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25 Seiten

Das Licht der Hajeps - Lakeme - Kap. 13

Romane/Serien · Spannendes
© doska
Kapitel 13

„Nurfi, nurfi, ich habe geschlafen - entelich!“ rief Oworlotep wenig später und schaute sich dabei mit behaglicher Miene um. „Zwar nur kurz, aber zum ersten Male nach langer Zeit ohne Mefinol, Tekam, Extana!“
„He ... äh ... das freut mich aber!“ begrüßte ihn Margrit unsicher, denn hinter ihrem Rücken hielt sie die Medizinflasche versteckt, mit der sie, wenige Sekunden bevor Oworlotep erwacht war, den Aulep einfach nieder geschlagen hatte.
„Xorr“, brummelte Oworlotep zufrieden, „gleich, nachdem sich die Tür zu deinem Zimmerschinn geöffnet hatte und ich dich mit diesem so lügen ... hm ... lieben Gesichtsausguck vor dem Spiegel stehen gesehen habe, war ich mir völlig zicher, dass ich dir vertrauern kann.“ Und er kuschelte sich mit einem tiefen Seufzer auf die andere Seite.
„Ich hatte einen lieben Gesichtsausdruck?“ fragte Margrit verblüfft und warf dabei einen kurzen Blick nach hinten. Da lag der jugendliche Attentäter lang ausgestreckt auf dem Fußboden. Doch wohin mochte wohl dessen komische Bombe gerutscht sein, die seinen Klauen so schnell entglitten war, dass sie nur einen kleinen Schatten hatte davon huschen sehen?
„Rischtick, meinst du, ich kenne nicht das Mienenspiel von Lumantis?“ knurrte Oworlotep, nun doch ein bisschen verdrießlich geworden.
„Aber sicher kennst du es!“ gestand sie ihm etwas kurzatmig zu. Glücklicherweise hatte ihr Oworlotep den Rücken zugewendet und so bückte sie sich, um nach dem merkwürdigen Ding Ausschau zu halten. He, womöglich war es ja unter die lumantische Kommode gesaust oder hinten in die Ecke?
„Bei sämtlichen Göttern, ich wusste, dass ich in diesem primitiven Bett zur Ruher kommen würde!“ stellte Oworlotep nun wieder in sehr behaglicher Tonlage fest und strampelte dabei wonnig mit den Beinen in der weichen Zudecke.
Margrit ließ ihre Blicke nun auch unter das Bett schweifen. „Du … hm … wusstest es, aber woher?“ fragte sie einfach weiter, um ihn abzulenken. Schade, unter dem Bett war es so dunkel, dass man kaum etwas sehen konnte. Ob sie dann wenigstens die lästige Flasche hier abstellte?
„Zaaai!“ schnurrte Oworlotep und vergrub dabei seine Nase in der weichen Zudecke. „Ich erfuhr es von Bungensunse!“
„Bungensunse?“ wiederholte Margrit angespannt. Nein, sie behielt die Flasche lieber in der Hand, falls der Aulep wieder zu sich kommen würde.
„Akir, Bungensunse, die hatte mir dieses Bettschinn so knutsch ... hm ... kutschelisch beschrieben, dass ich einfach zu dir kommen musste, um das mal auszuprobieren!“ Oworlotep warf sich dabei so heftig herum, dass das ganze Bett wackelte. Blitzartig kam Margrit mit dem Oberkörper hoch, hielt die Flasche dabei wieder hinter ihrem Rücken verborgen.
„W .. willst du damit etwa andeuten, dass du nur deswegen gekommen bist?“ keuchte sie ungläubig, aber auch hoffnungsfroh.
„Weswegen sonst?“ Oworloteps Finger tätschelten nun das weiche Kissen.
„Och, war nur so ´ne Frage, hehe!“ Ein Stein der Erleichterung fiel ihr zwar vom Herzen, doch sie stellte sich ihm sicherheitshalber direkt ins Blickfeld. Oh Mann, das Leben des jungen Attentäters war in Gefahr, wenn er den hier so liegen sah! He, sie musste sich schleunigst etwas ausdenken, damit es Oworlotep nicht in den Sinn kam, sich aufzurichten oder gar das Bett zu verlassen. „Also d ... daaas hast du durchaus richtig gemacht!“ stotterte sie aufgeregt und zupfte ihm dabei sehr eifrig mit der freien Hand die Zudecke zurecht. „Ruhe dich ruhig bei mir etwas aus!“
„Das werde ich tun, kleinliche Lumanti!“ brummte Oworlotep voller Behagen. „Viel Zeitig habe ich zwar nicht, aber bei sämtlichen Göttern, dieses Küssen ist erstaunlich nuschelig!“ stellte er fest und bewegte seinen Nacken darin genüsslich hin und her.
„Du meinst wohl eher kuschelig, Oworlotep!“ zwitscherte Margrit immer noch sehr angespannt und schaute sich abermals nach dem Aulep um. Es war wohl das Beste, wenn sie den Jungen versteckte, doch wohin mit dem in der Eile? „Aber das ist so ein Kissen tatsächlich!“ bestätigte sie.
„Ke, ke, solche Küssen kennen wir nicht!“ brummelte Oworlotep nachdenklich. „Ihr Lumantis seid würgelisch nicht die allerschlechtesten.“ Er knuffte jetzt das Kissen ein bisschen und freute sich, wie es dabei nachgab. „Naturlich nur in den Dingen, welche die Gemutterlischlait angehen!“ fügte er sehr energisch hinzu. „Xorr, wir Hajeps sind nämlich nicht so sunch wie ihr Lumantis!“ schimpfte Oworlotep plötzlich zu Margrits Überraschung los.
„Du könntest Recht haben, aber was bedeutet eigentlich sunch, Oworlotep?“ erkundigte sie sich leise keuchend, denn sie versuchte dabei, den Aulep mit dem Fuß unter das Bett zu schieben. Doch der lange Körper schien am Boden festgeklebt zu sein, sie bekam ihn auf diese Weise keinen Millimeter vorwärts.
Oworlotep räusperte sich energisch, nachdem er für einige Sekunden mit den Kopfkissenzipfeln gespielt hatte und sagte dann in ziemlich harter Tonlage: „Das heißt weich!“
„Ach so!“ schnaufte sie und versuchte es zur Abwechslung mal mit dem anderen Fuß. „Dann braucht ihr wohl dergleichen nicht!“ Das war genau so anstrengend und ging auch nicht viel besser. Am besten würde es wohl mit beiden Füßen klappen, aber auf einem musste sie ja stehen. Was also tun?
„Sehr richtick, kleinliche Lumanti“, Oworlotep schaute das Kissen an, als wäre es ihm mit einem Male zum Feind geworden, „denn wir sind ein Volk des Krieges.“ Und dann warf er es mit heroischer Miene von sich. Margrit zuckte zusammen, denn es flog über ihre Schulter und landete genau im Gesicht des Auleps.
„Ach, sch … schade!“ keuchte Margrit, als sie sich umschaute. Ihr Kopf fuhr sofort wieder zu Oworlotep herum.
Konnte sie das Kissen ohne weiteres aufheben? Lieber nicht!
„Sei doch nicht so hart zu dir!“ ächzte sie, während sie sich bemühte es einfach mit der Hacke von der Nase des Auleps zu schieben, damit der nicht aufwachte.
„Stra-amm!“ fauchte Oworlotep. Er verschränkte ziemlich missmutig die Arme hinter sich im Nacken, da er kein Kissen mehr hatte.
Sie hielt inne. „Ja ... a?“ fragte sie.
„Was hast du da eben mit deinem Fuß gemacht?“ Er riss die roten Augen weit auf.
„He, ich will nur das Kissen unter das Bett schuppsen“, erwiderte sie, dann gab sie sich einen Ruck. „Sieht doch liederlich aus“, schimpfte sie aufgebracht und schob es dabei weiter, „wenn es hier mitten im Weg liegt!“
„Liederlich?“ wiederholte er. Ihn schien es irgendwo zu jucken, denn er lüftete plötzlich die Zudecke, schob zwei Finger durch die Öffnung seines Hemdes und begann sich an seinem muskulösen Bauch zu kratzen. “Das ist ein Wort, das ich nicht kenne!“
Margrit sah, dass er eine recht enge Hose trug, denn es zeichnete sich so einiges unter dem dünnen Stoff ab. Sie hielt für einige Sekunden den Atem an, dann verscheuchte sie die Röte aus ihrem Gesicht. „Ich meinte ... hm … eher unordentlich, weißt du?“ Puh, endlich hatte Oworlotep die Decke wieder fallen lassen.
„Hiat Ubeka, unordentlich!“ Er hob sein Kinn zum Zeichen, dass er verstanden hatte.
Fieberhaft grübelte sie darüber nach, wie sie Oworlotep ablenken konnte, wenn sie versuchen würde, sich mit der einen Hand auf dem Bettrand abzustützen, um den schweren Aulep mit beiden Füßen unter das Bett zu schieben.
Zum Glück wandte er sich überrascht einer Entenfeder zu, welche – da er die Decke andauernd geknufft hatte - zur Hälfte aus dem Stoff gekrochen war. Er zog sie ganz heraus und betrachtete sie erstaunt. „Hich, Federn im Bett?“ ächzte er verwirrt und dann entdeckte er sogar noch eine. „Sehr interessante Farben haben diese beiden!“ stellte er fest, jede winzige Feder in einer Hand haltend. „Hiat Ubeka, wie mögen die zwei da hinein gekommen sein?“
„Nun … tja … vielleicht, weil der ganze Inhalt dieser Zudecke aus Federn besteht?“ versuchte Margrit ihm in entspannter Tonlage zu erklären, während sie sich vorsichtig zu ihm hinab beugte und mit der freien Hand aufstützte, Ohne sich mit dem Oberkörper viel zu bewegen, begann sie, den Aulep mit beiden Füßen zu schieben. Sie konnte aus dieser Position sehr gut Schwung holen, hatte dadurch mehr Kraft und siehe da – diesmal glückte es. „Und darum heißt diese Decke auch Federbett!“ erklärte sie weiter, während er die Federn in seinen Händen sehr interessiert drehte und wendete.
Da wanderte plötzlich Oworloteps Blick von den Federn zu Margrits Ausschnitt, in welchem ihre Brüste wie durch die Bewegung wie zwei weiche Bälle vor und zurück wippten. Kaum hatte sie seinen Blick bemerkt, hielt sie schreckensstarr inne. Sie keuchte leise, als sich seine sonderbaren Augen ganz kurz in ihrem Ausschnitt versenkten und dann zu ihrem Gesicht hinauf wanderten. Abermals stieg Röte in ihre Wangen. Gott, was dachte der jetzt wohl von ihr, doch nicht etwa, dass sie ihn hier anbaggerte? Es war recht still in diesem Raum.
