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Andacht Nr. 110 Wir haben ja noch Zeit ....

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Andacht Nr. 110

Wir haben ja noch Zeit …

Buddhistisches Sprichwort

Du denkst du hast Zeit? … Da liegt der Fehler!


Ihr Lieben

Ich wage mal eine steile These.
Auf der ganzen Welt gibt es nicht einen Menschen, der seine Zeit NICHT verschwendet, der keine Entscheidungen trifft obwohl sie anstünden ...

Mir geschah es vor etwa zwei Wochen als ich in einem Pflegewohnheim einem älteren Herrn das Essen reichte. Ihn hatte ich schon fast zwei Jahre regelmäßig betreut. Es war vom Wetter her eine sehr angenehme Woche, die Temperaturen lagen zwischen 15 und 18 Grad. Ich wusste dass dieser Herr noch Angehörige hatte, die ab und an vorbei kamen. Leider lernte ich sie nie kennen. Nach dem Essen hätte ich noch Zeit gehabt ihn im Rollstuhl auf die Dachterrasse zu fahren. Ein kurzes OK von der Pflegedienstleitung und ein JA von dem Herrn hätte es gebraucht und wir hätten oben die Sonne genießen können. Ich tat es nicht. Sorglos und, in diesem Fall ignorant, dachte ich diesmal, seine Angehörigen werden ihn, sobald sie kommen schon ausführen, außerdem gab es noch „andere“ Ehrenamtliche die speziell zur Begleitung und Unterhaltung kamen.
In den folgenden Tagen verschlechterte sich das Wetter, die Tiefdruckgebiete mit den Stürmen zogen auch durch unsere Stadt und nix war´s mehr mit Sonnenschein.Als ich vor drei Tagen wieder hin ging fand ich den Herrn nicht und erfuhr, dass er tags zuvor verstorben war …

Eine wunderbare Einrichtung ist das „Wünsche Mobil“ mit dem Hospizgästen nach Möglichkeit der Wunsch erfüllt wird noch an bestimmte Orte gefahren zu werden. Man erlebt es dass, wenn Gäste im Hospiz einziehen sie manchmal körperlich noch so „fit“ sind, dass kleinere Ausflüge, sei es in die Stadt zum Kaffee trinken oder ein kleiner Spaziergang durchaus noch machbar sind. Ich weiß von zwei Gästen, die ihre Möglichkeiten bis zur „Schmerzgrenze“ ausreizten, sogar noch in Kneipen mit Freunden gingen.Von ganzem, ganzem Herzen gönnte ich ´s ihnen. Es gibt solche Gäste, die auf Vorschläge reagieren mit: „Ich hab ja noch Zeit“ und dann geschieht es, dass sich aus irgendeinem Grund ein „Schalter“ umlegt und von da an die Mobilität so stark eingeschränkt ist, dass die bescheidenen Wünsche, die sich ohnehin schon durch das Leiden verkleinert hatten, nun nicht mehr realisiert werden können. Ich finde, nirgendwo werden unsere „Denkirrtümer“ deutlicher ans Licht gebracht als am Ende unseres Weges. Hier tritt die manchmal fatale Kombination von Zeit und dem körperlich machbaren am deutlichsten auf. Auch falsche Bescheidenheit, Gehemmtheit verhindern die Realisierung mancher letzter Wünsche. Doch nicht nur im letzten Stadium, nein, auch während unserer gesunden, körperlich machbaren Verfassung verpassen wir so manche Gelegenheiten, oftmals auf Grund falscher Bedenken, auf Grund eigener „Bequemlichkeit“ oder indem wir auf die „Asskarte“ schielen, während uns das Leben zwei Zehner Karten zugespielt hatte.
Manche von uns sind so altruistisch dass wir meinen, ohne uns ginge es nicht und wir verharren in Positionen, Aufgaben, Verpflichtungen, Verbindungen, Orten und vergessen, dass es v o r uns klappte und auch
o h n e uns klappen wird – niemand ist unersetzbar. Wir sehnen uns womöglich nach einer Änderung und erblicken vor uns eine geöffnete Türe. Aber aus erwähnten Gründen weigern wir uns dorthin zu gehen und leider bleibt keine Tür für alle Ewigkeiten geöffnet.

Ich werde ab und an nach meiner Motivation gefragt, so oft umgezogen zu sein und immer von vorne begonnen zu haben. Zwei Vergleiche nenne ich immer wieder:
1.Wenn der Gaul auf dem ich sitze, bereits zu stinken anfängt – sprich, er kann nicht mehr toter sein …
oder
2.ich muss aus dem gefühlten Morast heraus, solange ich mich noch bewegen kann, sonst ersticke ich darin.

