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30 Seiten

Mortal Sin Herbst 2004- Fucking With The Bastard

Romane/Serien · Spannendes
© JoHo24
Aus der tiefsten Sehnsucht entsteht oft der tödlichste Hass.
- Sokrates


Die Luft war schwül und stickig. Der Schweiß lief schon seit geraumer Zeit seine faltige Stirn hinab und sammelte sich auf seinem fleckigen und etwas zu eng geratenen T-Shirt. Seine Atemzüge waren rasselnd und schwer, was ein eindeutiges Zeichen dafür war, dass er diesen Job bereits seit Jahrzehnten ausübte. Zum wiederholten Male fragte er sich, warum er sich nicht schon längst in den Ruhestand begeben hatte. Die Antwort gab er sich keine Sekunde später: Geld.
Das liebe Geld war Schuld an seinen ständigen Lungenentzündungen und dem schlimmen Zustand seines Rückens, der durch mehrere Bandscheibenvorfälle völlig im Eimer war. Frank Kincaid seufzte entnervt. Trotz seines beschissenen Gesundheitszustandes konnte er seine Bar nicht dicht machen, schließlich musste er sein kleines Haus, auch wenn es eine Bruchbude war, und seine Rechnungen bezahlen.
Frank hatte keine andere Wahl. Er musste die Bar, die sich in den letzten Jahren zur Absteige der Kriminellen von Saint Berkaine entwickelt hatte, weiterführen. Es tat ihm im Herzen weh, dass sich sein großer Traum von früher zu einem Albtraum entwickelt hatte. Vor 35 Jahren hatte er voller Stolz seine eigene Bar eröffnet. Freunde und Familie hatten ihm gratuliert und den Einstand gefeiert. War das ein rauschendes Fest gewesen!
Als er sich an gute; an bessere Zeiten erinnerte, bekam Frank Kincaid sogar ein glückliches Lächeln zu Stande. Was würde er nicht alles dafür geben wieder von vorne anfangen zu dürfen. Erneutes Seufzen.
Deprimiert ließ er seinen Blick umherschweifen, dabei zog ein heftiger Schmerz durch seinen Nacken. Verfluchte Scheiße. Ihm ging es miserabel und der Zustand seiner Bar hob seine Laune nicht im Geringsten. Das Licht war dämmrig und schmutzig. Überall hatte sich zentimeterhoher Staub angesammelt, weil er zu faul war den Besen zu schwingen. An allem hing der Gestank von hartem Alkohol und Zigarettenrauch. Gedämpftes Murmeln und Brummen drang an seine Ohren.
In den dunklen Nischen hockten, wie jeden Abend, zwielichtige und gewaltbereite Verbrecher, die hier ihren Geschäften nachgingen. Wieso haut ihr nicht einfach ab, dachte Frank zähneknirschend und pfefferte den Lappen, mit dem er den Tresen gewischt hatte, in den Eimer neben sich. Vor Ärger und Unzufriedenheit pochte sein Herz wie wild und sein Puls raste. Am Liebsten hätte er alle Gäste hinausgejagt; am Liebsten hätte er die Zeit zurückgedreht, aber das war nicht möglich. Er hatte in seinem Leben nichts erreicht, gar nichts.
Der Barbesitzer verfiel in tiefe Depression. Kurz schloss er die Augen und atmete angestrengt ein und aus. Dann hoben sich seine Lider und ihn traf es wie ein Blitz, als ein neuer Gast seine Bar betrat.
Frank hatte solch überwältigende Schönheit noch nie zuvor gesehen. Die junge Frau war eine engelsgleiche Erscheinung, die sich mit fließenden und eleganten Bewegungen dem Tresen näherte. In der Bar wurde es schlagartig totenstill.
Als er ihren perfekten Körper mit den endlos langen Beinen sah, musste er seine Gedanken gewaltsam wieder in eine jugendfreiere Richtung lenken. Ihre dunklen, seidigen Haare trug sie in Wellen im Look der 20er Jahre. Sie hatte ein silbernes, trägerloses Minikleid ein, das strahlend funkelte, als bestünde es aus tausend Sternen. An ihrer Kleidung und den Diamantohrringen in Form von Schneeflocken erkannte Frank, dass sie sehr wohlhabend war. Was also führt solch eine Frau in eine heruntergekommene Bar?
Die Antwort war offensichtlich. Sie bewegte sich vermutlich in kriminellen Kreisen. Mitleidig schüttelte er seinen Kopf mit dem lichten, graumelierten Haar. In diesem Alter schon zu den Kriminellen zu gehören fand er grauenvoll.
Seine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als die Frau auf dem Barhocker Platz nahm, der ihm direkt gegenüber lag. Ein umwerfendes Lächeln zierte ihre vollen Lippen, während sie ihre schneeweiße Nerzstola ablegte.
„Guten Abend“, hauchte sie mit verführerischer Stimme. Ein wohliger Schauer fuhr durch Franks Rücken, der einen heftigen Schmerz mit sich zog. Mit ihren großen blau-grünen Augen starrte sie ihn durchdringend an. Frank entdeckte explodierende Funken, doch er sah auch etwas anderes. Etwas, das Todesangst in ihm auslöste. Etwas, das dunkel und böse war und seine Seele vergiftete.
„Hallo“, begrüßte er sie mit übertrieben hoher Stimme, was ihm mehr als peinlich war. Er versuchte seine Scham mit einem selbstsicheren Grinsen zu überspielen, aber das wollte ihm nicht so recht gelingen. Die dunkelhaarige Frau überging seine Peinlichkeit mit zwei Wimpernschlägen, ehe sie ihn von oben bis unten kalt und abfällig musterte. Frank musste hart schlucken, um den riesigen Kloß in seinem Hals loszuwerden.
„Was…was möchten Sie trin…trinken?“, stammelte er ängstlich. Auf der einen Seite faszinierte ihn diese Frau und er konnte sich ihrer Anziehungskraft nicht entziehen, auf der anderen Seite wäre er gerne geflüchtet.
„Einen Martini, bitte.“
„Das hat seit Jahren niemand mehr verlangt.“
„Aber ich verlange es“, zischte sie bösartig. Dann zog sie ein silbernes Etui aus ihrer Tasche und nahm eine Zigarette heraus. Fasziniert schaute Frank dabei zu, wie sie ein Feuerzeug zückte und die Zigarette anzündete. Hunderte Male hatte er diese Bewegungsabläufe bereits in seiner Bar gesehen, aber niemals so einzigartig und eindrucksvoll.
Minuten vergingen, ohne, dass er sich auch nur einen Zentimeter von der Stelle rührte. Er bemerkte nicht, dass die bildschöne Frau immer ungeduldiger wurde und verärgert ihre fein geschwungenen Augenbrauen zusammenschob.
„Wollen Sie mich noch weiter wie ein notgeiler Idiot beglotzen oder kümmern Sie sich langsam um meine Bestellung?“, fragte sie in einem geringschätzigen Ton, der Franks nur mäßig vorhandenes Selbstbewusstsein bis ins Tiefste erschütterte. Er erwiderte nichts. Bei dieser Dreistigkeit blieb ihm einfach die Spucke weg.
Sein Gegenüber war bestimmt über dreißig Jahre jünger, als er. Er fühlte sich dazu verpflichtet dieser verzogenen Göre Respekt beizubringen, aber seine innere Stimme stoppte ihn im letzten Moment.
Lass es lieber, Frankie. Halt dich zurück. Du weißt nicht, wozu diese Frau fähig ist.
„Wird´s bald?!“, wurde der Ton schärfer. Ihre Miene war starr und ausdruckslos, als sie ihm den Zigarettenrauch entgegenblies. Franks Muskeln verkrampften sich, während er ihr den Rücken zuwandte und den bestellten Martini mixte.
Seine Hände zitterten bei jeder kleinsten Bewegung. Was war bloß los mit ihm? Für ihn war der Umgang mit Verbrechern nichts Neues, also, warum fürchtete er sich dann vor dieser Frau?
„Ich warte immer noch, alter Mann.“ Ihre sanfte Stimme klang wie ein bedrohliches Knurren. Frank musste sich zusammenreißen, damit er sie nicht harsch zurechtwies. Er drehte sich zu der Frau um und stellte ihr den fertigen Martini unter die Nase. Ein flüchtiges, teuflisches Grinsen huschte über ihr hübsches Gesicht.
„Das wurde aber auch Zeit“, zischte sie, bevor sie sich einen Schluck Alkohol gönnte. Mit geschlossenen Augen leckte sie sich genüsslich über die Lippen, was Frank erregte. Ein flammendes Verlangen, das er seit über einem Jahrzehnt nicht mehr verspürt hatte, nahm von ihm Besitz. Die Frau schien seine gierigen und lüsternen Blicke zu bemerken, denn sie beugte ihren Oberkörper demonstrativ über die Theke.
Er konnte einfach nicht anders, als wie ein Besessener in ihren Ausschnitt zu starren, schließlich war er ein Mann und…nun ja, man schaut eben hin, wenn eine attraktive Frau einem offenherzig ihre verlockenden Brüste präsentiert.
„Sie sind genauso leicht zu durchschauen, wie all die anderen Männer. Ihr seid eine verkommene, dümmliche und triebgesteuerte Spezies“, flüsterte die junge Frau mit einem schiefen Grinsen im Gesicht. Frank spürte ihren heißen Atem auf seiner faltendurchzogenen Haut. Gewaltsam krallte er sich an der morschen Theke fest, um nicht die Kontrolle über seinen Körper zu verlieren. Sein unstillbares Verlangen brachte ihn an den Rand der Verzweiflung.
Obwohl sie die männliche Spezies und somit auch ihn aufs Gröbste beleidigt hatte, kam er gar nicht auf den Gedanken wütend zu sein, geschweige denn ihr den Mund zu verbieten. Der in die Jahre gekommene Barbesitzer hatte Wichtigeres zu tun. Er musste mit aller Macht verhindern eine Erektion zu bekommen.
„Ihr glaubt, dass ihr alles bekommt, was ihr wollt und die Frauen euch zu Füßen liegen.“ Gehässig kicherte sie und zwirbelte elegant eine Haarsträhne um ihren rechten Zeigefinger. „Aber ihr seid nichts weiter als unbedeutende, alberne Marionetten, die jedem Befehl einer hübschen Frau Folge leisten.“
Frank konnte ihre Worte nicht verstehen, denn er hörte bloß das Rauschen seines Blutes. Ihm war brühend heiß. Seine Kleidung war schweißdurchtränkt und roch streng. Beschämt senkte er den Kopf und nahm somit seinen Blick von ihrem Dekollete. Er spürte, wie das beklemmende und vernichtende Gefühl der Erregung allmählich abklang. Es war befreiend.