„Bei Ubeka“, entfuhr es Oworlotep etwas kurzatmig. „Xorr, wie … hm … bekommt man diese zwei …“ Er brach ab und seine Blicke rutschten wieder zu ihrem Ausschnitt hinunter.
„Ja, was wolltest du sagen Oworlotep?“ fragte sie ebenso atemlos.
„Diese zwei ... urr ... Federn, wie bekommt man die wieder in die Decke zurück?“
„Gar nicht mehr!“ zwitscherte sie leicht hin und holte dabei tüchtig aus, um dem Aulep noch einen letzten kräftigen Stoß zu geben, damit der vollends unter dem Bett verschwunden war. „Blase sie nur fort!“
„Blasen?“ fragte er und er warf dabei seine Decke ein bisschen zurück. Margrit hatte zwar ihren Fuß noch immer erhoben, jedoch nicht gewagt weiter zu machen. „Natürlich meinte ich eher pusten!“ verbesserte sie sich, noch röter im Gesicht geworden„
„Was ist pustinn?“ Auch Oworloteps Gesicht hatte sich etwas verdunkelt, wohl weil ihm seine Unkenntnis ein wenig peinlich war.
„Na, das geht so!“ Margrit beugte sich noch mehr vor und ihre Hand, auf die sie sich stützte, wackelte dabei bedenklich. Sie spitzte ihre wunderschönen Lippen, er hielt den Atem an und sie blies gegen die Federn. „He, du musst sie aber dabei schon loslassen!“ kicherte sie.
Oworlotep hatte diesem glucksenden Lachen offensichtlich sehr glücklich gelauscht. „Xorr, ich lasse die ... die beiden Federschinn diesmal los, sobald du mir blast … urrr … pustist, chesso?“ versprach er angespannt und schaute zu ihr hinauf wie ein gelehriger Schuljunge.
Margrits dunkelbraunes Haar hing inzwischen wie ein dichter, seidiger Schleier zu ihm hinab und kitzelte ihn an seinem Arm. „Chesso!“ bestätigte sie lächelnd. Sie streckte den Hals, um die Federn möglichst weit fort segeln zu lassen und er strich ihr dabei das Haar aus dem Gesicht. Sie fühlte seine Fingerspitzen und das verwirrte sie so sehr, dass sie das Gleichgewicht verlor, auch weil sie gerade mit einem kräftigen Stoß den Aulep vollends unter das Bett gerollt hatte und sie stürzte zu Boden.
„Hich!“ schnaufte Oworlotep überrascht und fuhr mit dem Oberkörper hoch, um nachzuschauen wo Margrit plötzlich geblieben war.
Sie wollte die Medizinflasche noch schnell verbergen, die ihr beim Fallen aus der Hand geglitten war, doch zu spät.
„Also, dass mit der Flasche ist so ...“ begann sie darum ziemlich hektisch zu erklären.
„Xorr, weiß schon“, er machte wieder eine wedelnde Bewegung mit der Hand.
„Du ... du weißt schon?“ entfuhr es ihr entsetzt.
„Rischtick, hast dich nicht getraut, mich danach zu fragen, weshalb du deine Medizin trinkern sollst.“ Er machte eine kleine, nachdenkliche Pause. „Deswegen hattest du ja auch diese Flasche die ganze Zeitig hinter deinem Rücken vor mir versteckt, chesso?“
„Chesso!“ ächzte sie verblüfft. „Also, das ist echt ... äh ... beeindruckend, wie sehr du uns Menschen zu durchschauen vermagst, Oworlotep!“ krächzte sie aufgeregt. Sie warf dabei einen kurzen Blick unter das Bett. Na, immerhin konnte sie sich damit trösten den Guop ... na ... dings endgültig vor Oworlotep versteckt zu haben.
„Guck nicht so unter das Bett, Kleinliche “, murrte er, „als ob du dich darunter vor Schwamm ... urr ... Scham verstecken möchtest!“ fügte er jetzt recht energisch hinzu. „Mir ist schon lange zu Gehör gekommen, dass du deine Medizin nicht einnehmen willst, kleinliche Lumanti!“ Er schnaufte dabei durch seine drei Nasenlöcher. „Bei Anthsorr und Ubeka, es nutzt nichts, heute wirst du mit meiner Hülfe davon trinkern!“
„Mit ...“ sie schluckte, „... deiner Hilfe?“
Er nutzte ihr Zögern aus, entriss ihr einfach die Flasche mit einem unmissverständlichen Blick. „Warum hast du nie davon getrunkinn?“
„Ich ... ich hatte keinen Durst!“ erklärte sie sehr leise.
Er schüttelte die Flasche und hob sie hoch. „In diesem Saft sind viel mehr aufbauende und wichtige Stoffe als es je eure lumantischen Gemüsesäfte haben können.“
„Er riecht aber nicht gut!“ protestierte sie etwas lauter.
„Höre mal, Schlamm“, er warf sich in die Brust und ließ elegant den Deckel der Flasche aufspringen, „dies hier ist ein Saft, wie ihn nur unsere besten Experten zusammenstellen können ... kurz, ich weiß nicht was du hast!“ Er sog mit genüsslicher Miene den Duft des eigenartigen Trunkes schnüffelnd durch seine drei weit geöffneten Nasenlöcher ein und sein Ausdruck veränderte sich dabei schlagartig, rasch drehte das Gesicht zur Seite.
„Kontriglus“, keuchte er, bemüht, dabei möglichst ruhig dreinzuschauen. „Der hier riecht ein wenig streng, aber sehr würzig! Das musst du schon zugeben, kleinliche Lumanti!“
Er hielt die Flasche in der einen Hand, mit der anderen warf er die schöne, weiche Decke von seinem muskulösen Körper und stellte seine langen Beine auf den Fußboden. „Wir machen das so“, schlug er jetzt einfach vor. „Du kniest dich vor mir hin, öffnest den Mund und ...“
„Und was?“ ächzte sie skeptisch.
„Zai, ich spritze dir das Zeugs dann einfach so von oben rein.“
„Na, von unten wird`s wohl schwerlich gehen!“ murrte sie.
„Weiß man´s?“ knurrte er achselzuckend.
„Also ...“ schnaufte sie zornig.
„Meine Ideen sind nicht die allerschlechtesten - das ist mein Schnicksal!“ Er seufzte wieder mal sehr zufrieden.
„Galet... hinunter schlucken musst du das Zeugs dann schon von alleine!“ Er würgte sich bei diesem Gedanken etwas und fügte dann sehr ernst hinzu. „Danach werde ich leiber...hm ...leider gehen müssen.“ Er warf einen wehmütigen Blick auf das Bett.
„Hole mir aber zuerst das Küssen wieder unter dem Bett hervor“, befahl er mit hoch erhobener Nase. „Ich möchte nur dieses eine Küsschen von dir …“. Er holte tief Atem, „… mitnehmen!“
„Aber ihr Hajeps wolltet doch nicht Küssen … Quatsch … Kissen! Also nicht sunch sein!“ erinnerte sie ihn und setzte sich dabei so hin, dass er von seinem Platz aus das Kissen nicht sehen konnte, weil es in der Mitte des Zimmers lag.
„ Zai, ich will ja nur testinn, wie es ist, wenn man verweicheierlicht!“ verriet er ihr, ganz in der Tonlage eines Wissenschaftlers und Forschers. Da es ihm zu lange dauerte, bis sie sich rührte, wollte er sich hinunter beugen, um sich das Kissen selber unter dem Bett hervorzuholen, doch sie kam ihm zuvor, drückte ihn mit beiden Händen ziemlich schwungvoll auf die Matratze zurück, die deshalb mächtig bebte.
Aber er war ihr darüber nicht böse, ganz im Gegenteil. „Nurfi, nurfi, das federt aber nicht gerade am allerschlechtesten!“ stellte er völlig hingerissen fest und klopfte dabei gleich mehrmals mit der freien Hand auf die Matratze.
„Da sind ja auch ein paar Latten lose“, erklärte ihm Margrit ziemlich hektisch, „und die alten Sprungfedern sind auch nicht mehr die besten. Du .. .äh ... kannst ja das Kissen haben, aber erst einmal solltest du etwas mehr ausruhen, Oworlotep, denn du siehst krank aus!“ Das stimmte tatsächlich, denn er war erstaunlich schlank, fast dürr geworden, seit ihn Margrit zuletzt gesehen hatte. Die Augen lagen tief in dunklen Höhlen und waren dick geschwollen. Sie ärgerte sich jetzt darüber, dass er ihr Leid tat und wendete darum den Blick von ihm ab, gerade im richtigen Moment, denn nun sah Margrit, dass der Aulep nicht nur wieder zu sich gekommen war, er wollte sich gerade unter dem Bett hervor schieben. Es war zwar unten mächtig dunkel, aber Margrit meinte, die schreckliche Bombe in einer seiner Klauen zu erkennen, die er anscheinend dort wieder gefunden hatte. Sein ganzes Gesicht war vom Hass verzerrt und er sah dadurch noch froschähnlicher aus als er es ohnehin schon war. Er schien fest entschlossen zu sein, Oworlotep zu töten. Leider konnte ihn Margrit nicht erneut nieder schlagen, denn die Flasche war ja noch immer in Oworloteps Besitz.
„Ach, Oworlotep“, wandte sie sich an diesen, „könntest du mir wohl die Flasche geben?“ Sie bemühte sich, dabei ruhig und gleichmäßig zu atmen. „Und zwar ganz schnell!“ setzte sie nun doch hinzu.
„Ganz schnell?“ brummelte er verwundert, fügte aber dann mit belehrender Miene hinzu. „Ke, das lob ich mir, Schlamm, dass meine Worte bei dir solche Wirkung erzielen“, Oworlotep hatte wohl seinen kindlichen Spieltrieb wieder entdeckt, denn er drückte sein muskulöses Gesäß tief in die Matratze, um es danach wieder hochschnellen zu lassen, „dass du plötzlich dieses … hm … nicht unüble Getränk trinken willst!“ fügte er noch hinzu. Irgendetwas quietschte dabei ganz erbärmlich – waren wohl die alten Sprungfedern - und Oworlotep lauschte deshalb verzückt.
