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3 Seiten

***Lamia*** 3.3 Naschen

Romane/Serien · Fantastisches
Lamia nahm Jarnos Hand und er schluckte hart. Diese Situation entglitt ihm. Gleich wollte er sich ihr wieder entziehen, sich aus ihrem Griff lösen, doch sie ließ es nicht zu. Zum ersten Mal sah sie Furcht in seinen Augen. Und sie genoss es. Jarnos Gesicht war leicht gerötet und kleine Schweißperlen hatten sich über seiner Oberlippe gebildet. Endlich sah sie die ihr so vertraute Angst. So war sie es von anderen Männern gewöhnt. Zärtlich strich sie mit ihrem Zeigefinger über seine mit dem Schatten eines Bartes bedeckte Wange und flüsterte: „Du hattest Recht. Manchmal kann ich Gedanken lesen.“ Jarno zuckte leicht zusammen. Die Bestie in ihr hatte die Oberhand gewonnen und er hatte ihr nichts entgegenzusetzen. Gehetzt versuchte er sich zu erinnern, wo er seinen Dolch abgelegt hatte. Sie fuhr unterdessen unbeirrt fort: „Und manchmal sollte man sehr bedacht sein, mit dem, was man sich wünscht.“ Ihr Blick wurde ernst: „Deinen Wunsch werde ich Dir nun erfüllen.“ Sie zog ihn nah zu sich ran, sog seinen Duft ein – konnte seine Angst riechen. Genau so wollte sie das. Jarno versuchte erneut, sich ihr zu entziehen. Doch er sah in Lamias Gesicht, dass sie ihn nicht freigeben würde. Zu sehr hatte er sie gereizt. Und aus ihrem unmenschlich kräftigen Griff konnte er sich nicht befreien. Er hatte sich in die Gefahr begeben und nun blieb ihm nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass er nicht darin umkam.

Mit der freien Hand nahm Lamia ein Messer von der Anrichte und führte es blitzschnell an seinem Daumen vorbei. Jarno entfuhr ein leises Stöhnen. Dickes rotes Blut quoll hervor. Mit zärtlicher Stimme hauchte sie ihm ins Ohr: „Hab keine Angst.“ Ihre Zunge an seinem Ohrläppchen ließ einen heißen Schauer durch seinen Körper fließen. „Ich will Dich kosten. Nur ein wenig naschen.“ Jarno sah ihre Augen. Sie waren voller Verlangen. Sie betrachtete ihn genauso hungrig, wie das frische saftige Fleisch, das er für sie zubereitet hatte. Ganz so, wie er es sich in einem unbedachten Moment gewünscht hatte. Lamia lockerte ihren Griff um sein Handgelenk ein wenig – schließlich war sie sich gewiss, dass er ihr nicht entkommen konnte. Immer noch spürte er die Angst um sein Leben – wie konnte er einer Bestie vertrauen, die sich gewöhnlich von Menschenblut ernährte? Und doch erregte es ihn, ihre ungezügelte Gier zu sehen. Jarno hob seinen Arm und drückte seinen Daumen sanft an ihre Unterlippe – benetzte sie mit seinem Blut. Er wusste, er spielte nicht mehr nur mit dem Feuer – nein, er stand bereits mittendrin.

Sie spürte die feuchte Wärme an ihren Lippen und stieß laut ihren Atem aus. Der unwiderstehliche Duft frischen Blutes schärfte ihre Sinne. Ihre Zunge nahm es auf. Wie süß er schmeckte. Instinktiv wuchsen ihre Raubtierzähne. Sie konnte sie fühlen. Es war unbeschreiblich. Sie spürte das so oft und doch war es jedes Mal ein faszinierend sinnlicher Genuss. Ganz langsam schoben sich ihre Zähne immer weiter aus ihrem Kiefer heraus. Gleichzeitig schärften sich ihre Sinne. Sie sah ihm in die Augen – konnte neben seiner Angst noch etwas anderes erkennen. Es wirkte auf sie wie das zarte Pflänzchen neu aufkeimender Liebe. Gleichzeitig konnte sie das Blut unter seiner Haut riechen. Sie musste ihre niedersten Instinkte im Zaum halten. Ihr Blick wanderte weiter zu seinem Hals und sie konnte sehen, wie das Blut kontinuierlich durch seine verführerische Ader gepumpt wurde. Auch ihr Gehör wurde geschärft, so vernahm sie deutlich das aufgeregte Pochen seines Herzens und beinah alles in ihr schrie danach, ihre Zähne in sein warmes, vor Leben pulsierendes Fleisch zu graben – ihn zu trinken. Doch war da eine leise Stimme in ihrem Inneren, die es ihr verbot. Weil sie einen neuen Koch würde suchen müssen? Nein, welch lächerlicher Vorwand. Es gab einen wichtigeren – einen viel stärkeren Grund! Doch er offenbarte sich ihr nicht und sie wollte nicht darüber nachdenken. Nicht jetzt! Jetzt wollte sie ihn! Sie durfte nicht und das machte es noch viel verlockender für sie.