Während er tief durchatmete, lehnte sich die brünette Schönheit zurück und förderte eine weitere Zigarette zu Tage. Penetranter Nikotingestank stieg auf und brannte ihm unangenehm in der Nase.
Frank verlor keine Zeit und floh regelrecht ans andere Ende der Theke. Gründlich begann er mit seinem Lappen über die zerkratzte Oberfläche zu wischen. Er hoffte wieder klar denken zu können, wenn er nicht in ihrer Nähe war.
Doch sie machte seine Pläne zunichte, als sie demonstrativ ihr leeres Martiniglas hochhielt und seine Augen mit einem drängenden, gleichzeitig strengen Blick durchbohrte. Ohne seinen Körper oder Verstand kontrollieren zu können, setzte er sich in Bewegung. Was machte diese Frau bloß mit ihm? Stand er etwa unter einer Art Hypnose? Folgte er ihren unausgesprochenen Befehlen, wie ein abgerichteter Hund?
Mehr Zeit für seine Gedanken blieb Frank nicht vergönnt, denn er war bereits bei der jungen Frau angekommen.
„Noch einen“, befahl sie gebieterisch. Das Lächeln, was sie ihm anschließend schenkte, war affektiert und selbstgefällig. Schlagartig fühlte sich der gealterte Barkeeper erniedrigt. Jetzt reichte es ihm. Er hatte genug. Erzürnt haute er mit einer Faust auf den Tresen und erwiderte mutig ihren Blick. Zumindest war er dem Glauben unterlegen, dass sein Blick mutig und furchtlos war, doch sein Gegenüber holte ihn schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Die wunderschöne Frau brach in schallendes, hämisches Gelächter aus, was den gesamten Raum erfüllte. Frank spürte die spöttischen Blicke der anderen, ausschließlich männlichen, Gäste. Amüsiert beobachteten sie die Szene, die sich ihnen bot.
Kein Wunder denn sie alle waren gespannt darauf zu erfahren, wie der Barkeeper mit dieser Schmach umging. Ihm wurde speiübel. Er stand unter gewaltigem Druck. Obwohl er diese zwielichtigen, hinterhältigen Verbrecher verabscheute, wollte er ihnen imponieren. Auf keinen Fall sollten sie ihn für einen Schwächling halten, der nicht einmal in der Lage war eine Frau, die ihn verspottete, zurechtzuweisen.
Sekunden vergingen, in denen sie immer noch herzhaft über ihn lachte und Franks Schädel anfing zu dröhnen. Wieso fiel ihm nichts ein? Scheiße.
Zu seinem großen Entsetzen stieg plötzlich eine unglaubliche Hitze in ihm hoch, die sich in seinem Kopf zu sammeln schien. Frank Kincaid spürte, wie sich sein Gesicht knallrot verfärbte. Am Liebsten wäre er vor Scham in Grund und Boden versunken. Weiteres Gelächter erklang in seinen Ohren, aber diesmal war es nicht nur das hohe, glockenähnliche Lachen der Frau, sondern auch raue und tiefe Männerstimmen. Panisch riss er seine Augen so weit auf, dass sie bald heraus fielen. Vermutlich sah er aus wie ein Schwein auf der Schlachtbank.
Das Lachen der Gäste wurde stetig lauter und gehässiger. Die junge Frau dagegen war verstummt. Ihre Miene war emotionslos und starr.
„Wenn Sie es noch ein einziges Mal wagen mich dermaßen respektlos zu behandeln, dann wird es das Letzte sein, was Sie tun. Sind meine Worte deutlich?“, zischte sie angriffslustig. Im ersten Moment blieb der Barkeeper absolut regungslos. Er war wie gelähmt. Hatte er gerade einen Albtraum oder hatte ihn diese junge Frau, die beinahe noch ein Mädchen war, tatsächlich bedroht?
„Ich habe Sie etwas gefragt!“
Wie mechanisch nickte Frank. Sein Überlebensinstinkt ließ auch keine andere Reaktion zu. Ihm war es nicht mehr wichtig selbstsicher zu wirken. Er wollte bloß sein Leben retten.
„Also, ich hätte gerne noch einen Martini“, wiederholte sie, ehe sie gelangweilt an den teuren Ringen an ihren Fingern herumspielte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihrem Wunsch nachzukommen. Gerade wandte er sich den unzähligen Alkoholflaschen hinter ihm zu, als sich ein hochgewachsener, muskulöser Mann der Frau näherte. Er kam aus einer der verborgenen, finsteren Nischen. Frank erinnerte sich an ihn. Gemeinsam mit einem anderen Mann hatte er vor drei Stunden die Bar betreten. Auf den ersten Blick hatte er gewusst, dass beide als Zuhälter arbeiteten. Nach Jahren, in denen er beinahe nur den gesellschaftlichen Abschaum der Stadt bedient hatte, war er zu einer Art Profi geworden, wenn es um das Kategorisieren von Kriminellen ging.
Der Mann war ein schmieriger, widerlicher Kerl, der sich, dem breiten und arroganten Grinsen auf seinen Lippen nach zu urteilen, für unwiderstehlich hielt. Mit seiner rechten, klobigen Hand fuhr er sich durch die kurzen schwarzen Haare, ehe er sich auf den freien Barhocker neben sie fallen ließ. An den ausgeprägten Falten, die seinen Mund und die Augen bespickten, erkannte Frank, dass der Typ um einige Jahre älter war, als die Schönheit, die er mit lüsternen Blicken gedanklich auszog.
Der Barbesitzer versuchte sich mit aller Macht auf die Zubereitung des bestellten Martinis zu konzentrieren, aber seine Augen wanderten immer wieder zu den beiden Gästen an der Bar zurück. Vor Nervosität und Furcht zitterten seine Hände so heftig, dass er den Gin nicht ins Glas, sondern auf den dreckigen Boden schüttete, doch das interessierte Frank Kincaid nicht. Er kämpfte mit dem tonnenschweren Klumpen in seinem Magen und seinen Eingeweiden, die sich verknoteten. Diese Symptome kamen von der schrecklichen Vorahnung, die sich in ihm breitmachte.
„Hallo, Schätzchen“, versuchte der Zuhälter ein Gespräch zu beginnen. Seine glasigen, grünen Augen zeigten das immense Verlangen nach der Frau. Diese ignorierte ihn jedoch rigoros und schaute unverändert auf ihre langen, filigranen Finger.
„Darf ich dir einen Drink spendieren?“ Obwohl sie ihm die kalte Schulter zeigte, gab er nicht auf. Lächelnd saß er auf seinem Platz und wartete auf eine positive Reaktion. Automatisch schüttelte Frank heftig den Kopf. Sein Verhalten war unbewusst. Vermutlich wollte er den Kerl warnen; ihn davon abbringen sich in Gefahr zu begeben, auch wenn er ihn aufgrund seines Berufes verabscheute. Er war sich sicher, dass seine Anmachversuche plumper und ungenierter werden würden und das konnte nur schlecht für ihn ausgehen.
Je länger die Frau ihren Sitznachbarn ignorierte, desto zorniger wurde dieser. Das Lächeln verschwand und machte einer wutverzerrten Miene Platz. Laut und aggressiv schnaubte er wie ein wildes Tier, bevor er mit der linken Hand an ihren rechten Oberschenkel fasste. Brutal vergrub er seine Finger in ihrer weichen Haut.
„Was ist dein Problem, Drecksstück?“, brüllte der Zuhälter und spuckte dabei auf den Tresen. Der Barkeeper wurde leichenblass, denn ihm war bewusst, dass die Situation bald eskalieren würde.
„Hälst du dich für zu gut, um mit mir zu reden, oder was?“ Der Griff um ihren Oberschenkel wurde rabiater. Bis jetzt war die Frau ruhig geblieben und hatte sich ihren Unmut nicht anmerken lassen, aber dies änderte sich schlagartig, als seine Hand immer weiter nach oben glitt. Ohne Vorwarnung umfasste sie das Handgelenk des Mannes und brach es mit einer eleganten, blitzschnellen Bewegung, was Frank an dem scheußlichen Knacken erkannte, das ertönte. Der Mann jaulte vor Schmerz und wollte seine Hand wegziehen, doch sie ließ ihn nicht los; sie war noch nicht fertig mit ihm. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen stieß sie ihren rechten Ellbogen in sein Gesicht.
Tiefrotes Blut schoss in Mengen aus seiner Nase und dem Mund. Die Qualen, die er durchlitt, waren deutlich zu erkennen, dennoch empfand die Frau kein Mitleid. Ganz im Gegenteil, sie ergötzte sich an seinen Schmerzen. Mit geübtem Griff brach sie ihm jeden einzelnen Finger der linken Hand. Frank staunte über die enorme Kraft, die in diesem zierlichen Frauenkörper steckte.
Als er den Mann ansah, war dieser nicht mehr wiederzuerkennen. Es war kein Fünkchen Selbstvertrauen übrig und es wirkte so, als sei er kurz davor das Bewusstsein zu verlieren. Das Gesicht war blutüberströmt und kalkweiß. Seine Nase war stark geschwollen und übersäht mit Hämatomen. Sie war mit Sicherheit ebenfalls gebrochen.
Die dunkelhaarige Frau wirkte zufrieden, denn ihr Lächeln reichte von einem Ohr zum Anderen. Dem Barkeeper wurde erneut übel an diesem Abend. Niemals hatte er solch Grausamkeit und Kaltblütigkeit hautnah miterlebt.
„Verschwinde, bevor ich dir auch noch das Genick breche“, raunte sie, ohne jegliche Emotion. Dann ließ sie seine malträtierte Hand los und zündete sich eine Zigarette an. Das ließ der Typ sich nicht zweimal sagen. So schnell es ihm mit zittrigen Knien möglich war, flüchtete er panisch aus der Bar.
Nach diesem brutalen Angriff stand Frank unter Schock. Er konnte kaum atmen, denn seine Kehle war wie zugeschnürt. Wie gebannt starrte er auf die unzähligen Bluttropfen, die den Tresen befleckten.