„Danke, Oworlotep, aber würdest du jetzt wohl bitte…?“ Margrit streckte ziemlich genervt die Hand nach der Flasche aus, während er weiterhin reichlich albern auf der Matratze herum schaukelte. Hach, am liebsten hätte sie ihm die Flasche entrissen!
Er sah auf Margrits ungeduldige Hand, hörte dabei ihre Finger aufmunternd schnippen. „Zai, solch ein Pflichtgefühl werde ich mir merken, Schwamm! Du bist würgelisch nicht eine der Ungehorsamsten, kleinliche Lumanti!“ lobte er sie abermals, machte jedoch weiter keine Anstalten, ihr die Flasche endlich zu geben.
„Also, Oworlotep, du musst dich langsam beeilen!“ fauchte sie nun richtig erzürnt und stemmte dabei die Hände in die Hüften. Komisch, warum kam der Aulep noch immer nicht zum Vorschein?
„Ke, was seid ihr Menschen doch komik!“ murrte Oworlotep nun doch ein bisschen verdrießlich und verstärkte dabei seine wippenden Bewegungen. „Erst lasst ihr euch endlos lange Zeit und dann hetzt ihr!“ Die Sprungfedern quietschten wieder sehr scheußlich und er machte dazu ein genüssliches Gesicht.
„Aber, wenn ich die Flasche nicht gleich bekomme, passiert etwas ganz Schreckliches, Oworlotep!“ verriet sie ihm nun doch.
„Schlamm, jetzt übertreibst du aber.“ Er hob gemahnend den Zeigefinger, während er weiter hüpfte. „So schnell passiert nichts, wenn du den Saft nicht gleich in deinen kleinlichen Körper rein bekommst.“
Margrit, warf einen ängstlichen Blick dorthin, wo der Aulep war und musste entdecken, dass der gar nicht mehr hoch kommen konnte. Der wurde nämlich von Oworlotep immer wieder eingeklemmt, sobald er nur Anstalten dazu machte. Jetzt schien er sogar halb am ersticken zu sein, nachdem ihm dessen mächtiger Körper mehrmals ins Kreuz gefallen war. Der Junge wurde erst grau, dann käseweiß im Gesicht.
„Halt!“ kreischte Margrit deshalb entsetzt.
Oworlotep hatte wohl ihren verstörten Blick bemerkt: „Chedai, Stramm!" murmelte er schuldbewusst und gehorchte zu ihrer Erleichterung. „Ich mache dir nicht dein schönes Bett kapudding. Tinninninn, alle unsere Lumbofine sind verwesentlich stabiler gebaut als eure Bettin!“ Er bekam wieder diese kleinen, behaglichen Augen. „Aber man kann leider nicht so herrisch darin wippern!“ Dann sah er stirnrunzelnd auf seine seltsame kugelförmige Uhr und seufzte: „Bei Ubeka und Anthsorr, habe ich viel Zeitig vertan!“
Er warf die Flasche endlich Margrit zu, jedoch so ungeschickt, dass diese ihr beinahe gegen den Kopf geflogen wäre. Gott sein Dank hatte Margrit rechtzeitig ausweichen können und die Flasche knallte mit ziemlicher Wucht auf den Boden. Sie musste wohl bruchfest sein, denn sie schien nicht beschädigt.
Oworlotep riss sich mühselig vom Bett hoch, schlug Margrit dabei auf den Hintern, als sie sich bückte um die Flasche aufzuheben und schlüpfte in die Stiefel. Schließlich stand er ziemlich steifbeinig und immer noch irgendwie müde in dem kleinen Raum.
Diesen Moment nutzte Guopduak voll aus. Nach mehreren tiefen Atemzügen hatte er sich wieder einigermaßen erholt und kam er unter dem Bett hervor geschossen. Er hielt die Bombe an Oworloteps Schläfe, noch ehe Margrit mit ihrer Flasche erneut zum Einsatz kommen konnte.
„Jambela! Udji to newadonon habana!“ zischelte der Junge erregt. „To jati anu arano bukan moren!“
Noch bevor Margrit reagieren konnte, war Oworlotep herum gefahren, hatte dem verdutzten Guopduak mehrere kräftige Ohrfeigen verpasst, dem Taumelnden die Bombe entrissen, und ihn zu Boden gestoßen. Margrit sah überrascht, dass Guopduaks Bombe in Wahrheit ein Teil von Danox war. Oworlotep hingegen schien darüber kaum verwundert zu sein. Er verstaute, während er dem Jungen mit großer Brutalität den Fuß in den Nacken stellte, dieses Stück in einer Tasche seines Hemdes. Er sah sehr zufrieden aus.
„Ke, wusstest du nicht, dass ich gegen Danox Stromstöße immun bin, du mistige, kleine Erdkröte?“ zischelte er hinter seinen herrlichen Zähnen auf Hajeptisch dem Aulep zu. „Saquolla ist eine Flompin, dass sie nicht davon gewusst hat!“ konnte Margrit still für sich übersetzten. „Ich hatte dich längst unter diesem Bett gesehen und mich schlafend gestellt und habe nur deshalb abgewartet, weil ich wollte, dass du mir Danox anschleppst.“ Margrit war fassungslos, je mehr sie sich übersetzte. „Und du hast es tatsächlich getan!“ wisperte Oworlotep amüsiert. „Xorr, es ist nicht am allerschlechtesten, noch ein Stück dieser Wunderwaffe zu besitzen“, hörte Margrit entsetzt. „In einer Woche feiern wir Ubekanara, das größte Fest aller Gläubigen, und somit ist das auch der Tag deiner Hinrichtung!“ wisperte Oworlotep hämisch. „Du wirst zur Ehre Ubekas Seite an Seite mit allen übrigen hinterhältigen Attentätern und Rebellen sterben.“
„Nein, das darfst du nicht tun!“ wisperte Margrit erschrocken und die schwere Medizinflasche zuckte dabei bedrohlich in ihrer Hand. „Er ist doch nur ein Kind!“
„Hich? Du kannst also Hajeptisch?“ Oworlotep musterte Margrit verblüfft und mit einem Anflug von großer Anerkennung, dann betrachtete er die Flasche in Margrits zitteriger Faust mit kaltem Blick. „Guopduak war erwachsinn genug um zu tötinn!“ stieß er hasserfüllt auf Deutsch hervor. „Er wollter meininn Tod und nun bekommt er seinen, Kontriglusia!“
Margrit wagte nicht, die Flasche gegen Oworlotep zu erheben, doch als er den Jungen fesseln wollte, hielt sie ihn beim Arm fest.„Ich bitte dich, habe Mitleid mit einem Kind!“ flehte sie.
„Xorr, Mitleib, was is das?“ fauchte Oworlotep geringschätzig, und schüttelte ihre Finger von sich ab. „Bei Ubeka, du erinnerst mich ubriginns ... zai ... übrigens daran, dass ich ja deine Strafe ganz vergessen habe, entbehrliche Lumanti!“
Margrit sah, wie sich die roten Fesseln derweil um Guopduaks Handgelenke schlängelten.
„Du willst mich auch bestrafen? Wofür?“ keuchte sie entgeistert. „He, ich habe vorhin sogar diesen Aulep niedergeschlagen, weil ich dich vor ihm retten wollte!“.
„Akir, das hast du getan und diesen Fehler hast du dir selbst zuzuschreiben! Palta ewede! Ich sage, du hast mich belogen und sogar vorhin in Wahrheit kein Küssen …“, er hielt inne und seufzte sehr traurig, „… unter dieses Bettschinn geschoben, sondern einen Attentäter und du hast außerdem mein Verbot missachtet, hast mitten in der Trauerzeit - zu Ehren Atabulakas - Besuch empfangen, kontriglusia. Du hast die Jastra dazu verführt, verweicheierlichte Gefühle zu entwickeln, indem sie Dinge tun sollten, die eigentlich nur den Senizen vorbehalten sind.“
„Aber Oworlotep, du willst doch die Gefühle der Menschen kennen lernen“, stieß sie verzweifelt hervor, „und irgendwie übernehmen.“
„Habe ich das gesagt?“ murrte er.
„Nein, aber ich habe gedacht, dass du es vor hast!“ gab sie kleinlaut zu.
„Menschen sollten nicht so viel denken, denn das beherrschen sie ohnehinne nicht richtick!“
„Oworlotep, also, du …du bist …“
Aber er ließ sie nicht mehr zu Worte kommen. „Außerdem hältst du Hetzreden gegen Pasua und rufst zu einer Revolution auf“, brüllte er wütend.
„Nein, niemals zu einer Revolution!“ ächzte Margrit verzweifelt. „Ich bin kein kriegerischer Mensch, doch ich liebe die Freiheit und hier herrscht eine fürchterliche, grausame Diktatur!“
„Riechtick! Und DIE sollst du auch wie alle anderen schmecken“, zischelte er erbost. „Ich will, dass du dabei bist, wenn zu Ehren Ubekas Saquollas Sohn geköpft wird.“
„Ge … köpft?“ Margrits Herz krampfte sich bei dieser Vorstellung zusammen und ihre Knie bebten. „Nein, das kannst du nicht wirklich wollen!“ keuchte sie.
„Zai, oh doch! Diese Hinrichtungen geschehen als Mahnung für sämtliche Attentäter und Rebellen“, fuhr er in eisigem Tone fort, „und auch als Mahnung für dich!“
Eine stählerne Hand schien sich um Margrits Herz zu legen, sie schwankte, begann zu schwitzen.
„Kontriglus, du sollst in vorderster Reihe sitzen, wenn dies geschieht!“ Oworlotep holte tief Atem, ehe er weiter sprach. „Und nun trink deine Medizin aus dieser Flasche, die du mir schon die ganze Zeitig über den Schädel ziehen wolltest, du hinterhaltiges Geschöpf!“ Dabei schlich sich Enttäuschung in sein Gesicht, die er jedoch sofort wieder wegdrängte
„Nein, das wollte ich nicht, jedenfalls nicht diesmal!“ bekannte sie ehrlich.
„Zai, das soll ich dir glauben, denda!“ Er schüttelte wild den Kopf mit den zwei Pferdeschwänzen. „Du hast dich verändert, kleinliche Lumanti, bist inzwischen nicht viel anders als die anderen! Und darum trink das Zeugs … urr … den herrlichen Saft, und zwar nachträglich für jeden Tag einen Schlück!“
Margrit war blass geworden, ließ jedoch den Deckel des komischen Behälters aufspringen und ihr Magen wollte sich umstülpen, während sie zu trinken begann und Oworlotep mit gehässiger Miene Schluck um Schluck zählte.

