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5 Seiten

Unbeschreibliches Gefühl

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Danilo stieg aus dem Wagen, ging zur Tür und klingelte. Als Saschas Vater öffnete, sagte er nur: "'Tschuldigung, wir sind 'n bißchen früh dran, aber Sascha ist doch da, oder?" "Ich glaub', der ist oben...", antwortete Herr Becker und wies ihm den Weg.
Danilo klopfte also an Saschas Tür, doch als sich nichts rührte, ging er einfach ins Zimmer. Das war wohl ein Fehler gewesen, denn das Bild, das sich ihm bot, hätte er wohl lieber nicht sehen sollen. Sascha lag auf dem Bett, hatte nichts an außer einer Jeans, die bis zu den Knöcheln heruntergezogen war und massierte mit der Hand rhythmisch einen gewaltigen Ständer. Im ersten Moment hatte Sascha ihn ob seiner weitaus wichtigeren und jegliche Aufmerksamkeit fordernden Beschäftigung wohl gar nicht gesehen, doch als Danilo das Zimmer lautlos wieder verlassen wollte, herrschte Sascha ihn an: "Ey, Atisam, du Wichser, musst du hier so unangemeldet 'reinschleichen?" "Wer ist hier der Wichser, Sasch? Außerdem habe ich angeklopft. Und ganz nebenbei hättest du ja auch abschließen können..." "Schon gut", beruhigte Sascha sich, während er sich abmühte, den Reißverschluss seiner Jeans trotz Erektion zuzubekommen, "aber nun macht ich vom Acker, ich bin in dreißig Sekunden bei euch."
Danilo ging also zurück zum Auto und berichtete den anderen, das waren Marcel Schwarz und Julian Lübke und Julians ältere Schwester, die sie zur Disco fahren wollte, dass es wohl gleich losginge. Als Sascha eine Minute später aus dem Haus kam, trug er ein weißes T-Shirt mit dem Aufdruck "ich bin käuflich", hatte einen Pulli um die Hüften geschlungen und trug immer noch die Hose von eben, die zwischen den Beinen immer noch etwas spannend. "Du hättest dir vielleicht 'ne weitere Hose anziehen sollen!", raunte Danilo ihm zu, dann stiegen sie ins Auto.

Am Eingang zur Disco wurden sie alle vier von oben bis unten genauestens gemustert. Die muskelbepackten, breitschultrigen Türsteher verzogen dabei keine Miene, sondern sahen sie nur prüfend mit einem strengen Blick an, der sie alle in Ehrfurcht erstarren ließ. Dabei waren ihre Klamotten doch in Ordnung. Gut, Sascha hatte sich nicht besonders aufgestylt, aber Marcel trug eine weiße Jeans zu einem hautengen schwarzen T-Shirt, das optimal seine Muskeln betont hätte, wenn da welche gewesen wären, Julian trug wie immer Klamotten, die noch vor wenigen Tagen im Schaufenster der teuersten Boutique der Stadt ausgestellt waren, und Danilo selbst hatte sich für eine schwarze Lederhose und einen schwarzen Strickpulli mit V-Ausschnitt entschieden. Zu jung oder zu stilwidrig sahen sie nun wirklich nicht aus. Trotzdem schien es eine Ewigkeit zu dauern, bis die Türsteher endlich Platz machten und sie eintauchen ließen in die Welt der Beats, des zuckenden Lichts und der hämmernden Technomusik. Doch das Warten hatte sich gelohnt, denn sobald die zum Schneiden dicke Luft sie empfing, die Musik jedes andere Geräusch übertönte und die Bässe wie elektronische Impulse in ihre Körper fuhren, wussten sie, dass sie den Abend, die Nacht genießen würden. Der Raum, der scheinbar von überall her von bunten, zuckenden Laserlights erhellt wurde, war bis zum Bersten gefüllt, überall drängten sich Mädchen in superkurzen Miniröcken und enganliegenden und sehr tief ausgeschnittenen Tops und Jungs, die mit leerem Blick an einer Zigarette zogen oder mit noch leererem Blick einem der Mädchen mit besonders üppiger Oberweite hinterhergafften. Marcel, Julian, Sascha und Danilo bestellt endlich zum aufwärmen an einer der Theken ein paar Drinks, doch Julian und Marcel verzogen sich recht bald auf die Tanzfläche und mischten sich unter die zappelnden Raver und wurden bald ein Teil dieser wogenden, rhythmisch zuckenden, tanzenden Masse. Auch Danilo fühlte, wie ihm der Beat ins Blut, in die Beine und in den Kopf fuhr, doch eigentlich war es dort unten viel zu voll, um wirklich tanzen zu können. Also versuchte er sich trotz der ohrenbetäubenden Lautstärke der Musik mit Sascha zu unterhalten, der ihn allerdings doch nur mit seinen Ich-bin-der-absolut-tollste-Hengst-Bettgeschichten langweilte, von denen Danilo sowieso weit über die Hälfte für völlig fiktiv hielt.