„Wo bleibt mein Martini?“ Vor Schreck ließ er beinahe die Flasche Gin fallen, die er immer noch in der Hand hielt. Ihre kalte, schneidige Stimme ließ das Blut in seinen Adern gefrieren.
„Einen…einen Moment, bitte.“ Das war das Einzige, was er in diesem Augenblick hervorbringen konnte. Zum Glück verdrehte sie bloß die Augen, ehe sie ihr Handy, ein weißes Blackberry, hervorzog und auf den Tasten herumtippte. Frank schnappte laut hörbar nach Luft. Anschließend widmete er sich ihrer Bestellung, was ihm aufgrund seiner fehlenden Konzentration mehr als schwer fiel.
„Du bist ja schon hier, meine Liebe“, dröhnte auf einmal eine tiefe, dumpfe Stimme. Der Barbesitzer drehte sich automatisch um. Ein sehr großer, blonder Mann mit eisblauen Augen setzte sich neben die junge Frau. Frank konnte kaum glauben, dass noch vor wenigen Minuten der Zuhälter auf diesem Hocker gesessen hatte.
„Nicht alle Menschen lassen sich so viel Zeit, wie du“, antwortete sie genervt. Ihr Gesprächspartner lachte vergnügt.
„Das mag wohl stimmen“, gluckste er und setzte ein schiefes Grinsen auf. „Dafür mache ich meine Arbeit aber auch gründlich.“ Dem Barkeeper entging der provokante Unterton nicht. Die Brünette warf sich die Haare hinter die Schultern, ehe sie ihren Kopf in seine Richtung wandte und ihn mit einem bösen Blick strafte.
„Ich bin nicht in der Stimmung mir deine dämlichen Sprüche anzuhören, Massey.“ Kräftig zog sie an ihrer Zigarette und stieß den Rauch zornig durch die Nase aus.
„Warum so gereizt, Ophelia? Ist dein Auftrag schlecht gelaufen?“ Frank wurde hellhörig. Was war das für ein Auftrag, über den die Beiden sprachen?
„Niemals läuft ein Auftrag schlecht, wenn er von mir ausgeführt wird“, fauchte sie und machte ihm somit unmissverständlich klar, dass er besser den Mund hielt, doch der Mann lachte herzhaft und legte eine Hand auf ihre rechte Schulter.
„Arrogant wie immer, was?“, amüsierte er sich. Die Frau namens Ophelia verengte ihre Augen zu Schlitzen und presste ihre Lippen fest aufeinander. Der Barkeeper erwartete einen erneuten Gewaltausbruch.
„Halt deine Klappe, Massey, und nimm gefälligst deine Hand weg, sonst komme ich noch in Versuchung dich zu töten.“ Als Frank in diesem Augenblick in ihr Gesicht sah, entdeckte er nichts als Kälte.
„Tut mir sehr Leid für dich, Süße, aber du könntest mich niemals töten“, entgegnete er gelassen. Trotzdem ließ er ihre Schulter los.
„Und warum nicht?“ Der Mann antwortete ihr nicht, stattdessen winkte er Frank zu sich. Im ersten Moment konnte dieser sich nicht rühren, denn er war wie gelähmt. Wie ein aufgescheuchtes Reh stand er hinter dem Tresen. In der rechten Hand hielt er den Martini, den er endlich zubereitet hatte.
„Was ist denn mit dem los?“, fragte der blonde Mann irritiert und zog eine Augenbraue in die Höhe.
„Das ist mir scheißegal. Ich will eine Antwort!“ Frank Kincaid zuckte so heftig zusammen, dass er den Martini beinahe verschüttet hätte. Die Frau traktierte ihren Gesprächspartner mit hasserfüllten Blicken. Ihr ganzer Körper war angespannt. Der Barbesitzer beeilte sich den Martini auf dem Tresen abzustellen und sich einige Meter zu entfernen. Dennoch blieb er in Hörweite. Irgendetwas an diesen beiden Gästen war merkwürdig. Ihm war klar, dass sie kriminell waren, doch sie waren anders, als die Anderen. Obwohl er eine Heidenangst hatte, konnte er seine Neugierde nicht abstellen. Er hatte sich fest vorgenommen, herauszufinden, welches Geheimnis die Beiden umgab.
„Reg dich nicht so auf, Ophelia“, lachte der Mann und ignorierte ihr aggressives Verhalten. Sein Mut imponierte Frank. Niemals hätte er es gewagt über die Frau zu lachen. Nicht, nachdem er gesehen hatte, wie sie den Zuhälter zugerichtet hatte.
„Ich bin eben älter und erfahrener, als du. Außerdem bin ich ein Mann und war 13 Jahre lang Soldat, daher ist es nur logisch, dass ein dürres kleines Mädchen, wie du, mich nicht töten könnte. In einem Kampf würde ich dich wie ein Insekt zerquetschen.“ Die Miene des Blonden war das erste Mal, seit er die Bar betreten hatte, ernst und streng.
Seine Ansprache machte Frank bewusst, dass er genauso gefährlich und mordlüstern war, wie die dunkelhaarige Frau. Diese nahm einen großen Schluck aus ihrem Martiniglas, ehe sie etwas entgegnete.
„Du solltest mich nicht unterschätzen, denn du weißt nicht, wozu ich im Stande bin, Massey“, stieß sie übellaunig hervor. „William hat mich nicht grundlos als Auftragskillerin eingestellt. Ich bin um einiges stärker, als ich aussehe. Ich könnte deinem bedauernswerten Leben mühelos ein Ende setzen, schließlich habe ich meinen Vater getötet und der war auch größer und schwerer, als ich.“
Nach diesen Worten setzte das Herz des Barbesitzers schlagartig aus. Er schwitzte am ganzen Körper, der sich taub anfühlte. Bekomme ich etwa einen Herzinfarkt?, dachte er entsetzt und fasste sich panisch an die Brust.
Dabei verfluchte er seine Neugierde. Wieso hatte er auch unbedingt erfahren wollen, was mit den Beiden nicht stimmte? Nun wusste er, dass sie Killer waren; Menschen, die für Geld mordeten und noch eine Menge Spaß daran hatten, doch die Tatsache, dass die junge Frau ihren eigenen Vater getötet hatte, schockierte ihn am allermeisten.
Sein Gedankengang nahm ein plötzliches Ende, als er aus den Augenwinkeln bemerkte, wie der blonde Mann mit einer Hand brutal die Kehle der Frau umschloss und mit seinem Gesicht ihrem immer näher kam. Frank befürchtete eine Auseinandersetzung, die völlig ausarten und in einem Chaos enden würde.
„Du bist ein heißes Miststück mit einem verdammt frechen Mundwerk“, raunte er mit tiefer, bedrohlicher Stimme. Mit seinen kalten blauen Augen durchbohrte er gnadenlos sein Gegenüber.
„Darauf stehst du doch, oder? Auf Frauen, die dich dominieren“, flüsterte sie und berührte mit ihren Lippen beinahe seine. Es lag eine Spannung in der Luft, die förmlich greifbar war. Die brünette Schönheit lächelte verführerisch, obwohl der Mann den Druck auf ihre Kehle erhöhte.
„Sei lieber vorsichtig mit dem, was du sagst, Ophelia“, knurrte er wutentbrannt. „Niemand dominiert mich, besonders keine Frau.“
„Das konnte ich nicht wissen“, äußerte sie betont naiv und setzte eine Unschuldsmiene auf. Dies schien ihn etwas milde zu stimmen, denn er ließ ihren Hals los. In seinem Blick lag etwas, das Frank nicht beschreiben konnte. Gedankenverloren fuhr er sich durchs kurze, blonde Haar, während die Frau zärtlich ihre rechte Hand auf seine Brust legte.
„Aber vielleicht kannst du mir ja zeigen, was dir gefällt“, hauchte sie erotisch und ließ ihre Hand weiter nach unten wandern, wo sie zwischen seinen Beinen liegen blieb. Keine Sekunde später umspielte ein obszönes Grinsen seine Lippen.
„Und wie genau stellst du dir das vor, meine Liebe?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue. Dann packte er sie grob an den Hüften und zog sie so nah an sich heran, dass nur noch eine Hand zwischen die Beiden gepasst hätte. Keck biss sie sich auf die Unterlippe und sah ihren Gesprächspartner von unten her an.
„Ich denke da an dich und mich…“, sie machte eine kurze Pause und sah ihn mit schief gelegtem Kopf an, „…nackt in einem Bett und überall dort, wo du mich haben willst.“ Obwohl ihr Angebot nicht ihm galt, stieg in Frank Kincaid ein zweites Mal an diesem Abend eine unglaubliche Hitze hoch. Nur bei der Vorstellung, dass die junge Frau nackt in seinem Bett lag und Sex mit ihm hatte, verlor er bereits den Verstand.
Der Mann dagegen blieb im ersten Moment gelassen. Er machte nicht den Eindruck, als reize ihn das Angebot, doch als sie sanft mit ihrer Zunge über seine Lippen fuhr, hob er sie ohne Vorwarnung auf seinen Schoß, so, dass sie breitbeinig auf ihm saß, und küsste sie.
Frank schaute dabei zu, wie der Kuss immer wilder und leidenschaftlicher wurde. Niemals zuvor hatte sich solch eine Szene in seiner Bar abgespielt. Er hatte das Gefühl im falschen Film gefangen zu sein. Zuerst hatte er hautnah miterlebt, wie die wunderschöne Frau einen Zuhälter bedroht und ihm mehrere Knochen gebrochen hatte und nun sah er dabei zu, wie sie mit einem Mann, der vermutlich ihr Kollege war, heftig knutschte.
Während er völlig regungslos hinter der Bar stand und seinen Blick einfach nicht abwenden konnte, löste sie sich atemlos von den Lippen des Mannes und nahm sein Gesicht in ihre Hände.
„Also, was hälst du von meinem Vorschlag?“, wollte sie von ihm wissen. Ihr Gegenüber lächelte verwegen, als er sie zurück auf ihren Barhocker setzte und von seinem eigenen herunter glitt.
„Das ist eine überflüssige Frage, meine Liebe.“ Mit blitzenden Augen hielt er der Frau seine linke Hand entgegen, die sie sofort ergriff. Eilig nahm sie ihre Stola an sich, legte einen Fünfzigdollarschein auf den Tresen und verließ mit dem blonden Mann die Bar.