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„Schei ... tschudigung, Jule, aber wollen wir denen wirklich immer weiter hinterher schleichen?“ wisperte Tobias aufgeregt, während sie Herberts und Achims Weg durch die schmalen Korridore der Ganalea weiter verfolgten. Tobias kam Julchen auf Zehenspitzen hinterher, um so lautlos wie nur irgend möglich zu sein. Die vier Luronen schienen ihre Verfolger noch immer nicht bemerkt zu haben, ihre langen, rüsselartigen Nasen schlenkerten wegen ihrer tapsigen Bewegungen hin und her. Sie drehten sich kein einziges Mal nach hinten um, führten die Jungen ab wie zwei Strafgefangene.
Mit Herbert, der von den Kindern der Ganalea Herbi genannt wurde, verband Julchen inzwischen eine enge Freundschaft, hatten sie doch vor etwa einem Monat zusammen in einem Zimmer gelegen und einigen Unsinn dabei gemacht. Es war erstaunlich, wie schnell die Hajeps sowohl den entkräfteten Herbi als auch das geschwächte Julchen wieder völlig auf die Beine gebracht hatten.
Guatroch, einer der Hilfskrankenpfleger, vor dem sich Julchen und Herbi zunächst am allermeisten gefürchtet hatten, war in Wirklichkeit gar nicht gefährlich, sondern ein großer Kinderfreund. Oft hatte er mit Julchen und Herbi die verrücktesten Spiele gespielt und die beiden später zu jenem Zimmer gebracht, wo Tobias mit zwanzig weiteren Kindern einen großen Raum teilte.
Zum Dank für die vielen Beschäftigungen mit Guatroch hatten die Hajeps von Juliane und Tobias verlangt, sich nach einiger Zeit für die hier üblichen Versuche den Hajeps zur Verfügung zu stellen. Julchen und Tobias hatten eingewilligt,denn die Bilder, welche ihnen Guatroch gezeigt hatte – Luronen konnten wegen ihrer rüssselartigen Nasen ziemlich schlecht sprechen und daher kaum etwas gut erklären - hatten nicht schlimm ausgesehen. Bis jetzt waren aber sowohl Tobias als auch Julchen lediglich immer wieder untersucht worden, sonst hatte man weiter nichts mit ihnen gemacht.
Doch was war jetzt mit Herbi und Achim, den Tobias ganz besonders ins Herz geschlossen hatte? Sie hatten mächtige Angst um die Beiden und Julchen fuhr jetzt vor Schreck zusammen, als sie sah, wie Herbi mit einem Male von einem Luronen, dem größten und stämmigsten von den vieren, am Kragen gepackt und derb um die Ecke gezogen wurde. Herbi schrie erschrocken auf und Julchen traten vor Mitleid Tränen in die Augen.
„Oh, verfick ... oh Mann, meinte ich natürlich!“ ächzte Tobias, dabei am ganzen Körper zitternd. „Kehren wir
lieber um Jule, denn wenn Naratubonga merkt, dass wir weg sind, wird der vielleicht richtig sauer und dann ...“
Naratubonga war ein reinrassiger Hajep, wie alle Ärzte hier und dementsprechend kalt und gefühllos.
„Ich habe keine Angst vor dem ... nie!“ fauchte Julchen und mühte sich, einen Faden mit ihren Zähnen aus dem Ärmel ihres komischen Kittels zu ziehen und erhielt dabei einen kleinen Stromschlag. Ach, sie vergaß immer wieder, dass diese Klamotten aus feinen Schuppen bestanden, die irgendwie zusammengeschweißt und nicht miteinander verwebt waren.
„Aber wir müssen pünktlich um ir tan anakor zurück sein.“ Tobias schlenkerte den Arm, ließ dabei die kleine
Kugel in seine Hand rollen und schaute nach. Ach, es war wirklich gut, dass er noch immer ein recht geschickter Dieb war! „Hm, na gut!“ murrte er, als er die komischen Zeichen entziffert hatte, denn Guatroch hatte ihm das Lesen hajeptischer Zahlen beigebracht. „Nach ti ha ta quomu müssen wir aber zurück!“
Julchen nickte und ließ nach dem dritten Stromstoß den Ärmel wieder los.
Schon waren die Beiden ebenfalls um die Ecke und sahen, dass die vier Luronen erst Herbert, dann Achim durch eine Art Schleuse hindurch schoben.
Tobias wusste, dass die kahlköpfigen Luronen – lediglich einige lange Haare sprossen auf ihren mit Warzen übersäten Köpfen - eigentlich sonst immer ziemlich sanft und ruhig waren, doch die Hajeps mussten schon wieder irgendetwas Grässliches befohlen haben. Jeden Tag wurden Kinder abgeschleppt, mitten im Spielen weggeführt und kamen nicht zurück. Darum war es vielleicht gut, wenn man endlich mal sah, was mit ihnen geschah!
Tobias lief ein Gänseschauer den Rücken hinunter, als sie der seltsam ausschauenden Schleuse näher kamen, denn diese bestand aus einer unregelmäßig gefächerten, milchig trüben, geleeartigen Folie. Die leichtsinnigen Luronen hatten den Eingang, der irgendwie einer Rosenknospe ähnelte, einfach offen gelassen und so konnte man da bequem hindurch. „Oh, Schei ... wollen wir echt hinterher?“ wisperte Tobias entsetzt.
Julchen nickte und ihre Augen in dem runden Gesicht waren dabei noch größer geworden als sie es ohnehin schon waren. „Klar, der arme Herbi! Vielleicht können wir ihn befreien!“
„Und den armen Achim, Jule, den hast du noch vergessen!“ Tobias wischte sich mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen.
Julchen schaute nicht zu ihm hin, weil sie wusste, dass ihm das Weinen inzwischen recht peinlich war, aber er tat es sehr oft.
Tobias rieb sich die Nase mit dem Ärmel seines Kittels trocken. „Soll ich ...“ er gab sich plötzlich einen Ruck, „... da als erster durch?“ Zwar war er grau im Gesicht, dennoch brachte er es fertig, ohne zu zittern mit dem ausgestreckten Finger auf die seltsam wabernde Schleuse vor der sie nun standen zu weisen.
„Warum?“ keuchte Julchen aufgeregt und schluckte.
„Na, ich bin doch der ... der Kerl und du nur `n Mädchen!“ wisperte er, den geringschätzigen Unterton dabei nicht vermeidend.
Julchen wurde rot vor Empörung. „Nein!“ sagte sie heroisch. „ICH gehe vorne!“
„Vorweg!“ verbesserte sie Tobias und ächzte erleichtert, doch dann wurde er abermals blass, denn Juliane machte das tatsächlich wahr. Erstaunlich geschickt, ohne die schleierartigen Türen dabei zu berühren, schob sie sich in den leicht transparentem Tunnel hinein und schlich dort drinnen mit eingezogenem Halse weiter.
Tobias sah ihren Schatten. „Oh, Schei ... äh ... warte doch wenigstens ein bisschen!“ keuchte er verzweifelt.
Doch als Julchen plötzlich gar nicht mehr zu sehen war, strafften sich Tobias schmale Schultern und dann schlängelte er sich ebenfalls durch den seltsamen Eingang.

