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5 Seiten

Mein Vater, der Star

Kurzgeschichten · Erinnerungen
Mein Leben war nie schwierig gewesen, nein eher das Gegenteil. Bis zu dem Tage als ich zu neugierig war und etwas fand, was alles änderte.

Ich, Laura Blaine, war immer ein ruhiges, umgängliches Mädchen gewesen. Nicht wie meine ältere Schwester Moira und keineswegs wie meine zwei älteren Brüder Nick und Timothy. Vielleicht lag es daran, dass ich die Jüngste war, das sagten jedenfalls immer alle. Aber ich wusste, dass es etwas anderes war. Etwas was ich so viel später herausfinden würde. Ich habe mich kaum geändert seit ich "es" weiß. Nur fühlte ich mich irgendwie… befreiter. Es wurde mir eine Last genommen, von der ich nicht mal wusste, dass sie da war.

Alles fing in der Schule an. Einige meiner Freunde fingen an, sich darüber zu unterhalten, ob sie ihrer Mutter oder ihrem Vater ähnlicher waren. Ich blieb dabei völlig still, überlegte selbst. Die Nase hatte ich auf jeden Fall von meiner Mutter aber mir fiel einfach nichts ein, was ich von meinem Vater hatte. Mein Vater und ich waren immer sehr gut miteinander ausgekommen. Wir taten sehr viele Dinge zusammen aber ich konnte keine Gemeinsamkeiten zwischen uns feststellen.
Den ganzen Tag beschäftigte mich die Sache. Aus irgendeinem Grund war ich mir nicht sicher ob mein Vater wirklich mein Vater war. Es war nicht das erste Mal, dass ich so etwas dachte. Schon oft hatte ich mich gefragt ob meine Familie auch diese war. Nur war das Gefühl diesmal noch stärker als sonst. Natürlich hatte ich nie irgendwelche Geburtsurkunden gesehen, warum auch? Bei meiner Mutter gab es keinen Zweifel. Ich hatte ihre Nase. Diese lange, leicht spitze Nase, die auch zwei meiner Geschwister geerbt hatte. Auch die weichen braunen Haare hatte ich von ihr. Öfters schon hatte ich von so genannten "Kuckuckskindern" gehört doch nie geglaubt selbst eines zu sein. Aber, dachte ich mir, vielleicht war alles nur Einbildung. Und trotzdem, als ich nach hause ging wurde ich von einem flauen Gefühl in der Magengegend begeleitet.
Zuhause war niemand. Was hatte ich auch erwartet? Dass meine Mutter oder mein Vater zu mir kamen, einfach so, weil der Tag so schön war und wir eröffnen würden, dass mein biologischer Vater irgendein Typ war mit dem meiner Mutter vor 16 Jahren ein Verhältnis hatte? Der dass jemand mir meine Geburtsturkunde zeigte mit dem Beweis, dass mein Vater auch wirklich mein Vater war? Nein. Aber diese Sache ließ mich nicht in Ruhe. Ich wusste das alle Unterlagen, alte Sachen und der gleichen auf dem Dachboden waren und da niemand da war, beschloss ich, mich dort ein wenig umzusehen. Wir benutzten den Dachboden nur sehr selten und er sah auch dementsprechend aus. Doch ich hatte die Atmosphäre dort schon immer gemocht. Es war wie in uralten Gebäuden oder Bibliotheken. Es gefiel mir. Aber diesmal hatte ich einen wirklichen Grund um mich dort aufzuhalten; Beweise. Ich wusste nicht was ich eigentlich suchte und warum aber ich wusste, dass wenn es etwas geben würde, es nur dort zu finden war.
So wühlte ich mich durch uralte Bücher, Fotos, Babysachen. Beinahe hätte ich sogar vergessen, was ich eigentlich wollte, als mir ein Foto in die Hände fiel. Ich wusste es sofort; dieser Mann war mein Vater. Mein Kopf drehte sich und mir wurde schwindelig. Meine Augen waren starr auf den Mann auf dem Bild gerichtet. Die Lippen, das Lächeln, seine Körperhaltung… das war ich. Ich konnte mich in ihm erkennen. Als ich mich wieder ein wenig gefangen hatte, fiel mir noch etwas anderes auf; ich kannte diesen Mann. Das war David Chandler, der Schauspieler aus "Sport ist zum Abgewöhnen". Meine Schwester Moira liebte diese Serie, ich hasste sie. Wie konnte das mein Vater sein? Es schien so unwirklich zu sein. Mit zittrigen Fingern hielt ich das Bild fest. Es war ein älteres Foto, schon ziemlich abgenutzt und es fehlte ein Stück. Dieser Mann war mein… Vater. Oder war alles nur Einbildung? War meine Fantasie wieder mal mit mir durchgegangen? Noch einmal sah ich mir das Bild an. So unglaublich es auch schien, diese Person war mein Vater.