Laute, ohrenbetäubende Musik dröhnte aus dem Radio. Es war zwei Uhr früh. Dichter Nebel lag über den Dächern von Saint Berkaine und erschwerte die Sicht. Die meisten Bewohner lagen bereits in ihren Betten und schliefen tief und fest. Dass er die friedliche Ruhe störte, interessierte Patton Massey nicht. Er saß in seinem Auto, ein schwarzer Mustang aus dem Jahr 1965, und war auf dem Weg nach Hause.
Neben ihm sah Ophelia Monroe gelangweilt aus dem Seitenfenster und zog an ihrer Zigarette. Verträumt starrte er auf ihre vollen sinnlichen Lippen, die sie leicht geöffnet hatte. Als er sich vorstellte, wie diese Lippen ihn küssten und seinen Penis umschlossen, bekam er glasige Augen und die Erregung übermannte ihn. Es fiel ihm immer schwerer sich auf die Straße zu konzentrieren, denn seine Gedanken rasten.
Du verfluchtes, hinterhältiges Miststück. Wieso musst du nur so scharf und unwiderstehlich sein, hm? Erneut drehte er den Kopf zu seiner Mitfahrerin, als hoffe er, eine Antwort auf seine Frage zu bekommen. Wieso kann ich nur noch daran denken dir das Kleid vom Leib zu reißen und es die ganze Nacht mit dir zu treiben?
Patton schnaubte zornig und fuhr sich durch die hellblonden Haare, dabei warf er einen flüchtigen Blick in den Rückspiegel. Es war nichts zu sehen: Kein Auto, kein Mensch, gar nichts. Nur die weiße, dicke Nebeldecke breitete sich immer weiter aus, kroch die Baumstämme und Fassaden der Häuser hinauf und begrub die ganze Stadt unter sich. Sogleich spürte er, wie die Kälte unerbittlich in seinen Mustang und unter sein dunkelblaues T-Shirt kroch. Ein leichter Schauer fuhr ihm über den Rücken, der ihn zittern ließ. Leise klimperte die Erkennungsmarke, die seit seiner Zeit als Soldat um seinen Hals hing.
Wann ist endlich dieses beschissene Wetter vorbei?, dachte er missmutig und schob die Augenbrauen zusammen. Das quälende Verlangen nach seiner Kollegin war verflogen, als sei es niemals da gewesen und hätte seinen Verstand beherrscht. Stattdessen war er zornig und übellaunig.
Doch das verging, als plötzlich Ophelias klangvolle, einzigartige Stimme an seine Ohren drang. Sie sang den Rocksong mit, der gerade gespielt wurde. Wie eine Sirene verführte ihn der Gesang und er verfiel in eine Art Trance. Pattons eisblaue Augen wanderten reflexartig zu ihrem wunderschönen, zarten Gesicht. Von dort schweifte sein Blick nach unten.
Ihr Kleid war nach oben gerutscht, sodass ihre aufregenden Schenkel, sowie ihr rosafarbenes, hauchdünnes Höschen zu sehen waren. Eifrig leckte er sich die Lippen. Ohne lange darüber nachzudenken, fasste er ungefragt zwischen ihre Beine. Die Erregung kam zurück, brutal und gnadenlos. Der Ex-Soldat hatte das Gefühl, dass es im Innenraum brühend heiß wurde.
Ophelia erwiderte seinen Blick. In ihren Augen loderten wilde Flammen, die ihm demonstrierten, was für eine gefährliche und grausame Frau sich hinter ihrer attraktiven Fassade verbarg. Ihre Miene verriet ihm nicht, ob sie seine dreiste Geste befürwortete oder ablehnte. Das Schweigen zwischen ihnen wurde unerträglich und unangenehm.
Patton Massey gab es nur ungern zu, aber ihre Reaktion verunsicherte ihn. Ihn, einen fast zwei Meter großen, muskulösen Mann, der viel mehr Lebenserfahrung besaß, als diese vorlaute Göre. Rasend vor Wut und Scham umklammerte er mit der linken Hand das Lenkrad und bohrte seine Finger in das weiche Gummi.
Ich hasse es, was du mit mir machst, Ophelia. Ich hasse es, wenn du respektlos und überheblich bist. Ich hasse es, dass ich mich wegen dir schäme. Wie eine wilde Bestie knurrte er sie an. Die Brünette ließ sich von seinem aggressiven Verhalten nicht beunruhigen, ganz im Gegenteil.
Ein sündiges Grinsen umspielte ihre Lippen, als sie mit ihrem Hintern ein Stück nach unten rutschte, seine warme Hand nahm, die unverändert zwischen ihren Beinen lag, und in ihr Höschen schob. Pattons aufkommende Gier nach ihrem jungen, makellosen Körper überwältigte ihn. Sie machte ihn fast ohnmächtig. Er musste hart schlucken und sich dazu zwingen nicht sofort über sie herzufallen, sondern sich weiterhin auf den Straßenverkehr zu konzentrieren.
Das war jedoch unmöglich, denn er fühlte ihre glatte, seidige Haut unter seinen Fingerspitzen. Automatisch glitt seine Hand weiter nach unten, was Ophelia dazu veranlasste ihre Augen zu schließen und sich mit ihren langen Nägeln in den Ledersitz zu krallen. Die fordernden Berührungen und schnellen Bewegungen seiner Finger ließen sie erzittern und lustvoll stöhnen. Der blonde Killer empfand in diesem Moment nicht nur brennende Leidenschaft und schmerzhafte Erregung, sondern auch Stolz und Überlegenheit.
Weißt du, was passiert ist, Ophelia? Ein gewinnendes Lächeln tauchte auf seinem markanten Gesicht auf. Ist dir bewusst, dass ich jetzt am Zug bin; dass ich das Sagen habe? Ich habe die Kontrolle über dich, meine Liebe.
Du glaubst, dass du mit mir machen kannst, was du willst. Ich werde dir zeigen, dass du falsch liegst. Dein unverschämtes Verhalten werde ich dir schon austreiben, notfalls mit Gewalt.

Krachend flog die Tür auf und wurde beinahe aus den Angeln gerissen. Im großzügigen Schlafzimmer herrschte Dunkelheit. Einzig das Licht einer Straßenlaterne fiel durch die gläserne Fensterfront und warf riesige, bedrohliche Schatten an die Wände.
Obwohl ihre Sinne geschärft und aufs Äußerste gespannt waren, konnte sich Ophelia Monroe nicht auf die Reize ihrer Umgebung konzentrieren, denn die Zunge ihres Kollegen Patton Massey glitt ungeniert in ihren Mund. Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und erwiderte den groben, aggressiven Kuss. Dabei realisierte sie immer noch nicht, was gerade geschah; was sie im Begriff war zu tun und vor allem, mit wem.
Die junge Frau verabscheute den Ex-Soldaten. Sie hasste ihn regelrecht. Er war ein perverser, widerlicher Kerl, der ihr mit seinem Machogehabe gehörig auf die Nerven ging.
Patton glaubte, dass Frauen schwach und nicht in der Lage waren einen Beruf, wie den des Auftragskillers, auszuüben. Schlagartig erinnerte sie sich an eine Unterhaltung, die sie vor einem halben Jahr mit ihm geführt hatte. Damals hatte er ihr unmissverständlich klar gemacht, dass Frauen wenig Wert für ihn hatten. Man könne nicht viel mit ihnen anfangen, da sie ausschließlich emotional reagieren und von ihren Gefühlen geleitet würden. Es gäbe bloß zwei Gründe, wofür man Frauen bräuchte: um sich ihre Schönheit anzusehen und zum Ficken.
Dass ausgerechnet sie heute Nacht mit ihm vögeln würde, war absurd und widerwärtig. Trotzdem ließ sie sich von ihm küssen und berühren, denn neben Abscheu und Hass spürte sie auch eine unvorstellbare Kraft, die sie magisch anzog und in Pattons Arme trieb. Dieser leckte gerade mit seiner Zunge von ihrem Brustbein, bis hinter ihr linkes Ohr. Sein warmer Atem kitzelte ihr im Nacken, als er kräftig in ihr Ohrläppchen biss. Wellen purer Lust spülten über Ophelia hinweg und berauschten sie. Auf einmal ließ ihr Kollege sie los und trat einen Schritt zurück. Mit leuchtenden Augen beobachtete sie, wie er sich sein T-Shirt über den Kopf zog und es anschließend in die nächste Ecke warf.
Durch das helle, weiße Mondlicht ähnelte sein athletischer Oberkörper einer Marmorstatue. Seine definierten Muskeln sprangen ihr förmlich entgegen. Ihr Herz schlug wild und unbändig gegen ihre Brust. Bevor sich ihr Puls normalisieren konnte, packte Patton sie brutal an den Oberarmen und drehte sie mit dem Rücken zu sich.
Dann, ohne Umschweife, zerriss er mit roher Gewalt ihr 12.000$ Kleid. Sie hörte ein leises, kaum wahrnehmbares Klimpern, als es von ihrem Körper glitt und auf dem Boden landete. Nur noch mit einem Höschen bekleidet, starrte die junge Frau fassungslos auf das kaputte Kleid. Patton umklammerte unterdessen ihre schmale Taille und presste sie gewaltsam an sich. Ihr schlug ein merkwürdiger Geruch entgegen, den sie nicht einordnen konnte, während der blonde Killer mit seinen großen Händen ihre Brüste begrabschte.
Dreckiger, hirnloser Bastard, fluchte Ophelia innerlich und fletschte die Zähne. Wer glaubt er eigentlich, wer er ist? Zuerst zerstört er wie ein Irrer mein Kleid und jetzt betatscht er mich.
Die Abneigung gegen ihn erstickte jegliches Verlangen, das sie in den letzten Minuten völlig eingenommen hatte. Sie hatte sich von seiner Attraktivität blenden lassen, was sie zur Weißglut brachte.
Ich habe zugelassen, dass ein Mann über mich bestimmt; dass er mit mir macht, was er will.
Diesen Fehler habe ich schon einmal gemacht, das passiert mir kein zweites Mal. Tja, Massey, nun bekommst du das, was du verdienst. Ich werde dich bestrafen, für deinen Hochmut, deine Arroganz und Respektlosigkeit.
Keine Sekunde später rammte Ophelia Monroe ihrem Kollegen mit aller Kraft einen Ellbogen in die Rippen. Ein überraschter Schrei kam über seine Lippen, doch er ließ sie nicht los. Stattdessen klemmte er seinen rechten Unterarm unter ihr Kinn und nahm sie in den Schwitzkasten. Die junge Frau spürte seine harten Muskelstränge, als er stetig den Druck auf ihre Kehle erhöhte.