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Paul schlug die Augen auf, die Zunge klebte ihm am Gaumen und er hatte einen komischen Geschmack im Mund. Er hatte lauter wirres Zeug geträumt. Vor allem immer wieder von einem schrecklichen Kampf mit einem drachenähnlichen Wesen, welches ihm derart schlimme Wunden zugefügt hatte, dass er eigentlich gemeint hatte, an ihnen bereits verblutet zu sein, aber er war gar nicht tot - oder doch? Er bewegte vorsichtig seinen Kopf – oh, tat ihm der weh - und schaute sich um. Nein, hier gab es keine Engel, kein Licht, eher herrschte Dunkelheit. Wo war er nur?
Paul hob den Arm, bemerkte dabei, wie schwach er war, aber den hin und her zu bewegen ging, dann versuchte er es mit dem anderen, das war kaum möglich – verdammt, war die Schulter steif geworden und sie schmerzte so sehr, dass er dabei laut aufstöhnen musste. Also war alles kein Traum gewesen?
Er tastete vorsichtig die Schulter ab und fuhr entgeistert zurück - nanu, was war denn das für eine eigenartige, verkrustete Haut? Es kostete Paul einige Überwindung, um erneut nach der Schulter zu greifen und nun erschrak er dermaßen, dass ihm übel wurde. Er würgte sich, rang nach Atem! He, das durfte doch alles nicht wahr sein, denn er hatte an jener Stelle eine schwielige, sehr dicke Haut erfühlt. Er biss sich auf die Lippe, klopfte gegen diese Schulter aus Horn und spürte wie die Erschütterung an die Nervenzellen seines Körpers weiter geleitet wurde. Es tat an jener Stelle wieder sehr weh. Ohne Zweifel war dieser Hornschild mit den Muskeln und Nervensträngen seines Körpers verbunden. Erschlafft fiel sein Arm zurück, noch immer war ihm kotzübel und sein Herz jagte. Es war unglaublich, aber man hatte wohl die Reste seiner eigenen Schulter entfernt und ihm stattdessen eine fremde Schulter eingepflanzt. Tränen traten ihm ob dieser schrecklichen Erkenntnis in die Augen. He, das musste er erst einmal verarbeiten.
Graues Tageslicht erhellte ganz allmählich die Dunkelheit, es kroch sanft durch die kleinen Fenster jenes schmalen Raumes, in welchen man ihn auf den Fußboden gebettet hatte.
Paul hörte plötzlich, dass die Tür leise rauschend aufging und dann Schritte von Stiefeln, die sich ihm näherten. Er konnte zwei Hajeps im Dämmerlicht erkennen, die hintereinander liefen. Der Vorderste ging stolz und aufrecht, obwohl er nur die einfache Kleidung der Kutmatz trug wie sein Hintermann. Er hatte einen kahl geschoren Schädel und nur in der Mitte seines Kopfes wuchs ein kurzes Haarbüschel, das ihm in kleinen Kringeln vom Kopfe abstand. Die Person hinter ihm war wesentlich größer und stämmiger gebaut und hatte das lange, helle Haar zu einer Art Pferdeschwanz gebunden. Nun stand der Vorderste direkt vor Pauls Lager und beugte sich zu ihm hinab.
„Sa ta tor djuk plon?“ fragte er.
Paul kannte nur sehr wenige hajeptische Brocken, war zudem etwas benommen und wusste daher nicht, was genau er darauf antworten sollte.
Deshalb winkte der Kahlköpfige seinen Hintermann näher zu Paul heran.
„Lasser disch nicht tauscheln von einfachlichte Kleidüng“, klärte der Mann mit dem Pferdeschwanz Paul auf. „Godur is Ärzt und sogare einer Jastra! Er disch gefragert hat, ob es dir gängert nun bester!“
„D ... doch, das geht es mir eigentlich!“ stotterte Paul und schaute dem seltsamen Übersetzter verwundert ins Gesicht, denn dessen Antlitz war ganz verfaltet und wettergegerbt. Es war der erste außerirdische alte Mann, den Paul je gesehen hatte.
„Du staunerst?“ antwortete dieser, kaum dass er Pauls fragenden Blick bemerkt hatte. „Meiner Name is Sungapelke, isch weiß, du kennerst Ellerfiede!“ fügte er leuchtenden Auges hinzu.
„Ellerfiede?“ echote Paul verdutzt, aber dann war ihm alles klar. „Herzlich willkommen, Kumpel!“ Er schüttelte dem verdutzten Sunga mit einem Male sehr wild die Hand. „He, wie kommt ihr Beiden denn hierher?“
„Langer Geschichte!“ winkte Sunga ab, warf dabei einen schnellen Blick auf den Arzt und übersetzte Pauls Worte.
Godur nickte. Er hatte inzwischen ein kleines Fläschchen aus den Falten seines derben Kittels hervor geholt. Er schien in Eile zu sein, denn er drückte es Sunga ziemlich ungeduldig in die Hand. „Ibo ajo auka ir gulsano!“ wies er Sunga an. Dieser ließ den komischen Deckel des flaschenähnlichen Behälters aufspringen, wandte allerdings sofort sein Gesicht davon ab, kaum dass der sonderbare Duft zu ihm aufgestiegen war.
„D … das du sollst trinkern - is Kraft aufbauindis Mittel drin!“ machte er weiterhin Godurs Anweisungen Paul verständlich. Und dann setzte Sunga auf Befehl des Arztes den Flaschenhals ziemlich rigoros einfach an Pauls Lippen.
„To juko tianio twach gulsanio!“ befahl Godur,
„Trinker eininn großinn Schlick!“ übersetzte Sunga, da Paul immer noch zögerte.
„D ... danke!“ ächzte Paul wenig später verstört. Schmeckte ja widerlich dieses Zeugs. Er wischte sich mit dem Handrücken die Lippen trocken, aber er würde jetzt alles schlucken, nur um endlich auf die Beine zu kommen.
Sunga reichte die Flasche an Godur weiter, der ihm tief befriedigt zunickte.
Paul war endlich eingefallen, was zuletzt geschehen war, dass die vielen Träume in Wirklichkeit immer wieder von der Wahrheit berichtet hatten. Er musste tatsächlich Gladiator gewesen sein und hatte gegen einen Magoda gekämpft und irgendein Trowenmischling - nein, es musste wirklich George gewesen sein, den man wie ihn umoperiert hatte, denn woher sollte ein Trowe seinen Namen kennen? – hatte ihm das Leben gerettet. Aber wo war George jetzt? Paul wollte sich aufrichten, um nach ihm zu suchen. Vielleicht war sein treuer Freund ebenfalls schwer verletzt worden und lag hier auch irgendwo?
Aber Godur drückte ihn sanft wieder auf das Strohlager zurück. „Ima uja dedi tosannan!“ hörte er dessen helle Stimme.
„Musserst liegen bleibern!“ übersetzte Sunga mit ausdruckslosem Gesicht. „Wen du sucherst?“
„Ich … ich suche nach George. Na, den wirst du wohl nicht kennen!“ brachte Paul etwas unsicher hervor. Ach, er war nicht nur erschöpft, sondern auch immer noch ziemlich durcheinander, nach alledem, was er erlebt hatte. „Du und Mutsch habt mich also irgendwie frei gekauft, nicht wahr?“ erkundigte er sich aufgeregt.
„Doch wahr!“ protestierte Sunga und nickte gleich mehrmals. Sein dicker Pferdeschwanz wackelte dabei. „Habinn Fleischpreis bezahlt for disch an Tschumika, denn sonstig manne hättete disch verfuttert an hungarige Magodas!“
„Igitt!“ Paul würgte sich bei dieser Vorstellung, dann hielt er den Atem an und schluckte. Ach, es fiel ihm schrecklich schwer, bei dieser Gelegenheit seine furchtbare Vermutung hervorzubringen. „Godur hat mir wohl die verletzte Schulter entfernt und dafür die eines ...“ er keuchte und hoffte dabei noch ein letztes Mal, dass man sich über diese verrückte Idee amüsieren würde, „… Magodas eingepflanzt. D ... das ist doch richtig oder?“
Sunga hatte Pauls Worte schnell für Godur übersetzt und wandte sich nun wieder an Paul: „Das ist sehr rischtick! hat Godur gesagt!“
„Akir!“ knurrte dieser bestätigend und schien wohl auch noch auf diese Operation recht stolz zu sein.
„Dandu tai ularmidir wan rir anio aem magoda! Wan rir Barkakrek!“ erklärte der Arzt und warf sich dabei in die Brust.
„Und der Oberschänkel is auch vonne Magoda, sagert gerader Godur. Du hast jitzt die robüsten Körperteiler vonne Barkarek! Es würder ihn bestümmt freuern, wenn er das sehern könnerte, abar er is ja tot.“
„He, warum ausgerechnet Körperteile von dem?“ ächzte Paul fassungslos.
Sunga übersetzte wieder für Godur.
„Iltu kimla ta len tai hiat teto betamo dendo sahajon!“ erklärte der Asab mit hoch erhobener Nase.
„Xorr, anders es wärre bei diesar Eile nischt mehr gegangern!“ übersetzte Sunga, eine ebensolche Begeisterung wie Godur an den Tag legend.
Völlig enttäuscht fiel Pauls Kopf zur Seite. Erneut kämpfte er mit den Tränen, schlug mit der Faust mehrmals auf seine Unterlage und hörte das frische Stroh, auf welches man ihn bebettet hatte, dabei rascheln. He, er musste sich damit abfinden, er war eben jetzt zum Teil eine Echse, na und? Oh Mann, wie sah er denn damit aus? Dieser halbverrückte Godur hatte ihn zu einem Krüppelwesen umfunktioniert. Lohnte es sich da überhaupt noch zu leben? Nein, das konnte er nicht verkraften. Dann aber fiel ihm das schreckliche Schicksal Georges ein, den man fast völlig zu einem Trowe verunstaltet hatte und er atmete tief durch.
„Okay“, sagte er langsam. „Ich danke Godur dafür, dass er mir das Leben gerettet hat, auch wenn das auf eine solch schreckliche Weise geschehen ist.“ Er dachte kurz nach und fügte dann hinzu. „Aber da er ein Jastra ist, wird der das bestimmt nicht aus Nächstenliebe getan haben. Was hat er dafür verlangt?“
Er blinzelte zu Sunga skeptisch empor und dieser übersetzte.
„Godur is keiner rischtiger Jastra, hat er gesagt, immar Kutmatz gebleibert und verlangert daher von uns nischts weitar, als dass wir for ihn spater eininn kleinlichen Auftrag erleddigen!“
Paul grinste sarkastisch, er merkte schon, dass Sunga ziemlich große Stücke von Godur zu halten schien.
„Das allis hast außerdämm Fidschinn zu verdakern“, fuhr Sunga mit stolzer Stimme fort. „Sie kennert dich und isch for sie getan habe all dies, weil sie nischt is die Allerschlechteste for mir und weil …“ er hielt inne und senkte dabei ein wenig verlegen sein Haupt, „… ich sie mogel! Daher werdere isch dieser Arbeit for Godur machern!“ sprach er hastig weiter und nickte dabei Godur freundlich zu.
„Und wo ist Muttsch ... äh ... Friedchen?“ wollte Paul jetzt wissen.
„Glaubere, is auf Marktplatz um zu verkaufin gefundenne alte Sachin von Kutmatz!“
Paul musste nun doch bei dieser Vorstellung schmunzeln, denn Muttchen konnte manchmal sehr hartnäckig sein, wenn es um Tauschgüter ging. Er grinste auch noch, als ihn der Arzt untersuchte, denn er war mit einem Male glücklich, dass er noch am Leben war, weil er hoffte zumindest einen Teil seiner Freunde wieder zu finden.