Noch lange saß ich dort auf dem Dachboden mit dem Bild in meiner Hand. Mein Herz ging schnell, mein Kopf war leer. Doch dann hörte ich die Haustür. Mit dem Bild in der Hand rannte ich in mein Zimmer. Einige Minuten später kam meine Mutter rein und lächelte mich an, wie es sie es immer tat. Aber diesmal lächelte ich nicht zurück. Ich konnte es nicht so sehr ich es auch versuchte. "Was ist denn los?" sie klang besorgt. Es hätte keinen Sinn gehabt es zu verschweigen. "Ich habe heute etwas erfahren." Antwortete ich böse. Ich konnte sehen, dass sie etwas ahnte. "Wirklich? Was denn?" fragte sie gelassen doch ich wusste dass sie meine Antwort fürchtete. Anstatt z antworten hielt ich ihr das Bild hin. Und dann tat sie etwas was sie noch nie in meiner Gegenwart getan hatte; sie weinte. Sie weinte bitterlich und es tat mir irgendwie leid. "Wie?" fragte sie ohne mich anzusehen. Sie hatte ihr Gesicht zur Tür gerichtet. "Wie hast du es herausgefunden?" Ich zuckte mit den Schultern doch dann fiel mir ein, dass sie das ja gar nicht sehen konnte. "Ich hatte so ein … Gefühl." Jetzt lachte sie kurz auf, was mich überraschte. Sie drehte sich endlich zu mir, dabei wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. "Ich wusste dass du es irgendwann herausfinden würdest. Ich wollte es nur nicht… Du und dein Vater, denn das ist er wenn auch nicht im biologischen Sinne, ihr habt euch immer so gut verstanden. Er liebt dich genauso sehr wie deine Geschwister." "Er weiß es?" Meine Mutter nickte. "Ich habe es ihm damals gleich erzählt. Er war nicht einmal böse. Das war er ja nie… Er liebt dich wirklich." Ich liebte ihn auch. Aber es gab da auch einen Mann, mit dem ich blutsverwandt war. "Was ist mit…ihm?" Ich deutete auf das Foto. "Ich habe ihm damals einen Brief geschrieben. Ich wollte einfach, dass er es weiß. Aber ich sagte ihm, er bräuchte sich keine Gedanken zu machen. Er arbeitete damals gerade an seiner Karriere. Sie lächelte ein wenig, aber sie sah sehr traurig aus. Das reichte mir aber nicht. "Er hat sich nie wieder gemeldet?" "Wir sind damals gerade nach England gezogen, in die kleine Wohnung weißt du noch… Er hätte uns sicherlich finden können, wenn er es wirklich gewollt hätte." Einen Moment lang hingen wir beide unseren Gedanken nach. Ich wünschte mir, dass alles nur ein Traum war. "Du bist wie er." Sagte meine Mutter und brachte mich damit in die Realität zurück. Es fiel ihr auch nicht leicht. Aber das war anders, es war ja nicht ihr Leben sondern meins. "Wie lange wart ihr zusammen?" Meine Mutter schloss die Augen. Sie wollte mir nicht antworten. Aber ich hatte ein Recht darauf und das wusste sie auch. "Es ist so schwer." Erklärte sie mir. "Glaubst du etwas das ist leicht für mich?" "Er hat mir viel bedeutet… zwei Wochen. Mehr nicht."