Irgendwann unterbrach er ihn mitten im Satz und schrie ihm ins Ohr: "Okay, Sasch, wenn du 's wirklich so nötig hast, dann lass uns doch mal versuchen, die beiden Schnitten da vorne klarzumachen." Dabei deutete er auf zwei Mädels, die an einem Geländer lehnten und gerade ziemlich gelangweilt die Tanzfläche beobachteten. Die eine war dunkelhaarig, hatte auffallend dicke Dinger und trug ein kurzes, enges, rückenfreies blaues Kleid, die andere war blond und hatte noch dazu gebleichte Strähnchen und trug ein schwarzes Top zur schwarzen Hose und einen Netzpulli darüber. Danilo wusste, die im blauen Kleid war er was für Sascha, während er die mit den Strähnchen absolut niedlich fand. Sie hatte ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, war nur ein wenig kleiner als er selbst und hatte einen aufregend knackigen Po. Sascha nickte ihm zu, dann schlenderten sie betont cool und lässig auf die Mädels zu. "Hey, ihr Süßen, habt ihr nicht Lust, was mit uns zu trinken?" Danilo fand Sascha Anmache zwar viel zu direkt, viel zu abgedroschen und viel zu plump, aber die Mädchen warfen sich einen Blick zu, nickten und folgten ihnen dann an die Bar. Sie bestellten sich vier Drinks, Sascha laberte auf die im blauen Kleid ein und Danilo kam mit seiner Blonden ins Gespräch. Sie machten Witze, alberten 'rum, und es dauerte gar nicht lange, da lag die Hand der Strähnchenfrau, eine schlanke, feingliedrige, zarte Hand, auch schon auf Danilos Oberschenkel. Er war wie gefesselt von ihren eisblauen, klaren, tiefen Augen und auch sie schien eine ganze Menge an ihm zu finden. Irgendwann hatten sie ihre Gläser gelehrt, und da fragte das blaue Kleid plötzlich: "So, was meinst du, Tanya. Sollten wir uns bei den beiden für die Drinks bedanken?" Tanya stimmte ihr zu, aber Danilo und Sascha verstanden nur Bahnhof. "Sagt mal, auf was fahrt ihr eigentlich ab? Auf schnelle oder auf kopfbreite Teile?" Noch mehr Bahnhof! Dann streckte das blaue Kleid ihnen ihre Hand entgegen, in der sie einige kleine, weiße Pillen hielt. "Die kommen direkt aus Holland", erklärte sie, "Sind eigentlich schweineteuer, aber wenn ihr wollt..." Danilo war noch nie in irgendeiner Weise mit Pillen in Berührung gekommen, er hatte ja bisher noch nicht einmal gekifft, aber als Sascha nach einem ersten skeptischen Blick auf die Mädels schließlich zugriff und sich so 'n Teil in den Mund schob, wollte auch Danilo nicht als Spielverderber darstehen und griff mehr oder weniger überzeugt zu.
Zuerst spürte er rein gar nichts und glaubte schon, die beiden hätten sie irgendwie verarscht, doch nach einer Weile merkte er, wie sich ein wohliges, warmes Gefühl erst in seinem Magen ausbreitete und dann durch seinen gesamten Körper zog. Er glaubte, sein Blut fließen hören zu können und spürte wie sein Herzschlag an Tempo zulegte, bis es schließlich den Takt der schnellen Technobeats annahm. Und er fühlte sich auf einmal so wach, wacher als sonst, fast so als hätte er eben stundenlang geschlafen und sei jetzt völlig ausgeruht und tatendurstig. Er warf einen Blick auf Sascha, doch dem schien es ganz genauso zu gehen. "Hey, lasst uns tanzen gehen! Ich hab nämlich keine Lust mehr, hier nur schlaff 'rumzusitzen", schlug er deshalb vor und zog Tanya hinter sich her auf die überfüllte Tanzfläche. Jetzt ließ er sich völlig von der Musik treiben, ließ die Bässe seine Bewegungen koordinieren und schaltete alles andere in seinem Kopf einfach ab. Er tanzte sich regelrecht in Ekstase, wurde selbst ein Teil dieser einzigen organischen Masse der Tanzenden.