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Orgumor knirschte hilflos mit den gelben Zähnen, als er auf den Rücken krachte. Er spürte den harten Betonboden unter sich und sah überall die vielen kleinen Blutspritzer darauf - Trowenblut. Dieser Mischling mit den grünen Lumantiaugen hatte ihn nun bereits zum dritten Male besiegt. Zum dritten Male, was bedeutete, dass er versagt, nicht geschickt genug mit diesem primitiven Lumantischwert gegen ihn gekämpft hatte. Aber er war nicht träge, lediglich nicht so reaktionsschnell und stark gewesen wie dieser. Außerdem hatte jener Mischling ihn ziemlich mies getäuscht, so dass er verlieren musste.
George legte nun die scharfe Klinge seines Schwertes Orgumor direkt an die Kehle. „Du bist des Todes!“ knurrte er auf hajeptisch.
„Bei allen Göttern, nicht schlecht!“ rief Baxargedio auf hajeptisch und klatschte begeistert in die Hände, während er sich von dem kleinen Stuhl erhob, auf welchem er die ganze Zeit inmitten des Hofes seines Anwesens gesessen hatte, um diesen Kampf zu verfolgen. „Du bist wirklich nicht einer meiner übelsten Krieger Ulkanir!“ Er klopfte dabei George auf den breiten Trowenrücken. „Dass du auch noch Orgumor, einen meiner nicht gerade schwächsten und wohl kaum dümmsten Gladiatoren, in die Knie zwingen würdest, hätte ich nie gedacht! Es hat sich also gelohnt, dich - der nicht gerade schlauen Saquolla - für ein paar Klontis abzukaufen! Aber Saquolla ist ja himponksüchtig.“
George wusste zwar nicht was Himponk ist, aber das interessierte ihn auch in diesem Moment weniger. „Und was soll ich nun mit Orgumor tun, oh, mein Gebieter?“ fragte George auf Hajeptisch. Er wurde von seinem neuen Herrn einfach Ulkanir, der Vielseitige genannt.
„Pine ejo jima!“ verlangte Baxargedio mit kalter Stimme und rieb dabei an seinen Pickeln herum, die er immer vom Tragen seiner Maske bekam. „Töte ihn!“
George schluckte, nicht nur, weil er diesen Befehl zum ersten Male aus Baxargedios Mund hörte, sondern auch, weil er es einfach nicht einsah, einem hilflosen Gegner die Gurgel durchschneiden zu müssen. Aber er hatte es geahnt, nach alledem, was die anderen Gladiatoren bereits über Baxargedio erzählt hatten. Da blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als zu gehorchen. ´Ritsch!´ machte es leise und dann gurgelte das Blut des Trowes zwischen den dichten, grünen Haaren, die an dessen Halse sprossen, hervor.
„Hiat Ubeka, nicht schlecht!“ jubelte Baxargedio weiterhin auf Hajeptisch, als er das Blut sah. „Du scheinst wirklich keinerlei menschliche Gefülle mehr zu haben Ulkanir, denn sonst hättest du zumindest ein wenig gezögert!“ George nickte Baxargedio kühl zu und dann packte er den leblosen Orgumor einfach beim Arm und schleifte ihn auf die Art und Weise, wie er es vorhin bei den anderen Gladiatoren gesehen hatte, wenn jemand von ihnen getötet worden war, weg, eine lange Blutbahn dabei auf dem Betonboden hinter sich lassend.
Kaum war George mit Orgumor hinter dem Lattenverhau verschwunden, wo es einen kleinen, freien Platz zwischen hohen Farnen gab, beugte er sich zu diesem hinab und wisperte ihm zu: „Du kannst jetzt die angeklebte Quetgirflasche aus deinem Fell hervor holen und weg rennen. Nimm am besten den Weg auf der linken Seiten vom Hof!“
„Mache ich, Ulkanir und ich werde nie vergessen, dass du mir auf diese Weise die Freiheit wieder gegeben hast!“ knurrte der Trowe. „Denn nun wird mich Baxar aus seinem Überwachungsprogramm löschen, obwohl ich noch immer seinen Chip im Körper trage.“ Dann war Orgumor auch schon auf dem Weg und hinter einem der weißen „Quorgos“ Mehlbäume verschwunden.
Etwa zehn Minuten später hörte George hinter sich Baxargedios Schritte. „Hast du den fünf Magodas dort hinten Orgumors Leichnam in den Käfig geworfen?“
„Akir, das habe ich, oh Herr!“ sagte George mit leiser Stimme.
„Und warum sehe ich keine Blutspur bis dort hin?“ fragte Baxargedio mit seltsamem Unterton.
„Ach so, die?“ antwortete George. „Nun, ich hatte die Leiche in diese Schubkarre gepackt“, er schob ihm eine blutverschmierte lumantische Schubkarre entgegen, welche er mit den Resten des Fläschchens eingerieben hatte, „und bis zu den Käfigen gefahren. Na ja, und dann ...“ George verzog das Gesicht zu einer hämischen Fratze. „Wie schnell Magodas fressen können, wisst ihr ja!“
„Bei Ubeka, das weiß ich!“ Baxargedios Gesicht zuckte bei diesem Gedanken sadistisch. „Hiat Anthsorr, du funktionierst wirklich nicht schlecht!“ Und dann juckte er sich wieder. „Sicher hast du nicht vergessen, dass ich dir in deinen Oberarm einen weiteren Chip habe einpflanzen lassen?“
„Akir, oh Herr, wie könnte ich mich an so etwas nicht erinnern!“ erwiderte George weiterhin auf Hajeptisch und nickte.
„Aber vermutlich wusstest du nicht“, verriet ihm Baxargedio, „dass ich über diesen jederzeit hören kann, mit wem du sprichst und was du selber sagst.“
George erwiderte dazu nichts, hielt jedoch den Atem an.
„Es ist die neueste Erfindung Atimoks!“ erklärte Baxargedio weiter. „Dieser Name wird dir wahrscheinlich nichts sagen, aber der Bursche ist – obwohl nur ein Kirtif - einer unserer genialsten Erfinder gewesen. Leider musste er sehr eilig Zarakuma verlassen.“
´Natürlich kenne ich den´, dachte George still für sich, ´und Atimoks Erfindung, ein Abhörgerät in Körper einzupflanzen, ist wirklich noch nicht ganz ausgereift, denn ich habe dieses Gerät ganz leicht zerstören können, ohne bei Baxargedio ein Alarmsignal auszulösen.´ „Ich bin nur ein Mensch, oh Herr, und …“
„Denda, du bist jetzt ein Trowe!“ verbesserte ihn Baxargedio.
„Dann bin ich eben ein Trowe und als solcher stehe ich immer sehr ehrfürchtig den Erfindungen der Hajeps gegenüber!“ insgeheim fragte sich George, was Baxargedio eigentlich von ihm wollte, dass er mit so viel Umschweife dieses Gespräch begonnen hatte.
„Diese Ehrfurcht ist sehr berechtigt, Ulkanir!“ befand Baxargedio zufrieden. „Dann kann ich dir wohl verraten, wer ich in Wahrheit bin. Tief in meinem Herzen denke ich nämlich nicht so altertümlich hajeptisch wie Oworlotep, der nur eine Majonette Pasuas ist. Ich denke eher lotekisch!“ Baxargedio klopfte sich dabei ziemlich wild an die seidenverhüllte Brust. „Die hohe Technik hat unser Volk nach und nach zerstört, es zu psychischen und physischen Krüppeln gemacht und ich will ein Zurück! Ein Zurück zur Natur, damit alle Lebewesen wieder frei werden. Darum nieder mit den Gesetzen Pasuas, wir brauchen nämlich überhaupt keine, um uns endlich richtig zu entwickeln!“
„Aber wenn mein Gebieter die Freiheit aller Wesen will, warum hält er sich dann Gladiatoren?“ wagte George nun doch zu fragen.
Für einen Moment stutzte Baxar über diese freche Frage, aber dann sagte er. „Wir sind noch nicht so weit, Ulkanir! Und du bist selbst Schuld, dass du in diese Lage gekommen bist. Xorr, die gesamte Menschheit ist Schuld, dass wir sie erobern konnten. Auch wir sind Schuld, dass wir solch ein System wie Pasua bekommen haben und so lange wir Hajeps noch nicht so weit sind, dass wir uns befreien können, muss ich mich tarnen und so tun, als wäre ich wie all die Anderen.“
George zitterte vor Zorn über diese Antwort. „Mein Gebieter lässt also Leute einfach sterben, fordert andere zum Töten auf und spricht von Freiheit für alle?“
„Du bist ziemlich aufsässig, Gladiator!“ überging Baxar einfach Georges Frage. „Jedoch gefällt mir gerade das an dir. Leider habe ich im Moment keine Zeit, um dir die lotekischen Lehren verständlicher zu machen. Aber ich glaube, wärest du kein Gladiator, würdest du wohl einen nicht gerade schlechten Rebellen abgeben. Aber was nicht ist, kann ja vielleicht noch werden“, erklärte er plötzlich mit einem verheißungsvollen Blick, „denn ich habe einen Auftrag für dich. Solltest du diesen zu meiner Zufriedenheit erledigen, würde ich dich künftig davon befreien Gladiator sein zu müssen.“
„Ich bekomme von meinem Gebieter einen Auftrag?“ wiederholte George überrascht.
„Sehr richtig, Ulkanir!“ Baxargedio holte einen kleinen, runden Behälter aus dem Mantel und es roch komisch nach irgendeinem Medikament, als er sich mit dessen Inhalt einige seiner Pickel besprayte. Er seufzte erleichtert, nachdem der Juckreiz aufgehört hatte. „Xorr, sicher hast du schon über die Jastra einiges gehört“, begann Baxargedio ein wenig zögerlich.
George dachte kurz nach. „Akir, habe ich, oh Herr!“
„Dann wirst du wohl auch wissen, wer deren Oberhaupt ist.“ Baxargedio verstaute dabei das Fläschchen wieder in seinem weiten Mantel.
„Das scheint im Moment Nuramono zu werden“, brachte George etwas unsicher hervor. „Er wird der neue Oten, nicht wahr?“
„Doch wahr!“ erwiderte Baxargedio etwas genervt. „Ihr Menschen habt eine sonderbare Sprechweise, aber dennoch, du bist nicht gerade am allerschlechtesten informiert.“
„Danke, mein Gebieter!“
„Du solltest wissen, dass viele von uns Rebellen der Meinung sind, dass in Wahrheit niemand anders das Volk der Hajeps regiert, als Oworlotep und das hat sich auch bei unseren Feinden herum gesprochen. Nikrowai und die Kaste der Setarier hatten alles so geschickt manipuliert, dass die anderen Parteien mit ihren Anwärtern nicht mehr zum Zuge kamen oder umgebracht wurden. Zwar gibt Oworlotep vor, nur ein Wächter Pasuas zu sein, aber das glaube, wer will.“ Baxar machte dabei eine wegwerfende, verächtliche Handbewegung. „Jedenfalls ist Oworlotep somit befugt, die Hinrichtungen zur Ehrung unserer Göttin Ubeka durchzuführen. Das wollen wir verhindern und darum lautet mein Auftrag: Entführe Dannaeh!“
„Dannaeh?“ George schluckte bei der Erinnerung an diese wunderschöne Frau. „Warum ausgerechnet sie?“
„Zai, Oworlotep – tja, wie nennt ihr Menschen das – hängt! Er hängt eben sehr an seiner Frau!“
„Sie ist seine Frau?“ keuchte George überrascht.
Baxargedio nickte.
„Hat er mit ihr auch Kinder?“
„Ist das wichtig? Kontriglus, wir können schon seit Jahrhunderten keine Kinder mehr bekommen!“ entgegnete Baxargedio hochnäsig.
„Doch Trowes und Auleps können das wohl schon?“ hakte George nach.
„Allerdings!“ erwiderte Baxar genervt. „Sie würden sich so zahlreich wie die Kmurfe vermehren, verstünden wir nicht, dies zu verhindern. Wir wissen auch nicht, weshalb sie so fruchtbar sind. Jedenfalls, wenn du Oworloteps Frau entführst, wird es wohl für ihn etwas schwierig werden, die Hinrichtungen an den Strafgefangenen auszuführen, denn wir werden ihn mit Hilfe dieser Geisel daran hindern. Er muss sämtliche Gefangenen im Austausch gegen Dannaeh freilassen.“
Eigentlich war dieser Gedanke recht gut, doch George hegte keinerlei Sympathie für Baxargedio und war daher auch irgendwie skeptisch. Würde Baxargedio wirklich Dannaeh frei lassen, wenn Oworlotep gehorchte, oder würde er sie anschließend doch sterben lassen? Er hatte Angst um Dannaeh, außerdem schämte er sich, als plumper Trowe verwandelt, ihr gegenüber zu treten. Aber vielleicht würde sie ihn ja auch gar nicht erkennen! Selbst Paul schien nicht zu wissen, wer er in Wirklichkeit war. So riss er sich zusammen, denn wenn er nicht Dannaeh entführte, bekam bestimmt ein anderer diesen Auftrag und so fragte er mit ruhiger Stimme: „Wann und vor allem wie soll ich das machen?“
Da gerade drei Wachsoldaten aus Lakeme Baxargedios Hof, der seine prächtige Villa umschloss, betraten, beugte sich dieser zu George vor und wisperte ihm einiges ins Ohr.