„Komm bloß nicht auf die Idee dich mit mir anzulegen, ungezogene Schlampe“, raunte er ihr ungehalten ins Ohr, bevor sein Griff sich verhärtete und sie nach Atem rang. Vor ihren Augen drehte sich alles und ihr Schädel dröhnte. Dessen ungeachtet nahm sie ihre Hände nach oben und versenkte ihre Fingernägel tief in seinem Fleisch. Frisches, warmes Blut quoll hervor und klatschte auf den Boden. Patton knurrte zornig.
„Du kannst mir gar nichts, du niederträchtiges Arschloch“, erwiderte sie kühn und ignorierte das grausame Brennen in ihrem Hals.
„Ach ja?“, wisperte er gefährlich, worauf er mit seiner linken Hand in ihre dunklen Haare packte und gnadenlos an ihnen zog. Ophelia biss die Zähne fest zusammen, damit sie nicht schrie. Diese Genugtuung wollte sie ihm nicht geben.
„Das werden wir noch sehen, Schätzchen.“
Mittlerweile quetschte er ihre Luftröhre mit ganzer Kraft. Sie konnte nicht mehr atmen. Qualvoll röchelte sie, was ihn zu einem gehässigen Lachen veranlasste. In diesem Moment wurde ihr bewusst, dass sie keine Chance gegen Patton Massey hatte. Er war einfach viel zu stark und hatte ihr mehrere Jahre Berufserfahrung voraus und das hasste sie. Sie…
Ihr Gedankengang wurde unterbrochen, als er sie unerwartet losließ. Ein Gefühl von Freiheit erfüllte sie. Erleichtert atmete sie ein und aus, obwohl ihr dies höllische Schmerzen bereitete.
Derweil trat ihr Kollege vor sie, nahm ihr Kinn in seine linke Hand und hob es an, sodass sie ihn ansehen musste. Augenblicklich roch sie das Blut, das seinen rechten Unterarm herunter lief. Mit seinen eisblauen Augen betrachtete er die Brünette, emotionslos und eingehend. Wortlos kam er ihrem Gesicht so nahe, dass sich ihre Lippen leicht berührten. Elektrische Impulse schossen durch Ophelias Nerven und vernebelten ihren Verstand. Erneut raste ihr Puls und sie glaubte die Kontrolle über sich zu verlieren.
Egal, was Patton ihr antat; egal, welchen Peinigungen er sie aussetzte, sie wollte ihn. Sie wollte, dass er sie küsste und mit seinem muskulösen Körper auf ihr lag. Sie wollte ihn in sich spüren.
„Wenn du mich noch einmal angreifst, dann wird es dir leid tun“, drohte er flüsternd.
„Verstanden?“ Wie mechanisch nickte sie, bevor ihr Kollege sie mit erstaunlicher Leichtigkeit hochhob. Ophelia klammerte sich an ihn, während er sie durchs Zimmer trug. Unterwegs verlor sie ihre High Heels, doch das interessierte sie nicht. Unsanft setzte Patton sie auf seinen massiven Schreibtisch.
Dann begann er, sie ungestüm und leidenschaftlich zu küssen. Ein intensives, nicht auszuhaltendes Kribbeln pulsierte in ihrem Unterleib. Sie war geil.
Lechzend fuhr die junge Frau mit ihren Händen seine Brust- und Bauchmuskeln entlang, bis sie an seinem Gürtel hängenblieb und hektisch an diesem herumfummelte. Nach ein paar Sekunden hatte sie ihn geöffnet, genau wie den Knopf und den Reißverschluss seiner Jeans.
Als Ophelia seinen erigierten Penis umfasste, hörte sie ihn laut schnaufen.
Zu ihrer Überraschung zog Patton sie im nächsten Moment vom Tisch herunter und drehte sie ein weiteres Mal mit dem Rücken zu sich. Und kaum hatte sie sich mit den Armen auf der Tischplatte abgestützt, da griff er sich ihre Hüftknochen und drang von hinten in sie ein. Ein langer, befreiender Seufzer entfleuchte ihrer Kehle. Der blonde Killer verlor keine Zeit und ließ seinen Trieben freien Lauf. Jeder Stoß war brutal und unbeherrscht. Es war ein unbeschreibliches Gefühl.
Er bumste genauso, wie sie es erwartet hatte: schnell, hart und hemmungslos. Sie musste aufpassen, dass ihre Hände nicht wegrutschten und sie den Halt verlor. Patton war das egal. Er presste sie erbarmungslos gegen den Tisch und ließ seine Zungenspitze über ihren Rücken gleiten. Ophelia stockte der Atem und sie bekam eine Gänsehaut. Die immense Befriedigung trieb sie beinahe in den Wahnsinn. Sie konnte nur noch an Sex denken. An pausenlosen, ungezügelten Sex mit ihrem Kollegen.
Dessen Finger bohrten sich immer weiter in ihre Hüften, bis ihr vor Schmerz übel wurde. Die Umgebung verschwamm und sie musste die Augen schließen. Hitze stieg in ihr hoch und übermannte sie. Ein dünner Schweißfilm bildete sich auf ihrer Haut. Ihr wurde schwindelig.
Wie im Traum hörte sie, wie sich sein Stöhnen in das Knurren eines Hundes verwandelte, als er zum Höhepunkt kam.
Danach herrschte eine Stille, die sie erdrückte. Sie hob ihre Lider und war froh, dass sie sich wieder etwas besser fühlte. Patton nahm seine Hände runter, blieb jedoch hinter ihr stehen. Die junge Frau wandte sich mit schlotternden Knien um. Seit er nicht mehr in ihrer Nähe war, fror sie. Sie rieb sich über die Oberarme, um sich zu wärmen. Dabei fiel ihr auf, dass er sie beobachtete.
Seine blauen Augen, die das einfallende Licht leer und schaurig aussehen ließen, folgten jeder ihrer Bewegungen. Die Blicke, die zwischen ihnen hin und her flogen, waren voller Lust, aber auch Feindseligkeit und Wut.
Trotz ihres Hasses wollte sie mehr, viel mehr. Ihre Begierde nach Sex; ihre Begierde nach ihm war grenzenlos. Sie biss sich gierig auf die Unterlippe, als sie hüfteschwingend an ihrem Kollegen vorbeiging und das Bett ansteuerte. Ein flüchtiger Blick über die Schulter verriet ihr, dass er ihr folgte. Und kaum hatte sie sich auf der Bettkante niedergelassen, da stand Patton schon vor ihr. Er wollte sich auf sie stürzen, aber Ophelia stoppte ihn, indem sie ihr rechtes Bein hob und ihren Fuß gegen seine Brust stemmte.
„Was soll das?“, zischte er.
„Zieh dich aus“, befahl sie und starrte ihn durchdringend an. Zuerst wirkte er irritiert und gereizt, aber dann entledigte er sich blitzschnell seiner Jeans und seiner Retroshorts. Sehnsüchtig wanderten ihre Augen über seinen nackten Körper. Zentimeter für Zentimeter, was ihm natürlich nicht entging. Ein selbstgefälliges, unanständiges Grinsen schlich sich auf seine Lippen, ehe er ihr Bein, das ihn eben noch zurückgehalten hatte, mit Küssen bedeckte. Er begann beim Knöchel und arbeitete sich bis zu ihrem Oberschenkel vor. Sie legte sich aufs Bett und genoss seine Berührungen in vollen Zügen.
Als Patton ihr kräftig in den Oberschenkel biss, schnappte Ophelia hörbar nach Luft. Sie stöhnte erregt und griff in seine blonden Haare. Er kommentierte ihre Geste mit einem undefinierbaren Geräusch und einem zweiten Biss in ihr Fleisch. Dann hob er den Kopf und streifte ihr mit funkelnden Augen das Höschen ab. Seinem fanatischen Blick nach zu urteilen, gefiel ihm der Anblick seiner blutjungen, unbekleideten Kollegin.
Zügellos schob er ihre Beine auseinander und drängte seine Hüften zwischen ihre Schenkel. Auf einen Schlag war ihr nicht mehr kalt, sondern ein flammendes Inferno nahm von ihr Besitz. Mit einer Hand schnappte sie sich seine Erkennungsmarke und zog ihn zu sich herunter.
„Ich will dich“, hauchte sie verrucht und fuhr mit ihrer Zunge über seine Lippen, doch ihr Kollege reagierte nicht. Er blieb regungslos, was sie wütend und ungeduldig machte. Minuten verharrte er in dieser Position, was ihr jedoch wie eine halbe Ewigkeit vorkam. Sie wollte gerade etwas sagen, als er in sie eindrang, kräftig und intensiv.
Automatisch schlang sie ihre langen Beine um seine Hüften und hob ihr Becken an. Das war für ihn das Zeichen seine Stöße immer heftiger und unbarmherziger werden zu lassen. Ophelia legte ihre Arme um seinen Brustkorb und gab ihm einen heißen Kuss. Das Blut rauschte durch ihre Adern.
Keuchend und schwitzend lag sie unter dem Ex-Soldaten und konnte gar nicht genug von ihm und seinem Schwanz bekommen. Dabei war ihr durchaus bewusst, dass er sie dazu brachte ihren Verstand auszuschalten.
Eigentlich war Ophelia Monroe eine Frau, die ihre Reize einsetzte und Männer nach ihrer Pfeife tanzen ließ, aber heute Nacht war es anders. Heute war es Patton Massey, der sie manipulierte und mit jeder weiteren Sekunde, in der er sie fickte, verstärkte sich ihre Sucht nach ihm. Er hatte sie in der Hand. Er hatte die Macht.
Mit einem Mal griff er um ihre Taille und zog sie mit nach oben, als er sich aufsetzte. Seine Muskeln waren hart und angespannt. Er strich ein paar Haarsträhnen zur Seite, die ihr im Gesicht klebten und leckte über ihren Hals und ihre Lippen. Sie drückte ihre Stirn gegen seine und schaute ihm in die Augen. In diesem Augenblick war die Spannung zwischen ihnen stark und unberechenbar, wie eine Explosion.
Mit roher Gewalt drückte er sie an sich, bis sie in Atemnot geriet. Er demonstrierte ihr seine ganze Kraft und stieß schneller zu. Die junge Frau hinterließ mit ihren lackierten Fingernägeln tiefe, lange Kratzer auf seinem Rücken. Patton brüllte vor Schmerz. Sein Zorn steigerte sich in Raserei, was sich auch in seinem Benehmen widerspiegelte. Es war animalisch und triebgesteuert und hatte nicht mehr viel mit einem Menschen zu tun.