Alles um sich herum nahm er nur noch schemenhaft war, er sah nur noch das Licht, das grelle bunte Licht, das in unzähligen Farben um ihn herumwirbelte und Tanyas Gesicht ganz nah vor seinem. Sie war so wunderschön, alles war so wunderschön, und Danilo spürte plötzlich den unbändigen drang, Tanya zu küssen, seine Lippen auf ihre zu pressen und so bis in alle Ewigkeit zu verharren. "Dann tu's einfach", hörte er eine Stimme in seinem Kopf, und er gehorchte ihr. Die Augen hatte er geschlossen und spürte jetzt nur noch die Musik, die sein Blut zum Kochen brachte und alle seine Muskeln jetzt völlig unter Kontrolle hatte, das warme Gefühl, das von seinem Körper, seinem Geist und wahrscheinlich auch seiner Seele Besitz ergriffen hatte und das so unberschreiblich war wie sonst nur die Liebe oder der Tod, Tanyas Körper, der seinem jetzt ganz nah war und der überall auf seiner Haut ein elektrisiertes Kribbeln auslöste und seinen Schwanz, der in seiner Hose immer größer und härter wurde.Als Tanya ihn und das blaue Kleid Sascha schließlich von der Tanzfläche schoben, war er unfähig, sich zu wehren. Wie ein unbeteiligter Dritter nahm er wahr, wie die Mädchen sie zu den Toiletten zogen, das blaue Kleid Sascha in eine Kabine drängte und Tanya mit ihm in einer anderen verschwand. Und auch als sie sich an seinem Gürtel zu schaffen machte, ihm die Hose herunterzog und sich selbst ihrer Klamotten entledigt, nahm er das zur Kenntnis, ohne es eigentlich zu realisieren. Er spürte nur dieses unbeschreibliche Gefühl, diese Wärme und die Ekstase. Und Tanyas Körper, aber den dafür ganz besonders. Er fühlte sie mit jeder Faser seines Körpers und erlebte einen Zustand der Erregung, dessen Intensität er bisher nicht einmal in Ansätzen kannte und von dem er wusste, er würde ihn so auch niemals wieder erreichen. Es war das ultimativ beste Erlebnis, was er je hatte, und als er schließlich den besten Orgasmus seines Lebens hatte, wurde ihm schwarz vor Augen und er kippte einfach um.
Als er wieder zu sich kam, hatte Tanya sich von ihm losgemacht, verließ ohne sich noch einmal umzusehen die Kabine und ging zum Waschbecken, wo das blaue Kleid schon auf sie wartete. "Und? Hat es sich gelohnt?" "Ja, und wie", gab Tanya zurück, "der Kleine war verdammt gut. Bisher echt das Beste, was ich heute abend hatte. Und bei dir?" " Pah! Der Wichser war nach drei Minuten fertig und hat sich dann über die Kloschüssel gehängt und in einer Tour gekotzt." "Na ja, was soll's. Beim nächsten Mal wird's besser...", tröstete Tanya sie, dann verließen sie den Raum. Danilo rappelte sich hoch, zog sich an, spritzte sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht bis er wieder einigermaßen klar denken konnte und klopfte dann an Saschas Kabine. "Hey, Sasch, alles klar?" Sascha taumelte heraus, rieb sich den Schädel, brachte seine Klamotten wieder einigermaßen in Form und fragte dann mit leicht benommener Stimme: "Klar, Mann, was soll denn nicht klar sein? Ich hatte gerade den geilsten Sex des Jahrhunderts! Ich hab die Tuse in Grund und Boden gefickt. Sie ist dreimal gekommen und..." Danilo hörte schon längst nicht mehr zu, da er diese Geschichten sowieso zur Genüge kannte. "Und, wie war's bei dir?", fragte Sascha schließlich. "Och, war nicht so das Pralle. Ich war einfach zu fertig. Die Pillen..., du weißt schon... " "Na ja, mach dir nichts draus. Du verträgst das Zeug eben nicht."

