Ahnung, was ich überhaupt jemals mit einer solchen Disc anfangen soll und vor allem WIE?
Nur ich brauche sie, das hat mir ein blondierter und absolut glaubwürdiger Mr. MM RED 2015 versichert.
Ich brauche sie unbedingt... Visualisiert hatte ich sie schon beim verlassen des purpurnen Konsumtempels und ohne Chip!online die alles wissen, was ich nicht weiß, weiß ich doch noch nicht einmal, wo ich denn den Befehl finden kann, damit dieses holde Laufwerk, das sich wie an jedem Laptop? Rechts? befindet eine dieser Systemsicherungsundwiederherstellungswasweißichdennschonundvorallemwieeee CD´s produziert?

Oh je,
ein Paradoxon.
Ich kaufte mir einen eigenen Laptop, nur für mich, für meine Unabhängigkeit
damit ich im Endeffekt wieder von etwas abhängig bin.....

Das kann ja wohl nicht wahr sein.
Jetzt schreibe ich also diesen Text, und bin mir im selben Moment völlig im klaren darüber, das ich, wenn ich ich denn damit fertig bin und gespeichert habe, eine Sicherungskopie meiner eigenen Worte machen sollte,
denn über welchen Jordan meine Zeilen gehen, wenn der Läppi denn zum Beispiel einen BLUESCREEN erleidet, oder einem hölzernen Riesenpferd voll mit Festplattenzerhackenden virtuellen Feinden erliegt,
kann ich auf keinen Fall vorhersehen, geschweige denn darauf reagieren, was bedeutet, meine Worte werden irgendwo im virtuellen Nirvana zu finden sein.

Nur, wo ist der strahlende Held, der mir die da rausholt?

Und noch wichtiger, ich will nicht auf so einen Rächer des Cyberspace angewiesen sein,
der werhrlosen kleinen Tastaturkindern ihre Dateien wieder zurückerobert und sie ähnlich wie der Nikolaus aus seinem Zaubersack zieht.
Nein...ich hatte mir den Laptop gekauft um unabhängig zu sein,
jetzt muss ich an den blondierten Prince Charming mit Tunnel im Ohr denken.
Er stand hinter dem Tresen des roten Elektronikriesen und war so von sich überzeugt,
das ich mich nur zu leicht von ihm überzeugen ließ ihm zu trauen.
Es blieb mir ja auch nichts anderes übrig,
aufgrund meiner fehlenden Kenntnisse auf dem Gebiet der Mutterplatinen und Random acces Memorys war ich wie die keuschheitsgegürtelte Lady Marian, die ihrem in wohlwollenden Augenschein genommenen Schlüssel schwingenden Retter Robin auch nur bloßes Vertrauen entgegensetzen konnte.
Auf jeden Fall hatte dieser Tunnel mich völlig in das schwarze Loch des Kaufzwanges gezerrt und im Strudel der von mir so sehr gewünschten Selbstbestimmung sagte ich „Ja!“ zu meinem neuen Passionsobjekt.

Ganz Ladylike hab ich mir noch eine rote Maus und eine schicke graue Tasche für mein empfindsames Baby gegönnt.
Style ist ja auch wichtig,
es könnte ja sein, dass mich einmal wer sieht,
beim Chip!onlinen und dann werde ich trotz Unwissenheit unwiederstehlich aussehen,
mit meinem Intel Core was weiß ich Prozessor auf den vor Zorn zitternden Knien,
wenn mir denn aufgrund der mir immer noch fehlenden Recovery Disc
die Worte auf Nimmer Wieder Sehen entschwunden sind.


Kleines Gedicht hierzu:

Held oh Held, so bist du da?
Gehst für mich ins Nir va na?

Musst mir nur mein Worte holen.
Der finstre Cyberspace hat´s mir gestohlen.

Rächer du, wie bist du fein.
Schau niemals in die Spam Mails rein.

Dein Bürostuhl- Ross hat unten Rollen.
Lass mich mit dir Mäuse scrollen.

Bringst mir meine Daten heil zurück,
ich vor Glück gaz arg verzück.


Waldkind

Nicole Wenzel
 
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