"Wissen die anderen davon?" Ich meinte meine Geschwister. "Nur Timothy. Er war ja damals schon zehn und er bemerkte dass etwas zwischen uns nicht stimmte." Mein Kopf fühlte sich wieder leer. "Es tut mir unendlich leid. Heute weiß ich dass wir es dir hätten sagen sollen. Als du noch klein warst… es hätte nicht so wehgetan. Ich spürte Wut in mir aufsteigen aber ich wollte sie nicht an ihr auslassen. "Ich möchte alleine sein." "Natürlich." Damit war sie aus meinem Zimmer gegangen. Stundenlang rührte ich mich nicht. Meine Geschwister kamen nach hause und ich konnte auch Timothy und seine kleine Familie hören, die mit uns essen wollten. Doch als ich hörte wie mein Vater nach hause kam, kamen schließlich auch die Tränen, die darauf nur gewartet hatten.
Als ich genug Tränen vergossen hatte ging ich runter in die Küche. Alle Blicke waren auf mich gerichtet und alle waren still, sogar meine zwei kleinen Neffen. Ein Teil von mir wollte einfach nur wegrennen und weinen, ein anderer Teil wollte schreien aber schließlich siegte ein Lächeln über beide. Die Gespräche wurden wieder aufgenommen und ich setzte mich. Zum ersten Mal fühlte ich mich dazugehörend. Es war keine Lüge als ich meiner Mutter nach dem Essen sagte, dass es mir gut ginge. Denn überraschenderweise ging es mir so gut wie schon lange nicht mehr.
Es änderte sich nicht viel. Meine Geschwister waren geschockt. Besonders Moira. Jedes Mal wenn sie "Sport zum ist zum Abgewöhnen" sah fragte sie mich. Ob alles wirklich wahr wäre. Ich sah mir die Serie dann auch immer an. Es war schon ein komisches Gefühl. Zwischen mir und meinem "Vater" hatte sich auch nichts geändert. Falsch, ich liebte ihn noch mehr. Ich fand es toll, dass er mich damals einfach so akzeptiert hatte. Auch über meinen "richtigen" Vater erfuhr ich mehr; zu meinem Geburtstag bekam ich eine Biographie über ihn geschenkt. In dieser Biographie stand sogar indirekt etwas über mich: Ein kleines Mädchen, das er nie wirklich kennen gelernt hatte, ihm aber sehr viel bedeuten würde. Eines Tages wollte ich ihn kennenlernen. Doch das hatte Zeit. Ich wusste jetzt wer ich war, diese ganze Sache hatte mein Leben zwar vollkommen verändert aber nur zum positiven. Es war hart gewesen, die Wahrheit zu erfahren aber heute bin ich froh, dass ich neugierig war. Und das mit dem neugierig sein habe ich auch von meinem Vater…

END

AUTHOR: Anika
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Kommentare  

Gefällt mir, die Geschichte. Ist ganz gut geschrieben.

H. Seeg (18.06.2009)

ich denke genau so wie meine vorgänger.klasse geschichte!

GrandTheftAuto (25.05.2004)

Hach was für eine schöne Geschichte!
Gefällt mir wirklich sehr gut!


SacredHeart (04.05.2004)

Hach, die Geschichte gefällt mir wirklich gut! Ist auch ordentlich formuliert^^ Besonders der Schluss ist irgendwie süß... hehe

Fuchsal (19.04.2004)

Anrührende kleine Geschichte, die du da zum Besten gegeben hast. Klingt wie aus dem richtigen Leben gegriffen. Hat mir gut gefallen. Weiter so!

Stefan Steinmetz (23.05.2002)

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