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„Du lieber Himmel!“ jammerte Elfriede, holte sich abermals ihr Taschentuch hervor und wischte sich die verweinten Augen trocken. „Warum erkennst du dein Frauchen nicht mehr, Munkilein?“ Seit etwa einer Stunde war sie schon dem kleinen, schwarzen Schatten hinterher gelaufen, der ihr immer wieder pfeilschnell von Busch zu Busch fortgeflitzt war. Inzwischen hatte sich Elfriede dabei ziemlich weit von Kontaip entfernt. Ach, leider war sie nicht mehr die Jüngste! Aus diesem Grund ließ sie sich erschöpft auf einem der großen Felsbrocken nieder, die hier überall in dem hohen Grase zu sehen waren, hielt jedoch dabei weiterhin eifrig Ausschau nach dem vierbeinigen, langschwänzigen Schatten.
„Komm schon Munk!“ schnaufte sie, jetzt richtig energisch geworden. „Ich habe dich doch längst entdeckt! Warum versteckst du dich nur immer vor mir?“
Völlig entnervt nahm sie sich schließlich einen langen Ast und stocherte damit im Gebüsch herum.
Da hörte sie ein lautes, verärgertes Quietschen hinter den kleinen, roten Zweigen des Busches und dann zischte zu Elfriedes Überraschung ein schwarzes, gürteltierähnliches Wesen mit langen Säbelzähnen, die aus dem Maul weit heraus ragten, direkt auf sie zu.
„Aaargh, nein!“ kreischte Elfriede entsetzt. „Meine Augen sind wirklich nicht mehr die besten! Hilfe, Hilllfeee!“
Dann schlug sie mit dem Ast wie verrückte nach dem fauchenden Tier, erreichte aber damit nichts anderes, als dass es sich an diesem festbiss. Geistesgegenwärtig ließ Mutsch den Ast los, das Tier tat jedoch das gleiche.
„Oh Go-ott“, kreischte Mutsch hoffnungslos. „Konntest du nicht ein kleines bisschen daran herum nagen?“
Schon wollte es sie in die Wade beißen, doch in ihrer Verzweiflung trat Elfriede nach dem Tier. Der Schuh musste ihm wohl besser schmecken, denn es nagte plötzlich daran herum. Leider trug Elfriede den noch immer am Fuß und so tat das ziemlich weh. Es gelang ihr nicht den Schuh auszuziehen, sonst wäre sie dabei hingefallen.
Da fiel ihr ein, dass sie ja eine tolle Decke in ihrem Rucksack hatte, die sie eigentlich für die Kaste der Kutmatz auf dem in der Nähe liegenden Markt hatte verkaufen wollen. Sie griff also nach hinten auf ihren Rücken, zerrte die Decke aus dem Rucksack, warf diese über das völlig überraschte Tier. Es ließ endlich den Schuh los, raste jedoch mit der Decke über sich irgendwo hin. Dabei verwickelte es sich für einen Augenblick darin und dieser Moment genügte Elfriede, um sich davon zu machen.
Auf halbem Wege begegnete ihr Bingaburga, die senizische Anführerin ihrer Gruppe. „Wofür du rennerst weg?“ erkundigte sich diese verwundert auf Deutsch, da Elfriede immer noch nicht richtig Hajeptisch gelernt hatte. Bingaburga hatte hinter einem der Felsen ihr Lai geparkt, mit welchem sie gerade gekommen war, um hier auf der Wiese nach einigen ´Quintis´ (Schleimpilzen) zu suchen, die sie ebenfalls auf dem Markt verkaufen wollte.
„Oh, da hinten ist ein schreckliches, wildschweinartiges Gürteltier, das uns bestimmt gleich angreifen wird“, stieß Elfriede aufgeregt hervor.
„Meinst du das Alnauko?“ erkundigte sich Bingaburga.
„Weißt du, es ist mir im Augenblick völlig egal, wie es heißt. Huch! Da kommt es schon angetrippelt!“
„Du kannst ganz rüisch bleibern, denne es kann nür kniffinn, weil seiner Zänne verkrüppelt sind.“
„Verkrüppelt?“ rief Mutsch verdutzt, und blieb, wenn auch ängstlich, genau wie Bingaburga stehen und schaute sich um.
„Es is bestümmt aus dem Zoo ausgebrochinn!“ mutmaßte Bingaburga. „Aber es stinkert nicht am allerschlechtesten, weene es Fuscht hat!“ erklärte sie weiter, während sie abermals über die Schulter zurück blickte.
„Oh, puh, und ich habe ihm unsere Decke gegeben, die ich verkaufen sollte!“ fiel es jetzt Elfriede ein.
„Unserere Däcke, die nischt die Allerschlechteste war?
Elfriede nickte betroffen.
Dann liefen sie gemeinsam zu jener Stelle, wo noch immer die Decke lag und diese stank wirklich ganz entsetzlich.
„Ich stehe tief in eurer Schuld!“ jammerte Mutsch betreten. „Was kann ich für euch tun?“
„Einiges, aber isch bekomme bestümmt ein kleinliches Sümmchen vom Zoowärter, wenn isch ihm die Stelle verratere, wo isch das Alnauko gefundinn habe! Xorr, isch werde mir bestümmt von diesen Klontis einigge Stäbchen Himponk kaufen können!“
„Was für eine Sache ist denn schon wieder Himponk?“ fragte Mutsch genervt. „Ach, egal! Aber das komische Viech habe doch ich entdeckt!“ brachte sie Bingaburga vorsichtig in Erinnerung.
„Pwi“, entgegnete die jedoch und brachte ihren Schleier im dichten Haar mit ein paar hübschen Spangen wieder in Form. „Du wussterst doch nischt was für ein Viesch es is! Abar du kannst mitkomminn, ein paar alte Bogdaueier holinn, die du dann an Stelle der Däcke auf dem Markt verkaufinn kannest.“
„Igitt ... alte Eier?“ Mutsch verzog das Gesicht.
„Zai, dandu! Unsere Speisinn sind sait Jahrhundertinn derartig mit Chemie angeraichert und so weit von naturlischen Produktinn entfernet, dass die Leute das bisschinn Faules an rischtigen Eiern mit ihren schlächtinn Geschmackspapillen bestümmt nischt mehr heraus schmäckinn werdinn! Xorr, du musserst diese Eier ebin ganz besonders anpreisinn, als sogenannter Natürprodukte sozusaginn!“
Beide liefen sie nun auf das geparkte Lai zu. „Aber Bogdau … äh … was ist das eigentlich?“ wollte Elfriede nun doch wissen. „Sag bloß, wieder so`n komisches schwarzes Viech!“
„Akir, es is schwarz und …“
„Nein, dann steig ich nicht ein!“ protestierte Elfriede.
 