Julian und Marcel hüpften immer noch auf der Tanzfläche herum als Danilo und Sascha sie schließlich wiederfanden. Aber sie waren total fertig, am Schwitzen und wohl auch ziemlich müde. Jedenfalls hatten die beiden nichts dagegen als Danilo den Vorschlag machte, doch den Rückzug anzutreten. Ohne längere Diskussion rief Julian seine Schwester an, die sie kurz darauf abholte. Danilo fühlte sich jetzt richtig elend und fragte sich, wie er bloß die Heimfahrt überleben sollte. Es war fast so als hätten sich all die positiven Empfindungen, die ihm diese Pille beschert hatte, jetzt ins Gegenteil gekehrt. Nur war die Intensität jetzt doppelt so stark wie vorher. Das warme Gefühle im Magen war einer bleiernen Eiseskälte gewichen, alle Muskeln taten ihm weh und schmerzten, und in seinem Kopf hörte er eine unerträgliches dumpfes Dröhnen, das es ihm unmöglich machte, einen klaren Gedanken zu fassen und ihm geradezu übermenschliche Kopfschmerzen bereitete. Kurz gesagt: Er fühlte sich wie schleimiges Gedärm über einem offenen Feuer. Ja, der Abend hatte sich echt gelohnt. Aber musste er das öfter haben?


 
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Kommentare  

Hallo, das wäre schön, wenn man mit Pillen jeden rumkriegen würde. Aber Sex ohne Drogen macht ja auch Spass. Ich habe jetzt richtig Bock auf meinen Kerl bekommen. Danke.

Sabine Müller (03.01.2007)

Hm, haben die Safer-Sex gemacht?
...
Surreale Geschichte!
4 Punkte


Norma Banzi (22.04.2003)

Hm. Scheint Extasy gewesen zu sein. Dazu kann ich wenig sagen... verstehen kann ich, dass in total breitem Zustand Sex wohl Spass macht, aber für was für einen Preis? Das Danach ist oft schlimmer. Dennoch, diese kleine Episode erscheint mir etwas unwirklich. Ich selbst habe noch nie erlebt, dass Mädels in die Disko fahren, Jungs mit Pillen abfüllen um sie auf den Toiletten gefügig zu machen.(Womöglich noch am Fleissband?) Das ist irgendwie etwas unrealistisch.

SabineB (24.05.2001)

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