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2 Seiten

Unbekannte Sehnsucht

Nachdenkliches · Kurzgeschichten
Jörg lag in der Badewanne, die er mit heißem Wasser gefüllt hatte.
Eigentlich viel zu heiß, wie er meinte, doch das brauchte er, denn ihm war kalt.
Es war nicht diese Art Kälte, die mitunter das Wetter verursachte und auch nicht solche, die von irgendeiner Krankheit hervorrufen wird. Jörg schüttelten eisige Zweifel und sein Herz fror, fror so sehr, dass er es mit der Hitze aufzutauen versuchte.
In Gedanken zog sein Leben an ihm vorbei wie ein großes Segelschiff, das auf dem Fluss des Lebens hinaus auf die offene See fährt und er paddelte auf seinem kleinen Boot nun schon eine halbe Ewigkeit wie angekettet immer nah dem rechten Ufer ohne von ihm abzuweichen.
All seine Sehnsüchte galten jedoch dem Unbekannten auf der anderen Seite des Flusses. Oft sah er hinüber, doch er hatte Angst davor auf das andere Ufer zu wechseln, nicht die Kraft zu besitzen, ungeschoren hinüber zu gelangen.
Es galt alte Bande zu lösen, der Heimat und den Lieben auf Wiedersehen zu sagen, sie nach so langer Zeit allein zu lassen und allen den Rücken zu kehren.
Es ist nicht so, dass sein Leben hier bisher nicht schön gewesen wäre, verbrachte er es doch als Kapitän in friedvoller Harmonie an der Seite seiner kleinen Mannschaft mit Julia als Galionsfigur. Doch Jörg fehlte etwas, er hatte sich geändert und fühlte sich eingesperrt und unwohl. Tief in seinem Inneren schrie alles nach dem anderen Ufer, nach dem neuen Land dort drüben und den anderen Menschen, die so waren wie er.
Sein Verlangen war so groß, dass Jörg den mutigen Entschluss fasste, seinen Heimathafen zu verlassen. Er wollte neu anheuern in dem fremden Hafen auf der anderen Seite und sich ein neues Boot bauen mit einem starken Steuermann an seiner Seite, der ihn wirklich versteht und all seine Sehnsüchte und Wünsche und der mit ihm das lang vermisste Glück wiederfindet ohne auf die betäubenden und gemeinen Rufe der Sirenen zu hören, die überall lauerten und mit dem Finger auf ihn zeigten, weil sie ihn kannten.
Die Leute sagten ihm, dass das andere Ufer nur für diejenigen bestimmt wäre, die immer dort gewesen sind und nicht für ihn. Doch das war Jörg egal. Er schwamm mutig los von einem Tag auf den anderen und er fand sein Glück, seine Erfüllung dort drüben und er feierte den Tag seiner Ankunft am anderen Ufer wie einen zweiten Geburtstag, als den Tag, an dem sein Leben neu begann.
 
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Kommentare  

Diese Geschichte empfinde schon als ziemlich gut. Du bist, wie gesagt, ein schreiberisches Talent und das merkt man auch bei dieser Geschichte. Schöne umschriebene Gedanken des jungen Mannes.

doska (04.08.2009)

Hallo D.B.,

ich finde, im 2. Satz würde ein "zu warm" besser passen als "zu heiß.
Ansonsten ziehst du - wieder einmal - die äußere Handlungsebene nicht durch: Ein Mann liegt in der Badewanne und macht sich ein paar (verzeih mir das dumme Wortspiel) warme Gedanken. Na und?
Ein bisschen mehr äußere Handlung würde der Geschichte ganz gut tun, zum Beispiel eine Sex-Szene mit Julia, bei der er ihr seine Homosexualität gesteht.
(Julia später zu einer ihrer Freundinnen: "Das war für mich der Höhepunkt!")

mfG,


Peter Hacke (15.01.2004)

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