In den biblischen Erzählungen lässt Gott Abram aus seiner Heimat in Richtung Westen nach Kanaan ziehen, Ismael mit seiner Mutter gen Osten wandern, Jakob/Israel in einem nicht mehr ganz jungen Alter mit seinen Söhnen nach Ägypten reisen wo er seinen tot geglaubten Sohn Joseph wieder trifft. Die meisten biblischen Figuren scheinen immer in „Bewegung“ und so kommt mir unser Leben auch vor. Wir sind in gewisser Weise „Wanderer“, manchmal verlangt das Leben geistige Wanderschaft, geistigen Wohnortwechsel, manchmal physischen Wohnortwechsel. Die alten Nomadenvölker wussten dass sie niemals an einem Ort ewig bleiben würden und sie wussten vor allem w a n n es Zeit war, die Zelte abzubrechen und sich auf den Weg zu machen. Dann sträubten sie sich nicht sondern „gehorchten“ dem Ruf Gottes, dem Leben und gingen …

Ich wünsche uns Allen die Kraft und den Mut neue Wege zu beschreiten, durch neue geöffnete Türen zu gehen, wenn Gott in unsere Seelen die Sehnsucht nach Neuem legt, keine Furcht, wenn sich alte Türen hinter uns schließen,
sowie seinen Schutz und Segen für die kommende Woche.
 
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Kommentare  

Hallo Rosmarin
Danke für deinen Kommentar
Antwort kommt zu dir persönlich, sonst wird´s
hier zu lange. Ich vermute, du hast da etwas
missverstanden, kann aber auch sein, dass es
nicht klar genug aus dem Text hervorging was
ich meinte. Dir derweil einen schönen Tag


martin suevia (18.03.2019)

Hallo martin suevia, ich muss nun mal etwas zu
Deinen Predigten schreiben. Klar, sie sind schön.
Es verstecken sich auch gute Gedanken darin.
Aber es sind halt nur Predigten. Und sie haben
oft nicht viel mit der Realität zu tun. Nehmen wir
mal diese. Gottes Ruf. Und speziell das Thema
Pflege. Und nehmen wir mal an, alle Pfleger,
Ärzte, Krankenschwestern und das gesamte
Personal, dass diese große Aufgabe erfüllt,
würde plötzlich sagen: "Nein, ich mache jetzt
nicht mehr mit. Ich habe eine geöffnete Tür
gesehen. Durch diese muss ich gehen. Ich muss
dem Ruf Gottes folgen. Ich muss in Bewegung
sein." Oder was ist mit der privaten Pflege.
Menschen werden von Schicksalsschlägen
heimgesucht. Die Eltern, ein Ehepartner, ein Kind
erkrankt. Sie sind auf Pflege angewiesen. Der
Pflegende ist gerade durch eine geöffnete Tür
gegangen. Er ist dem Ruf Gottes nach
Veränderung, nach Bewegung gefolgt. Soll er
jetzt weitergehen und die Hilfsbedürftigen zurück
lassen? Oder soll er zurück gehen und seinem
Pflichtgefühl und seinem Herzen folgen. Ich
denke, auch wenn man zurück geht oder
scheinbar stagniert, ist alles in Bewegung. Und
wenn es sein soll, kann man später immer noch
durch die geöffnete Tür gehen. Oder eine neue
öffnen. Ich denke, die Türen sind doch für alle
Ewigkeiten geöffnet. Wenn es nicht diese
pflichtbewussten Menschen gäbe, die in allen
Bereichen ihre Pflicht erfüllen, oft sogar ihr
ganzes Leben an einem Ort, gäbe es unsere Welt
nicht. So, wie sie ist. Dann wären wir noch
Nomaden. Und immer unruhig. Da lobe ich mir
doch eher die geistige Wanderung. In diesem
Punkt gebe ich dir recht. Denn diese ist
unendlich. Und schadet niemandem. Der Ruf
Gottes ist mir persönlich suspekt. Außerdem
kann man ja heutzutage auch reisen, wenn man
mal ausbrechen will. Und wenn man die
finanziellen Mittel dazu hat. Man geht durch eine
geöffnete Tür und kehrt wieder zurück. An
seinen angestammten Ort. Seine Heimat. Jetzt,
wo es scheint, als wäre die halbe Welt auf
Wanderschaft. Ja, aber wo will sie hin? Dahin,
wo sie bleiben und leben kann. Dahin, wo die
Bedingungen für sie geschaffen worden sind.
Und zwar von denen, die nicht durch geöffnete
Türen gegangen sind, die nicht dem
vermeintlichen Ruf Gottes gefolgt sind. Ja, so ist
das. Predigen ist das Eine. Leben das Andere.
Naja, Predigten sind auch schön. Wie gesagt. Ich
habe auch eben eine gehalten. Und bin meinem
eigenen Ruf gefolgt.
Gruß von


rosmarin (17.03.2019)

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