Ophelia war wie betäubt. Ihr Kopf war völlig leer. Sie schwebte in einer Welt aus Hitze, Schweiß und Finsternis, während ihr Kollege sie zur Ekstase bumste.
Plötzlich schubste sie ihn zurück aufs Bett, wo er perplex liegen blieb. Angestrengt hob und senkte sich sein Brustkorb, über den sie ihre Hände gleiten ließ. Nebenbei begann sie, sich langsam auf und ab zu bewegen. Die junge Killerin warf ihren Kopf nach hinten und stöhnte lautstark. Patton fasste an ihren Hintern und schob ihr Becken immer wieder mit Gewalt nach vorne. Schreie der Erleichterung und der Lust brachen aus ihr heraus, als sie gemeinsam zum Orgasmus kamen.
Atemlos und befriedigt rollte Ophelia sich von ihm herunter. Sie starrte an die Decke und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Mit geringem Erfolg. Zu sehr war sie damit beschäftigt, ihren Körper zur Ruhe zu bringen, der unverändert auf Hochtouren lief. Ihr Herzschlag pochte ihr unangenehm in den Ohren, was sie zur Verzweiflung brachte.
Dann fing sie grundlos an zu zittern. Ihr Körper bebte wie verrückt, was ihm sofort auffiel. Er drehte sich zur Seite und zog sie an sich. Das Zittern hörte so schnell auf, wie es begonnen hatte. Es tat gut seine heiße, klebrige Haut auf ihrer zu spüren. Dies gab sie aber nur ungern zu. Immerhin sprach sie hier von Patton Massey, einem Mann ohne Anstand; einem Mann, der sie anwiderten und den sie nicht leiden konnte, aber eins musste sie ihm lassen: Er wusste, wie man fickte und zwar so, wie sie es mochte.
Die Brünette stand nicht auf Zärtlichkeiten oder ein langes Vorspiel, wie fast jede Frau auf diesem Planeten. Bei ihr musste es direkt zur Sache gehen. Sie brauchte exzessiven Sex: schnell, hart und gefühllos.
Ophelia dachte noch immer über ihre Vorlieben nach, als Patton sie auf die Matratze presste und sich erneut auf sie legte. Er küsste sie innig, ehe er mit seinen Händen und Lippen ihren blassen, zarten Körper herunterwanderte. Seine Küsse und Berührungen wechselten von sanft zu fordernd im Sekundentakt. Lustvoll räkelte sie sich und hoffte, dass er nicht aufhören würde. Je weiter er mit seiner Zunge herab glitt, desto stärker wurden das Verlangen und die Erregung. Sie machte ein Hohlkreuz und drückte sich ihm entgegen.
Hektisch atmend sah sie dabei zu, wie sein Kopf zwischen ihren Schenkeln verschwand. Leicht winkelte sie ihre Beine an, damit er mehr Platz hatte. Patton umfasste ihre Oberschenkel, während seine Zunge ihre Arbeit aufnahm. Sie hörte leise Saug- und Leckgeräusche, die sich mit ihrem heiseren Keuchen vermischten.
Sie hatte minutenlang das Gefühl jeden Moment zum Höhepunkt zu kommen, was mehr als anstrengend war. Ophelia wurde immer unruhiger, doch das war nichts Neues für sie. So ging es ihr jedes Mal, wenn sie oral befriedigt wurde. Auf der einen Seite war es das Geilste auf der Welt, auf der anderen Seite war es quälend und nicht auszuhalten. In ihrem Innern überschlugen sich die Emotionen und sie glaubte zu ersticken…
Plötzlich war ein dumpfes Klingeln zu hören, das sie schlagartig in die Realität zurückholte. Was zur Hölle ist das?, dachte sie aufgebracht und schob ihre fein geschwungenen Augenbrauen zusammen. Derweil stoppte ihr Kollege und hob den Kopf. Sein Blick ruhte kurz auf ihr, bevor er durch den Raum schweifte. Die Stirn hatte er in Falten gelegt, als ob er angestrengt darüber nachdachte, woher dieses verfluchte Klingeln kam.
Ophelia seufzte entnervt und stützte ihre Unterarme auf. Ihre Geilheit war mit einem Mal dahin.
„Was ist das?“
„Mein Handy“, sagte Patton mehr zu sich selbst, bevor er aufstand. Verwirrt schaute sie dabei zu, wie er in der Dunkelheit umherwanderte.
„Was machst du da?“
„Ich suche meine Jeans.“
„Warum?“
„Weil mein Handy in der Jeans ist und ich dran gehen will“, antwortete er bissig und suchte weiter.
„Ist das dein Ernst?“, fauchte sie und funkelte den blonden Killer böse an. Dieser erwiderte nichts, denn er hatte seine Jeans gefunden und kramte in den Hosentaschen herum. Dann zog er sein Handy hervor und nahm den Anruf entgegen. Das Klingeln verstummte.
„Was gibt´s?“ Das war das Einzige, was sie vom Telefonat mitbekam. Den Rest blendete sie einfach aus. Die Brünette fuhr sich durch die langen Haare, ehe sie die Beine über die Bettkante schwang, sich frustriert erhob und ihre Klamotten einsammelte.
Verdammter Wichser. Glaubt er wirklich, dass er mich warten lassen; dass er mich ignorieren kann? Sie schaubte verärgert, als sie ihr zerstörtes Designerkleid aufhob. Scheiße, scheiße, scheiße. Ich mache die Beine für ihn breit und er telefoniert lieber, statt sich auf mich zu konzentrieren.
Mittlerweile hatte sie ihre Tasche aufgelesen, aus der sie sogleich eine ihrer geliebten Zigaretten fischte. Mit zitternder, rechter Hand zündete Ophelia sie an. Der Nikotinentzug zeigte bereits seine Wirkung, dabei war es erst über eine halbe Stunde her, dass sie ihre letzte Zigarette geraucht hatte.
Genüsslich und gierig machte sie den ersten tiefen Zug und füllte ihre Lungenflügel mit Nikotin. Ein unvergleichliches Gefühl durchströmte die Killerin, das ihre Laune erheblich besserte.
„Endlich“, hauchte sie und lächelte überglücklich. „Endlich.“
Gerade sammelte sie einen ihrer High Heels ein, als Patton sie auf einmal von hinten packte und an sich presste.
„Wo willst du denn hin?“, flüsterte er mit seiner dunklen, rauen Stimme, die ihre Knochen zum Vibrieren brachte.
„Nach Hause, du verfluchtes Arschloch“, zickte sie und wollte sich befreien, doch er hielt sie fest umklammert. Unbändiger Zorn überrannte sie und brachte ihr Herz zum Rasen.
„Lass mich los, sonst…“
„Sonst was?“ Patton legte enorme Kräfte in seinen Griff und zerquetsche beinahe ihre Rippen.
„Sonst wirst du es bereuen.“
Seine Reaktion auf ihre Drohung war herzhaftes, amüsiertes Gelächter, was sie zum Explodieren brachte. Wortlos versetzte sie seinem rechten Knie einen gewaltigen Tritt, so, dass er sie losließ. Die junge Frau wirbelte herum und verpasste ihrem Kollegen ein Faustschlag ins Gesicht. Schwarzes Blut, das am Tage rot gewesen wäre, schoss aus seiner Nase und spritzte auf ihre blasse Haut.
„Du mieses Dreckstück“, donnerte er aggressiv, bevor er das Blut in seinem Mund ausspuckte und nach Ophelia schlug. Diese wich gerade noch rechtzeitig aus und drückte ihre brennende Zigarette auf seinem linken Unterarm aus.
Im ersten Moment blieb der Ex-Soldat wie angewurzelt stehen und glotzte auf seine Wunde, doch dann wütete er los. Die Killerin machte hastig drei Schritte zurück, aber Patton schoss auf sie zu und packte sie an den Schultern. Seine Finger bohrten sich unerbittlich und schmerzhaft in ihr Fleisch. Unterdessen bahnte sich das Blut langsam einen Weg von seiner Nase, über den Mund und tropfte auf seine Brust.
„Wer glaubst du, wer du bist, huh?“, brüllte er tollwütig. Speichel und Blut flog durch die Luft und spritzte ihr entgegen. Ohne eine Antwort abzuwarten, hob er seine linke Hand und versetzte ihr einen gewaltigen Schlag ins Gesicht. Als er sie losließ, taumelte die Brünette nach hinten und fiel aufs Bett. Die Matratze federte ihren Aufprall ab und verhinderte Schlimmeres. Dennoch hatte Ophelia gewaltige Kopfschmerzen. Der Druck gegen ihre Schädeldecke war so gewaltig, dass rote Sterne vor ihren Augen tanzten und ihr speiübel wurde.
Ich verliere gleich das Bewusstsein. Ich verliere gleich das Bewusstsein. Ich verliere gleich das Bewusstsein. Das war das Einzige, woran sie im Augenblick denken konnte. Während sie alles daran setzte bei Bewusstsein zu bleiben, legte sich Patton auf sie. Sein gesamtes Gewicht lastete auf ihrem Körper, was ihr die Atmung erheblich erschwerte. Ihr ging es beschissen.
„Geh runter von mir!“, schrie sie und schlug blind nach ihm, da sie nur unscharfe Umrisse erkennen konnte. Sogleich umfasste er ihre Handgelenke und drückte ihre Arme nach oben.
„Netter Versuch, Schätzchen“, flüsterte er seiner Kollegin ins Ohr. Dabei konnte sie sein triumphales Lächeln an der Wange spüren.
„Aber ich werde mich nicht von der Stelle rühren, schließlich muss ich dich für deinen Angriff bestrafen.“
„Wenn du meine Drohung ernst genommen und mich losgelassen hättest, dann hätte ich dich auch nicht angegriffen.“ Ein weiteres Mal lachte er laut auf, während er brutal ihr Kinn umfasste. Mittlerweile hatte sich ihr Sehvermögen wieder normalisiert und sie konnte Kälte und Rachsucht in seinen blauen Augen entdecken.
„Du gibst mir nicht die Schuld, Psychoschlampe“, zischte er und fletschte wild die Zähne. Ophelia schnaubte und spuckte ihm wütend ins Gesicht. Der blonde Killer war wie erstarrt und stierte sie wie ein Irrer an.