Doch sie durfte naschen. Sie griff zu seinem Arm, nahm seinen Daumen in den Mund und trank sein köstliches Blut. Lamia entwich ein leises Schnurren, das Jarno wahnsinnig machte. Er spürte ihre Zunge. Seine freie Hand griff in ihre Haare, drückte sanft ihren Kopf näher zu sich. Sie leckte, saugte und sie musste sich so sehr beherrschen, ihn nicht zu beißen. Stattdessen schmiegte sie sich fest an ihn und genoss diesen wunderbaren Moment. Jarno spürte ihre Erregung. Sie zitterte ein wenig – so sehr zügelte sie sich. Die Bestie in ihr kämpfte einen harten Kampf mit der Frau, die ihn so wollte, wie er war. Lebendig und warm. Vorsichtig entzog er sich ihr, legte einen Finger unter ihr Kinn und sah ihr in die Augen. Sie konnte seine Erregung sehen – er wollte ihr zeigen, wie sie auf ihn wirkte. Zärtlich küsste er sie. Drang sanft in ihren Mund ein und fuhr mit seiner Zunge an ihren langen Eckzähnen entlang. Ihr entfuhr ein leises Seufzen. Langsam löste sich Lamia von ihm. Sie sah ihm in die Augen: „Komm zu mir! Gleich!“ Mit diesen Worten drehte sie sich weg, wollte voraus gehen. Doch er ergriff ihren Arm, wirbelte sie herum, so dass sie direkt in seinen Armen landete. Nun war sie es, die sich nicht befreien konnte. Seine grün glitzernden Augen hielten sie gefangen – ganz und gar – und seine raue Stimme brachte ihr kaltes Herz zum Schmelzen: „Ganz wie Ihr wünscht, meine Herrin.“

Mit diesen Worten küsste er sie wieder – weitaus fordernder denn je zuvor.
 
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Kommentare  

(--> Fortsetzung) ...sieht man, was für eine Entwicklung du in deinem Schreiben genommen hast. Liest sich jedenfalls stilistisch viel besser als der Prolog.

Sabrina Andres (31.12.2004)

Ich liebe diese Art von Geschichten, und deine hat mir außerordentlich gut gefallen. Du hast ein Gespür für schöne, mitreißende Sprache, und der extravagante Titel ist das Tüpfelchen auf dem I. Gelungen!

BeautifulExperience (23.12.2004)

Liebe Shan,

vielen Dank für Deine Kommentare. Sie haben mich wirklich sehr gefreut, ganz besonders, weil du so auf die Sprache achtest. Tja, ja, die Absätze... damit stehe ich auf Kriegsfuß. Entweder zu viele oder zu wenige. Ich glaube, da lasse ich irgendwann einfach mal einen Profi ran ;) Vielen Dank und liebe Grüße!


salzhering (31.08.2004)

hi salzi,
ein sehr erotischer Part, gefällt mir sehr gut.
Ich hatte zwischenzeitlich allerdings etwas Probleme, Gefühle und Gedanken den jeweiligen Akteuren zuzuordnen.
Sicherlich wäre es für Leser einfacher, wenn du mehr Absätze machen würdest.
Nur als kleiner technischer Tipp zu verstehen; Handlung und Inhalt sind wieder spitze (Y)


Shan (31.08.2004)

Hallo Ingo. Verwirre ich Dich? Nun, es ist eigentlich nur ein Kapitel (Nr. 3). Aber wie auch Jarnos Weg zum Schloss ist es sehr lang, also habe ich es unterteilt und - aufgrund dieses Systems hier - mit Überschriften versehen.

Du hast schon viele Vermutungen geäußert, ich bin gespannt, wie lange ich Dich noch in die Irre führen kann und wann Du herausfindest, welches das wirkliche Hauptthema ist. Ein Tipp: Denk an den Prolog. Wobei es wirklich noch zu früh ist, das herauszubekommen...

Einen schönen Abend


salzi (18.08.2004)

Ich nehme an, dass diese Verführung einen wichtigen, wenn nicht den wichtigsten Teil Deiner Geschichte darstellt. Die Länge des direkten Vorspiels - jetzt bereits in drei Kapiteln beschrieben - lässt darauf schliessen.
Diese Beschreibung wirkt intensiv und überzeugend, trotz der Auflockerung, die es für kurze Momente gibt.

Gruss


Ingo Gärtner (18.08.2004)

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