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Kommentare  

liebe doska
ich weiss garnicht wo ich anfangen soll dein kapitel zu bewerten. ich sage einfach super geschrieben, hat mir sehr gut gefallen. der handlungsstrang ist sehr tiefgreifend, ich freue mich schon auf das nächste kapitel.
liebe grüsse
mcgue


mcgue (09.10.2006)

Ah, wie schön, ein neues Kapitel, passend zum Ausklang der Woche.
Wie bin ich erleichtert, dass das Attentat auf Owi daneben gegangen ist. Auch wenn ich es ein bißchen fies finde, dass er Margrit zwingt, bei der Hinrichtung zuzusehen. Aber wer weiß, ob die auch so fabelhaft über die Bühne geht, wie er es sich vorstellt, hehe ...


ISA (06.10.2006)

Oh,Mann... puh!
Danke für dein aufmerksames Lesen, liebe Holdriander. Du hast recht. Ich war als Kunststudentin pflichtgemäß sehr oft im Zoo, um diverse Viecher zu zeichnen. Von daher muss mir noch das Wort Alpakaka in den Ohren gehangen haben und daher die Abwandlung Alpako. Ist mir jetzt eingefallen und ich glaube das sind Lamas, nur etwas kleiner oder ? Naja, solch ein graziles Viech ist der hajeptische Alp...na,wie soll der jetzt heißen, jedenfalls nicht.
Angestrengte Grüße,
weil über einen neuen Namen grübelt...hmm!


doska (03.10.2006)

eine ganz tolle fortsetzung. alle beieinander, die kinder, munk, paul und george - mann, das wird ja noch richtig spannend.
nur alpako finde ich wenig einfallsreich als neues tier, weil es in den anden ein alpaka gibt.
lg


holdriander (03.10.2006)

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