„Hör auf mich zu beleidigen, Massey. Ich habe mich bloß verteidigt. Das kannst du mir nicht zum Vorwurf machen“, raunte die junge Frau und erwiderte mutig seinen Blick.
Stille.
Minuten vergingen, in denen sie bewegungslos unter ihm lag und den penetranten Metallgeruch seines Blutes in die Nase bekam.
Dann, zu ihrer Verwunderung, stand Patton auf und verschwand einfach aus dem Schlafzimmer. Was soll das denn nun wieder?
Die Brünette setzte sich hastig auf, was ihr Körper ihr mit heftigem Schwindel dankte.
„Verfickte Scheiße“, fluchte sie zornig und rutschte vom Bett herunter. Es dauerte einen Augenblick, bis sich der Schwindel legte und sie ihrem Kollegen folgen konnte. Ophelia entdeckte den Ex-Soldaten im Wohnzimmer, wo er lautstark in einem Schrank herumkramte.
„Was soll das werden?“, fragte sie direkt heraus und ging zu ihm herüber. Patton zuckte kurz zusammen, da er sie bis jetzt nicht bemerkt hatte.
„Ich hole was zu trinken“, brummte er tonlos, was ihr zeigte, dass ihm der Streit noch nicht aus dem Kopf gegangen war. Natürlich nicht, schließlich hatte sie ihn geschlagen, gedemütigt und beleidigt und das hasste er. Er war nun mal ein Mann, der sich von niemanden etwas vorschreiben oder gefallen ließ, vor allem von keiner Frau.
In Gedanken versunken sah sie dabei zu, wie er zwei Flaschen aus dem Schrank hervorzog und sich umdrehte. Langsam kam er auf Ophelia zu und blieb wenige Zentimeter vor ihr stehen. Trotz des schwachen Lichtes konnte sie erkennen, dass ihr Kollege sich das Blut vom Körper gewischt hatte.
„Du hast die Wahl zwischen Wodka und Tequila“, verkündete Patton und hielt die Flaschen auf ihre Augenhöhe. Die schöne Killerin schaute jedoch nicht auf die Flaschen, sondern in sein markantes, ernstes Gesicht.
„Ich nehme beides“, meinte sie, ehe sie sich den Wodka schnappte und einen kräftigen Schluck nahm.
„Und was soll ich trinken?“
„Wir teilen.“ Keck zwinkerte sie ihrem Kollegen zu und gönnte sich einen weiteren Schluck. Patton tat es ihr gleich und trank aus der Tequilaflasche. Anschließend setzte er ein schiefes Grinsen auf und schlenderte zu seiner teuren Stereoanlage. Keine Minute später tönte bereits lauter Heavy Metal aus den Boxen.
Für Ophelia war dies das Zeichen, dass er bereit war ihre Auseinandersetzung zu vergessen, zumindest für die nächsten Stunden. Sie schenkte dem blonden Killer ein verführerisches Lächeln und fing an zu tanzen. Passend zum Rhythmus bewegte sie ihren Körper und ließ ihre langen, dunkelbraunen Haare durch die Luft wirbeln. Ihr Herzschlag dröhnte ihr in den Ohren und machte sie fast taub.
Patton schritt mit blitzenden Augen auf sie zu. Die junge Frau konnte ihm ansehen, dass er scharf auf sie war. Und kaum stand er vor ihr, da presste er sie gewaltsam an sich und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss. Ophelia schmeckte den harten Alkohol, den er zu sich genommen hatte und roch den Schweiß, der an ihm haftete. Eilig stellte sie die Wodkaflasche zur Seite, als er sie zur Couch drängte. Sie ließ sich auf das weiche Polster fallen und sah ihn von unten her durchdringend an. Patton wartete nicht lange und legte sich auf sie. Sie schlang ihre Beine um seine Hüften und küsste seinen Hals, was ihn leise seufzen ließ.
Dann hielt er sich an der Rückenlehne fest und drang in sie ein. Erneut erfüllte sie dieses unbeschreibliche Gefühl, das sie in Ekstase versetzte, aber einen Moment später bereits in tiefe Depression stürzte.
Die Killerin hasste dieses Gefühlschaos. Sie hasste ihren Kollegen für das, was er mit ihr machte.
Ophelias Gedanken fanden ein Ende, als Pattons Stöße stärker und aggressiver wurden. Die aufkommende Lust überwältigte sie und raubte ihr den Atem. Ihr Stöhnen war fast so laut, wie die Musik, die über ihrem Kopf bebte. Trotz ihrer Abneigung liebte sie es von ihm gefickt zu werden und das regte sie auf. Die Wut auf sich selbst ließ sie an ihm aus, indem sie ihm kräftig in die linke Schulter biss. Ein dumpfer Schrei kam über seine Lippen, bevor er sie mit einem verärgerten Blick strafte. Sie verdrehte die Augen.
Du brauchst gar nicht sauer zu sein, Massey. Ich beschwere mich ja auch nicht über die Bisswunden an meinem Oberschenkel, oder?
„Lass das!!!“
„Beruhig dich“, erwiderte sie vergnügt. Sie musste sich ein gehässiges Grinsen verkneifen, angesichts seiner lächerlichen Reaktion. Zuerst starrte er sie weiterhin an, doch dann wanderten seine eisblauen Augen zur gegenüberliegenden Wand und er konzentrierte sich wieder darauf, einen schnellen, gleichmäßigen Rhythmus zu finden…

Der Tequila rann ihre Kehle hinab und vermischte sich mit der großen Menge Wodka in ihrem Magen. Ihr wurde ganz schwummrig. Ophelia Monroe lag auf der Couch und zwirbelte eine Haarsträhne um ihren rechten Zeigefinger. Ein leichter Schauer fuhr ihr über den Rücken und brachte sie zum Zittern. Ihr war kalt, obwohl sie eine Decke um sich gewickelt hatte.
„Soll ich dich wärmen?“, kam es von Patton, der am anderen Ende der Couch saß und ihre langen, schlanken Beine auf seinen liegen hatte.
„Nein, danke“, blaffte sie mit heiserer Stimme und nahm einen Schluck. Er gluckste amüsiert.
„Vorhin hat es dir noch gefallen in meinen Armen zu liegen und die Wärme meines perfekten Körpers zu spüren.“
„Halt´s Maul, du egozentrisches Arschloch.“ Darauf erwiderte er nichts. Stattdessen beugte er sich über die Brünette und beäugte sie. In der linken Hand hielt er die Wodkaflasche, die sie beide mittlerweile ordentlich geleert hatten.
„Rede nicht so mit mir, Ophelia.“
„Warum nicht?“, raunte sie und hielt seinem dämonischen Blick stand.
„Weil ich ein Mann bin und Frauen müssen Männer mit Respekt behandeln.“
„Ach, ja?“ Sie zog spöttisch eine Augenbraue in die Höhe. „Ich bin da anders. Ich respektiere
nun mal keine minderwertigen, lächerlichen Wichser, die sich wie kleine Kinder aufführen.“
Sie hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da schleuderte der blonde Ex-Soldat die Flasche in seiner Hand gegen die nächste Wand, wo sie unter ohrenbetäubendem Klirren zu Bruch ging. Ophelia zuckte erschrocken zusammen. Jetzt hatte sie endgültig eine Grenze überschritten.
„Du verdammte…“ Vor lauter Zorn konnte Patton nicht weitersprechen. Er schnaubte, ehe er seine großen Hände um ihren Hals legte und anfing sie zu würgen. Sie konnte spüren, wie er ihren Kehlkopf und ihre empfindliche Luftröhre zerquetschte. Ihr Schädel dröhnte und war kurz vor der Explosion.
„Patton…“, röchelte sie mit verbliebener Kraft und schaute ihn an, doch es war nicht mehr ihr Kollege, der versuchte sie zu töten, sondern ihr Vater, Nathaniel Monroe. Die ganze Farbe wich ihr aus dem Gesicht.
Das kann nicht sein. Das kann nicht sein. Das kann nicht sein. Er ist tot. Ich habe ihn letztes Jahr getötet. Ich habe ihm dreißigmal ein Messer in den Körper gerammt.
Heiße Tränen der Angst schossen ihr in die Augen und liefen ihre bleichen Wangen hinab. Er dagegen lachte vergnügt und zwar lachte er über sie und ihre Schwäche. Es war wie früher. Es war wie in den vergangenen zehn Jahren ihres Lebens.
„Sag mir, was ist das für ein Gefühl zu sterben, Ophelia? Wie ist es, seinem Mörder ins Gesicht zu sehen?“ Er hatte aufgehört zu lachen. Seine Miene war emotionslos und kalt. Ihre Schmerzen; ihr verzweifelter Lebenskampf berührten ihn nicht.
„Du willst nichts sagen?“, zischte ihr Vater bösartig und verengte die blauen, seelenlosen Augen zu Schlitzen. Ophelia antwortete nicht. Sie konnte nur noch schluchzen.
„Na, schön, dann rede ich.“ Nathaniel Monroe kam ihr so nahe, dass sie seinen widerlichen Atem auf ihrer Haut spüren konnte.
Das ist unmöglich. Er ist tot.
„Jeden verfluchten Tag, seit du mich wie ein Schwein abgeschlachtet hast, wünsche ich dir den Tod und dass du in der Hölle verrottest, denn genau das hast du verdient, du wertlose Schlampe.“
Plötzlich hob er seine rechte Hand und gab ihr eine saftige Ohrfeige. Frisches, warmes Blut spritzte aus ihrer Nase und sammelte sich in ihren Mundwinkeln. Er ließ derweil einen Blick über ihren halbnackten Körper schweifen, der sie demütigte und herabwürdigte.
„Sieh dich doch nur an, Ophelia. Du hast dich nicht verändert. Du bist noch immer ein kleines Luder; ein billiges Flittchen, das jedem Mann den Kopf verdreht, so, wie deine Mutter.“ Der Griff um ihre Kehle verhärtete sich. Auf einmal tanzten helle Sterne vor ihren Augen und erschwerten ihr die Sicht.
„Ihr beide seid euch verdammt ähnlich. Ihr beide seid zu nichts zu gebrauchen. Ihr beide seid das Schlimmste, was mir im Leben passiert ist!!!“, brüllte ihr Vater ungehalten und schlug ihren Kopf mehrere Male gegen die Armlehne der Couch. Heftige Übelkeit und Schwindel überkamen die junge Killerin und brachten sie an den Rand der Bewusstlosigkeit. Nicht zum ersten Mal zeigte sie Symptome einer Gehirnerschütterung.
Wie viele Gehirnerschütterungen hatte ich bereits in meinem Leben? Fünfzehn, Zwanzig? Ich kann mich nicht erinnern, genauso wenig, wie an die Zahl der Knochenbrüche und der Hämatome, die er mir zugefügt hat.
Ophelia driftete langsam, aber sicher, in eine unheilvolle Finsternis, die ihr gut bekannt war; die sie so oft hatte alleine durchstehen müssen.
„Kein Wunder, dass aus dir nichts geworden ist. Bereits vor deiner Geburt war mir klar, dass du eine furchtbare Enttäuschung sein wirst. Darum habe ich dich nie gewollt“, raunte er ihr ins Ohr. Sein Ton war gefährlich und herausfordernd.
„Ich war für eine Abtreibung, aber deine verfluchte Mutter war dagegen. Sie wollte mich mit einem Kind bloß an sich binden…“
Das Ende des Satzes konnte sie nicht mehr verstehen, denn seine Stimme wurde immer leiser. Schwärze umhüllte sie, als ihr der letzte Rest Sauerstoff ausging und ihr Herz aufhörte zu schlagen.
Panisch und voller Furcht riss die Brünette die Augen auf. Schweißgebadet lag sie auf Pattons Couch und versuchte krampfhaft ihre aufgeregte Atmung zu kontrollieren. Ihr Vater war verschwunden.
Das war nur ein Traum. Ein schrecklicher Traum, versuchte sie sich zu beruhigen. Indes vergoss sie Schwalle von Tränen und ihr Körper bebte wie verrückt.
Ophelia Monroe stand unter Schock. Verschwunden war die starke, selbstbewusste Killerin, die andere Menschen ohne Gnade und Reue tötete. Ein Traum von ihrem Vater reichte aus, um sie wieder in das kleine Mädchen zu verwandeln, das er gequält und misshandelt hatte und das gefiel ihr nicht.
Ich habe diesen Dreckskerl getötet, um mich aus seiner Hölle zu befreien und nie wieder sein Opfer sein zu müssen und jetzt verfolgt er mich. Er will mich bestrafen. Er will sich an mir rächen. Er will mich zerstören, aber das lasse ich nicht zu. Er hat keine Macht mehr über mich. Ich lebe, während er unter der Erde verfault und von Würmern gefressen wird.
Der Gedanke an seine modrige Leiche zauberte ihr plötzlich ein gehässiges Grinsen auf die vollen Lippen.
Ich habe ihm gezeigt, wer der Stärkere von uns beiden ist. Ich habe ihn besiegt. Ich habe gewonnen. Ich bin die Siegerin.
Mit beiden Händen wischte sie sich eilig die Tränen, die letzten Überreste ihrer Panikattacke, weg und verdrängte dabei gekonnt das Gefühl von Scham und Erniedrigung.
Ich hatte das Recht ihn zu töten. Er hat mir mein Leben genommen und dafür nahm ich ihm seins.
Ophelia setzte sich energisch auf und schaute aus dem Fenster, das der Couch gegenüberlag. Draußen konnte man nichts erkennen, denn der Himmel war pechschwarz. Selbst der Mond war verschwunden.
Ich habe ein neues Leben begonnen. Ein Leben, über das ich ganz allein bestimme und diese Freiheit lasse ich mir nicht mehr nehmen. Weder von meinem Vater, noch von sonst Jemandem.
„Alles klar, Ophelia?“ Pattons gewaltige Stimme kam wie aus dem Nichts. Sie hatte ganz vergessen, dass er auch noch anwesend war. Mechanisch drehte sie den Kopf und sah ihn wie hypnotisiert an. Je länger sie ihren Kollegen betrachtete, desto mehr Gemeinsamkeiten mit ihrem Vater fielen ihr plötzlich auf.
Sie kannte ihn jetzt seit über einem Jahr, wie hatte ihr das entgehen; wie hatte sie nur so blind sein können?
Dabei besaß Patton dieselben blonden Haare, die eisigen blauen Augen und die markanten, harten Gesichtszüge wie Nathaniel Monroe. Reflexartig wich sie nach hinten, bis sie die Armlehne im Rücken spürte. Irritiert hob er eine Augenbraue, während er zu ihr herüberrutschte.
„Komm bloß nicht näher!“, schrie sie wütend und stoppte seinen Annäherungsversuch, indem sie ihre Hände gegen seinen Brustkorb stemmte.
„Was ist los mit dir?“
„Ich will, dass du mich in Ruhe lässt“, umging sie gekonnt seine Frage.
„Wieso?“
„Weil du aussiehst wie mein Vater“, platzte es, gedankenlos, aus ihr heraus, was sie im selben Augenblick bereute.
„Hast du den Verstand verloren?!“
„Nein!!!“ Die junge Frau schlug auf einmal wild und ungehalten um sich. Kurzerhand schnappte sich Patton ihre Handgelenke und drückte ihre Arme nach unten. Sie wollte sich aus seinen Fängen befreien, doch sein Griff war stahlhart.
„Nimm deine Hände von mir oder ich bringe dich um. Ich werde dich aufschlitzen. Ich werde dich dreißigmal mit einem Messer durchbohren. Ich werde dir das Herz aus der Brust reißen. Ich…“
„Halt deine Klappe und reg dich ab“, fiel er ihr ins Wort und verhinderte, dass sie sich weiter in ihre Mordgelüste hineinsteigerte.
„Du…“
„Ich habe gesagt, dass du die Klappe halten sollst, Ophelia. Jetzt rede ich!“ Er ließ sie los und nahm ihr Gesicht in seine Hände. Seine Berührungen waren zart und vorsichtig, ja fast schon liebevoll. Patton wartete, bis sie ihm in die Augen schaute, bevor er fortfuhr.
„Ich will, dass du mir genau zuhörst.“ Kaum merklich nickte sie.
„Ich bin nicht dein Vater, verstanden? Ich bin nicht dein Vater. Vielleicht sehe ich ihm ähnlich, aber ich bin nicht dein Vater. Er ist tot, Ophelia. Du hast ihn getötet.“
Erneute Stille.
Die direkten Worte des Ex-Soldaten drangen nur langsam zu ihr durch. Gedanklich ließ sie das Gespräch noch einmal Revue passieren.
Wieso bin ich ausgerastet und das auch noch vor Patton Massey? Wieso? Erbost schnaubte sie.
Verdammt! Er hat hautnah miterlebt, wie mich meine Gefühle übermannt haben. Er hat gesehen, wie ich die Kontrolle verloren habe. Wahrscheinlich hält er mich jetzt für schwach und verletzlich.
„Hast du dich wieder beruhigt?“ Der sanfte Ton, den er anschlug, passte überhaupt nicht zu ihm und verärgerte die Brünette.
„Machst du dir etwa Sorgen um mich, oder was?“ Abfällig musterte sie ihren Kollegen von oben bis unten. Mit ihrem respektlosen und überheblichen Verhalten versuchte sie ihre eigene Scham und Unsicherheit zu überspielen.
„Ich werde nicht auf deinen Feindseligkeiten eingehen, Ophelia“, brummte Patton. „Sie sind bloß ein lächerlicher und verzweifelter Versuch mir, und auch dir selbst, zu beweisen, dass es dir gut geht.“
„Hör auf dich wie ein bescheuerter Seelenklempner aufzuführen und mich zu analysieren, Massey.“ Aufgebracht verschränkte sie die Arme vor der Brust.
„Ich sage nur, wie es ist, auch wenn du das nicht wahrhaben willst.“
„Wie bitte?!“, kreischte sie mit hoher Stimme. „Für wen hälst du dich, dass du es wagst, so mit mir zu reden?“
„Ich halte mich für den Mann, der dir endlich mal die Wahrheit aufzeigt, Schätzchen“, meinte Patton gelassen. Im Gegensatz zu ihr war er die Ruhe selbst.
„Und was ist die Wahrheit?“, fragte sie genervt.
„Dass du noch ein Kind bist, Ophelia.“
Klatsch. Der Kopf des blonden Killers wurde durch die kräftige Ohrfeige zur Seite geworfen. Es dauerte nicht lange und ein feuerroter Fleck erschien auf seiner linken Wange.
„Nimm das zurück, du mieser Bastard.“
Zu ihrer Überraschung hatte ihr Kollege nur ein müdes Lächeln für sie übrig. Er fuhr sich durch die kurzen Haare, ehe er ihr antwortete.
„Ich nehme nichts zurück, denn deine übertriebene Reaktion zeigt mir, dass ich Recht habe.“
„Und warum vögelst du dann mit einem Kind?!“, brach es wutentbrannt aus ihr heraus. Ophelia spürte, wie der Hass und der Zorn Besitz von ihr ergriffen und sie zum Beben brachten. Während sie sich mit Mühe und Not im Zaum hielt, grinste Patton frech und anzüglich.
„Ich habe nie gesagt, dass du aussiehst wie ein Kind, oder?“, flüsterte er und ließ einen gierigen Blick über ihren nackten Körper schweifen. Sie verdrehte die Augen.
„Perverser Mistkerl.“ Der Ex-Soldat ging nicht auf die Beleidigung ein, sondern schüttelte bloß resigniert den Kopf.
„Reden wir nicht weiter über das Thema, okay?“ Ophelia schaute ihn erbost an.
„Von mir aus, aber eins musst du mir versprechen.“
„Und was?“
„Dass du diesen Vorfall vergisst, Massey“, sagte sie todernst. „Wenn du irgendjemandem davon erzählst oder mich darauf ansprichst, dann…“
„Ich gebe dir mein Versprechen“, unterbrach er sie bestimmt und stierte sie mit strahlenden Augen an. Die junge Frau konnte sich nicht erklären, woran es lag, aber sie glaubte ihm sofort.
Minuten vergingen, bevor Patton ihr schweigend die dunklen Haare hinter die Ohren klemmte und ihr ganz nahe kam. Als sie seinen heißen Atem auf ihrer Haut fühlte, überkam sie plötzlich eine heftige Erregung. Ihr Herz sprang auf und ab und schrie nach ihm.
„Fick mich!“ Das war das Einzige, was sie über die Lippen bekam, doch diese zwei Worte reichten bereits aus, damit er sich auf sie stürzte.
 
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